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Geschrieben am (bearbeitet)

Der Lauf der Dinge

 

 

Es Brummsummte eine Hummel

träg an einem Frühwintertag

mir war klar: sie hat sich verflogen

 

Ihr gesummtes Brummen lockte

ein kleines Bienchen dazu

sie flatterte aufgeregt und mir war klar: sie friert

 

Die Flügelschläge der jungen Biene

das aufgeregte Rauf und Runter erzeugte

einen Miniblizzard und ich wusste: es wird eisig

 

Der Eissturm fegte in Miniatur

über die brach liegende Gartenlandschaft

der Hummel und Bienchen zusammenrücken ließ

dicht bei dicht die bibbernden kleinen Körper

die verkleidet schienen ihr gelbschwarzes Kleid ist bedeckt

mit einem zarten Hauch aus Weiß und ich wusste: sie werden sterben

 

Das Brummsummsen wurde leiser

die Bienenflügel erlahmten und das Bibbern ebbte ab

nur der weiße Hauch wurde schön und schöner

auf wundersame Weise bildeten sich fragile Kristalle

die erschufen herrlichste Skulpturen und glitzernde Gebilde

an den steifen Wesen die sich harmonisch einfügten in die Winterwelt

in der sich Grausamkeit und Barmherzigkeit die Waage halten

bei Mutter Natur die weise ist in ihrem Tun

und ich ahnte schon immer: der Tod kann schön sein.

 

© Sternwanderer

 

 

 

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Geschrieben (bearbeitet)

"Das Brummsummsen wurde leiser"...

Eine schöne onomatopäische Wortschöpfung.

Schöpfungen wie diese, wie das ganze Gedicht, ist was ich in literarischen Foren suche.

Nur am Schluss gibt es eine Wertung, allerdings eine lyrische, positive, zum Nachdenken anregende Wertung.

Geschrieben

Hallo Sternwanderer,

 

eine ganz faszinierende Beobachtung, die aus deinen Worten spricht. Auf der einen Seite schildert LI lediglich das "Beobachtbare" und zum Schluss jeder Strophe folgt, in steigender Spannung, eine wertende Reflektion.

Der Aufbau erhält dadurch eine klare Struktur, der ich gut folgen kann. Nicht jeder Blick ist "vorgeformt", bis zum letzten Vers kann ich jede Strophe für sich wirken lassen, die bloßen Bildern nachspüren.

Lediglich die Wahl der Worte stellt natürlich immer eine Wertung dar, aber dies in der Dichtung zu vermeiden ist auch schwer. Und wozu auch..

 

Die Steigerung von "mir war klar" - "ich wusste" - "ich ahnte schon immer" zeigt in meinen Augen eine große Demut. LI erkennt all dies, hinterfragt sich selbst aber zugleich. Erst die Bestätigung der Realität lässt das LI diese Sätze ausformulieren. Dabei scheint "ich ahnte schon immer" im Grund schwächer als eine Aussage wie "ich wusste". Aber dieser letzte Punkt ist zugleich der Bedeutendste von allen! Diese Ahnung von einer Schönheit des Todes erleben wir selbst als gewagt und wagen es daher doch kaum, sie nur klar zu denken, geschweige denn so auszusprechen. Auch die gesellschaftliche Moralvorstellung ist konträr, und das versucht man in der Regel zu vermeiden. Der Tod ist etwas Schlimmes, schreckliches, ja sogar hässliches. Oder?

Oder vielleicht nur "Der Lauf der Dinge"? Wieso sollte der Tod weniger schön sein, als das Leben?

Jedenfalls wagt es LI letztlich, diese Gedanken auszusprechen, diese Ahnung sich selbst (und vielleicht anderen) gegenüber zu bestätiten.

 

Ein paar Stellen sind mir aufgefallen:

 

träg am einem Frühwintertag ---> trägt an einem Frühwintertag

 

der die Hummel und das Bienchen zusammenrücken ließ ---> (nur eine Idee): der die Hummel und das Bienchen zusammenrücken ließ

 

in der sich Grausam und Barmherzig die Waage hält ---> in der sich Grausamkeit und Barmherzigkeit die Waage halten (-halten- weil es Plural ist. Und -Grausam- oder -Barmherzig- als Adjektive ergibt wenig Sinn, weil ein oder mehrere Subjekte gefragt sind..)

 

und ich ahnte schon immer: der Tod kann auch schön sein ---> und ich ahnte schon immer: der Tod kann auch schön sein

(Das "kann" drückt bereits die Möglichkeit aus, mit dem "auch" scheint dies doppelt-gemoppelt. Mmh.. mE kann diese Aussage ebenso gut ohne "auch" stehen, aber wie immer - deine Entscheidung!)

 

 

Wow, ich habe nun einiges zum Nachdenken. Manchmal stoße ich auf Texte die aus mir selbst verborgenen Gründen mehr in mir Wirken und Bewegen als viele andere.. gefällt mir wirklich gut.

 

Liebe Grüße Lichtsammlerin

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Geschrieben (bearbeitet)

 

Hallo Lichtsammlerin,

 

vielen Dank für deine umfassenden Gedanken zu meinem Text, in denen du meine Intension klar erfasst hast.

 

Wie gut, dass du eine aufmerksame Leserin bist und ich somit einiges auszubessern habe aus Gründen, die sich mir allesamt erschließen.

 

Danke dafür!

 

 

Ein Dankeschön an die stillen Likevergeber: @Josina  @Gina @anais  @Berthold  @Kurt Knecht

 

 

LG Sternwanderer

 

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