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Geschrieben am

in die jahre gekommen 


ist auch die haut meiner worte 
gefurcht entlang der gelebten gefühle
 

nun scheun selbst die worte das sonnenlicht
und tragen gerne schiebermützen

 

an manchen tagen sind sie vergesslich
und kennen ihre heimat nicht mehr 
ein anderes mal vergessen sie sich
dann tauchen sie in memoiren

 

doch innen glaub mir
sind sie jung geblieben 
 

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Geschrieben

Lieber Lé,

 

was so besonders ist und zuerst auffällt und Rätsel aufwirft, ist, dass die Worte hier für den Menschen stehen - wenn ich mich nicht irre. Aber, schön, dass sie sich mit dem Altern befassen!

 

Als ich "die haut meiner worte" las, dachte ich spontan an "dünnhäutig sein", doch es passt nicht - es ist eher das Gegenteil gemeint: Dass auch die Haut "in die Jahre" gekommen ist, dass sie Falten aufweist und Furchen (das heißt, sie scheint dicker geworden zu sein, unempfindlicher). Nur, wie bringe ich das zusammen mit "meinen" Worten (heißt denen des LI) - dass man auch mal unsensibel reagiert, antwortet, schreibt, angreift? Schön, dass sie entlang der "gelebten gefühle" gefurcht ist. Hier kann ich mir sehr viel vorstellen, z.B., dass das Erlebte tiefe Spuren hinterlassen hat. -

 

Dass die eigenen Worte das Sonnenlicht manchmal scheuen, kommt vielleicht in jedem Alter vor. Aber, auch schön, mit leichtem Humor in eine Metapher gepackt: unter die "schiebermütze".

 

Meine Lieblingsstrophe ist die vorletzte: 

Am 5.6.2021 um 00:02 schrieb Létranger:

an manchen tagen sind sie vergesslich
und kennen ihre heimat nicht mehr 
ein anderes mal vergessen sie sich
dann tauchen sie in memoiren

Ja, manchmal finden sie nicht mehr nach Hause, manchmal hören sie nicht auf, aus den "memoiren" zu erzählen - beides kann auch für andere lästig sein, und doch lässt man die Worte gerne mit einem verzeihenden Lächeln gewähren ...

 

Wie jung sie aber innen geblieben sind - so jung wie der Quell, dem sie entspringen -, musst du mir nicht sagen!  Ich denke, sie werden mit den Jahren auch noch klarer und reiner - befreit von Ballast.

 

Ein sehr schönes Gedicht, mit dem ich mich gerne in diesem oder einem ähnlichen Wortlaut schmücken würde, könnte, wollte!

 

Nesselröschen

 

 

Geschrieben

Hallo Le,
die Worte sind die gleichen, nur ihre Aussage verändert sich im Laufe des Lebens wie auch unsere Sicht auf die Innen- und Außenwelt.
Wenn ich Texte aus meiner Anfangszeit lese (2003/2004) würde ich manche heute nicht mehr so schreiben, sowohl von der Gestaltung wie auch von der Aussage. Manchmal greife ich aber einzelne Gedankenbilder von damals nochmal auf und verarbeite sie in einem meiner aktuellen Terzette, aber letztlich sollen sie als Zeitdokumente so stehen bleiben wie sie geschrieben wurden.
Ich lese in deinen Zeilen die Lebensweisheit, "im Herzen bin ich jung geblieben" und das unterstreiche ich sehr gerne, schiebe die Mütze (Basecap) etwas zurück. 
LG
Perry

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Geschrieben

Hallo Rose, Hallo Perry,

 

ich freue mich, dass ihr das Schweigen zu diesem Text gebrochen habt.

 

Erlaubt mir einen kleinen Exkurs! Oft werden ja die "Worte" mit den "Wörtern" in einen Topf geworfen, aber tatsächlich unterscheiden sich die Worte von den Wörtern. In meinen eigenen Worten ;-): Die Worte tragen die komplexe Bedeutung, die Wörter haben Buchstaben und Silben.

Beides zusammen macht uns Menschen zu Menschen, und jeden einzelnen (männlich, weiblich, mit *chen) zu etwas ganz besonderem. Darum können die Worte hier auch für Menschen stehen ;-).

 

"Dünnhäutigkeit" kommt im Alter nicht selten vor, passt aber sehr gut zur Poesie - Furchen, Falten und Verfärbungen sind auch nicht selten.

 

Das was  in den Worten erscheint, ist jedenfalls immer sehr jung und lebendig - da sind wir uns einig ;-).

 

LG Lé.

  • Schön 1
Geschrieben
Am 5.6.2021 um 00:02 schrieb Létranger:

und passend in falten gelegt

 

PASSEND. Das klingt mir zu "fertig", zu arriviert, zu eintönig und damit fast langweilig. 

