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Die wahre Geschichte der Bounty


Axel

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Die wahre Geschichte der Bounty

 

 

Erzählt von dem Leichtmatrosen David Leitch.

 

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun da ich im hohen Alter von 86 Jahren im Haslar Hospital, Portsmouth liege und einen großartigen Blick auf Spithead habe, will ich ihnen von meiner Fahrt auf dem britischen Dreimaster, der Bounty, erzählen.

 

Diese Fahrt erwies sich als äußerst schwierig und gefahrvoll.

 

Ich werde, von den tatsächlichen Begebenheiten dieser Irrfahrt und der Meuterei berichten, in dessen Verlauf einige unglaubliche Dinge geschahen, die bislang nicht zur Sprache kamen.

 

All die langen Jahre habe ich geschwiegen, um niemanden in Verruf zubringen, doch jetzt, da ich wohl nun bald diese Welt verlasse, will ich mein Herz erleichtern und die Wahrheit über unseren Kapitän, den ehrenwerten Mr. Bligh,

seinem Steuermann John Fryer und seinem Master Mate Fletcher Christian niederschreiben.

 

1787, ich war gerade 15 Jahre alt, heuerte ich auf dem 215 Tonnen Schiff an.

Ich war jung, ehrgeizig und voller Tatendrang.

 

In meinem Kopf stapelten sich die Geschichten über Stürme und Kap Horn.

Wilde Gerüchte von zerberstenden Schiffen und verzweifelten Mannschaften machten die Runde in den Seemannskneipen.

Da gab es Erzählungen über Seejungfrauen, die leichtgläubige Matrosen mit süßem Gesang lockten und ins nasse Grab entführten.

Poseidon selbst soll so manchem Schiff seinen Dreizack in den Rumpf gejagt und es so in die Tiefe hinabgezogen haben.

 

Fliegende Fische sausten in meinen Träumen durch die Luft und Delphine begleiteten mich auf dem Weg zu den sonnigen Stränden Tahitis.

In meinen Gedanken nahm mich Cook, zu seinen Entdeckungsfahrten mit und ich ritt auf einem Wal durch die Meerenge Gibraltars.

 

Dies alles und noch tausendmal mehr Gefahren überstand ich in meinen Gedanken. Doch hätte ich geahnt, was es wirklich bedeutete auf einem Schiff seinen Dienst zu verrichten, so würde ich es mir wohl dreimal überlegt haben, es tatsächlich zu tun.

Der Grund für meine Entscheidung, unbedingt auf der Bounty zu fahren lag darin, das ihr Kapitän, Mr. Bligh, bereits als Steuermann bei Cook gedient hatte.

 

Cook wurde, seit ich in meinen Kindertagen das erste mal von ihm las, ein Held für mich. Ihm nachzueifern erschien mir als hehres Ziel. Erstrebenswerter, als alles andere.

Ich verschlang sämtliche Bücher, derer ich habhaft werden konnte, um ihm noch näher zu kommen. Sah mich selbst neben ihm auf der Endeavour segeln und gab ihm Ratschläge, wie der Skorbut der Mannschaft zu heilen war und erforschte mit ihm Australien und die dort lebenden großen „Hasen“, die die Eingeborenen Kängurus nannten.

Wir fanden heraus, das es das angebliche Südland, das als Gegengewicht zu den Landmassen der Nordhalbkugel existieren sollte, nicht gab.

 

Warum wurde ich nur so von unserem Herrgott bestraft und zu spät in diese bestaunenswerte Welt entlassen?

 

Doch ich fand einen Weg aus dieser Pein, als ich eines Tages die Bounty vertäut im Hafen liegen sah.

In meinem Körper und in meinem Geist empfand ich sofort diese tiefe Verbundenheit.

Sie war mein Schicksal. Das spürte ich in jeder Sehne meines Körpers.

Die Segel blähten sich, in jenem Moment auf, da ich die Pier betrat.

