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Geschrieben am

hab nicht verstanden 
was man Liebe nannte
und nie die Sorge um den morgigen Tag 
die Toten nicht gezählt
aus denen Familien bestehen
die Rücksäcke und Koffer im Speicher
die Bilder in denen die Mitte fehlte

 

eine Türschwelle ist da
und Freunde an deren Namen nichts erinnert
der Geruch von altem Holz im Treppenhaus
die Treppe die zweimal pro Woche geputzt wird
Wut die jeden Tag sich selber säubert
das wartende Zimmer
obskure Gelüste

 

verblassen nun doch all die Tage
die lang schon gegangenen ähneln
und was sie an Schmerz hinterließen 
Schmerz den ich liebe und brauche
aus Rücksicht auf das was noch kommt
damit ich bleibe

 

weitab von den Anderen

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Geschrieben

Lieber Oilenspiegel,

 

verzeih, wenn ich etwas distanziert antworte. Ich bin ja auch nur der Autor, und nicht das LI.

 

Wenn du als Leser dich identifizieren kannst, ist das ein gutes Zeichen (freut mich).

 

Als Autor kann man das - nämlich sich identifizieren - nur in den Rohschrift.

Sobald ich beginne, auszuwählen, zu bereinigen, zu ergänzen, zu feilen, nehme ich wieder Abstand. 

 

Also ist so ein Gedicht für mich das Ergebnis einer vorübergehenden Selbstfiktion, das später nachbearbeitet wird. 

 

Schön, wenn das dann Leser findet, die sich einfühlen mögen.

 

LG Lé.

Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb Létranger:

hab nicht verstanden 
was man Liebe nannte
und nie die Sorge um den morgigen Tag 

 

DIESE Liebe scheint  für das LI verwoben mit Zukunftssorgen: Vielleicht das Festhalten der Liebe, die Angst schon im ersten Genuss der Liebe, die Liebe wieder zu verlieren. Wenn dem LI das FREMD ist, dann lebt es in der einzigen wirklichen Wirklichkeit: im Jetzt

 

vor 4 Stunden schrieb Létranger:

die Toten nicht gezählt
aus denen Familien bestehen

 

das finde ich ein wunderbares Bild, denn es spiegelt ein Selbstverständnis vieler "erstarrter Familien". Zu oft definieren sich Familien "nur" noch entlang ihrer Toten. Aber auch: die lebenden Toten, die Halbtoten, die Valium-Zombies der Mittelschicht,  sedierte und dämmernde Tanten und Onkel, Mütter und Väter, in Ipads aufgelöste Kinder, in Facebook und Instagram verquirlte jugendliche Sehnsüchte. Sie haben häufig keinen gemeinsamen Bezugspunkt mehr, kein übergreifendes Selbstverständnis. Sie bestehen im Sinne einer Essenzfindung im Rückwärtsgewandten, letztlich nur noch "aus Toten"..

 

vor 4 Stunden schrieb Létranger:

die Rücksäcke und Koffer im Speicher
die Bilder in denen die Mitte fehlte

 

Ein Bild, IN dem die Mitte fehlt ist eher... KEIN Bild, erfüllt jedenfalls seinen Zweck nicht mehr. Es taugt nicht mehr als Gerinnungspunkt der Erinnerung. Die Erinnerung, das Bild ist im besten Falle unharmonisch. Die Rucksäcke und Koffer im Speicher deuten schon eine Sehnsucht nach Fremdheit an, eine Liebe zur Reise, zur Wanderschaft, Fernweh, eine kontrollierte Flucht, da vorbereitete Flucht. 

 

vor 4 Stunden schrieb Létranger:

eine Türschwelle ist da

 

Die Türschwelle, die SCHWELLE, scheint mir ein zentrales Thema bei Dir zu sein. Es findet sich auch in einem anderen Gedicht, eine Schwelle im Wald. Das ist geheimnisvoll und darin liegt eine Ahnung nach Wandlung, Reise, Initiationssymbolik, über die Schwelle getragen werden.. chymische Hochzeit. Für mich hat es hier einen mythologischen Einschlag, da deutet sich eine große Tragweite an. 

