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Der verlorene Zauber (Teil2)


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„Was wollen wir denn nun machen? Bald ist wieder Nacht und wir müssen arbeiten!“, grummeln Uriel und Orbi die Feenmädchen gelangweilt an. Lyra und Symphonie waren so vertieft in ihre Mädchengespräche, dass sie die Jungen total vergessen hatten. Erschrocken schauen sie die beiden an. „Ach herrjee, ist es schon wieder so spät?“, fragt Sym und schaut Lyra dabei erstaunt an. Lyra guckt schnell zur Sonne. „Wir haben noch zwei Stunden Zeit, das reicht uns doch.“, beruhigt sie die Wolkenhüpfer. „Wir könnten dem Mann im Mond einen Streich spielen. Was haltet ihr davon, wenn wir seine Sichel verstecken. Dann kann er nicht mehr abnehmen und bleibt so kugelrund wie er grade ist. Außerdem erleuchtet er uns ganz toll die Sternengassen und können eher den mysteriösen Sternwanderer sehen, von dem uns immer erzählt wird.“, schlägt Uriel aufgeregt vor. „Ja, das machen wir!“, freut sich Orbi und hüpft wie Rumpelstilzchen von einem Bein auf das andere. Auch die Feenmädchen sind Feuer und Flamme.

 

„Mmmhh, und wie kommen wir zu dem Mond? Die Wolken sind heute so weit auseinander.“, richtet sich Sym fragend an die Wolkenhüpfer. Auch Lyra zweifelt, denn soweit können sie mit ihren libellenzarten Flügeln nicht fliegen. „Ach, das ist doch ganz einfach. Wir müssen nur einen Windstoß abwarten. Der trägt uns nah genug heran.“, vertreibt Orbi die Bedenken der kleinen Fee. An den Kollegen Wind hatte sie gar nicht gedacht, denn er ist nicht unbedingt ein Freund der Feenmädchen. Ab und an rüttelt er sie bei ihren kurzen Spazierflügen ordentlich durcheinander. Einmal wurde der armen Symphonie besonders übel mitgespielt. Der Universumswind passte Sym auf ihrem Weg zur Arbeit ab und pustete ihr ein paar heftige Galaxieböen entgegen, so dass die Arme sich wie in einer Achterbahn fühlte. Dadurch wurde ihr speiübel, dass sie für den Rest der Nacht krank war und nicht arbeiten konnte. Das wiederum war ein großes Pech für einige Menschen, die keine Chance auf Wunscherfüllung hatten.

 

Uriel schreit plötzlich: “Aufgepasst, der Sausewind kommt dahinten bei der grauen Wolke um die Ecke. Gleich geht es los!!“ Ein wenig ängstlich halten sich Lyra und Sym an den kleinen Händchen fest, die so dünne und lange Finger habe, dass sie ein wenig an Spinnenbeine erinnern. Die durchscheinend, hauchdünnen Flügel bewegen sich aufgeregt auf und ab. Sie fächern sich so anoch zusätzlichen Aufwind zu. Werden sie es wohl schaffen, auf der wattebäuschchenweichen Heimwegwolke zu landen? Aber die Wolke, die sie sehen, ist ausgerechnet eine blaue Wolke. Zu oft ist nämlich durch das Betrachten in blaue Wolken schon was komplett in die Hose gegangen. Und auf so eine wollen sie springen, damit sie zum Mondstern kommen. Durch das Erblicken von blauen Wolken entstand nämlich auf der Erde der Begriff blauäugig sein. Und was das bedeutet wissen auch die vier Freunde. Wenn das mal gut geht!

Als die Feenjungs die Angst der beiden Mädels sehen, eilen sie zu ihnen. Jeder nimmt ein Mädchen in den Arm und hält es bei dem waghalsigen ganz Sprung fest an sich gedrückt. Und tatsächlich, die Flügelchen flattern völlig außer Takt durcheinander, dass sie bestimmt nach unten auf die Gewitterwolke gefallen wären, ohne die Sprunghilfe von Uriel und Orbi. Was das bedeutet, wissen alle Himmelsbewohner, die über einen Zauber verfügen. Sie werden postwendend von der bösen Wolke zum Sandmann zur Entzauberung gebracht!

 

„Geschafft!“, jubeln die vier und klatschen sich ab. „Puhhh, das war knapp. Ob wir das noch einmal schaffen?“, stöhnt Sym und schaut dabei Lyra zweifelnd an. „Ach klar!“, zerstreuen die Feenjungs Syms Bedenken großspurig.

„Nun aber ab zum Mann im Mond, es wird langsam Zeit, dass wir zu Potte kommen. Schließlich haben wir, wenn er anfängt aufzugehen, noch genug damit zu tun, Wünsche und Träume zu verteilen.“, ermahnt Lyra die Bummelanten.