 

 

 

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Es war an einem regnerischen Tag. Früh am Morgen. Gerade krähte der Hahn auf dem Misthaufen, den alle nur Sir George nannten, in der Nähe der Schenke Old Harper.

Eine Kaschemme die einem zwielichtigen Typen namens Williams gehörte. Sein fetter Bauch bahnte sich jeden Abend einen Weg durch die angeschickerten und betrunkenen Gäste. Seine Huren hatten zu spuren. Taten sie es nicht, mussten sie niedere Dienste, wie Boden schrubben oder Spucknäpfe säubern, verrichten.

 

Sein abstoßendes und ekelhaftes Naturell half ihm dabei diese armen Mädchen auszunutzen und sich an ihnen zu bereichern.

Er wurde von allen aus reinster Seele gehasst und in den bodenlosen Höllenschlund des tiefsten Meeres gewünscht.

Da er nebenbei eine kleine Schlachterei besaß, trug er immer eine braune Lederschürze, die über und über mit Blut besudelt war.

 

Bei Streitigkeiten gab er keinen Pardon und erwartete auch keinen.

 

Bei solch einem Disput verlor er sein rechtes Auge. Seitdem trug er eine schwarze Klappe. Das machte ihn sehr stolz, denn nun konnte jeder sehen, was für ein gemeiner Hund er war.

 

Die einzige Nachlässigkeit, die er sich gönnte, war ich. An mir hatte er einen Narren gefressen.

 

Konnte ich meine Zeche nicht zahlen, stundete er sie mir und ich beglich sie, wenn ich wieder zu Geld gekommen war.

 

Einmal sagte der Leierkasten Mann etwas abfälliges über mich und am nächsten Tag schwamm sein kleines Äffchen tot im versifften Abwasserkanal, das Bäuchlein aufgeschlitzt und die Gedärme zu einer englischen Krawatte gebunden.

 

Ja. Die Zeiten schlichen sich grausam und würdelos an einen jungen Mann, wie mich, heran.

 

Da stand ich also und hatte, trotz der widrigen Umstände, nur meine romantische Vorstellung über die Seglerei im Kopf.

 

Mein Porzellanpfeifchen stopfte ich mit dem Rest des feinsten Virginia Tabaks.

Ich besaß nur noch das, was ich am Leibe trug.

 

Und so betrat ich den schmalen Steg und ging hinauf um mich beim Quartiermeister einzuschreiben.

 

Das Abenteuer begann.

Die Bounty war 39 Meter lang und 7 Meter breit. Als früheres Kohlenschiff besaß sie genug Laderaum, um ihre Aufgabe zu erfüllen.

Sie sollte nach Tahiti segeln, um dort Brotbaumpflanzen zu erwerben, die für die Ernährung der nordamerikanischen Sklaven gedacht war.

 

Ihre 40 Mann starke Besatzung bestand hauptsächlich aus Halsabschneidern und zwielichtigen Gesellen. Alkoholikern die in der Nacht zuvor schanghait wurden und nun ihren Rausch ausschliefen und einigen tüchtigen Seeleuten, die, wie es in unserer Welt nun mal ist, die Hauptlast der seemännischen Arbeit trugen.

 

Durch diese Überbelegung kam es später immer wieder zu Reibereien und Auseinandersetzungen die durch eine gezieltere Auswahl hätte vermieden werden können.

Meine Kameraden fühlten sich, wie Barsche in einem viel zu engen Becken und benahmen sich auch so.

 

Zusätzlich wurde ein halbblinder, irischer Geigenspieler zur Belustigung der Mannschaft angeheuert. Sein Name war Michael Bym.

Der lange, dünne Körper und seine knochigen Finger ließen ihn übergroß erscheinen. Die grauen, fusseligen Haare hingen ihm über das Gesicht und kräuselten sich an der Schulter zu kleinen, feinen Löckchen.

Dieser zahnloser Mund schien immer zu lachen. Sein heiteres Geigenspiel belustigte die Mannschaft und verschaffte ihm viele Anhänger.

