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Geschrieben am

Der Spiegel riss, und in dem Spalt
sah sich der Jüngling plötzlich alt,
und in der Pracht der Jugendlocken
ein graues Antlitz, schlaff und trocken,
kein Glanz im Aug‘, der Mund ein Strich -
da schloss der Spiegel sich, es wich
die schlimme Ahnung. Nur ein Haar
war ihm ergraut - wie sonderbar.

 

 

(aus dem Fundus)

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Geschrieben

Hallo gummibaum,

 

eine sonderbare Idee, nicht ganz Dorian Grey, eher Zauberspiegel der eine erschreckende Wahrheit offenbart.

Nun, junge Menschen können (oder wollen oder vielleicht brauchen sie es auch gar  nicht) sich kaum vorstellen wie es ist alt zu sein. So viel Energie und Kraft und ein langer Weg liegt noch vor ihnen. Und sicher wäre es ein Schock, sich plötzlich, ohne den zeitlichen langsam verlaufenden Übergang, so zu erblicken: ein fremdes Wesen. Und ja, ich kenne persönlich jemanden, dem durch einen Schock alle Haare über Nacht grau wurden. Das gibt es.

 

Weitergedacht: Nach dem ersten Schreck durch  diesen Anblick, dämmert die Erkenntnis: ich werde alt! Also nicht jung sterben

 

Faszinierende Geschichte! Und wieder sehr sauber umgesetzt.

 

Liebe Grüße

Sali

Geschrieben

Also ich hab schon mit 20 solche Grauen Risse im Spiegel gefunden.

Ich hatte mir schon Sorgen gemacht dass der Spiegel zerkratzt sei. Zum Glück waren es aber nur meine grauen Haare. 

Die blonden Köpfe haben da den Vorteil das sie es nicht bemerken. Aber der Zerfall beginnt anscheinend noch während der Blüte des Lebens. 

Da gibt es auch diese Geschichte von Lovecraft in der ein Mann mit Drogen herumexperimentiert und sich einen imaginären Freund einbildet mit dem er zusammen durch fremde Dimensionen reist und Zeit und Raum verzerrt. Jedenfalls landet er im Sanatorium und der eben noch junge Mensch, erblickt plötzlich im Spiegel einen unbekannten ergrauten alten Mann, der sich an sein Leben nicht erinnern kann. Kleine Geschichte. Für manche fühlt es sich aber wohl so an, finden sie die ersten Anzeichen ihrer Sterblichkeit. 

 

Schließe mich SalSeda an! Perfekt umgesetzt (wie von dir gewohnt natürlich). 

Es war mir eine Freude!

LG JC

 

 

Geschrieben

Hallo gummibaum,

 

auch mir gefällt das sehr gut.

Der kurze Blick, der durch den Riss in der  unbedarften Selbstbetrachtung entstanden ist, hinterlässt als Zeichen des Schreckens, ein graues Haar.

 

 

Was mir nicht ganz so gut gefällt ist der Schluss. Mir gefiele das Gedicht besser ohne ein sinnierendes "Wie sonderbar".

Allerdings fällt mir auch keine gute Lösung ein, die ein gereimtes Ende mit sich bringen könnte und so fügt sich das Entstandene nach der kritischen Überlegung auch ohne Weiteres  wieder als passabler Schluß ein.

 

Lg,

Mi

 

 

 

Geschrieben

Hallo, gummibaum,

 

in deinen Zeilen schwingt gekonnt die Beklemmung des Augenblicks mit, in dem der Jüngling einen Blick in seine Zukunft wirft, vielleicht sogar für Schrecksekunden erstarrt, weil er das unbegreifliche Bild für wahr hält.

 

Ich finde auch, dass es nicht nur inhaltlich gut umgesetzt ist, und habe es sehr gerne gelesen.

 

Lieben Gruß

Nesselröschen

Geschrieben

Liebe SalSeda.

danke für den tollen Kommentar und den Verweis auf O. Wilde. Dazu der schöne Gedanke, dass der Jüngling den Schock mit der Aussicht auf ein langes Leben gut dämpfen kann.

 

Lieber Joshua,

danke für die kleine autobiographische Erzählung wie für das kurze Resümee des SF zum Thema. Ja, ein erstes graues Haar zoomt manchem das letzte Stündchen heran.

 

Liebe Miserabelle,

danke für die Verknüpfung von unbedarft und Schreck. Die beiden letzten Worte waren für mich die unverbindlichsten, der Reim zuließ.

 

Liebes Nesselröschen,

vielen Dank für dein Lob. Schön, dass die Beklemmung fühlbar wird.

 

 

Liebe Grüße von gummibaum

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