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Geschrieben am (bearbeitet)

Mein Deutschlehrer hat immer gesagt: "Man muss zwischen den Zeilen lesen". Immer und immer wieder. Mal traf ich den Kern meist eher aber nicht. Er, Freund von Theater und Weltliteratur und ich habe dann einfach gesagt: "Wenn man da alles Zwischen den Zeilen lesen muss, bin ich schnell fertig. Da steht nämlich nichts und für Agnes und Homo Faber war dieses Nichts der grösste Sinnteil des Buches. Ich hab diese beiden dann verbrannt, damit diese Exemplare keiner mehr lesen muss. 

 

 

 

 

Kalte Haut.

Du setzt das Zündholz auf diese Schnur

Funken entzünden sich zu einer Flamme

das Licht fängt sich im Tintenglanz

das Feuer rennt den Worten nach

gleitend, ziehend, treibend

um jede Kurve, auf jedem Punkt

zwischen den Zeilen

im Gefühl

bis das Papier sich löst-

zu einer Aschewolke.

 

Ich öffne das Fenster

stürmischer Funkenregen

auf deiner Haut.

 

Warme Haut.

 

 

 

 

 

 

 

Fühlst du mich jetzt?

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Geschrieben

Lieber Federtanz,

 

dein Gedicht spricht mich auf eine undeutliche Weise sehr an, auch wenn ich gar nicht genau weiß, ob ich für mich eine wirklich kohärente Deutung gefunden habe.:gruebeln_yellow:

 

Das heißt, was nach dem Verbrennen zwischen den Zeilen überlebt hat (sozusagen als Konzentrat), sind die Gedanken an das Verbrennen selbst? Es scheint auch ein insgesamt positiv empfundener Vorgang zu sein, weil die Haut zu Beginn kalt war und durch das Verbrennen gewärmt wurde - und klar, das Motiv dahinter war ja, die Welt vor sogenannter Weltliteratur zu retten - ein durchaus ehrbare und nachvollziehbare Motiv!:wink:

 

Insgesamt kann ich hier dem pragmatischen Charakter des Textes viel abgewinnen. Das einzig Positive, das das LI zwischen den Zeilen verhasster Literatur findet, sind die Gedanken an den weiteren Werdegang des Buches selbst - als physisches Objekt und nicht als Geschichte. Dadurch entsteht aber wiederum Literatur (dieses Gedicht) und eben nicht nur physisch als Ansammlung von Buchstaben, sondern eben auch als etwas, das gesagt werden will und nun sitze ich hier davor und versuche zu verstehen, was da zwischen den Zeilen steht. Ist an Ironie nicht zu überbieten.:rofl2:

 

Und ich glaube, dass sich das LI dessen bewusst ist (und damit auch seiner eigenen Finktionalität, was dann irgendwie das Gedicht wieder zu etwas Konkreterem, Realem macht) und dies erzeugt hier irgendwie ein Fass ohne Boden: "Ich kann nichts an einem bestimmten Buch finden, außer dem Gefallen, es brennen zu sehen; also verbrenne ich es und mache ein Gedicht daraus. Mal sehen, ob jemand mehr in meinem Gedicht findet oder ob es dem Leser nicht genauso geht." Aber wenn es einem Leser genauso geht, hat er schließlich doch etwas in dem Gedicht gefunden - sich selbst (seine eigenen Motive sind dann ja mit denen des LI identisch) und das erzeugt dann natürlich einen Widerspruch. Rein logisch ist man also gezwungen, etwas zwischen den Zeilen zu finden bei diesem Gedicht. So gesehen, ein Gedicht, das man mögen muss.:thumbup:

 

LG

 

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Geschrieben (bearbeitet)

 

 

 Moin, liebe Federtanz

Mich hat da Gedicht zuerst etwas geschockt. Bücher verbrennen ist so gar nicht meins. Über Bücher reden diskutieren Sinn und Zweckmäßigkeit, neuzeitlich überarbeiten oder aussortieren.(um den nachfolgenden Generationen einen Überblick zu verschaffen) Sicher gibt es da sehr viele. Es fängt schon beim Kinderbuch Struwwelpeter an, selbst bei Karl Mays Winnetou finden wir viele rassistische und Ausländer feindliche Gedichte und Geschichten.

HG Josina

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Geschrieben

Hallo  Federtanz,

 

eine sehr interessante Perspektive, mit Texten umzugehen. ;am verbrennt das konkret Geschriebene , um die Quintessenz zwischen den Zeilen zu bekommen...

