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Geschrieben am

 

 

Wenn ich meine Worte nicht niedergeschrieben hätte,
wäre auch diese Erinnerung verblasst, aber die Schusswaffe liegt
sicher neben mir.

falls sie kommen sollten, würden sie das Habitat leer finden.
Ende des 20ten Jahrhunderts versagten Diktaturen, die Menschheit
durch Zwang in die Blockstädte zu zwingen, wo kein unabhängiger Selbstversorger
mehr dem Filz und der Überwachung entkommen konnte.
Durch die soziale Austrocknung peripherer Dörfer, schwappte mangels
medizinischer Versorgung und Einkaufsmöglichkeiten der Großteil der Menschheit
in die regulierten Megastädte.

Aber, wie Großvater einst sagte, da wo sie alle hinlaufen, dort rennen sie auch

alle wieder kopflos fort.


Jene, die illegal Boden bepflanzten wurden durch Überwachungsdrohnen aufgespürt
und wie drei Tage schlaflose Penner durch Wachtruppen fortgescheucht,
um ein selbstbestimmtes Leben zu unterbinden.
Illegale Gärten mussten darum durch Hologramme getarnt werden, um nur ein Beispiel zu nennen.
Man hatte die Erde schließlich nicht gekauft, aber eine offizielle Genehmigung
wurde durch rechtliche Behürden zum Spießrutenlauf.

In jener anderen Protowelt, die mir oft alles erlaubt,
hatte ich es natürlich geschafft, meinen zivilisatorischen
Ekel gegen erfolgreiche Projekte einzutauschen und Jahre
der Unterwürfigkeit und des Lügens ob des Stühle-Sägens
zu verdrängen, um stinknormaler Architekt zu werden.
Tag und Nacht nur das Eine gewollt und mich und alles herum
aufgegeben.
Nicht etwa zur Selbstverwirklichung, sondern um fremden Träumen
meine Vorstellung zu vermieten.

Der Himmel hatte inzwischen die Konsistenz von Sirup.
Die eitrige Sonne drang nur noch als ein Schatten zu uns herab,
die wir im geschlossenen System niemals wirklich herauskamen.
Fortschritt definieren wir aufgrund verursachter Schäden, die repariert
werden mussten, indes die Schulden weitaus schneller wuchsen,
als abhängige Staaten sie bezahlen konnten.
Recycling für Dummies, nennt man so was, oder das Hamsterrad mörderischer Moral.
Wem diese Schulden gehörten, der trug auch die Schuld an dem
verzerrten Leben passiver Protagonisten.

Die Haus-Ufos teilten sich mittels eines ausfahrbaren Rumpfsilos
in zwei Teilen, wobei die untere Hälfte in hochgeklapptem- und ausfahrbarem Zustand
logischerweise schwerer war.
Ihre Pilzform glänzte und trank Sonnenlicht, doch besaß noch andere
Filtersysteme.
Ein mechanischer Lift führte neben entfaltbaren Stufen zwei
Personen in den oberen Bereich der künstlich intelligenten Wohnung.
Dem Unterteil blieben Vorratsräume, sowie Heiz- und Maschinensektoren
überlassen.
Zusammengeklappt konnte das UFO schwimmen oder tauchen.
Es besaß sogar einen aufblasbaren Rettungsring aus reißfestem
Kunststoff und war stets mit Satelliten verbunden.
Satte Eliten navigieren stets ferngesteuert.

Das Vermögen hatten mir solche autarken Wohnungseinheiten geliefert,
für meine Seemuschel-Nixe, meinem aalglatten Mädchen aus weißem
Nanopolymerstoff, mit intelligentem Material, dessen programmierte
Struktur jede Reibung in Energie umwandelte und selbst Energiebeschuss
durstig trank.
Die langgezogene Tropfenform wies am etwas stumpferen Heck, sowie
am gleißenden Bug-, mit der unteren Schräge für Ortungssensoren
eine makellose, scheinbar nahtlose Symbiose auf, in die man sich begab,
wenn man den synaptischen Helm nutzte, für den ich mir am Hinterkopf
eine Nabe hatte anbringen lassen.

Als das Meer sich aufbäumte, wie noch nie zuvor und weit in den Himmel schoß,
unendlich lange, befand ich mich zum Glück unter Wasser...
Dennoch kamen die Bilder über ViViNet oder SatellLight gestochen scharf,
doch viele Fernsehdrohnen der Aufnahmeteams gingen dabei zu Bruch.

Blauschwarze Aderstränge schossen wie Titanenfinger und teilten sogar
fast die Wolken, unter deren Zorn sie sich wie eine Knetmasse verformter Wut
zu den Enden hin überschäumten, bevor sie nach einem ganzen Tag
herab fielen,um sich von neuem zu erheben.