 

Die skurrilen Geschichten über sein Leben und das hässliche England stachelten meine Fantasie noch mehr an.

 

So erzählte er von Leichenräubern die für ein paar Pfund jeden gewünschten Körper besorgten. Besonders an den medizinischen Fakultäten wurde das für diese dunklen Machenschaften ein lukratives Geschäft.

 

Ein gewisser Dr. Caligari hatte sich zu einem ihrer besten Kunden entwickelt.

 

Erst als sie damit begannen noch lebende Personen dem Tode zuzuführen und kleine Kinder ermordeten, verfolgten sie diese schändlichen Taten erbarmungslos.

 

Damit taten sie recht, denn es war eine Sünde zu Menschen umzubringen.

Die Universitäten brauchten allerdings weiterhin Körper, um Studien durchzuführen und Operationen mit mehr Erfolg zu Ende bringen zu können.

 

Michael Bym kannte auch zahlreiche schlüpfrige Witze, die mich erröten ließen, da sich meine Erfahrungen auf das Beobachten unserer Magd bei der Morgenwäsche beschränkten.

 

Nun, da wir alle versammelt waren, ein Teil immer noch trunken und schwankend,

hörten wir die Ansprache unseres Kapitäns.

 

„Männer, wir haben einen weiten Weg vor uns. Ich werde euch Gerechtigkeit und eine harte Hand versprechen, denn nur so ist diese Reise zu bewältigen.

Macht eure Arbeit anständig und sorgt für Sauberkeit an Bord.

Denn nichts ist mir so widerwärtig, wie Schmutz.

Lasst eure Familien, Ehefrauen und Söhne stolz auf euch sein.

Ein dreifaches Hipp Hipp Hurra auf unseren König George III.“

Das Hipp Hipp Hurra lief beim Ersten mal ein wenig verhalten. Worauf es sofort ein paar Knuffe und Hiebe gab.

Beim Zweiten Mal hörten wir ein feuriges Hochleben und unser Kapitän und seine Offiziere waren höchst erfreut darüber.

 

Wir nahmen allerlei Lebensmittel an Bord. Neben Pökelfleisch und Zwieback auch 12 Fässer mit Sauerkraut.

Thomas Huggen, der Schiffsarzt sagte, das sei, damit niemand Skorbut bekäme.

Ich glaube sie wollten einfach nur Geld sparen.

 

Thomas Hall, der Koch, ein nervöser, ständig auf seiner Unterlippe kauender, nach Fett riechender Mann, um die 30, erklärte jedem er habe schon mal für den König gekocht. Wir alle glaubten ihm kein Wort. Außer Pym.

Denn, denn er sowohl halb blind, als auch schwerhörig.

Mr. Hall, war ein Aufschneider erster Güte und vergrätzte alle damit, das er erklärte aus gutem Hause zu sein und ihn nur die Umstände in diese missliche Lage gebracht hätten.

Sein Vater, ein Lord, verlor bei einem Kartenspiel mit dem König das Haus und seine Ländereien. Daraufhin zogen alle ins Armenhaus, wo Hall`s Mutter starb und der Vater seine Trunksucht mit Erfolg fortsetzte.

 

Thomas schlug sich allein durchs Leben, lernte kochen und besaß ein bekanntes Wirtshaus in der Beef Street.

 

Ich sah in den Gesichtern meiner Kameraden, das sie langsam genug von diesem Unfug hatten und mürrisch wurden.

 

Doch Thomas Hall schien dies alles nicht zu bemerken und während er sich so richtig warm redete lief ein großer, schwarzer Käfer über seinen Arm unter sein verschmutztes Shirt, woraufhin ihn der erste Maat auf diese Stelle schlug und ihn erledigte. Den Käfer, wohl bemerkt.

Sofort erschien ein dicker roter Fleck an dieser Stelle.

 

„Der Mann muss gewaschen werden.“ , stellte Mr. Christian fest.