 

vor 4 Stunden schrieb Létranger:

und Freunde an deren Namen nichts erinnert

 

ich bin über diese Zeile gestolpert. Ich hätte dem LI nicht zugetraut überhaupt von Freundschaft zu sprechen. Es erschließt sich mir auch immer noch nicht ganz . Hier gibt es für mich eine unerklärliche Brechung, einen unerwarteten Einbruch von liebenswürdiger Treue und Zugewandheit in eine Welt des Eremitentums, wenngleich die Freundschaft sogleich relativiert wird: JETZT jedenfalls erinnert ihr Name an nichts mehr, sind sie zur Beliebigkeit verwischt. Möglicherweise unterlag das LI einer Entwicklung, die im Gedicht nicht aufgegriffen ist und von der wir nur das Finale präsentiert bekommen. 

 

vor 4 Stunden schrieb Létranger:

die Treppe die zweimal pro Woche geputzt wird
Wut die jeden Tag sich selber säubert
das wartende Zimmer
obskure Gelüste

 

Das lese ich so, als bleibt nichts, wird nichts sesshaft, wird alles "für die jederzeitige Abreise" vorbereitet und das empfinde ich als sehr stimmige Verstärkung des Zentralmotivs, wie ich es verstehe. Einen folgerichtigen Aufbau. Alles ist in Warteposition. Die Gelüste sind zweifelhaft, sogar anrüchig. Sie stehen in Distanz und Kontrast zu der klinisch sauberen Umgebung, der auto-agressiven Wut möchte man fast sagen, denn Wut, die sich auf sich selbst bezieht ist das Gegenteil von abgeleitet: eher stauend, neurotische Selbstverstärkung. 

 

vor 4 Stunden schrieb Létranger:

verblassen nun doch all die Tage
die lang schon gegangenen ähneln

 

Diese Retrospektive des LI ist doppelt rückwärts gewandt, wenn ich es richtig verstehe: Ein Vergleich der gegangenen mit den "schon" gegangenen Tagen. Alles ähnelt sich. Das Verblassen deutet auf auf die fehlende Mitte des Bildes. 

 

vor 4 Stunden schrieb Létranger:

und was sie an Schmerz hinterließen 
Schmerz den ich liebe und brauche
aus Rücksicht auf das was noch kommt
damit ich bleibe

 

weitab von den Anderen

 

Das LI liebt und braucht den Schmerz aus "all den Tagen" um weitab von Anderen zu bleiben aus Rücksicht auf das was noch kommt, im Angesicht dessen, was es vermutet, was noch kommt. 

 

Das liest sich nicht gut. Man möchte dem LI an dieser Stelle ein schnell wirkendes Anti-Dot wünschen: einen Zaubertrank, einen Schritt über die Schwelle.. einen ungehobenen Schatz auf der anderen Seite der Schwelle...

 

Was für ein wunderbares Werk. Es hat sehr viel Spaß gemacht es wirken zu lassen und es ist wieder so schön deutungsoffen in viele Richtungen. Deine Arbeiten haben für mich in ihrer vielschichtigen Stimmigkeit aber gleichzeitigen Deutungsweite  immer ein bisschen was von einem Meditationsmantra und erfüllen damit ihren Zweck, sich auch dem Leser zu verschenken auf ganz besonders einfühlsame Art. 

 

mes compliments 


Dio 

 

 

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Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb Létranger:

hab nicht verstanden 
was man Liebe nannte
und nie die Sorge um den morgigen Tag 
die Toten nicht gezählt
aus denen Familien bestehen

Moin, lieber Lètranger

ein paar Gedanken von mir zu deinem Gedicht.

Wahrscheinlich gibt es in  jeder Familie Menschen, die den Eindruck machen, schon innerlich Tod zu sein. Doch einige sind auch nur resigniert. Manchmal kann man sie wieder wachrütteln. Tod und kalt finde ich die gleichgültigen empathielosen Menschen.

 

Der Liebe nicht verstehen(vertrauen) können.