 

ABER: So lang  Deine Worte ihren Stuhlgang auch dann noch halten können, wenn sie gedankenversunken von einem großen Sonnenlicht getroffen werden, besteht m.E. kein wirklicher  Grund zur Sorge. Wir klagen hier ja auf hohem Niveau

 

Ich lese übrigens aus den Beschreibungen des Charakters der Worte wieder: ein zugewandtes, akzeptierendes, annehmendes Begleiten und eine zeitlose Kindlichkeit und finde die Bilder, die dahin führen einfach wunderbar ! 

 

mes compliments 


D. 

 

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hi ihr zwei,

 

passend

hatte ich als "gemäß" verstanden, also X passt zu Y... die Falten passen zu den Furchen bzw zu der Zeit, zu den hinzugekommenen Gefühlen.

Leider scheint es ja so dass die Haut im Alter größer wird weil sie sich in Falten legt um auf dem selben Raum noch draufzupassen.

so ist es auch mit den Worten, der Sinn, das Gefühl der Jugend bleibt aber es kommt die Erfahrung, das Wissen das gelebte und die Gefühle hinzu, füllt Worte zusätzlich mit neuer Bedeutung, da wird die Haut von Worten größer und sie muss sich in "passende" Falten legen - damit sie nicht vom Wort runterhängt quasi - mehr Fläche weil mehr Inhalt mehr Platz braucht. Aber innen sind sie jung geblieben, das heißt für mich, trotz der Falten und Furchen ist ihre Grundstimmung aus ihrer Geburtsstunde erhalten geblieben.

 

P.s.

das erinnert mich gleich an mein Kleid (und den äußeren Schein), welches für mich einfach die Ursprungsidee enthielt und heute sehe ich in den Spiegel und entdecke die Falten der Zeit und die sind passend - sogar dass dieses Kleid ein sehr tief sitzendes Dekolleté hat zeigte mir der Dionysosspiegel.

 

Liebe Grüße

Sali

 

Geschrieben

Hallo Sali,

 

vor 8 Stunden schrieb SalSeda:

passend

hatte ich als "gemäß" verstanden, also X passt zu Y... die Falten passen zu den Furchen bzw zu der Zeit, zu den hinzugekommenen Gefühlen.

 

Ja so wars auch gedacht. Dennoch kann  man sich fragen, ob njcht ein auch sprachlich  interessanterer Gedanke hier Platz findet - durchaus möglich ;-).

 

vor 8 Stunden schrieb SalSeda:

Aber innen sind sie jung geblieben, das heißt für mich, trotz der Falten und Furchen ist ihre Grundstimmung aus ihrer Geburtsstunde erhalten geblieben.

 

und noch mehr ...

Im Wort steckt auch die Kreativität, das Schöpferische, Neugeborene.

 

vor 8 Stunden schrieb SalSeda:

und heute sehe ich in den Spiegel und entdecke die Falten der Zeit und die sind passend - sogar dass dieses Kleid ein sehr tief sitzendes Dekolleté hat zeigte mir der Dionysosspiegel.

 

Na manche Blicke mögen ja auch gerne am Dekoltee zupfen. Die Fantasie hat ungeahnte Möglichkeiten, um die doch jeder weiß ;-).

 

LG Lé.

Geschrieben

Einen guten Morgen Lé,

 

Was zum Überfluss Worte machen

die Sache steht auf diesem Schwerte

auf diesem Schwerte allein.

-japanischer Dichter, Name vergessen-

 

Ich nehme jetzt mal das japanische Schwert zur Hand und kürze um die von mir nicht benötigten Worte:

 

 

in die jahre gekommen 

 

die haut meiner worte 
gefurcht entlang der gelebten gefühle

 

scheuen  das sonnenlicht
und tragen gerne schiebermützen

 

an manchen tagen sind sie vergesslich
 kennen ihre heimat nicht mehr 
ein anderes mal vergessen sie sich
tauchen ein in memoiren

 

doch innen glaube mir
sind sie jung geblieben 

 

 

Ich finde durch das weglassen der 3. Zeile gewinnen die ersten beiden die Intensität die sie auch haben. Und du hast sogar noch ein schönes Enjambement zwischen 1. und 2. Strophe gewonnen.

 

Liebe Grüße

Sali

 

  • Danke 1
Geschrieben

Bon jour Lé,

hier meine Lieblingsversion: 

 

"in die jahre gekommen 

 

ist (auch) die haut meiner worte 

gefurcht entlang der gelebten gefühle" .

 

In einer noch radikaleren Version:

"in die jahre gekommen

 

ist auch die haut meiner worte".

 

Das ist eine unwahrscheinlich lyrische Aussage, die keiner Erklärungen bedarft. 

 

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Lieber Carlos,

 

ich kann dich verstehen.

 

Ich wollte eigentlich ein ganz anderes Gedicht schreiben, basierend auf ein paar gefundenen Worten, aber plötzlich stand dieser Satz mittendrin und dominierte den Rest, den ich dann gestrichen habe, nur um ein paar andere Assoziationen hinterher zu schreiben ;-).

 

Gruß Lé.

 

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