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"Ist es eigentlich noch wichtig,
was das Publikum sich denkt?
Dies bin ich! Ist meine Seele!
Wer von Ihnen dürfte richten?"

(Jack: aus "Per aspera ad astra")



Still ist es für eine Weile,
angespannte Ewigkeit;
Augenblickes eitle Eile
fürchtet dennoch um die Zeit
und so löst sich eine Zeile
aus gespaltnem Schöpfergeist,
der da weiß, dass alles nichtig
und doch nichts auf nichts verweist.
Ob das Missverhältnis heißt?
Ist es eigentlich noch wichtig?

Da ist eine Strophe nun
wie ein himmlisches Versprechen:
ich kann niemals mich vertun,
ehe die Gedanken brechen,
ehe die Gefühle ruhn.
Ganz bin ich drin aufgegangen,
ganz ist diese Welt versprengt,
ganz in mir nun aufgefangen.
Ists, wenn sie mein Lied nur sangen,
was das Publikum sich denkt?

Ach, was sollen sie schon denken
die sich auf Gesang verstehn,
die den Geist in Sprache tränken
und dabei ganz übersehn,
welche Geister Worte lenken?
Zu mir selbst führt diese Hand.
Dies ist nicht, was ich mir wähle,
nicht mit nüchternem Verstand,
nicht als vorsichtiges Pfand.
Dies bin ich! Ist meine Seele!

Doch sie lesen, lesen nur
stumm entlang der vorgegebnen
selbstentfremdet graden Schnur,
während sie die Tiefe ebnen
in der eignen Lebensspur.
Denn sie wissen mehr von dem,
was sie in der Ferne sichten -
selbstbezognes Theorem,
altklug jetzt wie ehedem.
Wer von ihnen dürfte richten?

 

 

(Aus dem Fundus)

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Geschrieben (bearbeitet)

Ein starker Text, liebes Schmuddelkind und ich stimme Sonja hier gern zu, wir offenbaren unsere Seelen, doch zu richten bedarf es nicht des Lesers.

Inhaltlich rüttelt dein Text gerade sehr viel auf bei mir. Es gibt so viele Menschen, die meinen mich besser zu kennen als ich mich selbst und das finde ich ... Nun, momentan weiß ich nicht so genau, wie ich das finde, aber das ist auch nicht wichtig.

Die Strophen gefallen mir allesamt, weil ich mich gedanklich an vielen Stellen sehr gut damit identifizieren kann. Ein wirklich tolles Gedicht und kein Vers zu lang!

 

Lieben Gruß in den Abend, Letreo

  • Danke 1
  • 1 Monat später...
Geschrieben (bearbeitet)

Das ist beeindruckend gut, nicht nur der Satz, sondern vor Allem auch der Inhalt.

Jeder kreative Ausdruck ist subjektiv und insofern schwach und angreifbar. Objektiv gültig wird er im Auge jedes Betrachters, von dem er Würdigung erfährt.
Sehr gerne gelesen und darüber nachgesonnen.

Herzlichst

Elmar

 

  • Schön 1
Geschrieben

Vielen Dank, liebe Sonja, liebe Letreo, lieber Elmar und lieber Flutterby!:smile:

(Wollte übrigens ohnehin mal anmerken, dass der Name "Flutterby" sehr schön ist - ein Butterfly flattert herbei etc.:thumbup:)

 

Am 17.1.2021 um 16:07 schrieb Sonja Pistracher:

Das ist Dichtkunst und eine sehr tiefe Aussage. Danke @Schmuddelkind kann ich nur sagen für deine Texte. Die mich immer wieder sehr erfreuen.

Ich hab zu danken. Du kommentierst ja fast all meine Gedichte und ich weiß gar nicht, ob mir so viel Anerkennung zusteht.:scared:

 

Am 17.1.2021 um 16:07 schrieb Sonja Pistracher:

Und ja, wir offenbaren unsere Seelen, doch zu richten bedarf es nicht des Lesers.

Definitiv ist das Schreiben etwas sehr Intimes, das wir in einem Forum mit anderen teilen. Über die inneren Beweggründe des Schreibens hat dabei niemand zu richten, der einen nicht näher kennt. Über das schriftstellerische Geschick hingegen schon, wenngleich dieses nicht ganz ohne Dialog zu erkennen ist. Oft lese ich eine Kritik und denke mir: "Wäre es nicht besser gewesen, den Autor bzgl. eines Aspektes des Gedichtes zu fragen, ehe man eine bestimmte Absicht unterstellt, weil man evtl. selbst etwas übersieht?"

 

Am 17.1.2021 um 22:29 schrieb Letreo71:

Inhaltlich rüttelt dein Text gerade sehr viel auf bei mir. Es gibt so viele Menschen, die meinen mich besser zu kennen als ich mich selbst und das finde ich ... Nun, momentan weiß ich nicht so genau, wie ich das finde, aber das ist auch nicht wichtig.

Ich weiß, wie du das findest, weil ich dich besser kenne.:wink:

Nein, im Ernst. Ich kenne zumindest auch das Gefühl, bevormundet zu werden und es ist auch nicht immer leicht, adäquat darauf zu reagieren. Umso bemerkenswerter, dass ich mit diesem älteren Gedicht von mir Jahre später bei dir einen Nerv getroffen habe.:scared:

 

Am 17.1.2021 um 22:29 schrieb Letreo71:

Ein wirklich tolles Gedicht und kein Vers zu lang!

Aber auch kein Vers zu kurz, schätze ich.:wink:

Vielen Dank für deine wertschätzenden Worte, liebe Letreo!:smile:

 

Am 18.1.2021 um 11:03 schrieb Flutterby:

Finde vor allem den letzten Absatz sehr schön. Geht sehr in die Tiefe, gefällt mir gut.

Danke! Ich schätze, die letzte Strophe wirkt insbesondere durch den Schlussvers, der ursprünglich von einem ehemaligen, von mir sehr (als Poeten und als Mensch) geschätzten Forendichter namens Jack. Dieses Gedicht ist auch als Respektsbekundung für jenen Jack zu verstehen. Weiß allerdings nicht, wie vielen Usern hier der Name noch was sagt. Jedenfalls freut es mich, dass du so tief in das Gedicht geblickt hast, denn ein Gedicht kann nur so tief sein, wie der Leser sehen kann.:smile:

 

vor 8 Minuten schrieb Elmar:

Das ist beeindruckend gut, nicht nur der Satz, sondern vor Allem auch der Inhalt.

Vielen Dank für dein großes Lob, lieber Elmar!:smile:

Freut mich sehr, dass dich das Thema so anspricht. Hin und wieder schreibe ich gerne Gedichte über das Schreiben bzw. den kreativen Prozess, obwohl es ja letztendlich zu einer so reflektierten Perspektive führt, wie ich sie nur ungerne meinem LI zugestehe.

 

vor 12 Minuten schrieb Elmar:

Jeder kreative Ausdruck ist subjektiv und insofern schwach und angreifbar. Objektiv gültig wird er im Auge jedes Betrachters, von dem er Würdigung erfährt.

Sehr klug gesprochen!:thumbup:

Eine Wahrheit kann ein literarischer Text nur für denjenigen erhalten, der sich in dem Gedicht wiederfindet, weil er die beschriebene Situation oder das ausgedrückte Gefühl kennt. Ansonsten sind Gedichte in höchstem Maße deutungsoffen und es ist absolut legitim, wenn zwei Leser etwas anderes darin finden, solange es nicht gewisse Grenzen des gesunden Menschenverstandes überschreitet.

 

LG

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