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Geschrieben am

Samstag abend, ich hab mich fein gemacht.

Die Kinder sind bei Bekannten untergebracht.

Schatz, das wird unser Abend und endlich, endlich,

eine schon lang ersehnte, heiße Liebesnacht.

Ich bin so aufgeregt, trage das hübsche Kleid,

welches du mir von deiner letzten Reise mitgebracht hast.

Dazu einen rosa Schal, ich will dir gefallen, wieder einmal.

Mit einer Kniee im Mund rose ich...Quatsch!

Mit einer Rose im Mund, knie ich mich vor dir nieder.

Ein betörender Duft erfüllt den Raum mit Sinnlichkeit.

Schatz, ich bin soweit.

Mein Kopf lehnt sanft an deinem Hosenbund.

Du trägst diesen Gürtel wieder, ich liebe den Geruch,

hmm, reines Büffelleder. Behutsam lege ich dir die Rose

zu deinen Füßen, jetzt kommt die Stelle, an der wir uns

eng umschlungen und leidenschaftlich küssen.

Was ist? Hast du es schon vergessen? Schatz, das ist unser Spiel!

Du scheinst verwirrt! Schaust mich nicht einmal an,

drehst mir gar den Rücken zu. Und jetzt?

Achtlos stößt du mich weg, ich fühle mich machtlos,

wie ein Stück Dreck. Elend, schutzlos, atemlos...

Zerstört sinke ich zu Boden. Mein Herz fängt zu reißen an,

ich fühle einen Schmerz, dann - ein Stich, schlimmer noch,

ein dumpfer Schlag, mitten ins Gesicht.

Es brennt so fürchterlich! Ich verstehe das nicht.

Ich kann den Schmerz nicht orten, verzeifelt suche ich nach Worten.

Warum? Warum tust du das? Woher kommt plötzlich diese Wut, dieser Hass?

Schatz, ich liebe Dich! Hörst Du das, ich liebe Dich!

Beinahe zufällig treffen sich unsere Blicke, du hältst kurz inne,

zu spät, ich verliere die Besinnung, werde ohnmächtig...

Ich spüre noch, wie du dabei zusiehst, es einfach geschehen lässt,

fast so, als ob es normal wäre.

Achtlos liege ich nun auf dem kalten, steinigen Boden,

feingemacht, mit diesem hübschen Kleid, welches du mir von

deiner letzten Reise mitgebracht hast.

Dazu den rosa Schal, dem Willen, dir zu gefallen wieder einmal.

Verschmäht, verzerrt, komme ich allmählich wieder zu mir.

Mein Kopf, oh mein Kopf... Ein dumpfer Schlag...Sch...!

Was ist passiert? Schatz! Bitte, bitte sag es mir!

Zärtlich hälst du meine Hand, mit der anderen streichst du mir

über die Stirn und übers Gesicht. Eigentlich mag ich das nicht,

aber ich lasse es zu, so sehr wie nie! Kann gar nicht genug davon kriegen.

Wusste ich doch längst nicht mehr, dass du so lieb sein kannst.

Wie du mich jetzt ansiehst, beinahe ängstlich, fürsorgend...

Du beugst dich langsam zu mir runter und drückst mir einen Kuss auf die Wange.

Seltsam, ich spüre diesen Kuss noch sehr, sehr lange.

Ich geniesse diesen wundervollen Moment, fange zu träumen an,

wiege mich in diesen Traum, ich spüre deutlich deinen Atem,

höre Deinen Herzschlag. Mir ist schrecklich kalt.

Hast Du was gesagt? Ich hör dich kaum. Warum schreist du? Wo bist du?

Ich seh dich kaum. Liebes, bitte sag was! Geht es dir gut? Ich habe Angst!

Oh mein Gott, du blutest ja, da ist überall Blut...

In der Ferne höre ich ganz leise die Sirenen, ein Rettunswagen ...

Viele Stimmen, Sanitäter...so viele Fragen. Schatz, ich bin müde.

Ich habe nichts mehr zu sagen!

 

 

 

  • Traurig 6
  • wow... 3
Geschrieben

Hallo Letreo,
ich vermute mal es geht hier um häusliche Gewalt und den fatalen Kreislauf von Liebe und Abhängigkeit. Die Bilder sind sehr eindringlich und beschreiben das Verschwimmen von Traum(a) und Realität sehr intensiv.
Ich denke, hier hilft nur eine Trennung und kompetente Hilfe!
LG
Perry

  • Gefällt mir 2
Geschrieben

Liebe Letreo,

 

nein, ich glaube nicht, dass es hier um körperliche Gewalt geht. Dafür wäre der Titel viel zu sehr untertrieben. Ich denke, das LI fühlt sich durch die Zurückweisung so verletzt, dass es die Verletzung in einer Intensität wie "krankenhausreif geschlagen werden" erlebt.