 

Sie packten ihn, banden ein Seil um seinen Bauch und warfen ihn ins Wasser. Dort wurde er Kiel geholt, bis er fast ertrank.

 

Ich war mir nicht sicher, ob dies zur Moral der Mannschaften beitragen würde, aber Mr. Christian wusste sicher was er tat.

 

Käpt`n Bligh befand sich zu dieser Zeit bereits unter Deck und bekam von all dem nichts mit.

David Nelson, der Botaniker, trug seine rotblonden Haare kurz, was zu jener Zeit im höchsten Maße unüblich war. Er sah immer, wie ein kleiner Junge den man zu Unrecht gescholten hatte aus.

Aber er besaß bei den Männern, wie wir sagten, ein Stein im Brett und war bei allen beliebt, weil er eine ruhige und nette Art an den Tag legte.

 

So. Im Großen und Ganzen habe ich nun alle wichtigen Personen aufgeführt.

 

 

 

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Am 23. Dezember 1787 stachen wir endlich in See. Da es der Tag vor Weihnachten war, schmückten wir die Kapitänskajüte und die Offiziere, der Arzt und der Botaniker feierten bis 2:00 morgens und tranken Portwein.

 

Mr. Huggen, unser Schiffsarzt, fiel sturzbesoffen auf das Vorderdeck und brach sich das Nasenbein.

 

Da ich gerade meine Hundswache, von Mitternacht bis vier Uhr Morgens verrichtete, eilte ich herbei, um ihm zu helfen.

 

„Macht nichts Junge. Ist nicht das Erste mal.“ ,lallte er, laut gröhlend in die Nacht.

 

Und so verlor, bereits am ersten Abend die komplette Mannschaft den Respekt vor Mr. Huggen.

 

Fletcher Christian, unser Steuermannsmaat, brachte ein kleines Fässchen Bier und den Rest vom Weihnachtskuchen zu uns herunter.

Wir ließen ihn hochleben. Ich glaube er freute sich sehr darüber, auch wenn er es nicht zeigte.

 

Mr. Christian`s große und gerade Statur und sein aristokratisches Benehmen erzählten uns mehr über seine Herkunft, als Thomas es je in 1000 Worten vermocht hätte.

 

Mr. Christian besaß Augen die blassgrau, wie das Meer vor den Kanaren waren.

Der dunkler Teint kontrastierte wunderbar zu seinem tiefen durchdringenden Blick.

Die ausdrucksstarke Nase bezeugte Entschlusskraft und Willensstärke.

 

Manchmal reichte eine Geste, um einen Matrosen in die Wanten springen zu lassen.

 

Am 24. Dezember gab uns John Fryer die Anweisung das Deck zu schrubben, was uns alle aufregte, weil schließlich Weihnachten war.

 

Doch Mr. Fryer gab uns zu verstehen, das die Geburt eines Kindes durch eine angebliche Jungfrau, in einem Stall irgendwo in der Walachei kein Grund sei, das Deck nicht sauber zu halten und wenn jemand anderer Meinung sei könne er gern zu ihm kommen, um mit der neunschwänzigen Katze Bekanntschaft zu machen.

 

Ein Grummeln und Murren lief von Mund zu Mund, aber niemand traute sich dagegen anzusprechen.

 

Plötzlich hörte ich ein Summen und Surren. Es kam mir gänzlich unbekannt vor. Solch ein Geräusch hatte ich noch nie vernommen und konnte es somit auch keinem Ereignis zuordnen.

 

Leichter Wind blähte die Segel und ich vernahm, nach dem Summen, ein geheimnisvolles Flüstern.

 

„Hey. Hallo. Du. Ich kenne dich. Bleib nicht auf diesem Schiff. Flieh. Flieh.“

 

Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich schaute mich ängstlich um, bemerkte aber niemanden, außer meinen Kameraden, die nörgelnd und sabbernd vor sich hin nölten.