 

Gerne gelesen

 

Liebe Grüsse

anais

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@Carlos

 

Ich habe bereits auf deinen Kommentar gewartet und wie schön, ist dieser an erster Stelle:)

Liebe Grüsse von meinen Freunden, die immer hoffen dass der Carlo geschrieben hat.

(!)

 

Lieber @Schmuddelkind

 

vor 11 Stunden schrieb Schmuddelkind:

dein Gedicht spricht mich auf eine undeutliche Weise sehr an, auch wenn ich gar nicht genau weiß, ob ich für mich eine wirklich kohärente Deutung gefunden habe

 

Das freut mich wirklich sehr.

 

Ich habe selber lange über dieses Gedicht oder diese Zusammenstellung von einem Zitat und meinem Gedicht nachgedacht. Ich finde am Ende auch einen Widerspruch, was auch gleichzeitig dem Leser viel Raum und sicher viele Fragen bringt. 

 

Tatsächlich hat mir einer meiner Bekannten,  der übrigens eine sehr hohe Meinung und Ahnung über ein gelungenes Werk hat, diese Aussage "Mein Deutschlehrer hat immer gesagt..." zugesendet, als ich mit diesem Gedicht fertig geworden bin und ihm genau dieses in der selben Sekunde zusendete.

 

Es ging um seine Vergangenheit, wie verzweifelt er oft war, dass man ihm die Literaturwelt so schädlich nahebrachte und heute muss ich sagen, schätze ich seine Meinungen als eines der differenziertesten und sachlichsten Meinungen.

 

 

Unglaublich, aber wahr. Ich musste es zusammenfügen. Es ging um Themen wie "Heranführung" in die Deutsche Literaturwelt- 

So und so viele Menschen stehen immer noch Ratlos vor einem Gedicht und das erste was man leider zu hören bekommt ist ein: Ich kenne mich nicht so aus.

 

 

Aber ich will keinen Leser, der denkt, er kenne sich nicht aus. Lediglich ein offenes Herz und eine elastische Fantasiewelt - die jeder besitzt- reichen mir vollkommen aus. 

Spürst du etwas?

 

 

Also unterstützt die Aussage des Bekannten  die gemachten Erinnerungen aber müssen nicht unbedingt in einem klaren Zusammenhang zum Gedicht stehen. 

 

Das Gedicht hat sich recht autark entwickelt - wie gesagt hat niemand gewusst, was der andere gerade schrieb. 

 

Ich wollte das LI in diesem Gedicht in einer veränderter Weise darstellen, etwas Physisches, das physisch berührt durch den Tod seines selbst. Im Grunde lag das LI zwischen den Zeilen versteckt und konnte sich dadurch Retten, dass es sich in seiner Selbsterkenntnis, nämlich das es ein Gefühl in der Zwischenzeile ist, lebendig halten. Zwischen den Zeilen überlebt - Im Grunde bleibt einem manchmal nur das letzte Gefühl übrig, wenn klare verbale Worte nichts aussagen. Dadurch kann das Gedicht neu erlebt werden.

 

Was tatsächlich dieses Zwischen den Zeilen Gefühl ist, 

Das Verbrennen selbst, es ist leidvoll, 

wenn ein Mensch zwangsweise und "bewertend" in die Literaturwelt eingeführt wird- Was im Grunde Basis unseres Gesprächsstoffes war. 

Einfach so ein Leid, als sehe ich ein angezündetes Gedicht, oder...

 

Im Zusammenhang mit der Aussage ein Werk, dass mich immer noch beschäftigt, sich teilweise wiederfindet um sich im Widerspruch loslässt um sich  im Leid des Unverstandenen zu treffen...

 

 

Vielen Dank für deinen Besuch, deine Gedanken und deine analysierende und positive Rückmeldung. 

 

 

und deswegen Liebe @Josina

 

zurecht geschockt. Natürlich würde ich niemals einen Text anzünden, gar ein Buch,

nein, so pflegsam wie ich mit meinen Lindgren, Nöstlinger und Exupery Bändern und weitere umgehe...

 

Wie immer gilt: Keine Eselsohren!

 

 

In Bücher-Verbundenheit.

 

Lieber @Anais

 

wie spannend deine Bemerkung, als wenn du die Geschichte dahinter kennen würdest.

Vielen Dank für deinen Besuch.

 

 

 

Eure Federtanz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Hallo liebe*r Federtanz.

Dein Titel hat mich sehr neugierig gemacht.

Ich lese wirklich sehr gerne und sehr viel.

