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In welcher Sprache weinst du?

 

In welcher Sprache weinst du, Papa?

fragte mich mein Kind.

In einer leisen, dort geschwiegen,

wo wir einsam sind.

 

Das Stumme schaffe ich schon fließend,

wenn auch nicht jeden Tag.

Doch ich übe gerne fleißig,

weil ich es nicht ertrag‘,

 

wenn Kinder das Weinen verlernen,

Tränen nicht mehr vergießen,

es erwachsen nennen, wenn

Gefühle nicht mehr sprießen.

 

Deine Sprache zu vergessen,

die mich so tief bewegt,

es macht mir Angst, doch hoffe ich,

dass du das nie verstehst.

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Geschrieben

Hallo Ponorist,

 

mir hat dein Gedicht sehr gut gefallen. Es ist gut,wenn man Gefühle zeigen kann und diesen freien Lauf lassen kann. Esist das Problem,dass immer noch alte Rollenklischees vorherrschen, derart,dass es unmännlich ist,Gefühle zu zeigen. Diese Verhaltensmuster haben ihre Tradition,über viele Generationen wurden Männer und Frauen in ganz bestimmte  Rollen gepresst und dementsprechend galt es, diese Erwartungen zu erfüllen. Erst langsam bahnt sich ein Umdenken an. Habe dein Gedicht sehr gerne gelesen,es hat zum Nachdenken angeregt.

 

Liebe Grüsse

anais

  • Danke 1
Geschrieben

Einfach traurig und wunderschön zugleich.  

Lese ich da die Trauer eines Vaters heraus,  der in einem fremden Land seine Kinder vor allem sprachlich integrieren will und ob des Verlustes der eigenen Identität weint? 

Unglaublich zu Herzen gehender Satz "in welcher Sprache weinst du?"  Der lässt mich irgendwie nicht mehr los! 

Ein herrliches Gedicht mit gutem Hintergrund.  

Sonja 

  • Danke 1
Geschrieben

Vielen Dank für Eure Kommentare, leibe @anais und @Sonja Pistracher.

Das Gedicht basiert tatsächlich auf einer wahren Geschichte. Meine Tochter (aktuell 4 1/2 Jahre alt) stellt in letzter Zeit unglaublich tiefgründige Fragen, wie zum Beispiel die, ob Männer in einer anderen Sprache weinen oder woran sich Menschen wiedererkennen. Ich finde das prima, denn solche Fragen habe ich mir auch schon immer gestellt, wenn auch noch nicht in dem Alter, glaube ich.

Je mehr ich darüber nachgedacht habe, umso logischer erschien es mir, dass es tatsächlich unterschiedliche Sprachen gibt, in denen Menschen weinen. Aus Trauer, Wut, Frust, Freude, Glück, Verzweiflung, Erlösung und noch vieles mehr. Es sind nicht nur verschiedene Gründe oder Motivationslagen; eine Sprachform entsteht dann, wenn Menschen über das Weinen kommunizieren oder zumindest gemeinsam weinen. Dann entstünde kein emotionaler Einklang, wenn zum Beispiel eine(r) aus Wut und eine(r) vor Glück weint. Insofern sind es tatächlich irgendwie unterschiedliche Sprachen.

 

Was alte und noch immer teilweise aktuelle emotionale Rollen angeht, so denke ich, dass es über Jahrhunderte weitervererbte, generationsübergreifende Traumata gibt, die damit zu tun haben, dass Jungen zu gehorsamen Soldaten werden sollten. Mädchen hatten ihre ebenso gehorsame Rollen zu erfüllen. Bestimmte Gefühle waren erwünscht, andere geduldet, wieder andere verboten. in mancher Hinsicht ist das ja noch heute so. Dies ändert sich aber seit einiger Zeit durch mehr Selbstbestimmung und weniger Gewalt im Zwischenmenschlichen, allem Voran in der Erziehung (schreckliches Wort).

 

Was mich angeht, so übe ich mich seit einiger Zeit im Zulassen und Ausleben gerade von Gefühlen, die im Allgemeinen als negativ bezeichnet werden - ich selbst werte das nicht. Früher konnte ich alles, was aufkam gut ablenken, ausblenden, betäuben, abspalten und bis zum nächsten mal vergessen. Dinge, die man als Kind und Jugendlicher lernt. Es ist nicht leicht, alte Gewohnheiten nach Jahrzehnten einfach abzustellen, aber jeder Schritt ist heilsam.

 

LG Peter

 

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