 

John Adams, ein Vollmatrose, sah mich und sprach mich an:

 

„Na Junge, hast du einen Geist gesehen?“

„Gehört.“

„Das ist Edward.“ ,sprach er in gedämpften Tonfall zu mir.

„Edward?“ ,wiederholte ich fragend.

„Psst. Nicht so laut. Er könnte dich hören.“ ,maßregelte er mich.

 

Die Angst kroch nun, einer Ratte gleich, in meine Glieder. Adams lachte.

 

„Den grünen Jungs kann man wirklich alles erzählen.“ ,schrie er vor Lachen.

 

Und die ganze Mannschaft und alle Offiziere lachten mit.

 

Ich war aufs äußerste über meine Dummheit beschämt und wandte mich ab, um

in der hintersten Ecke des Schiffes die Planken zu schrubben.

 

Kapitän Bligh, der stoisch auf dem Vorderdeck stand, sah zu mir herüber und nickte mir zu.

 

Ich blickte immer wieder verstohlen zu Adams und wünschte ihm die Krätze an den Hals.

 

In der Nachbarschaft gab es damals einen Jungen, der mich immer ärgerte.

Ich wusste nicht was ich tun sollte, bis ich in einer Vollmondnacht dreimal seinen Namen sagte, Katzenhaare über einer Kerze verbrannte und ihm einen Beinbruch wünschte.

 

Am nächsten Tag fiel er von der Leiter und brach sich den Hals.

 

Es tat mir leid um ihn, aber ab dieser Zeit wusste ich, das eine große Macht in mir steckte, die ich sparsam und mit Verstand einsetzen wollte.

 

Die Tage liefen dahin und die Männer vergaßen den Vorfall.

 

Doch die Stimme kam nun jede Nacht.

 

Sie flehte und bettelte mich an zu fliehen.

 

Aber wohin?

 

 

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Nach 23 Tagen umsegelten wir Kap Horn und Stürme aus Eis und Schnee gingen auf die Bounty nieder. Sie zerrten und rissen an den Masten und den Segeln.

Regen schlug uns mit solcher Wucht entgegen, das er uns die Haut zerkratze.

 

William Brown, der zweite Gärtner ging, bei dem Versuch, Mr. Christian um trockene Kleidung zu bitten, über Bord.

 

Seine Abwesenheit fiel erst drei Tage später auf, als Adam ihn um ein Stück Kautabak bitten wollte.

Das Meer bäumte sich auf und wollte uns verschlingen.

 

Es wurde zu Fäusten und Hämmern, die sich auftürmten und in sich zusammenbrachen. Die mit weißer Gischt wieder auferstanden und erneut auf uns einschlugen.

 

Ich stand an den Hauptmast geklammert und sah einen Moment lang hinaus auf das tosende, todbringende Wasser.

 

Da sah ich sie. Eine Schlange, so groß wie unser Schiff. Mit einem dicken Bauch und glühenden Augen. Sie hielt auf uns zu.

Ihr Blick ließ mein Herz zu Eis erstarren. Das riesige Maul entblößte lange, weiße Zähne, die Schwertern glichen.

 

Meinem Mund entfuhr ein Schrei, aber durch das Heulen des Windes der so stark, wie das Brüllen von tausend Stieren war, hörte ich ihn nicht.

Das Monster tauchte unter, doch im nächsten Augenblick sprang es, wie ein Wal in die Höhe und erschien als haushohe Wellenwand vor unserem gepeinigten Schiff.

 

Dann verschwand es in den Tiefen des Ozeans.

 

 

Ich traute mich nicht irgendjemanden davon zu erzählen, weil ich fürchtete das Adams mich wieder vor allen lächerlich machte.

 

Seine irische Abstammung, konnte man schon von weitem erkennen.

Der robuste und sehnige Körperbau konnte einiges vertragen und schwere Arbeit machte ihm nichts aus.

Er pfiff immer ein lustiges Lied und hatte zu allem und jedem einen Spruch auf den Lippen.

