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Die Hüter der Zeit

Sie tragen keine Ritualbemalung
und
sie sind nicht ernannt

Sie SIND einfach
selber
die Hüter der Zeit

In die Ackerkrume gesät
als wir
nur als Ahnung und Sternstaub
existierten im All-Eins

wuchsen sie auf
zusammen mit der Braunen Saat

Sie sind Mohnblumen, Veilchen und Gänseblum
manchmal eine Iris
Kinder ihrer Zeit

Nun sitzen sie
auf der Bank im Hinterhof
geniessen den Abschiedsgruss
den die Sonne
in ihre Gesichter malt

und sind
Die Hüter der Zeit
Einfach so

Den Blick nach innen gewendet
ist die Alte Zeit in ihnen wach
Ihre Augen werden wieder hell
und ihre Herzen wie Kinder
wenn sie erzählen und sich
abwenden
aus diesen schnellen Tagen
deren Puls in einer Frequenz hüpft
der sie scheue macht

Sie halten das Netz
strömen mühelos in
jedes Jahr hinein
1920 - 1933 - 1942 - 1967 - egal
und lassen sie auferstehen
die Alte Zeit

Ihre Altersflecken sind Liebesmale des Lebens
und ihre Falten
wuchsen in Hunger
gruben sich ein während Bombenangriffen
während Lüge Angst und Mord
gruben sich ein während die Nacht ausgesternt wurde

und in den Zeiten
als die Nächte wieder ruhig wurden
und voller Sterne
die nicht von Mörderhand gezeichnet

Wie könnte es Schönere Male
der Zeit geben

Sie sind Mohnblumen Veilchen und Gänseblum
Für mich sind sie
die Hüter der Zeit

(Dieses Gedicht entstand in der Beobachtung meiner 90 +/- jährigen Nachbarn : innen vor mehr als 10 Jahren. Die Tage waren damals wie Tage so sind - der Blick aus unsrem Küchenfenster zeigte mir sommers dies Bild. Und erwärmte mein Denken und Fühlen.
Dies Gedicht ist sehr lang - eine Verdichtung würde ihm gut zu Gesicht stehen und ich werde es id nächsten Tagen versuchen. Vllt. mag mir eine:r dabei helfen)

 

 

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Geschrieben

Hallo Sternenherz, dein Gedicht ist eine rührende Herzensangelegenheit. Ich meine es schon mal gelesen zu haben, anderorts. Nun freue ich mich besonders, es hier wieder lesen zu dürfen. Du hast eine besonders feine Beobachtungsgabe und auch eine besondere Art, Dinge wiederzugeben. Daran würde ich nichts ändern wollen, nur teilhaben. Es sind deine tiefsten Empfindungen und diese in Versmaß zu pressen wäre nicht angemessen. Ich kann leider nur reimen und es gelingt mir inzwischen ganz gut, meine Gefühle damit zum Ausdruck zu bringen, aber freie Gedichte lassen viel mehr Spielraum. Mir geht dein Text total unter die Haut, vor allem, weil sich bei mir ein Film abspielt, der sehr eindringlich nachwirkt. Das ist natürlich nur meine Sichtweise.;-)

 

Lieben Gruß, Letreo

 

  • Danke 1
Geschrieben

Hi Lè , hi Letreo

 

und Danke für Eure Beiträge.

 

Lè, das pn habe ich bekommen ; die Vorschläge kann ich großteils nehmen gut und ich stelle das veränderte Gedicht unten ein .

 

Letreo, lieben Dank für Deine Würdigung. Ja, ich schaue oft sehr lange auf die Dinge _ Zusammenhänge _ Menschen. 
Das Gedicht war in unsrem andren gemeinsamen Forum. Schön, dass es Dich so freut.

Ich will es verdichten in dem Sinne, dass es "kompakter" wird.... als Reimgedicht kann ichs mir auch nicht denken.

 

Diese alten Menschen damals erlebt zu haben (ich saß immer wieder bei ihnen dabei, da meine direkte Wohnungsnachbarin und herzwärmste Frau im ganzen Mietshaus dort dabei war ) ist für mich ein großes Geschenk, das ich erst jetzt richtig würdigen kann.

 

Liebe Grüße

 

Sternenherz

 

 

hier die veränderte Fassung, die Lè vorschlägt.

Ich kann sie großteils so nehmen , jedoch möchte ich beibehalten, dass "Sie tragen keine Ritualbemalung und sie sind nicht ernannt". Denn dies ist für mich mit sehr wesentlich, weil es die Bescheidenheit und gleichzeitig unglaublich wesentliche Position der Alten am äußersten Rand der Zeit spiegelt. Wie und wo ich das unterbringe, muss ich noch sinnieren - grade ist es eilig

 

Auch ist mir nicht ganz klar, ob mir dies "und hüten die Zeit" nicht zu flapsig, ja fast abwertend klingt. Da ich keinen Abstand zu meinem Gedicht habe, würde ich mich über andere Stimmen zu dieser Idee von Lè freuen.