„Achtung, versteckt euch schnell hinter dem kleinen Wolkenhügel. Da hinten kommt der Sandmann mit dem Schlaf in seinem dick gefüllten Sack, den er über die Erde streuen will.“, warnt Uriel die anderen. Gerade noch rechtzeitig, denn so alt der Sandmann auch ist, erstaunt es immer wieder, dass er noch so flott auf den Beinen ist. „Boah, das ging noch einmal gut!“, stöhnt Orbi erleichtert. Mit seinem kleinen Bäuchlein, das er vor sich herschiebt, ist er nicht der Allerschnellste. „Nun, aber mal fix, bevor der Mann im Mond in seinen Schuppen geht, um die Sichel zu holen. Dann haben wir uns umsonst abgemüht, mit der Wolkenhüpferei.“, erinnert Sym.

 

Und schon setzt sich der kleine Tross in gebückter Haltung in Bewegung, die ein wenig an die niedere Gangart der menschlichen Rekruten erinnert. Man will ja nicht gesehen werden!

Endlich angekommen sehen die Freunde, dass der alte Mann seine Pfeife auch noch nicht am Qualmen hat, dass bedeutet: Er ist noch nicht aufgestanden! Zeit genug, um in den Schuppen zu gehen, um die Sichel zu mopsen. Doch wer traut sich denn nun in den Schuppen, in dem auch der kalte Vollmond und der blasse Neumond ihre Zeit abwarten müssen, bis der Mann im Mond ihnen Bescheid gibt, dass sie mit dem Leuchten dran sind. Die vier schauen sich nur stumm an und spielen in Gedanken das Menschenkinderspiel „Schmick – Schnack – Schnuck“. Keiner traut sich zu den besten Freunden vom Mann im Mond zu gehen. Sie haben schon viele Schauermärchen von Vollmond und Neumond gehört. Doch die Zeit drängt!

„Ich gehe“, hört Lyra sich selbst sagen und hält sich selbst erschrocken den kleinen Mund zu. Ungläubig schnellen die Köpfe der anderen zu ihr herum. „Super“, staunt Uriel, „du bist ja auch die Schlaueste und Vorsichtigste von uns. Wir drücken dir die Daumen.“

 

Schon schleicht sich die kleine Fee ganz allein und äußerst vorsichtig von hinten an den Verschlag heran und äugt durch eine kleine runde Fensterscheibe. Erleichtert atmet sie auf, als sie sieht, dass die Kumpel Vollmond und Neumond tief und fest am Schlafen sind. Zum Glück ist die Tür nicht verschlossen, doch das heftig pochende Herz rutscht ihr in die Hose, als sie die Scharniere beim Öffnen lauten knarren. Ihr blondes Köpfchen schaut zu den Schnarchenden herüber … puuuh, keine Regung der beiden. So lautlos es nur geht, flattert sie zu der Sichel, die auf einem Wolkenkissen liegt. Es klappt, die Sichel ist stibitzt. Schwer ist sie Gott sei Dank nicht und Lyra kann sie mühelos abtransportieren.

 

Ehrfurchtsvoll bestaunen Uriel, Orbi und Sym die Heldentat. Das hätten sie von der stillen Lyra, die doch nur olle Träume verteilt, nie gedacht. Wie sagen die Menschen: Träume sind Schäume!, und gehen daher kaum in Erfüllung. Trotzdem müht sich Lyra Nacht für Nacht ab. Und nun so eine tolle Tat von der verträumten Lyra!

Sie sind so vertieft mit der Bewunderung, dass sie nicht bemerken wie die Mondwolke sich langsam von ihrer Wolke immer weiter entfernt. Erst als ein wenig mehr Wind aufkommt und es ruckelt, schauen sie auf und erschrecken sehr. „Schnell, schnell, wir müssen rüberspringen!“, schreien Uriel und Orbi wie aus einem Mund. „Da kommt auch noch der Sandmann um die Ecke.“ Stocksteif stehen Sym und Lyra vor lauter Angst am Mondwolkenrand. Wenn der Sandmann sie erwischt, dann gibt es wieder eine gesalzene Strafe. Es bleibt dieses Mal ganz sicher nicht beim Regenbogen putzen.

In heller Aufregung nehmen die Feenjungs wieder ein Mädchen in den Arm. Doch sie können

wegen der Eile nicht richtig zielen. Und so passiert das Schreckliche! Bei der Landung auf der Heimwegwolke fallen alle vier hin. Lyra und Sym purzeln von der Wolke herunter und landen auf der unteren Milchstraße. Wehgetan haben sie sich nicht, sie haben nur so ein komische flaues Gefühl im Magen. Ihnen schwant Böses! Verzweifelt schauen sie nach oben, wie sollen sie hier bloß wieder wegkommen. Sie sehen, dass der Sandmann bei den Wolkenhüpfakrobaten, die so jämmerlich versagt haben, angekommen ist. Eine donnernde Strafpredigt ergeht über die Feenjungs. Er verweist sie auf die allerhinterste Wolke im Universum, wo sie ganz allein tagelang Löcher hinein stechen müssen, damit der Regen sich über die Erde ergießen kann. Betreten schauen sich Uriel und Orbi an und wagen nicht zu widersprechen.

