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Geschrieben

Hallo Lé,

 

hab nochmal nachgedacht. Das Schlüsselwort scheint mir hier "Zeitenende" zu sein. Wenn es keine Zeit mehr gibt, werden sowohl das Warten, als auch die Dauerkarte sinnlos. Interessant finde ich auch deine Formulierung: Dauerkartenbesitzer, auf die ich gerade aufmerksam wurde. Jetzt fängt es an, mir richtig Spaß zu machen!

 

Um im Kontext des Bibelzitats zu bleiben, würde ich die Botschaft deines Textes (für mich persönlich) in diese Richtung deuten: Wenn du das "Paradies" erlangen willst, löse dich von der Vorstellung, etwas zu besitzen, das dir einen Vorteil gegenüber deinen Mitmenschen verschafft, sei es materieller Besitz, Macht oder "Wahrheit".

 

LG Claudi

Geschrieben

Hallo,

 

ich habe mich an den unterschiedlichen Deutungen aus verschiedensten Blickwinkeln sehr gefreut. Das bereichert den Text, und mich als Leser enorm. So viele Ideen zur Textdeutung kann man alleine eben nie haben. 

 

Ich hatte versprochen, auch etwas zu meinen eigenen Textgedanken zu schreiben. Das will ich jetzt tun.

 

Mein Weg zum Gedicht, soweit ich es weiß, führte durch Fragen, die mir in letzter Zeit über den Weg liefen - Fragen wie: 

Woher kommt das (nicht nur) in mir verwurzelte Misstrauen den Reichen und Mächtigen gegenüber? Welche Rolle spielt dabei das Christentum und die Vertröstung auf später, aufs Himmelreich?

 

Dabei stieß ich in meinem Gedächtnis (ich bin christlich sozialisiert) auf das Gleichnis vom Kamel und dem Nadelöhr. Für diejenigen, die sich nicht reich und mächtig fühlen, bedeutet es eine geniale (aber aufgeschobene)  Wiederherstellung von "Gerechtigkeit", die weltlich nicht erfahrbar ist.

 

Die verschiedenen Rollen und Zuschreibungen im Text sind einfach gewachsen, als ich mir versucht habe, die Szenerie bildlich vorzustellen. Wie sieht das aus, wenn am Zeitenende (also dann, wenn abgerechnet wird, oder in der Dimension,  in der abgerechnet wird) entschieden wird, wer in den Himmel kommt?

 

Kamele zu besitzen, und Kameltreiber zu beschäftigen - das sah ich als eines der möglichen sichtbaren Zeichen für Reichtum in biblischen Zeiten. Das bedeutet, dass die Rolle des Kamels, wie auch die Rolle des Kameltreibers, für die Menschen in Frage kommen, die nicht reich und mächtig sind - also in etwa einfache Bürger oder Karrieristen. 


Heute wie damals delegiert der Reiche die moralische Frage an die Kamele und Kameltreiber. Er lässt sein Kapital in der Obhut der Kamele und Kameltreiber. Solange er das tut, bleibt er "steuerfrei"  ;-), und vielleicht kommt er sogar in den Himmel ;-).

 

Durch den Stau, den ich voraus sah, kam ich auf das Bild, es  handele sich um Fußballfans, die Einlass in ein Stadion begehren - freie Assoziation ;-).

 

Und genau an der Stelle, bei diesem Bildsprung, wird in meiner Gedankenwelt aber auch die ganze biblische Vorstellungswelt aus den Angeln gehoben. 

 

Jetzt gehts ums Hier und Jetzt, und um die Frage: Wie wichtig ist mir das? Will ich einen Platz beanspruchen? Wieviel bin ich bereit, dafür zu geben? 

Es geht auch eigentlich  nicht mehr um arm oder reich, jedenfalls nicht vordergründig.
Es geht um Teilhabe an der Welt - verschieben und vertrösten kann man das nicht. 

 

Doch auch das Stadionbild hat einen Haken und eine Bruchstelle. Denn im Stadion sieht man eigentlich nur zu, lebt durch die Akteure. Ist das der Himmel? Da bröselt die heile metaphysische Welt. Jetzt wirds unwegsam.

 

So in etwa sah oder sieht das in meiner Deutungswelt aus. Aber ihr hattet ja sehr interessante andere Blickwinkel  und Sichtweisen. Der Text, der zählt, entsteht bei jedem einzelnen Leser ;-).

 

LG Lé.

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Geschrieben

Hallo L'étranger,  vielen Dank für deine Gedanken zur Entstehung deines Gedichtes. Ich empfinde deine Herangehensweise sehr undogmatisch und kreativ. Zu deinen Gedanken über die Reichen und Mächtigen
fiel mir spontan der folgende Text der jüdischen Philosophin und Mystikerin Simone Weil ein, die ich, neben Meister Eckhart, sehr verehre. Herzlichst Elmar

Simone Weil.jpg

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