Die Alten

 

Den Blick nach innen gewendet
ist die Alte Zeit in ihnen wach
Ihre Augen werden wieder hell
und ihre Herzen wie Kinder
wenn sie erzählen und sich abwenden
aus diesen schnellen Tagen
deren Puls in einer Frequenz hüpft
der sie scheue macht

 

Ihre Altersflecken sind Liebesmale des Lebens
und ihre Falten
wuchsen in Hunger
gruben sich ein während der Bombenangriffe
und in der Zeit der Lügen, der Angst und der Morde
gruben sich ein während die Nacht ausgesternt wurde

 

und in den Zeiten
als die Nächte wieder ruhig wurden
und voller Sterne
die nicht von Mörderhand gezeichnet

 

Sie sind wie Mohnblumen, Veilchen und Gänseblumen
manchmal eine Iris
Kinder ihrer Zeit

 

Nun sitzen sie
auf der Bank im Hinterhof
geniessen den Abschiedsgruss
den die Sonne
in ihre Gesichter malt

 

und hüten

die Zeit.

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Geschrieben

Hallo Sternenherz,

 

was sehr selten ist: mir gefällt das Ursprungsgedicht genau so wie es ist!

Ich finde da nichts das zu straffen wäre.

Die Hüter(innen) der Zeit: wunderschön!

Leider sieht man das bei uns selten, eher im Süden, dass die Alten vor der warmen Hauswand auf unbequemen Stühlen sitzen und die Neuzeit vorbeiflanieren lassen. Ein sehr schönes Bild, das ich bei uns gerne öfter sehen würde.

 

Einzig hier würde ich was ändern:

 

der sie scheue macht

 

der sie scheu macht (oder schüchtern oder in die Vergangenheit scheucht) aber nur das e weg würde gut passen, finde ich.

 

Die 2. Version hat auch was, aber ich habe die erste zuerst gelesen und die hat sich in mir so verfestigt.

 

und hüten

die Zeit.

gefällt mir gar nicht so gut wie die Hüter der Zeit, denn nach meinem Empfinden hüten sie nicht obwohl sie Hüter sind es ist für mich eher so, dass die Zeit in ihnen Obhut gefunden hat.. Auch wenn sie in Erinnerungen auflebt, es ist wie du schreibst sie wurden nicht ernannt (oder ? Wer weiß das schon genau  )

Mich erinnert es sehr an meine Kindheit: ich liebte es im Tagesausklang den alten Geschichten von früher zu lauschen, das was gesprochen wurde, das was nicht ausgesprochen wurde aber mitklang und das Lachen,  das ist mir am schönten in ERinnerung. All das Schwere wurde ausgelöst  mit einem herzerfrischenden Lachen.

 

Liebe Grüße

Sali

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Geschrieben
vor 11 Minuten schrieb SalSeda:

und hüten

die Zeit.

gefällt mir gar nicht so gut wie die Hüter der Zeit, denn nach meinem Empfinden hüten sie nicht obwohl sie Hüter sind es ist für mich eher so, dass die Zeit in ihnen Obhut gefunden hat..

 

Ja, genau genommen hüten sie nicht, sondern bewahren sie auf  - die Zeit - und geben auch weiter.

Nicht leicht, in Worte zu fassen ;-).

 

Gruß Lé.

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Geschrieben

Hallo liebe Sternenherz, ich sehe es wie Letreo, in Deinen Zeilen ist so viel Gefühl verborgen, das lässt sich nicht immer ins Versmaß einfügen. Ich würde es so belassen, denn mich hast Du mit Deinen Worten erreicht. 

 

Liebe Grüße Darkjuls

  • Danke 1
Geschrieben

Hi Salseda

und auch Dir vielen Dank fürs Mitringen um Worte .

 

Oh ja, wie gut Du das verstehst. Genau, sie hüten nicht aktiv ...das ist es .... sondern die Zeit hat in ihnen Obhut gefunden. Ich sehe sie auch ganz aktiv_passiv als den äußersten Ring von vielen vielen mehr oder minder konzentrischen Kreisen. Und da sie die Ältesten sind, SIND sie automatisch die Hüter der Zeit.

Bei uns mangelt es an Respekt für sie ....

ich könnte heulen, wenn ich hilflose Alte Menschen am Straßenrand stehen sehe ....oder wie die Kaninchen über den Zebrastreifen jagen (im Zeitlupentempo)

 

Dann belass ich es mal bei den Hütern der Zeit.

Hi Darkjuls und auch Dir Danke für Deinen Kommentar.

 

Ich bin heute zu müde um noch groß Textarbeit zu machen .
Ich hoffe, Ihr nehmt das nicht als Mißachtung Eurer Gedanken :)

 

Salseda, alten Geschichten zum Tagesausklang zu Lauschen ist einfach so schön. Ich werde das nun beherzigen und mir ein frohes Hörbuch suchen.

 

LIebe Grüße

 

Sternenherz

 

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