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Geschrieben am

Liebe Poetengemeinde,

 

ich wende mich heute hier mit einem Hilferuf an Sie. Mein Name ist Tutnichts zur Sache. Ich brauche Ihre Unterstützung.

Ich bin im weitesten Sinn in der Tür- und Fensteröffungsbranche tätig. Seit mehr als einem Jahr habe ich kaum noch Einkünfte und keiner hilft mir. Ich bin Soloselbstständiger und kenne viele andere aus meiner Branche, denen es genauso geht. Einige von ihnen führen ein kleines Familienunternehmen und wir alle kommen nicht mehr über die Runden.

Weder in den Medien noch in der Politik wird unsere dramatische Situation angemessen gewürdigt. Sonst haben alle ihre Lobby und ihre Unterstützer, die dafür sorgen, dass ihr Anliegen zumindest geprüft wird. Und wenn es auch kein Geld vom Staat gibt, dann gibt es wenigstens Dank und Lob. Geld kriegen bei uns ja sowieso nur die großen Konzerne. Nicht einmal von der SPD, deren Ziel der Umverteilung wir doch an vorderster Front unterstützen, gibt es ein Wort des Mitgefühls.

Vielleicht fragen Sie sich, warum ich keine Corona-Hilfen bekomme. Die wollte ich auch beantragen, aber mein Anwalt hat mir davon abgeraten. Er meinte, dafür müsste ich diverse Papiere wie z. B. Umsatznachweise vorlegen. Dabei konnte ich mir eine Buchhaltung auch schon vor Corona nicht leisten.

Lange habe ich meine prekäre Lage vor meiner Frau und meinen Kindern geheim gehalten, um sie nicht zu belasten. Ich habe dann jeden Abend wie immer mein Werkzeug gegriffen, bin in meinem schwarzen Overall und mit der Maske scheinbar zur Arbeit gefahren und erst morgens gegen sechs Uhr zurückgekehrt. Aber meine Arbeit ist zur Zeit so erschwert. Die Menschen in meinen bevorzugten Tätigkeitsgebieten, den Villenvierteln, sind alle zu Hause, wo ich doch sonst aus praktischen Gründen nur dort arbeite, wo keiner da ist. Dann habe ich meine Ruhe und die Bewohner werden nicht belästigt und beunruhigt. So finde ich zur Zeit kaum noch Lieferanten. Entsprechend habe ich Ärger mit meinen Kunden, denen ich fast nichts mehr anbieten kann und die mich demzufolge auch nicht bezahlen.

Schon vor diesen Ausgangsbeschränkungen war ich gezwungen, meinen Maserati zu versetzen, um meiner Frau wenigstens etwas Geld geben zu können, damit sie mit dem Daimler zum Einkaufen fahren konnte. Vorher hatte ich meiner Frau fast jede Woche von der Arbeit ein kleines Schmuckstück mitgebracht, weil sie sich so liebevoll um unsere fünf Kinder kümmert und sie in meinem Sinne erzieht. Mir bricht das Herz, dass ich das nun nicht mehr kann. Ich selbst bin ja immer mit meinem Porsche unterwegs, um für die Zeit nach Corona schon einmal neue Märkte zu begutachten, mögliche Einnahmequellen zu inspizieren und mit meinen Kollegen unsere Lage zu besprechen. Ich bemühe mich also. Leider hilft das gerade überhaupt nicht.

Ich habe wirklich Angst, in eine Situation zu kommen, in der ich aus Verzweiflung etwas Illegales tue, wobei vielleicht Leute körperlich Schaden nehmen. Das will ich nicht, das wollen Sie sicher nicht, das will keiner.

Wenn Sie jetzt das dringende Bedürfnis verspüren, mir in dieser Zwangslage zu helfen, dann verstehe ich das sehr. Sie finden unten meine Kontoverbindung.

Ich bin auch schon für kleine Beträge ab 500 Euro dankbar.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, bleiben Sie gesund und gehen Sie doch mal wieder abends aus.

 

Ihr Tutnichts zur Sache

 

 

IBAN: DE99110110110110110110

Kontoinhaber: Tutnichts zur Sache

  • Lustig 2
Geschrieben (bearbeitet)

Ach, das tut mir aber sehr leid, meine tiefste Empathie steht Ihnen kostenlos zur Verfügung. Aber leider stehe ich selbst kurz vor dem Ruin. Ich musste neulich schon meinen Schmuck vor den neidigen Nachbar-Blicken im Bankschließfach sichern, seither können wir nur noch halb angezogen ausgehen. Auch konnte ich unser neues Swimmingpool bloß mit Natursteinplatten statt mit italienischem Marmor auslegen lassen. Was für ein Malheur! Seit wir unter Bobachtung stehen, kommen wir einfach nicht mehr an unser Konto auf Barbados. Sie verstehen sicher unser Elend. Wenn das so weiter geht, werde ich unser Segelschiff in Monaco veräußern müssen.