 

Zwei Kleinigkeiten fielen mir noch ins Auge. Richtig wäre: knien und reißen.

 

Eine beängstigende Geschichte, die du sehr eindrücklich geschildert hast.

 

LG Claudi

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Letreo,

 

habe lange gebraucht bis ich diesen Text verdaut habe, das ist nicht für meine empfindlichen Nerven.

 

Als Leser bin ich aus allen Wolken gefallen, wie das LI ...

anfangs noch so unbedarfte Alltagswelt,

als ich das mit der Rose und dem Hosenbund las, dachte ich noch oho da kommt jetzt ne schärfere Gangart ...

Dann der erste Schock, weil unerwartete Wendung

die Abweisung

 

alles erzählt als würde man sich im Kopf des LI befinden

oder umgekehrt LI ist in meinem Kopf ihr und mein Denken sind nicht mehr unterscheidbar

--> net gut, ich will der Herr in meinem Kopf sein!

so taumel ich von einer überraschenden Wendung zur nächsten

bis hin zu

die Zuwendung das Streichenl des LD

dann der SAtz: 

Eigentlich mag ich das nicht,

aber ich lasse es zu, so sehr wie nie! Kann gar nicht genug davon kriegen.

Wusste ich doch längst nicht mehr, dass du so lieb sein kannst.

 

Kopfkreisel: "unser Spiel" "woher kommt diese plötzliche Wut" " wusste es längst nicht mehr dass du so lieb sein kannst"

 

dann der nächste Schock

Blut an ihm

Sanitäter

so viele Fragen

ich bin müde habe nichts mehr zu sagen

 

Ich Leser nehme den Faden auf:

Was war passiert? 

 

Die Frau in mir nimmt den Faden auf:

Hilfe, kann man nicht mal dem Menschen verttrauen mit dem so viele Jahre zusammen ist und den man zu kennenn glaubt.

 

Agatha nimmt die Fäden auf:

die Spur führt zu: es war Mord - ein SM Spiel ist aus der Kontrolle geraten.

 

 Hobby Psychologe nimmt die Fäden auf:

die Sanis haben nichts mit dem Geschehen zu tun sie sind in der Nachbarschaft oder Vorstellung: ein Synonym der eigenen Sehnsucht nach Hilfe, nach Antworten und Lösung

Das erste mal ist ein Schock, ein Schock hinterlässt hilflos und macht müde

Fragen, Hilflosigkeit, Unbegreifliches ist geschehen, wie aus allen Wolken der heilen WElt fallen.

Plötzlich in eine Parallelwelt katapultiert versteht man die eigene Welt nicht mehr, bekanntes wird fremd.

Enttäuschung... an was man bisher geglaubt hat entpuppt sich als Täuschung. Die heile Welt war keine.

 

Mehr Persönlichkeiten in mir melden sich nicht mehr zu Wort 

So, nun sind meine Ausführungen genauso fragmentiert geworden wie dein Text....

 

Liebe Grüße

Sali

 

 

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo liebe @Letreo71,

 

deine Geschichte hat mich sehr berührt. Die plötzlich wechselten Emotionen lassen einen gleich mit empfinden und ich wollte das LI in den Arm nehmen. Sehr ergreifend geschrieben, großen Respekt!

 

Alles Liebe

Lina

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Perry,

 

ja richtig, es geht um häusliche Gewalt und den fatalen Kreislauf von Liebe und Abnängigkeit.

Deinem Rat kann ich ich nur zustimmen! Danke für dein Feedback.

 

Liebe Claudi,

 

erstmal vielen Dank für dein scharfes beäugen, ich habe es gleich ausgebessert!

Deine Betrachtung finde ich interessant, vermutlich hat das Wort "achtlos" für mich eine schwerere Bedeutung.

 

Liebe SalSeda,

 

danke, dass du dich durchgekämpft hast, durch dieses düstere Textwerk!  Ich muss gestehen, dass das auch für mich nicht leicht war. Ursprünglich war der Text für einen Poetry Slam zum Thema Gewalt geschrieben. Es war mucksmäuschenstill im Saal.

Es freut mich, auf wie vielen Ebenen du den Text betrachtet hast und ich bin insgesamt überrascht, wieviel Spielraum er doch zulässt, für eigene Gedanken.

