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Geschrieben am

wieviele suchten ihr glück in alaska, wieviele

schürfen in buchstabenbergen,

treiben die stollen tief in philosophische sedimente,

ernten dort kantige worte?

 

du aber mühst dich nicht. die ratgeber warten,

lungern im bookstore, blinken aus bücherregalen,

stippen, stubsen, erinnern

 

daran, dass glück niemals vom himmel fiel.

 

glück kannst du optimieren, flüstern sie, glück-

lich sein kannst du lernen, zum glück brauchst

du nur ein bisschen zukunft als füllkrug für die

gegenwart.

 

ach glück, ach gegenwart, sagt mein freund,

der kleine taschenphilosoph,

 

wenn du einmal ausgezogen sein wirst aus  deiner

zukunft, und die türen zu geschlagen               sind

zur vergangenheit, die leere                  eingezogen,

dann schau, wer spricht                          vom glück?

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Geschrieben

Hi Fietje,

 

vor 7 Minuten schrieb Fietje Butenlänner:

GLÜCK lt. Duden: etwas, was Ergebnis des Zusammentreffens besonders günstiger Umstände ist; besonders günstiger Zufall, günstige Fügung des Schicksals

 

Wenn es  nur diese eine Bedeutung von Glück gäbe es nicht so viele Bücher darüber: Amazon listet ca. 30000 Titel zum Thema "Glück" in der Kategorie "Fachbücher", und der im Gedicht erwähnte Ratgeberwald beherbergt sicher die meisten davon.

 

Es scheint tatsächlich sehr viel verschiedene Möglichkeiten  zu geben, Glück zu definieren. So kann auch Glück zur Ware werden,

die man sich durch Lektüre einverleiben möchte.

 

Mit dieser Viel- und Mehrdeutigkeit des Begriffs Glück möchte auch der Text spielen.

 

Gruß Lé.

Geschrieben

@le,

 

Grüße.

 

Zitat."wie viele suchten ihr Glück in Alaska"

 

Ich frage mich wie du auf "Alaska" kamst?  Wegen der Strapazen im Dauerfrostboden? Und den kargen Gewinn. 

Warum frage ich? Ganz einfach, ich hätte die Wüste Sahara bevorzugt. Weil, sie war nicht immer Sandwüste usw.

Return:

 

Zitat: Glück kannst du optimieren. 

 

Wirklich? Verliert es da nicht die Bezeichnung "Glück" 

 

Zitat:

"du nur ein bisschen zukunft als füllkrug für die"

 

Hmm, meine Fantasie meint, siehe "Zukunft" und "Füllkrug" als Metapher und schon hat der Text einen anderen Sinn.

 

Ein mehrdeutiger Text, könnte draus werden, oder war es Bestimmung?

 

tschüss.

 

 

 

 

Geschrieben

Hallo, Lé,

 

die schönste Stelle:

vor 18 Stunden schrieb Létranger:

zum glück brauchst

du nur ein bisschen zukunft als füllkrug für die

gegenwart.

wird hier für mich zur Bezeichnung für die Hoffnung. Sehr schön formuliert!

 

Das zerpflückte Ende irritierte mich anfangs ein wenig, doch dann sah ich die Doppeldeutigkeit: Die Türe nicht nur zugeschlagen, sondern geschlossen (bleibend), zu, und etwas, das in die Nähe von "beschlagen" kommt - zugenagelt. Der Begriff "schlagen" hat eine starke Wirkung.

 

Genauso kann ich das "eingezogen" auch in einem weiteren Sinn lesen: z.B. die Segel eingezogen - es hat etwas Endgültiges, wie es auch das Ausgezogen aus der Zukunft hat.

 

"dann schau wer spricht": Wer spricht überhaupt noch?! Vielleicht spricht ja noch jemand oder etwas, den/das man vorher auf der Suche nach dem großen Glück nicht beachtet hat, und, wenn jemand spricht - wer spricht dann noch vom Glück?