Ich finde dein Gedicht/ prosilyrik sehr  interessant gestaltet  zunächst hab ich überlegt ob der obige Prosatext nur als Erklärung dienen soll, bin dann abereits für mich zu dem Entschluß gekommen, das dein Gedicht erst durch den Prosateil seine Wahre wirkung entfalten und dann erst unter die Haut gehen kann.

Passt übrigens ganz gut denn eines deiner Leitmotive ist die Haut die Kälte und die Wärme. Vielleicht hole ich jetzt auch ein bisschen zu weit aus aber ich probiere es trotzdem sehr gerne.

Die Haut ist eines unserer Sinnesorgane und auch ein gewisser Schutz. Die Kalte Haut bedeutet für mich Desinteresse und eine Abwehrhaltung die das Lyr. Ich gegenüber der aufgezwungen Literatur ausübt.

 

Mein Deutschlehrer hat immer gesagt: "Man muss zwischen den Zeilen lesen".

 

Das sagt meiner übrigens auch

 

Immer und immer wieder. Mal traf ich den Kern meist eher aber nicht.

 

Das interessante daran ist, das zwischen den Zeilen  eine gewisse Bewegungsfreiheit herrscht. Nichts ist richtig oder falsch. Denn Assoziation die wir empfinden beruhen auf unseren Vorerfahrungen und unserer Sozialisierung. 

 

Er, Freund von Theater und Weltliteratur und ich habe dann einfach gesagt: "Wenn man da alles Zwischen den Zeilen lesen muss, bin ich schnell fertig. Da steht nämlich nichts und für Agnes und Homo Faber war dieses Nichts der grösste Sinnteil des Buches.

 

Diese Abschnitt belegt dies Wunderbar, denn der gebildete Lehrer hat dem einfachen Schüler gegenüber einen Riesen Erfahrungsvorsprung und hohe Erwartungen die gegenüber den Schülern einen gewissen Druck von außen ausüben.

 

Und da jeder Schüler gerne seine eigene Haut rettet, versucht man mit Ach und Krach durch zukommen. Dies ist oft mit Abreit und Schweiß verbunden. Und Schweiß hat die Funktion die Haut von außen abzukühlen.

 

Ich hab diese beiden dann verbrannt, damit diese Exemplare keiner mehr lesen muss. 

 

Wie umsichtig und gleichzeitig naiv, denn zum einen zeugt dieser Satz von Jugendlichkeit und Verachtung gegenüber dem altbewehrten und wirkt wie eine Art Befreiungsschlag sogesehen. Wie ein Durchbruch.

 

Kalte Haut.

Du setzt das Zündholz auf diese Schnur

 

Mit einer gewissen kaltschnäuzigkeit wird der Funke der die Sache ins rollen bringt entfacht. Und wie es scheint ist es eine kurze Zündschnur, denn sonst hätte es vielleicht gereicht die Bücher fort zu geben oder weg zu schmeissen.

 

Funken entzünden sich zu einer Flamme

Aber so wird das reinigende Feuer zum Symbol der inneren Auseinandersetzung mit den Büchern.

 

das Licht fängt sich im Tintenglanz

das Feuer rennt den Worten nach

gleitend, ziehend, treibend

um jede Kurve, auf jedem Punkt

 

Diese Beschreibung liest sich sehr poetisch. Es Wirkt aus könnten die Bücher das Lyr. Ich in ihrem AbgAngebot doch noch von ihrer Schönheit begeistern und einen Sinn ergeben.

 

zwischen den Zeilen

im Gefühl

bis das Papier sich löst-

zu einer Aschewolke.

 

Zwischen den Zeilen steht die Erkenntnis das nichts ewig bleibt, und alles vergänglich ist. 

Das Faszination und Begeisterung sich auf unterschiedliche Weißen entfalten kann. Beim einen durch den Inhalt beim anderen mit der Auseinandersetzung. Jede brennt sich auf ihre Art und Weise unter die Haut ein.

 

Ich öffne das Fenster

stürmischer Funkenregen

auf deiner Haut.

Es ist das letzte Aufbäumen /rebellieren gegen den Akt der Literaturaufdrängung durchs Lehrpersonal denn in diesem Fall soll der Lehrer zwischen den Zeilen lesen und das geht schnell.

Denn dort steht nichts 

aber dennoch geht dieser Akt unter die Haut die nun jetzt

 

Warme Haut.

 

Sry. Ist ein bisschen lang geworden.

Aber ich habe mich gerne mit deinem Text auseinander gesetzt.

 

LG Enya

 

 

Fühlst du mich jetzt?

Als ob ich zwischen den Zeilen lesen würde

 

 

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