Schlechte Erfahrungen zu wenig Selbstliebe könnten diese Gefühle beim LI hervorgerufen haben.

Kann man eine Liebe festhalten?

 

Die Sorge um den morgigen Tag nicht verstehen.

Ja, da bin ich ganz beim Li die verstehe ich auch nicht.

 Dieser Tag heute den gilt es doch erst einmal in Liebe zu leben.

Wobei bei mir Liebe auch immer dann da ist, wenn man sich einmal nicht so gut versteht. Ein faires Streiten gehört für mich auch dazu.Es kann sehr bereichernd sein!

Und die Versöhnung danach besonders schön!

Dein Gedicht hat mir sehr gefallen!

LG Josina

Geschrieben

Hallo Dio..., hi Josina,

 

freut mich, dass ihr die teilweise schweren Gepäckstücke ein wenig angehoben habt ;-).

 

Dir, @Dionysos von Enno , danke ich für deine ausführlichen Leseeindrücke. So etwas ist sehr wertvoll, und dir @Josina ebenso für deine Eindrücke.

 

Es steht mir nicht zu, eure Eindrücke zu kommentieren, aber an mancher Stelle könnte ich noch eigene Assoziationen hinzufügen: 

 

auch die tatsächlich schon verstorbenen (toten) Familienmitglieder spielen in den Familien oft eine große, gespenstische  Rolle.

Wir werden vielleicht  lebenslang nicht damit fertig, zu verstehen, was Liebe ist.

wir tragen möglicherweise noch Koffer herum, an denen schon unsere Eltern schwer trugen.

 

usw. ... ;-).

 

LG Lé.

Geschrieben

 

Moin, Le

Jeder hat seine eigene Biografie da spielen die der Eltern, Großeltern auch eine große Rolle. Doch in welche Richtung man gehen möchte, die Entscheidung trifft letztendlich jeder für sich allein!

Man muss ja nicht alles mitschleppen kann ja den Koffer auspacken und neu packen mit Dingen die einem Wichtig sind. Nach vorne schauend, nicht zurück!

LG Josina

 

In Bezug auf deine Antwort!⬆️

Geschrieben

Hallo Josina,

 

wir wissen ja nicht, ob das LI das nicht gemacht hat.

Diese Passage ist ja in Vergangenheitsform geschrieben. 

 

Allerdings gibt es wenig Sinn, einem LI Ratschläge für sein Leben zu geben. Es ist ja eine fiktive Person. 

 

Dennoch. Wenn ich es mal treffe, werde ich ihm deine Botschaft weitergeben.

 

Gruß Lé.

  • Schön 1
Geschrieben

Lieber Lé,

 

dein Gedicht, so vielschichtig zusammengestellt, vermittelt mir vor allem ein sehr deutliches Gefühl: ein Gemisch aus Unbehagen, Erinnerungen, Scham, Aufbrechen-Wollen und die Schwere der Toten der Familie. Es ist, als könnte ich das alles riechen auf dem alten Speicher; das Bild mit dem blinden Fleck in der Mitte, wie man alte Bilder oft sieht, lässt mich nicht los, das Reinwaschen der Gedanken gleich dem täglichen Schrubben der Treppen und das schöne Ende, bei dem man sich an den Schmerz schon mal gewöhnen will, damit man für die Zukunft, die gewiss so oder ähnlich kommt, gefeit ist.

 

Sehr, sehr schön - es trifft mich tief! Ich mag diese deine Gedichte!

 

Lieben Gruß

Nesselröschen

Geschrieben

Liebe Nesselrose,

 

das freut mich, dass du auch noch zu diesem Gedicht gefunden hast.

 

Es ist mir selbst ein wenig ein Rätsel, was diese teilweise sehr unterschiedlichen Assoziationen beim Schreiben zusammenhielt.

 

Es macht zufrieden davon zu lesen, wie das Endprodukt wirkt.

 

LG Lé.

  • 2 Monate später...
Geschrieben

Hallo lieber Le,

 

Bedeutungsvolle Bilder die einen grossen Koffer mit Assoziationen füllen.