Von daher - suchen Sie jemand anderen.

 

In aufrichtiger Trauerbekundung

Ihre Habauchnix

  • Lustig 3
Geschrieben (bearbeitet)

Tutnichts zur Sache, das ist erbärmlich!

 

Eine Schande für deine Familie und für unsere gesamte Branche ist es, wie du dich hier anbiederst und Vertreter einer Zunft anbettelst, die selten einer ehrlichen Arbeit nachgehen und sozial weit unter uns (im Prinzip unter allen) stehen: Hobbypoeten.

 

Wie tief muss man gesunken sein, sich so völlig aufzugeben?! Weiß deine Mutter davon? Ich hoffe, sie musste das nicht mehr erleben - schämen würde sie sich. Zu recht. Lass uns beten, dass sie nicht in eine Dauerrotation im Grab gerät...

 

Ja, die Geschäfte laufen schlecht. Ja, es geht vielen von uns so. Aber die besten der Familie (und sogar die mittelmäßigen) hat die Krise noch stärker gemacht. Waren flexibel, haben sich weitergebildet. Weg vom Tür- und Fensteröffnen - hin zum Handel mit Masken- und Impfstoffimitaten. Noch Mitte letzten Jahres haben viele deiner Schwestern Gummibänder an Zewa-Taschentücher geklebt und von vielen deiner Brüder als FFP-2-Masken verkaufen lassen. DIE fahren jetzt noch ihre Maserati und haben sich wahrscheinlich deinen als Viertwagen zum Spazierenfahren ihrer Tigerbabys zugelegt. Läuft jetzt nicht mehr - die meisten kennen den Unterschied inzwischen. Andere sind in die Finanzwirtschaft gegangen: Versicherungen, Geldanlagen. Da kannst du die Menschen während der Arbeiszeit abzocken und kriegst sogar noch ein Festgehalt. Aber dafür müsste man halt wenigstens mal die Grundrechenarten beherrschen, du hoffnungsloser Pflegefall. Apropos: Auch mit dem Betreiben eines Pflegedienstes kann man richtig Asche machen, wenn man weiß, wie man Leistungen abrechnet, die man überhaupt nicht erbringen kann.

 

Also - krieg den Arsch hoch und rette die Ehre der Familie

 

Gruß Pate

 

 

  • Lustig 4
Geschrieben

Liebe Frau Habauchnix,

vielen Dank für Ihre mitfühlenden Zeilen. Tut mit schrecklich leid, das Sie auch so arm dran sind. Ich wäre sehr daran interessiert, Ihnen dies auch persönlich zu sagen. Geben Sie mir einfach Ihre Adresse. Ich komme vorbei (wenn Sie nicht da sind ;-).

Kollegiale Grüße

zur Sache

 

Lieber Herr Butenlänner,

die Kontonummer habe ich noch einmal überprüft. Versuchen Sie es ruhig öfter. Vielen Dank.

Gruß

zur Sache

 

Hallo Pate,

deine Anwürfe sind ja wohl das Letzte. Was du vorschlägst, ist die reine Abzocke. Was ich mache, ist ehrbares Handwerk. So tief, wie du verlangst, werde ich nicht sinken. Eher pumpe ich meine Mutter an. Sie lebt noch!

Ohne Gruß

zur Sache

 

  • Lustig 3
Geschrieben (bearbeitet)

Lieber Herr TutnichtszurSache,

 

gerne verzichte ich auf Ihren Kondolenzbesuch. Es ist nicht nötig, dass Sie Sich solche Mühe machen. (Zudem ist es nicht opportun, mit Ihnen gesellschaftlich in einen Topf geworfen zu werden. Was sollen denn die Geschäftskollegen meines Mannes denken.)

Nur ungern möchten wir unseren Nachbarn Ihren Porsche zumuten. Wir haben extra zwei Tiefgaragenstellplätze ein paar Straßen weiter gemietet, wo wir derzeit unsere Limousinen parken und fahren mit dem Bus bis dorthin.

Über die Firma haben wir nun staatliche Corona-Hilfsfonts beantragt. (Wir waren uns nicht sicher, ob die Einnahmen ausreichen würden, die Dividenden in der üblichen Höhe auszuzahlen.)

 

Mit aufrichtigem Dank für Ihr Angebot

Ihre Habauchnix

 

 

  • Lustig 1
  • Schön 1

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