Zum Inhalt springen

Empfohlene Beiträge

Geschrieben am

 

Jo hielt sich immer für den krassen Oberchecker. Und alle die ihn grüßten sagten nur: „Jo Jo! Was geht Digga!“

Bis er eines Tages eine nette Russin traf. Sie war halb so alt wie sie aussah aber doppelt so trinkfest wie alle seine Checker-Kumpels zusammen. Anfangs zahm und anschmiegsam wie ein Kätzchen, fuhr sie aber am ersten Trinkabend in der Gruppe ihre Krallen aus. Als so gut wie alle bereits unterm Tisch herumlungerten und stöhnten, kippte sie noch weiter einen Kurzen nach dem anderen. Jo verging das Lachen. Er verstand die Welt nicht mehr. Vor allem weil er immer stolz damit geprahlt hatte, in seinen Adern würde russisches Blut fließen… Großväterlicherseits… vielleicht. Und nun hockte er da, völlig K.O. und bereit seinen Mageninhalt auf den Glastisch vor ihnen für alle Sichtbar zu verteilen und seine russische Freundin neckt und boxt ihn mit den Worten: „Was bist du für lahmer Esel! Komm trink noch einen! Runter damit! Mein Gott, bist du langweilig! Lusche!“

So on…

Nach Ecstasy-reichen Diskobesuchen hatte sie sogar noch Bock weiter um die Häuser zu ziehen und Leute aufzumischen, während Jo einfach nur irgendwo unter einer warmen Decke sich einkuscheln wollte. So ließ er sich manche Nacht mit zerren, weil der Oberchecker will ja kein Otto sein! Meistens im Halbschlaf und völlig entkräftet saß er dann in der Ecke, genervt über seine Freundin die immer noch tanzte und krass abfeierte. Dabei war er doch das übelste Partietier seiner Homies. Und dann irgendwann - die Sonne war längst schon aufgegangen – ging es endlich nach Hause… wo sie noch ihren Orgasmus wollte, den perfekten Abend zu versiegeln. Jo stand nur schwankend da und stöhnte wie ein müder Zombie nach einem Marathon. Als sie im Bett lagen und sie wie ein hungriger Leopard (wegen den Leoparden-Leggins, der Vergleich) über ihn herfiel, fing dieser an zu weinen und flehte um Ruhe und Pause. Genervt warf sie ihn aus dem Schlafzimmer und er schlief mit steifem Nacken auf der Couch ein.

An jenen Abenden wo er nüchtern genug war, seinen Mann zu stehen, wurde ihm aber irgendwann klar, das er eine Raubkatze am Schwanz gepackt hatte. Natürlich war sie immer oben und bumste ihm die Scheiße aus dem Leib bis er völlig entkräftet war und die ersten Federn der Matratze ihm in den Rücken stachen. Seine Fehlzeiten im Job stiegen an wegen Muskelschmerzen und einer schleichenden Angststörung die er entwickelte und die sich immer dann zeigte, wenn er in ihre harten und geschminkten Äuglein sah.

Jedenfalls fing er an die einfachen Freuden des Lebens zu genießen. Wie einsame Spaziergänge am Abend im Park. Enten füttern am Teich. Meditieren und Tee statt Wodka-Red Bull trinken. Auch vom härteren Zeug ließ er immer mehr die Finger. Denn alles was er tat, es war mangelhaft und schlicht ungenügend im Vergleich zu seiner russischen Freundin. Streiten wollte er auch um jeden Preis vermeiden, denn sie schlug kräftiger zu als er! Und kam er mal mit einem blauen Auge davon, so lachten ihn die Kumpels aus. Sie wussten genau was Sache war.

„Na, hast du mal wieder das Wort „Nein“ gebraucht?“

Und gerne sah sie es auch nicht wenn er zu lange weg war, ohne ihr genaustens über seinen verbleib bescheid zu geben. Schließlich kochte sie gerne und kochte sehr gut.

In ihrem Telefon hatte sie ihn unter: „Meine Bitch“ gespeichert.

Eines Tages würde er ihr wohl einen Antrag machen müssen.