Es war spannend zu sehen was die einzeln aus ihren und in ihre Koffer gepackt haben. (Tolle Kommentare)

 

Ich würde gerne vorsichtig auch ein Gepäckstück öffnen und dem LI ein paar seiner Geheimnisse entlocken.

 

In der ersten Strophe des Textes, löst das Lyr. Ich schon einen kleinen Teil des Geheimnisses auf in dem es verrät das es noch jung und unerfahren war. Ich sehe ein Kind das versucht das Leben zu begreifen. Noch nicht die grosse Liebe gefunden hat, oder sich nicht geliebt fühlte.

 

Und nie die Sorgen um den morgigen Tag... 

Zeugt noch eine gewisse Sorglosigkeit und Schwerelosigkeit. Wahrscheinlich assoziiere ich deswegen in der ersten Strophe ein Kindl. LI.

Es versteht die alltagssorgen der erwachsen nicht vielleicht geldsorgen, Sorge um Angehörige die Krank sind oder je nach Alter vielleicht in den Krieg ziehen mussten.( die Toten nicht gezählt) lässt auf eine schwere Kindheit schließen vielleicht sogar der Eltern der Lyr. Ich die ihre Eltern verloren haben. (Bilder denen die Mitte fehlt) 

Und doch hat es diese Gefühle/fehlende Gefühle mit in seinen Koffer gepackt mitbekommen und mitgenommen.

 

In der zweiten Strophe spricht das Erwachsene noch nicht alte Lyr ich für mich das noch aus einem anderen Blickwinkel auf seine Gepäckstücke sieht.

Es steigen Emotionen Wut/Trauer/Versäumnis aus der Strophe empor...

Die Türschwelle ist für mich etwas das in beide Richtungen deuten kann. Einmal als Ausweg fungiert aber auch etwas das einen zurückhält. 

Ich denke auch das Freunde an deren Name nicht erinnert nicht unbedingt personifizierte Freunde sind. Sondern vielleicht Gegenstände die einem in der Kindheit Tröstlich schienen, z.B. eine alte kucksuhr in der Küche oder ein Buch. Das Lyr. Ich wirkt sehr introvertiert und in sich zurückgezogen.

Die zweite Strophe wirkt sehr düster und erzeugt eine unbehagliche Atmosphäre die es als Erinnerung in seine  Koffer gepackt hat. Gerade Gerüche sind Erinnerungen die sehr intensiv sind und mit am längsten im Gedächtnis bleiben.

Das säubern ist für mich eher ein sterilisierende Akt. Es wird eigentlich keine Treppe gereinigt sondern Emotionen weggewischt. Es wirkt gefühlskalt was auch zu den imaginären Freunden passt, es Trost um ein bisschen Wärme zu empfinden.

Das wartende Zimmer empfinde ich wie eine Erwartungshaltung. Was soll in diesem Zimmer passieren. Warum gibt es die Türschwelle. Es wirkt wie nicht erfüllte Erwartungen. Mit die Gelüste sind nicht sinnlich sondern verbunden mit Wut und Enttäuschung.

 

In der letzten Strophe spricht für mich ein älteres Lyr. Ich der heutigen Zeit.

Rückblickend auf das was es in seinen Koffer des Lebens gepackt hat.

Es erkennt das nicht alles so schwer ist und manche Dinge schwerer als geahnt. Diese Strophe hat etwas sehr versöhnliches.

Es spricht für mich eine gewisse Akzeptanz aus dieser Strophe.

 

Am 5.8.2021 um 07:52 schrieb Létranger:

und was sie an Schmerz hinterließen 
Schmerz den ich liebe und brauche
aus Rücksicht auf das was noch kommt

Trotz aller Erfahrungen, Erinnerungen, Traurigkeit, Verluste erkennt es das es das Lyr. Ich zu dem Gemacht hat, was es heute ist und das die Liebe und der Schmerz zu ihm gehört . Und das es trotzdem Empfindungsfähig nach vorne schaut auch wenn es sich von den anderen isoliert das passiert aus Selbstschutz um den Verlust den es Erwartet, ähnlich den Freunden deren Namen an nichts erinnert, Bilder in denen die Mitte fehlt... und kehrt damit wieder zurück an den Anfang zu dem Punkt an dem die Erwachsene Perspektive der ersten Strophe beginnen könnte.

