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Geschrieben am

 

 

Die Verfassung der BRD

 

 

Mandatsträger

 

Die Herren, die in Gremien und Räten sitzen

(daß hier die Damen fehlen, das hat seinen Grund),

die Tag um Tag nur Bleistifte und Ohren spitzen

und bei der Sekräterin nachts auch mal den Mund,

 

verhandeln gern den Oberlauf der Weltgeschichte.

Und auch der Unterlauf wird bestens reguliert,

damit den Menschen an den Ufern der Geschichte

beim Überlauf der Mittel nicht das Blut gefriert.

 

Die Herrschaften im schmucken Parlamentsgefieder,

die gerne Grenzen ziehen jenseits der Moral,

sie tragen unter den Revers ein Panzermieder;

die Reden die sie schwingen schmecken sämtlich schal.

 

Nach vorne laut, und hinten Hände offenhalten!

Für sie gilt nur das Dogma monetären Drucks.

Doch wenn sie hinter andrer Rücken Zungen spalten,

hört man von ihnen nicht den allerkleinsten Mucks.

 

Mandate tragen sie als erogene Bürden -

auf unser Mitleid zielend. Sie sind sich bewusst,

daß niemand hinschaut und das jenseits aller Hürden

man immer sagen kann: ich hab von nichts gewusst!

 

Von nichts etwas zu wissen ist ja groß in Mode,

man macht nur das, was drei berühmte Affen tun.

Was wirklich war, ist eine andre Episode.

Geklärt wird das per Ausschuss - und der ist immun.

 

Vertreten sind in ihm Fraktionen durch Experten

von allerfeinstem Schrot und ebensolchem Korn,

die ausgesuchte Fakten sammeln und bewerten,

die hinten Buckel tragen und die Bretter vorn.

 

Sie stellen Anträge und andere zur Rede.

Sie öffnen Akten, schließen Vitae und zur Not

verlinken den halt präventiv mit Schmähgerede,

der sie auch nur entfernt durch Gegenwind bedroht.

 

Und sollten sie mal einen Fehler eingestehen,

was äußerst selten ist, und auch nur unter Druck;

dann sieht man sie auf Eiern Pirouetten drehen,

und durch die Medien geht ein ehrfurchtsvoller Ruck.

 

Solch tumbe Toren hoben wir auf die Podeste.

Wir delegierten Wählerwillen bürgerbrav.

In langen Listen suchten wir die weiße Weste;

doch ging die Wahl nur zwischen Geier, Wolf und Schaf.

 

 

 

Nachwort

 

Nicht alle sind nur über diesen Kamm zu scheren,

für manche ist noch Redlichkeit ein hohes Gut.

Sie gehen achtsam durch das Leben und sie wehren

sich gegen Dogmen, gegen Lügen - zeigen Mut.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Yeti,

 

da hast du aber ein langes sehr langes Schmähgedicht geschrieben. 

 

Ich finde: eine uralte Sache in einem modernen Gewand. Einige sehr gute Formulierungen sind dabei. Trotzdem liest es sich nicht so neu. Eher wie aus den 60iger oder 70igern

So für mein Gefühl. Also mich erinnert es an die Situation in meiner Jugendzeit.. aber selbstverständlich hat sich seit dem in den Köpfen nix geändert! Ich finde allerdings, dass mehr offenbar wird. Vor Jahren war alles noch viel verdeckter und die Weichen gegen das was alles an Nicht ok läuft abzustellen werden natürlich nicht von den Betroffenen selbst gestellt, die sägen nicht an ihren Stuhlbeinen und führen ihre Goldgans auch nicht auf die Schlachtbank.

 

Macht korrumpiert und nie ist einer reich genug als dass er nicht noch mehr haben meint zu brauchen. 

Ich glaube man braucht für solche Jobs eine bestimmte Mentalität. Die eben ausgerichtet ist darauf mit vielen Worten nichts zu sagen (auch eine Kunst) sein Lichtlein schöner leuchten zu lassen als es tatsächlich ist und im Verborgenen das zu tun was man offenen Gesichts verurteilt.. etc etc...

