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Oh, welche Lust war es für mich, in freier Luft
zu atmen, Blumenpracht und zarten Blütenduft
in vollen Zügen zu genießen, Sonnenglut
und Windeshauch auf nackter Haut zu spüren,
in lauen Nächten voller Jugendübermut
manch leichtgeschürztes Mädchen zu verführen.

 

Mit Bacchus und Amor im trauten Verein,
da hab ich getrunken, geliebt und gesungen,
ich nippte so gerne den funkelnden Wein,
mehr lauter als schön hat mein Liedchen geklungen.

 

          Aus und vorbei, zu gewagt war der Flug,                
          krachend der Sturz und zerschmettert die Schwingen.        
          Leichtsinn beendete Lug und Betrug -                
          Damokles Schwerter mit blitzenden Klingen                
          schwebten bedrohlich und nahe der Kehle;                
          waidwund und wimmernd mit angstvoller Seele            
          litt ich allein in dem grauen Gemäuer.                
          Alles, was lieb mir gewesen und teuer,
          Freiheit und Freude am Leben - verschwunden,
          sagt mir, wer wagte mich so zu verwunden?

 

Vierzig Albtraumnächte sind vergangen,
graue tränenreiche Tage reihten sich
aneinander. Ich gewöhnte mühsam mich
an die endlos quälenden und langen
Stunden voller Frage-Antwort-Spiele,
konnte immer besser die Gefühle
auf ein Mittelmaß justieren,
nahm mir vor, den Rest von Stolz nicht zu verlieren.

 

Ein goldner Oktober bescherte mir sonnige Stunden,
ich hatt' im ummauerten Käfig vier Blätter gefunden:
Inmitten des Herbstbrauns war restliches Grün noch zu sehen,
hab Dank, weiße Birke und Dank auch dem Wind für sein Wehen!

 

In trüben Zeiten blühte heut ein Feiertag:
Auf meinem Tisch ein Brief der Liebsten lag.
Ach, könnt ich vergolden die zierlichen Zeilen,
ich fraß sie wie Nurmi einst Dutzende Meilen
und las sie dann nochmal und tränengeblendet
verschwamm mir der Blick -

unendliches Glück -
dann hab ich das Blättchen gewendet,
da standen die Grüße
- unsagbare süße -
der besten der Töchter, des besten der Söhne,
drei Küsschen mit Lippenrot unter die Namen gedrückt,
ich spürte die Liebe und hörte die himmlischsten Töne
und küsste den Brief und ihr denkt nun, jetzt wird er verrückt.
Verrückt, ja, das war ich, ver-rückt in die Welt, in die Zeit
voll menschlicher Wärme und trauter wie teurer Geborgenheit.

 

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Geschrieben (bearbeitet)

Lieber @Hayk. Das sind Zeilen, die mich unglaublich bewegen und berühren. Und so einmalig herrlich geschrieben, weitergetragen und in meinem Herzen gelandet. Das ist für mich Lyrik, Poetik, Gefühl, Können und Inhaltsschwere in einem. Gratuliere. Das werde ich mir als Lesezeichen eintragen, denn es kann nur äußerst vergnüglich sein, solche Zeilen immer wieder einmal zu lesen.

Du hast diesen Lebenslauf des LI mit der Unbesonnenheit, der Unbedachtsamkeit der Jugend, dem Schmerz der Erkenntnis, die Tiefe des Leids, das Ankommen im Wert des Gewesenen und die Erlösung daraus durch demutsvolle Rückkehr des eigenen Wertes durch Liebe, die offensichtlich alle Wunden überdauert hat, professionell und für mich sehr einfühlsam nachvollzogen. Möge der Sonnenstrahl zu einem sonnigen Tag werden.

Danke dir dafür.

Sonja

 

PS - sehe gerade, dass ich gar kein Lesezeichen mehr setzen kann!!!

Geschrieben

Liebe Sonja,

Dir, Gina und Freiform habe ich sehr zu denken. 

Es ist unschwer zu erraten, dass ich mich hinter dem LI "verstecke", das Gedicht also autobiografische Züge trägt. Die "graue Zeit", das waren fast drei Jahre, ein Drittel davon in Einzelhaft, im Zuchthaus Bautzen (DDR).

Muss ich betonen, dass ich dort als politischer Häftling eine Zuchthausstrafe von 15 Jahren verbüßen sollte?

Nach schier endlosen 33 Monaten wurde ich gegen hochrangige Stasi-Mitarbeiter "ausgetauscht". Unvergesslich bleibt mir u.a. der erste Brief, den ich nach fast drei Monaten Einzelhaft erhielt (den ich, wie alle folgenden, wieder abgeben musste).

Danke für Deine einfühlsamen Worte!
Liebe Grüße,

Hayk

 

 

Geschrieben
vor 20 Stunden schrieb Hayk:

Liebe Sonja,

Dir, Gina und Freiform habe ich sehr zu danken. 

Es ist unschwer zu erraten, dass ich mich hinter dem LI "verstecke", das Gedicht also autobiografische Züge trägt. Die "graue Zeit", das waren fast drei Jahre, ein Drittel davon in Einzelhaft, im Zuchthaus Bautzen (DDR).

Muss ich betonen, dass ich dort als politischer Häftling eine Zuchthausstrafe von 15 Jahren verbüßen sollte?

Nach schier endlosen 33 Monaten wurde ich gegen hochrangige Stasi-Mitarbeiter "ausgetauscht". Unvergesslich bleibt mir u.a. der erste Brief, den ich nach fast drei Monaten Einzelhaft erhielt (den ich, wie alle folgenden, wieder abgeben musste).

Danke für Deine einfühlsamen Worte!
Liebe Grüße,

Hayk

 

 

 

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