 

Ich hoffe das war nicht zu wirr.

Ein absolut geniales Werk das zu tollen Assoziationen und Interpretationen einlädt.

 

LG Enya

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Le,

schön, dass Gewitterhexe dein Gedicht zurückholt.

Ich vermisse deine Beiträge schon eine ganze Weile. 

Eben habe ich "Gepäckstücke" nochmal gelesen, ich finde es wirklich klasse.

Please come back. 

Liebe Grüße

Carlos

  • Gefällt mir 2
Geschrieben

Liebe Enya,

 

schön, wieder hier von dir zu lesen.

 

Deine Betrachtungen zu meinem Gedicht gefallen mir sehr, gerade auch die kluge zeitliche Einordnung und Aufschlüsselung - so gibt es einfach Sinn!

 

vor einer Stunde schrieb Gewitterhexe:

Und doch hat es diese Gefühle/fehlende Gefühle mit in seinen Koffer gepackt mitbekommen und mitgenommen.

 

Das sehe ich auch so. Man bekommt den Mangel wie auch die Schätze in seinem Gepäck mit.

 

vor einer Stunde schrieb Gewitterhexe:

Trotz aller Erfahrungen, Erinnerungen, Traurigkeit, Verluste erkennt es das es das Lyr. Ich zu dem Gemacht hat, was es heute ist und das die Liebe und der Schmerz zu ihm gehört . Und das es trotzdem Empfindungsfähig nach vorne schaut auch wenn es sich von den anderen isoliert das passiert aus Selbstschutz um den Verlust den es Erwartet, ähnlich den Freunden deren Namen an nichts erinnert, Bilder in denen die Mitte fehlt... und kehrt damit wieder zurück an den Anfang zu dem Punkt an dem die Erwachsene Perspektive der ersten Strophe beginnen könnte.

 

Ich hoffe das war nicht zu wirr.

Ein absolut geniales Werk das zu tollen Assoziationen und Interpretationen einlädt.

 

Nein nicht zu wirr - eine schöne Idee, und wieder absolut realistisch.

 

Schön, dass du noch kommentiert hast.

 

 

Hallo Carlos,

 

ich bin zur Zeit andernorts aktiv, aber ich habe ja meinen Account hier nicht gelöscht, lese meine Nachrichten und sehe gelegentlich auch aktiv vorbei.

 

Und wenn Gewitterhexe und ich mal wieder kooperativ schreiben, gibt es das ganz sicher hier zu lesen.

 

Ich wünsch dir viel Spaß am Lesen und Schreiben hier.

 

Liebe Grüße 

Lé.

 

 

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  • Danke 1
Geschrieben

Lieber Lé,

auch ich finde es sehr schade, dass du deine Sachen nicht mehr hier einstellst. Es gibt ja einige die in mehreren Foren veröffentlichen, es sprich also nichts dagegen, dass du uns deine Gedichte weiter vorenthältst  Zumal man sich ja auch die zeit nehmen kann, die man für Antworten braucht (es muss nicht immer sofort sein, ich benutze da häufig den Danke Knopf)

 

Zum Gedicht,

schön, dass Enya es wieder hervorgeholt und so hervorragend ausklabüstert hat.  Gerade die verschiedenen Lebensabschnitte finde ich eine gute Idee, zumal sie, wie ich meine, ja immer gleichzeitig in uns anzutreffen sind. Ein Jetztsein steht immer auf der Basis dessen was man in der Vergangenheit war und was uns geprägt hat.

 

So sehe ich die Schwelle auch zweideutig. kann einerseits ein zurückdenken in die Vergangenheit sein, oder auch ein Duft der einen anfliegt und den Duft des Treppenputzmittels und all die damit verbundenen Emotionen wieder in Erinnerung rufen, genauso gut wie ein realer Besuch im Elternhaus (oder dem Treppenhaus in dem die Emotionen geprägt wurden).