Privilegierte überlebten, deren Vorsichtsmaßnahmen das erpresste Mietkapital
gesichert hatte und natürlich die künstlerischen Speichellecker aus
der Unterhaltungsbranche, deren Rolle es war, die Ausgebeuteten passiv
und bei Laune zu halten.
Sie alle waren meine Kunden und bei den Sexparties hatte ich es oft auf
blonde Moderatorinnen abgesehen, ihnen Möhren mit grünen Schwänzen in
den Hintern gerammt und sie wiehern zu lassen, auf drehbaren Glastischen,
wo weiße Linien wie Zebrastreifen politische Schnüffler wiehern ließen.
Sie standen so unter Drogen, das die anderen Dinge, welche folgten,
ihnen bloß als Scheinwelt im Gedächtnis blieben.

Darunter waren noch einige andere Sklaven, deren Schaffenskraft die Erlaubnis
des Demokratischen Regimes hatten, weil ihre bedingungslose Hingabe
keine Zweifel aufkommen ließen, das sie alles tun würden, um in einem
gewissenlosen Profitsystem erfolgreich zu werden.
Sie alle besaßen meine bewohnbaren Rettungsinseln des jüngsten Tages,
welche unsere religiösen Heilsbringer sich so sehr für ihre heidnische Umwelt
gewünscht hatten.
Ihr Widerstand war darum gering, doch ihr Schreien deutete daraufhin,
als ihre Kinder in den reißenden Mahlströmen der Flut ertranken,
das ihre Freude, Gott zu begegnen, sich in Grenzen hielt.

Wie auch immer, war ich allein und glücklich mit der Welt, die ständig
abwechslungsreich blieb.
Viele der Algen hier konnten erst in großen Tiefen genossen werden,
da der Verseuchungsgrad fast alle Zonen durchdrang.
Der Krebs hatte das sinnlose Mehren gestoppt, vor allem unter den Armen,
die weitaus mehr Chemienahrung in sich reinstopften.
Von ihrer recycelten Pisse ganz zu schweigen, denn reines Wasser war Gold
wert.
Die Water-Shops der Multis ließen sich unverfälschtes Quellwasser
wie Champagner bezahlen.

Meine Silbernixe raste und fieberte sich durch opalblaue Tiefen.
Der entworfene Wasserfilter aus regenerationsfähigem Material,
widerstand den salzigen Ablagerungen, die ausgestoßen wurden.
Ich fühlte ihre geschmeidigen Sensitivwände und fast jede Reibung
durch den Neurohelm.
Der Bordcomputer schaltete sich bei Angriffen ab und überließ mir
die gedankengesteuerte Führung.

An diesem bleiernen Morgen wich ich dunklen Schwärmen verhungerter Vögel aus,
die sich auf fast alles stürzten, was sich bewegte.
Die fast leergefischten Meere füllten sich mit den Jahren mit Fischen.
Verändert durch den ausgelaufenen Giftmüll der Weltkriege,
deren Behältern am Meeresboden dahin rosteten,
waren viele Mutationen ungenießbar.
Die wenigen Menschen verrotteten in Bunkern und die Schwimminseln
sanken irgendwann aufs Land, oder trieben dahin.
Leider waren ihre Sonnenlichtkollektoren nicht nutzbar, da die Sonne
die Wolkendichte nicht durchdrang und der trübe Gleichmut des
dicklichen Himmels wohl sehr lange noch erhalten blieb.

Zum Glück hatte ich damit gerechnet, sonst hätte ich all den reichen
Prassern ein besseres Konzept geliefert.
Wie so oft freut es einen, wenn Machtleute, die es sich leisten können,
nicht mehr selbst zu denken, diese Bürde den von ihnen verachteten
Entlohnten überlassen.

Es war von jeher mein Traum, pfeilschnell über blitzende Wellen zu gleiten.
Manchmal musste ich Militäreinheiten ausweichen, die meine Technologie
sehr gerne für ihre Zwecke missbraucht hätten.
Auch jetzt, wo alles den Bach runterging, blieben die Rangeleien um die
Kontrolle des Raumes ein menschlicher Alltag, dessen Regeln wir
blind vertrauen.
Irgendeine gütige Macht wird es schon zum guten lenken.
Selbst in einem Märchen leben und an seine Realität glauben,
aber die Märchen als Kinderrei abtun, ist das Markenzeichen
gehirngewaschener Konsumenten.

Niemals zuvor war mein Leben lebenswerter und das Rufen der Delphine,
die mich übermütig begleiteten, war wie ein sanftes Trösten,
das selbst im schlimmsten Augenblick Wärme und Zuneigung
mich niemals verlassen würden.


© j.w.waldeck 2011

  • Gefällt mir 2
  • wow... 1
Geschrieben

Hallo Waldeck,

ohne Zweifel zeugt dein Text von Sprachbeherrschung und Talent. 

Mir persönlich macht er Angst. Wahrscheinlich gibt es Menschen, die darauf stehen, mich deprimiert es, füllt mich mit Unbehagen.

Eine ehrliche Meinung schadet nicht, hoffe ich.

Liebe Grüße

Carlos

Geschrieben

@Carlos

 

Man sollte generell seine Meinung frei äußern, ohne auf die Befindlichkeiten von Religionsanhängern,

Psychopathen, Politkorrekten Intolleranten oder sonstigen selbstsüchtigen Befindlichkeiten

unnötigen Ballast zu verschwenden.