 

Das Ende klingt resigniert, verzagt, düster, doch einen kleinen Hoffnungsschimmer sehe ich eben in der leisen Stimme, die dann noch da ist, wenn alles Große weg ist. Gefällt mir, wie du es gestaltet hast! Aber, alles Große entwickelt sich in der Stille.

 

Ich denke auch, dass man z.T. lernen kann, glücklich zu sein, weil es ja heißt, dass das Glück in dir selbst zu finden ist. Andererseits hat Horst auch nicht Unrecht, wenn er sich fragt, ob es dann noch Glück heißen darf. Aber wie denn sonst? Die Zukunft selbst gestalten - ist das nicht auch Glück?

 

Ja, alles offen und Ansichtssache. Jedenfalls ein interessanter Text und interessante Kommentare!

 

LG Nesselröschen

Geschrieben (bearbeitet)
vor 21 Stunden schrieb Létranger:

zum glück brauchst

du nur ein bisschen zukunft als füllkrug für die

gegenwart.

 

ach glück, ach gegenwart, sagt mein freund,

der kleine taschenphilosoph,

 

wenn du einmal ausgezogen sein wirst aus  deiner

zukunft, und die türen zu geschlagen               sind

zur vergangenheit, die leere                  eingezogen,

dann schau, wer spricht                          vom glück?

 

Liebe Nesselrose,

 

grundsätzlich kreisen die Bilder, Worte und Abstrakte in diesem Text ums "Lebensglück", also eher um die Frage, wie man unabhängig von Schicksal oder "Massel" glücklich sein kann.

 

Die Goldsucher im Alaska stehen dabei allerdings noch für beides, für eine Herausforderung  des Schicksals, die mit materiellem Glück belohnt wird. Danach widme ich mich der Suche nachdem Glück in den klassischen Texten und Philosophien. 

Weiter geht die Reise mit dem gewaltigen Angebot an Heilsversprechungen in der Ratgeberlektüre, und landet bei der berühmten fernöstlichen Maxime, das Glück befände sich in einem Leben im "Hier und Jetzt". Das wird in deinem Lieblingssatz thematisiert in "zukunft als füllkrug für die gegenwart", und in der Abschlusssstrophe wird dasselbe drastisch dargestellt und kritisch herausgefordert

 

in meiner eigenen Gedankenwelt zu diesem Text gehört deine Lieblingsstelle also in einen ganz eng Zusammenhang mit der abschließenden Passage,  die du als düster und verzagt empfunden hast. In der Beschreibung kommt diese Idee aber auch nicht gut davon ;-).

Die Lehrstellen im Text, der letzten Strophe (die leider in der Handyansicht nicht sichtbar sind), sind ein Versuch, die Leere und die Zerrissenheit darzustellen, die diesen Versuch der Glücksfindung begleiten mag.

 

Ich danke für die viele positive Mühe, die du dir mit der Dechiffrierung dieses vermutlich schwierigen Textes gemacht hast;-).

 

LG Lé.

Geschrieben

Ich weiß nicht, ob es ein dauerhaftes Glück gibt, ob nun der materielle Goldsegen nicht auch nur ein vorübergehender Moment ist? Vielleicht summieren sich viele kleine Glücksmomente zu Glück, wenn dazwischen nicht das Unglück überwiegt, sondern wenn man einfach mit sich und der Welt zufrieden sein kann.

 

Ein interessantes Gedicht, dass einen zum Nachdenken anregt. Zugang fand ich allerdings erst beim zweiten Lesen mit etwas Abstand.

 

Liebe Grüße

Liara

Geschrieben

Hallo Liara,

 

es freut mich, dass du dem Text eine zweite Chance gegeben hast.

 

Gedichte über Abstrakte zu schreiben ist grundsätzlich schwierig. Zeitweise habe ichs abgelehnt, aber die Herausforderung bleibt bestehen.