Eine Schwelle ist immer eine Grenze, die man überschreiten oder vor der man zurückweichen kann. Auch ein Eintauchen in die alten Gefühle ist ein Überschreiten der Schwelle, wenn man das vorher nicht gewagt hat.

Es gibt auch zeiten in denen man seine eigene Liebesfähigkeit anzweifelt oder die von anderen. Ähnlich wie überzogene Schönheitsideale in Zeitschriften Frauen in Verzweiflung stürzen können, so können uns Filme und wie zu lieben dargestellt wird und zweifeln lassen an der eigenen Liebesfähigkeit. Manchmal schafft die Liebe es nicht durch den dichten Humus des Schmerzes emporzukeimen.

Das Festhalten am Schmerz ist oft vertrauter als ihn loszulassen und Liebe zu wagen, denn er ist bekanntes Terrain.

 

Ihn zu kultivieren ist das Grundgerüst von Künstlern, wie sonst könnten sie Menschen berühren. Er wird also gebraucht. Das ist die Idee von mir zu der Aussage: dass er noch gebraucht wird, für das was kommt.

Dabei könnte es sich natürlich auch um den PLan für einen brutalen Rachefeldzug handeln, um Vergeltung zu üben, da bräuchte man den Schmerz natürlich auch noch. Das sehe ich aber nicht in den feinen Tönen dieses Gedichtes als prominent.

 

Die Rücksäcke nehme ich mal nicht als Vertippsler sondern als Wortspielerei.

In der Therapie der Familienaufstellung ist es häufig zu sehen, dass Verstorben und die Rolle die sie im Familienverband eingenommen bzw zugewiesen bekamen in einem Menschen noch weiterwirken und sein Leben auf eine Weise beeinflussen die nicht erwünscht weil oft sehr schmerzhaft ist. Was in Familien wirkt ist nicht nur das was in Fotoalben eingeklebt wurde, sondern die verstaubten Koffer auf dem Dachboden der unausgesprochenen Empfindungen.

 

Es sind in der letzten Strophe einige Ebenen verarbeitet die nicht so leicht zu entschlüsseln sind.

Die erlebten Schmerzen zu lieben, vielleicht weil sie mit intensiven Erlebnissen zusammenhängen, die einem wertvoll sind, Lehrerfahrungen die man unter Schmerz erlernt hat und diese Weisheit und das Wissen auch für die Zukunft braucht um nicht die selben schmerzhaften Fehler nocheinmal zu begehen, sich also vor weiteren Schmerzen zu schützen ... darauf hin deutet für mich auch der letzte Satz " weitab von den anderen " hin. Wer sich von anderen Menschen fernhält wird auch nicht durch sie verletzt. - Vielleicht sind die anderen auch die Ursprungsfamilie durch die man verletzt wurde und das um bleiben zu können meint dass man nur durch das separieren von sich selbst zum Schmerzauslöser weitermachen kann?

 

Das mit der Rücksicht hab ich noch  nicht untergebracht

 

Das " damit ich bleibe" tönt in mir wie: damit ich mich nicht umbringe. Mich nicht verflüchtige.

 

Insgesamt so gesehen wäre das eine sehr fatalistische Einstellung aus Resignation, Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit, vielleicht auch Erschöpfung.

 

Nehme ich, das weit ab von den Anderen, allerdings nicht räumlich, ich sondern geistig, ergibt sich ein anderes Gefühl, eher das des einsamen Wolfes. Der Schmerz  macht, dass man sich anders fühlt als andere Menschen, was im Laufe des Lebens dazu führt, dass  man sich immer weiter entfernt. 

Bis zur geistigen auch die räumliche Entfernung dazu kommt.

 

Schmerz den ich liebe und brauche
aus Rücksicht auf das was noch kommt
damit ich bleibe

 

weitab von den Anderen

 

So habe ich noch einige meiner Gedanken denen von Enya hinzugefügt.

 

Liebe Grüße

und komm bitte wieder

Sali

 

 

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