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Geschrieben am

Ja, für dich, den meine Seele liebt,
möchte ich schön sein,
schön wie Sulamith,
deinem Blick mich offenbaren,
mich, die junge Braut;
tausend Schleier sollen fallen,
um dich zärtlich zu verführen.

 

Halt still, du Liebster meiner Seele,
lass dich finden,
sachte streicheln.

 

Halt still
noch einen Augenblick,
lass Rosenknospen deine Lippen streifen
und trinke ihren Duft,
koste Lust mit tiefen Atemzügen.

 

Ja, für dich,
du Liebster meiner Seele,
schmückt sich mit Tau
die zarte Blüte
und öffnet sich dem Schmetterling,
lässt ihn vom Nektar saugen
und küsst mit weichen Lippen
deine Ungeduld.

 

Ja, für dich,
den meine Seele liebt,
möchte ich schön sein,
schön wie Sulamith.

 

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Geschrieben

Guten Morgen Hayk, schon die Überschrift ist wunderbar gewählt. 

Deinen verführerischen Gedanken bin ich gern gefolgt. Ein wenig

stört nur das "Halt still" die ansonsten so harmonische Stimmung.

Ich hätte es beides Mal weggelassen. Aber das ist nur mein Gefühl.

 

Lieben Gruß Darkjuls

Geschrieben

Guten Morgen Hayk, 

es gibt wahrscheinlich kein Buch, das so voller Widersprüche, wie das Alte Testament, nicht wahr?

Deine Verse passen perfekt in das Hohe Lied.

Interessant finde ich Darkjuls Bemerkung, die sich von "Halt still" gestört fühlt.

Das zeigt mir, wie verschieden doch weibliche Seelen sind! 

 

 

Geschrieben

Liebe Darkjuls,

erst einmal bedanke ich mich für deinen Kommentar und dann komm ich zu diesem zweimaligen "Halt still".  Zuerst wollte ich Goethe mit einer leichten Veränderung zitieren mit "verweile doch, es ist so schön", dann fiel mir ein, dass die Herrscherin in Ägypten (Kleopatra) dieses "Halt still" ihrem Cäsar ins Ohr geflüstert hat. Scherz beiseite - das geforderte Stillhalten soll auch beim Lesen/Sprechen des Gedichts zum Pausieren "zwingen". und Ruhe in die aufgeheizten Sinne bringen, Wie Carlos richtig bemerkt: Sehr verschieden, und ich füge hinzu, nie wird es uns Männern gelingen, ganz in das Seelenleben einer Frau einzudringen.

 

Lieber Carlos,

es gab da wohl mal ein päpstliches Konzil, auf dem entschieden wurde, welche Texte in der Bibel zu stehen haben. Das Hohelied soll nach Lesart der Kleriker die Liebe zwischen Gott und seiner Gemeinde in lyrischer Form darstellen. Auf so eine Interpreation muss man erstmal kommen. Für mich ist das Hohelied Salomos eines der schönsten und ältesten Liebesgedichte .

Dass Du mir sagst, mein Gedicht passe perfekt zum Original, ist ein Riesenkompliment. Danke!

 

Liebe Grüße Euch beiden und auch an Just Markus, und Karlo !

 

Hayk

  • Gefällt mir 2
Geschrieben

Danke für die Erklärung Hayk. Wenn Du das "Halt still" als Atempause auch für den Leser meinst, kann ich dem durchaus folgen. Ich empfand es beim Lesen eher als ein Zurückhalten oder Stillhalten, den Liebsten zum Dableiben drängen und das hat mich gestört. Im Sinne von "Verweile still" als Bitte finde ich es durchaus angebracht.

 

Lieben Gruß Darkjuls

Geschrieben

Hi Hayk und Darkjuls,

 

dieses 2malige " Halt still" empfinde ich eher als ein im Liebesakt ausgesprochene Bitte an den Liebsten noch ein bisschen das Vorspiel auszukosten.

 

Hallo Hayk,

ich empfinde diesen Text als weibliches Pendant zum Tümmler oder eben als Vorspiel aus weiblicher Sicht dazu. Umso mehr verwundert mich die Rubrik in die du das Gedicht eingestellt hast.

 

es grüßt

in die sinnlichen Gegenden

Sali

Geschrieben

Liebe Darkjuls,

Du hast eine sehr geschickte Art, durch einen Sartz dreierlei zu bewirken: 1. weitgehende Zustimmung, 2. einen von leichtem Grinsen begleiteten Widerspruch und 3. den Wunsch zu wecken, noch ein bisschen mehr aus dem Nähkörbchen zu plaudern. Im Gedicht versuche ich ja, ein bisschen in das Seelenleben der verliebten Frau einzutauchen. Dass sie schön sein möchte wie Sulamith (die Geliebte des Salomo im Hohelied, ihr Name bedeutet "die Friedfertige"), deutet ja darauf hin, dass sie sich selbst nicht schön genug für den Liebsten findet, neusprachlich also Minderwertigkeitskomplexe hat. Sie möchte den Geliebten verführen, sich ihm offenbaren (tausend Schleier fallen lassen) und ist in der Realität gar nicht so wortgewandt wie in ihren Gedanken. Da fallen also Schleier, da öffnet sich eine Blüte, auf dass der Schmetterling ihren Nektar saugen kann und atemlos kriegt sie gerade noch zwei Einsilber (Halt still) über die küssenden Lippen.

Weshalb soll der Geliebte stillhalten? Soll er innehalten beim Vorspiel, wie vermutet wird? Nein, ich glaube nicht. Naheliegend könnte es sein, dass sie ihre vermeintlichen Mängel (ich glaube, das geht jeder sehr jungen Frau so - Du darfst nicht vergessen, dass ich eine wunderbare Tochter habe und ihre völlig überflüssigen Minderwertigkeitsgefühle mitbekommen habe - und diesen Mangel mit aus Ägypten importierten Kenntnissen in Sachen körperlicher Liebe auszugleichen versucht. Und dann macht das "Halt still" Sinn. Mehr verrate ich nicht.

Liebe Grüße,

Hayk

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