 

Dieses Jahr fehlen die Hummeln und die Schmetterline, dich ich sonst im bunten Dickicht

gewahrte und Joggern und anderen Umweltverscheuchern von Vögeln und Tieren, fällt eh nicht

auf, wie steril alles ist.

Ein Gang in den Supermarkt und der Horror ist perfekt.

Was ich schreibe ist nur die Konsequenz dieser gnadenlos pervertierten Umwelt und ihre

abnormen Interessen fressen sich bis ins veränderte Genom der Pflanzen, auf das

unsere Kinder nur noch in Raumanzügen ohne Allergien und krebserregende Einflüsse

auf diesen Planeten auf die Straße gehen vermögen.

 

Wer da keine Angst empfindet, dem muss ich noch weitaus härteren Stoff besorgen...

Ich bin sehr dankbar, das du dich damit auseinandergesetzt hast.

Es gibt genug selbsternannte Dichter hier, die über das Kaffeetrinken, über Blümchen,

über die Wolken oder die Sterne schreiben, die am Himmel blinken, trotz Lichtverseuchung.

Es gibt nichts wertvolleres als ein offenes Wort.

Und wer sich darüber ärgert, der versteht auch nichts über den Sinn von Literatur.

 

 

@CB90

Es ist halt nur was für Hartgesottene, die nicht wegschauen wollen.

Der Mensch ist ein Meister der Verdrängung, und selbst, wenn ihm das Wasser

bis zum Hals reicht.

 

Großen Dank und mögen wir uns niemals unterkriegen lassen!

Einen lieben Gruß,

Waldeck

  • 4 Wochen später...
Geschrieben

Hallo Waldeck

 

WoW!

 

Und das hast du 2011 geschrieben?

Diesen Text werde ich mir noch ein paarmal zu Gemüte Führen.

Ich hab das Gefühl, du hast ein aktuelles düsteres Weltbild in die kommende Zukunft ersonnen.

Die Geschichte glänzt durch Einfallsreichtum. (Satelliten-satte Eliten....ich liebe es)

Die Hauptfigur der Architekt stellt sich einer apokalyptischen Welt und kann Sie mit seinem autarkem Hausufoboot erschließen. Nebenbei noch ein kleiner Rachefeldzug gegen die machthabende Dekadenz. Ich komm nicht aus dem Schwärmen ...

 

Das Schlimme ist nur, das diese fiktive Geschichte gar nicht so weit von der Realität entfernt ist.

 

Sehr gern gelesen

MfG

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Falls dich solche SF Dystopien in lyrischer Form interessieren, muss ich ein wenig Werbung

machen.

Da ich keine Jahreszahlen mehr unten angebe, verweise ich immer auf zwei Seiten von mir:

waldeck.deviantart.com

oder

kybergenetik.wordpress.com

wo ich mein erster Band aus den Zeiträumen 200 - 2007 veröffentlichte,

mit dem Titel: MASCHINENTRÄUME I - Die audiovisuelle Diktatur.

Die Maschinenträume-Zyklen sind in einer Trilogie aufgeteilt.

Beim dritten Band lasse ich mir mehr Zeit, weil ich gleichzeitig an vielen Fronten

schreibe.

Solche Prosa ist nur eine Ausnahme hinter der Kulisse der Dinge die mich beschäftigen.

Um die gesamte Matrix darzustellen, ist die Technik der komprimierten Dichtung

genau das Richtige...

 

Großen Dank für die gewidmete Lebenszeit @Buchstabenenergie!

 

Mit freundlichem Gruß,

 

J. Waldeck

 

 

 

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Hallo Buchstabenenergie,

 

habe es mir sofort angehört, auch wenn Deutschrap nie mein Herz erobern wird.

Das liegt daran, das die Musik zu einfach für meine Ohren ist, zu vordefiniert

und nicht abwechslungsreich genug.

Aber der Text  dieses Songs liegt meinem Wesen nahe. Habe auch paar andere von dem Künstler

gehört und sie sind allesamt gut formuliert und ragen weit hervor, vergleichen mit all dem Zeug

was sonst aus dieser Stilrichtung kommt.

Also der Text passt! Das hast du beunruhigenderweise sehr scharfsinnig

erkannt. Meine Verbeugung an dieser Stelle.

 

 

Mythen ist vom Inhalt her ähnlich, wie dieser Text, falls dich SF interessiert.

Ich habe nicht mehr im Kopf, welchen MetalSong ich dir naheliegen wollte.

 

Eine Gruppe, Band wäre nicht entsprechend, da jedes ihrer Werke anders klingt,

auch wenn ich von den letzten Outputs enttäuscht bin und ihre Laufbahn nicht mehr verfolge,

die vom Erfolg verwöhnt, nicht mehr bahnbrechendes schafft.

Vom Black Metal, Pagan-Folk Metal ausgehend, hier ein Stil ohne Gleich:

 

Ulver - Perdition City

 

 

Wie gesagt, jedes Album dieser Gruppe ist anders.

 

Großer Dank für den gewährten Blick über meinen Tellerrand!

 

Liebe Grüße,

Waldeck

 

 

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