Die zeitgenössischen deutschsprachigen Lyriker des 21 Jahrhunderts tun es alle; aber es bleibt schwierig zu lesen, selbst wenn mans viel besser macht als ich.

 

LG Lé.

Geschrieben (bearbeitet)

Hi Lé,

ja, das letzte Hemd hat wohl keine Taschen, letztendlich sind wir allein, um am allerletztendlichsten verschwinden die Schmetterlinge denen wir nachgejagd sind....

 

Dafür, dass es im Deutschen nur ein Wort für das Glück gibt gibt es Mengen an Ratgebebern, Büchern Kalendersprüchen etc... Scheint etwas ganz wichtiges zu sein, dass so viel darüber geschrieben wird und nachgedacht wird.. Ich hab auch eins: Lachend den Berg besteigen, ich habe es nie gelesen, der Titel reichte mir schon aus  denn was mehr gibt es dazu zu sagen.

Vielleicht noch: 

man kann es haben

oder sein

trifft beides zusammen.... was ergibt es dann? Tripplglück?

im englischen kenne ich wenigstens 2 Wörter, luck und happyness

Die ganzen Bücher und Animateure tragen vielleicht noch dazu bei das Glück zu vertreiben, weil sie Schuld implementieren, weil man es alleine nicht "geschafft " hat, und verhindern somit die Basis auf der Glücklichsein gedeiht: Zufriedenheit, Demut und Liebe

 

Ach und die Worte von Hesse vielleicht noch da lass:

solang du nach dem Glücke jagst

bist du nicht reif zum Glücklichsein

und wäre alles Liebste dein

Erst wenn du jedem Wunsch entsagst

nicht Gut mehr noch Begehren kennst

das Glück nicht mehr beim Namen nennst

dann reicht dir des Geschehens Flut

nicht mehr ans Herz

und deine Seele ruht

(auswendig zitiert, somit keine Garantie auf 1:1)

 

 

Den letzten Vers  mit den optischen Lücken, die ich gar nicht gebraucht hätte finde ich sehr stark ausgedrückt.

 

Liebe Grüße

Sali

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Geschrieben

Hallo Sali,

 

freut mich, dass auch du dich von den kantigen Worten hast anregen lassen. Ich kann deine Anmerkungen gut verstehen.

Viele von deinen Gedanken stehen ja auch hinter diesem Text.

 

Interessant übrigens, dass von den drei LeserInnen, die positiv auf bestimmte Passagen im Gedicht hingewiesen haben, jede eine andere Lieblingspassage hatte. ;-).

 

Ich wünsche dir einen schönen Abend.

 

Gruß von Lé.

 

 

Geschrieben

hi Lé

gut dann lasse ich noch ein paar Glückstropfen fallen zu deiner letzten Strophe, dennd ie vorherigen sind ja ganz klar:

 

wenn du einmal ausgezogen sein wirst aus  deiner zukunft, --- 1. das Ende, wenn es keine Zukunft mehr gibt

und die türen zu geschlagen               sind zur vergangenheit, ---------2. auch die ERinnerung an das vergangene Leben ist weg

die leere                  eingezogen, ----------- 3. Nix mehr da, absolute Leere 

dann schau, wer spricht    ----------- 4. es gibt niemanden mehr, kein Ich, kein Gegenüber, die Fähigkeit zu  sprechen  ist auch weg,                   

vom glück?-------5. Glück sehe ich hier als einen geistigen Zustand

 

 

 

die wie gewohnt von dir, vielfältig interpretierbar ist:

 

- Endlösung, sterben,

- Demenz, (das finde ich auch sehr deutlich).

 

Aber zwei fehlen  noch, die dieser Zustand beschreiben kann:

 

- Tiefe Meditation und

- totaler Orgasmus

 

Auf alle 4 treffen die 5 Punkte die bei den oberen Zeilen genannt sind zu.

 

Fehlt noch etwas worauf deine Zeilen zutreffen können?

 

 

Liebe Grüße und wenn er kommt auch dir einen schönen Abend

Sali

 

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