 

:saint::heul_b:

  • Gefällt mir 5
  • Lustig 1
  • Traurig 2
  • wow... 2
Geschrieben

Hallo Joshua,

 

gut geschrieben ist die Geschichte. Aber Unterdrückung in einer beziehung ist immer schlimm (egal, wer wen unterdrückt, ) und esist dem LI zu wünschen, dass er von ihr loskommt...

 

Liebe Grüsse

anais

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

"Starker Tobak" für einen Mann, der nicht reflex- und fluchtartig die Situation verlässt, wenn er als die Schlampe einer mir übertriebenen Egomanin mit sadistischem Einschlag bezeichnet wird. LI hat die eigene Hochachtung längst verloren und ob mein Mitleid hier eine Hilfe ist, mag ich bezweifeln. Kommt mir eher vor wie eine sehr übertriebene Geschichte, die ihren Ursprung darin begründet, die normalen menschlichen Werte wieder etwas mehr in den Vordergrund zu rücken. Was das LI zum Glück macht.

Lieber @Joshua Coan - du magst es wohl, wenn wir in deinen Texten herumstolpern und ein bisschen ratlos zurückbleiben. Du hast gewonnen.

Mit liebem Gruß

Sonja

Geschrieben

Hallo Joshua,

wunderbar geschrieben!

Also, für mich ist es kein bisschen traurig: Im Gegenteil!

Und ich bin sicher, wahrscheinlich ein wenig übertrieben, aber wahr.

Большое спасибо

Карлос

  • Danke 1
Geschrieben

Hallo Joshua, das Leben ist eine Herausforderung. Das Ende Deiner Geschichte finde ich krass. Einen Antrag machen müssen... Nach allem, was ich gelesen habe, würde ich davon abraten. Lieber ein Ende mit Schrecken, als.... Doch das LI scheint nicht loszukommen von der Holden. 

 

Fesselnd geschrieben. Lieben Gruß Darkjuls

  • Gefällt mir 2
  • Danke 1
Geschrieben

Hallo Joshua,

da hast du ja wieder einen rausgehauen! 
Jo, wenn man der falschen Frau auf den Leim geht und die Eier fehlen das gerade zu rücken, dann loost Mann halt.

Sehr gerne gelesen und geschmunzelt!

 

Grüßend Freiform

  • Danke 1
Geschrieben
vor 5 Stunden schrieb avalo:

Hallo Joshua Coan

Mir ist das Lachen im Hals stecken geblieben.

Aber es ist ein Beispiel dafür, wenn Menschen ganz tief gefallen sind und es nicht einmal merken.

Mensch-sein geht anders, also noch einmal von Vorn das Ganze mit viel Licht.

Übrigens die Russinnen sind wunderbare Frauen, bis jetzt sah ich nur die Männer trinken.

LG

avalo

Der ehemalige Nachbar meiner Frau, Igor, hat sich beschwert, seine Frau wäre keine echte Russin, da sie keinen Alkohol trinkt...

 

@Joshua Coan

Ich habe herzlichst gelacht, JC

 

LG Skalde 

  • Lustig 1
Geschrieben

Meine Intension bei dieser kleinen Geschichte - Inspiriert durch die Erzählungen eines ehemaligen Kollegen (großartig ausgeschmückt von mir) - war diese Möchtegern-Macho-Gangsta-Rapp-Scheiß-Ego-Nummer mancher junger Leute ins Gegenteil zu drehen. Unser Protagonist Jo, der typische Checker der Szene, begegnet seinem Meister! In diesem Fall sogar seiner Meisterin! Ausgerechnet eine Frau übertrifft ihn in all seinen Macho-Belangen, so dass er am Ende sogar anfängt seinen Full-Time-Party Lifestyle zu ändern und etwas hauszahmer wird. Eigentlich doch eine gute Sache. 

Natürlich liebt er sie. Sonst wäre er schon längst geflohen. Nur sein Ego ist es, dass leidet, weil er ja kein bischen mit ihr mithalten kann. 

 

Wie gesagt, Humor ist wenn man trotzdem lacht... 

LG JC

  • Gefällt mir 2

Erstelle ein Autorenkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Autorenkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Autorenkonto erstellen

Neues Autorenkonto für unsere Community erstellen.
Es ist ganz einfach!

Neues Autorenkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Autorenkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.