 

 

 

Bei einer Strophe ist mir der Zusammenhang nicht so klar:

Mandate tragen sie als erogene Bürden -

auf unser Mitleid zielend

 

öhm: wie kann eine Bürde erogen sein? und wie kann diese Mitleid wecken?

oder meintest du erigierte, also von aufgerichtet... das könnte ich mir noch eher vorstellen. Besser noch eine Scheinbürde...

 

Sie öffnen Akten, schließen Vitae und zur Not

verlinken den halt präventiv mit Schmähgerede,

der sie auch nur entfernt durch Gegenwind bedroht.

 

verlinken den halt präventiv

klingt mir etwas zu ungenau, weil mein Hirn da "den Halt" verstehen möchte... 

verlinken den mit präventivem Schmähgerede

müsste gehen und hört sich besser an, für mich jedenfalls.

 

 

dann sieht man sie auf Eiern Pirouetten drehen,

und durch die Medien geht ein ehrfurchtsvoller Ruck.

 

hier geh ich nicht konform,

das ehrfurchtsvoll beziehst du anscheinend auf den Eiertanz.

Aber diesen berichten die Medien sicher nicht so, also sie zeugen dem keine Ehrfurcht, dass sie sich so rauswinden  eher runterspielen oder eben ein klitzekleiner das ist aber kein Wort welches in dein Gedicht passt .. geht ein schwacher Seitwärts Ruck, naja egal... oder von rechts nach links...ne  ach du weisst sicher was ich meine mir fällt nichts besseres ein als das seitwärts, aber dir sicher.

 

Nun sind politische Schmähreden nicht so mein Ding als Romantiker  (Am Besten gefällt mir die Schlussstrophe), trotzdem muss ich deine Leistung würdigen:

So ausgefeilt schreibt sich ja auch nichts von allein und einfach so runter!

 

 

 

Liebe Grüße

Sali

 

  • Schön 1
Geschrieben

Hallo  Sali!

 

Schön, daß Du Dich so ausführlich mit meinem Pamphlet auseinandergesetzt hast. Deine weiterführenden  Einlassungen zu Macht und Politikermentalität sind sehr treffend.

 

vor 19 Stunden schrieb SalSeda:

Mandate tragen sie als erogene Bürden -

auf unser Mitleid zielend

Wenn eine Bürde als Last der Macht eines Mandats begriffen/dargestellt wird...

Macht macht (auch) sexy... und eine Last zu tragen eignet sich gut um Mitleid zu erheischen.

Wieder diese Zweigesichtigkeit die zur Politikermentalität dazugehört.

 

Am 13.6.2021 um 14:34 schrieb Yeti:

verlinken den halt präventiv mit Schmähgerede

sollte zum richtigen Verständnis auf 'den' betont werden, warum ich es auch kursiv gesetzt hatte.

Dein Vorschlag ist auch eine gute Lösung, impliziert bei mir aber, daß das Schmähgerede an sich präventiv ist und nicht, wie von mir beabsichtigt, präventiv(und taktisch) benutzt wird.

 

vor 19 Stunden schrieb SalSeda:

dann sieht man sie auf Eiern Pirouetten drehen,

und durch die Medien geht ein ehrfurchtsvoller Ruck

wie jemand dahin gelangt einen Fehler einzugestehen ist im Nachhinein oft nicht mehr interessant für Medien. Hauptsache der Delinquent wirkt ein bisschen demütig und gelobt Besserung.

Dann wird auch oft verziehen, teilweise in milden, ja fast schon 'ehrfurchtsvollen' Floskeln.

Daß an dieser Stelle von mir vielleicht ein wenig übertrieben wird, ist für ein mit Ironie und Sarkasmus getränktes Pamphlet nach meiner Vorstellung durchaus legitim. Wirft es doch auch gleich den richtigen Fragezeichenspot auf Medien.

 

Liebe Sali, ich hoffe, ich konnte einige Ungereimtheiten ausräumen und etwas mehr Licht in die dunkleren Teile meines Werkes bringen.

Noch einmal vielen Dank für Dein Interesse und die lobenden Worte.

 

Liebe Grüße,

Yeti

  • Danke 1

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