 

Danach schwebt er zu den Feenmädchen herunter und teilt den beiden seine große Entäuschung über sie mit. Sie müssen hier in der Milchstraße hocken bleiben und auf die nächste Sternschnuppe warten, die sie wieder mit nach Hause nimmt. Natürlich haben sie zusätzlich noch ihren Zauber verloren und müssen sich nun ein Sternenjahr lang bewähren, damit sie wieder an ihre Arbeit können. Entsetzt fangen Lyra und Sym an zu weinen. Doch es hilft nichts, der Sandmann bleibt hart. „Strafe muss sein!“, schimpft er mit den Mädchen und geht wieder an seine Arbeit. Und als wäre das Donnerwetter des Sandmanns nicht genug, fallen auch noch Sternentränen in Kaskadenwellen auf die Mädchen herunter und durchnässen die kleinen Körper, begleitet von enttäuschtem Sternengeflüster.

 

Bibbernd vor Angst hoffen die Himmelszauberwesen, dass die Sterne ihnen auch nach ihrer Heimkehr noch mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Sterne sind klein auf ihre Aufpasser und Helfer in der Not. Doch an dieser Not sind sie selber schuld. Lyra und Sym rufen verzweifelt nach ihren Freunden. Doch selbst das Echo ihrer zarten Stimmchen ist verstummt. So müssen sie nun allein in der einsamen und dunklen Gasse auf die Sternschnuppe warten, damit sie wieder nach Hause zu kommen. Mutlos lassen sie ihre Flügelchen hängen und nehmen sich Trost spendend in den Arm.

 

Ende

 

 

© Sternwanderer

 

 

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Moin,liebe Sternwanderer

Eine sehr schöne Geschichte von den Feenkindern. Nur der olle Sandmann ist mir ein wenig zu streng. Da er die Feenmädchen ganz alleine in der einsamen, dunklen Gasse auf die Sternschnuppen warten lässt!

Lyra und Sym haben doch schon genug Strafe, indem sie ihren Zauber verloren haben. Feenkinder haben es auch nicht leicht. Ich wette Löcher in Wolken stechen macht den den Feenjungs Spaß!

Sehr gerne gelesen.

HG Josina

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Liebe @Sternwandererin, welch wunderbare Fortsetzung der Geschichte, die in mir ein Gefühl aus Kindertagen hervor lockte, als ich damals im Fernsehen (noch in schwarz-weiß) die Erzählung von "Peterchens Mondfahrt" schauen durfte. Ach, lang ist´s her.

 

Danke für dieses erweckte Gefühl - Melda-Sabine

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Hallo liebe Melda,

 

herzlichen Dank.

 

Ich freue mich sehr, dass meine Geschichte in dir das Kindheitsgefühl und dem damit verbundenen Zauber des kindlichen Glaubens an die Wunderwesen. 

 

Peterchens Mondfahrt kenne ich natürlich auch noch S/W, eine tolle Kindergeschichte.

 

 

 

LG Sternwanderer

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Dankeschön, Carlos

 

Ich denke, ein Happy End muss nicht immer bei märchenähnlichen Erzählungen sein - zumindest nicht bei mir. 

 

Warum ich den Nik "Sternwanderer" gewählt habe, ja, lieber Carlos, das kann man spätestens nach diesem Text erahnen.

 

 

Dankeschön auch an @avalo fürs Lesen und Mögen.

 

 

LG Sternwanderer

 

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Sterne, Feen, Wolkenhüpfer, Sandmännchen, der pfeifenrauchende Mond - der so kugelrund mit Austauschgewändern am Himmel wandelt - einfach zum Träumen liebe @Sternwandererin. Du erzählst sehr erlebbar und man könnte meinen, schnell zum Himmel blicken zu müssen, um diese Wunder alle selbst sehen zu können. Die Idee mit der Milchstrasse und der Sternschnuppe - sehr märchenhaft. Obwohl ich das mit der Sternschnuppe nicht so ganz verstehe, weil diese ja nach unten saust und da wollen Lyra und Sym sicher nicht hin. Ist ja gut, ich wechsle in meinen Phantasiebogen und schon funktioniert alles perfekt.

Am 20.1.2021 um 19:39 schrieb Sternwanderer:

nehmen sich Trost spendet in den Arm.

"spendend" wäre hier vielleicht ratsam.

 

Einen wunderschönen zauberhaften Tag wünsche ich dir liebe @Sternwandererin. Ich bin jetzt auf dem Weg zum Arzt.

LG Sonja

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Liebe Sonja,

 

ganz lieben Dank.

 

Ja liebe Sonja, natürlich verliert sich eine Sternschnuppe in der Tiefe, doch das geschieht in der Realität.

Wir hingegen durchschweben in der märchenanmutenden Geschichte die unerschöpfliche Möglichkeiten des unbekannten Universums. 

 

Tippfehler ist korrigiert, danke für's Aufmerksammachen.

 

Auch dir einen schönen Tag, mit unvergesslichen Momenten und wünsche dir weiterhin Gute Besserung.

 

 

LG Sternwanderer

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