Meine waren in etwa so: LI sehnt sich nach Liebe, Zärtlichkeit, Leidenschaft und Unbefangenheit, alles, was einmal da war, aber LD ist durch seinen harten Alltag (vielleicht ein Soldat) sehr kalt und emotionslos geworden. Über das Ende habe ich selbst nicht nachgedacht und lasse es deshalb offen...

Ich danke dir und allen Persönlichkeiten, die bei diesem ausführlichen Kommentar beteiligt waren!

 

Liebe Melda-Sabine,

 

danke für das große Lob und deine anerkennenden Worte und dafür, dass dich die andere Letreo nicht abgechreckt hat!

 

Liebe Lina,

 

auch dir meinen herzlichen Dank für deinen mitfühlenden Kommentar! Über die Umarmung würde das LI sich freuen, soviel ist gewiss.;-)

 

Bei allen Lesern und Likern bedanke ich mich und wünsche ein tollen, freien Tag!

 

Liebe Grüße, Letreo

 

 

 

 

 

  • Gefällt mir 2
Geschrieben

Hi Letreo und Claudi

 

Die Frage nach der Bedeutung von "achtlos" ist berechtigt.

achtlos ist für mich emotional noch schlimmer und kälter als Verachtung, denn da wird die verachtete Person wenigstens noch wahrgenommen und es gibt eine Interaktion. Achtlos ist eben nicht beachtet nicht wahrgenommen werden, also für so wertlos empfunden zu sein, dass man noch nicht mal die Spur einer Aufmerksamkeit wert ist, ein nutzloses Ding, ein Ding das man wegwerfen kann ohne noch Gedanken geschweide denn ein Gefühl daran zu verschwenden. Also achtlos finde ich auf der Beziehungsebene das kälteste Gefühl.

 

LGS

  • Gefällt mir 2
Geschrieben

 

Liebe Letreo,

 

ein sehr eindringlicher Text, der eine Situation schildert die man sich kaum vorstellen kann und nie erleben möchte.

 

Ich frage mich seit langem, wie sich Frauen in solch eine Abhängigkeit manövrieren können, in der ihr Selbstbewusstsein und Selbstwert keine Rolle spielen.

 

Der Titel – Achtlos – umschließt für mich grundsätzlich die gesamte Palette des Nichtbeachtens/nicht achtenswert verstehe aber auch den Hinweis, dass er zu harmlos für den Inhalt des Textes ist und hätte wahrscheinlich auch einen anderen gewählt.

 

 

LG Sternwanderer

 

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Liebe Claudi,

 

danke, dass du hierzu nochmal Stellung nimmst. Die Bedeutung von achtlos zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Text und wird durch die Aussagen des LI verdeutlicht. Ich verstehe den Titel in dem Zusammenhang als richtig gewählt. Vielleicht war die Rubrik nicht richtig gewählt. 

 

Liebe Sali,

 

ja, ich stimme dir zu, dass der Hinweis um die Bedeutung berechtigt ist. Ansonsten empfinde ich das Wort ähnlich wie du es beschrieben hast.

 

Liebe Sternwanderer,

 

danke für deinen mitfühlenden Kommentar. Häusliche Gewalt findet immer und überall statt und gerade jetzt, in Zeiten der Isolation. Das ist ein schreckliches Thema, welches leider oft im Verborgenen stattfindet und häufig kommt die Hilfe zu spät. Mir fällt kein passenderer Titel ein, aber inhaltlich habe ich ewas bewegt und das ist gut so, denn dieses Thema liegt mir schwer auf dem Herzen.

 

Allen ein Dankeschön und einen lieben Gruß, Letreo

Geschrieben
vor 52 Minuten schrieb Nöck:

Ich frage mich, ob es auch häusliche Gewalt in dieser ausgeprägten Form unter gleichgeschlechtlichen Partnern gibt.

 

Ja natürlich gibt es das, lieber Nöck und nicht nur das, es geht auch andersrum, nicht umsonst gibt es mittlerweilen Männerhäuser.

  • Gefällt mir 1
Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Letreo71:

nicht umsonst gibt es mittlerweilen Männerhäuser.

Das war mir bekannt, aber verprügeln sich auch zwei zusammenlebende Frauen? Naja, vielleicht doch, wenn Eifersucht im Spiel ist.

Ich habe mal gelesen, dass Männern leichter die Hand ausrutscht, weil sie im Streit den Frauen verbal unterlegen sind und sich nicht anders zu wehren wissen. Ob es wohl stimmt?

 

LG Nöck

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