 

Möglicherweise meinte er es gar nicht böse, sondern wollte nur die Lacher auf seiner Seite haben.

Aber warum auf meine Kosten?

 

Als wir unter Deck saßen. Durchnässt, wie Beutelratten aus dem Londoner

East End, kam Adams zu mir und gab mir die Hälfte seiner Rum Ration.

 

„Hör mal Junge. Nimm`s mir nicht krumm. Es sollte nur ein Spaß unter Kameraden sein.“

 

Er zwinkerte mir verschwörerisch zu und ging zurück zu seiner Gruppe, um einen Witz zu erzählen, denn alle schon hundertmal gehört hatten.

Sie johlten trotzdem Und das nur, weil Adams ihn erzählte.

 

Im Bauch des Schiffes herrschte Enge und wir traten uns gegenseitig auf die Füße. Die feuchte Luft machte das Atmen zur Qual.

Allerlei Gerüche von der ekelhaftesten Sorte klammerten sich an jeder Hängematte und dem rohen Mobiliar fest.

 

In den ersten Tagen übergaben sich die zwangsrekrutierten Landratten reihenweise und verwandelten das Mannschaftslogis in eine abscheuliche Kotzgrube.

 

Genau wie an Deck herrschte unten das Gesetz des Stärkeren.

 

Oben in der Pyramide thronte immer ein altgedienter, kräftiger Seemann der festlegte, wie der Hase zu laufen hatte.

Dann kamen seine Zuträger, die ihm an den Lippen hingen, dazwischen die Platzhalter. Das waren die, die sich aus allem raus hielten.

 

Und ganz unten vegetierten die Neuen.

 

Im Grunde war es die gleiche Gesellschaftsordnung, die auch in England herrschte, nur ohne den Zuckerüberguß.

Auf hoher See kamen alle direkt und ohne Umschweife auf den Punkt.

 

Beim ersten Kennenlernen wurden die Neuen sofort eingeschätzt und beurteilt.

Die Schwachen mussten die Drecksarbeit machen und die anderen durften nur mit Erlaubnis reden. Verhielt sich jemand außerhalb der, von seinen Kameraden bestimmten Regeln, wurde er bestraft.

 

 

 

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Unser Kapitän verlangte von uns Gehorsam und Pflichterfüllung.

Seine einziger Beweggrund dafür war das Schiff und unser aller Leben zu retten.

 

Und nicht, wie später Mr. Christian behauptete aus reiner Boshaft.

 

Kapitän Bligh schickte unseren Fähnrich John Hallet in den Besanmast, weil sich das Segel losgemacht hatte und im Wind flatterte, wodurch das Schiff sich nach Steuerbord neigte.

 

Wir alle erkannten die Angst in seinen Augen. Er war 14 Jahre alt und von seinem Vater in die Obhut von Käpt`n Bligh gegeben wurden, um einen Mann und ein wertvolles Mitglied der Upperclass aus ihm zu machen.

Sein Vater, Mr. Hamilton, war, so erzählte man sich hinter vorgehaltener Hand, ein Kriegstreiber und hatte dadurch eine Menge Geld an die Seite geschafft.

 

Der Unabhängigkeitskrieg, welcher 1775 in den amerikanischen Kolonien begang, hatte einige reich gemacht und andere um alles gebracht, was sie besaßen.

Manche verloren sogar ihr Leben im Kampf gegen die ruchlosen Rebellen, wie König George III sie immer nannte.

Unser geliebtes Oberhaupt, war sicher traurig so viele Untertanen zu verlieren und das Land mit trauernden Witwen zu überschwemmen.

 

1783, war der Spuk zu Ende und Amerikas Kolonien selbstständig.

 

Adams behauptete George sei wahnsinnig geworden und hätte sich mit einem Baum unterhalten. Das sagte er sicher nur, weil die Iren nicht gut auf den König zu sprechen waren, denn die wollten unabhängig von allem englischen sein.

 

Komisch was man für Gedanken in einer so merkwürdigen Situation, wie dieser, dachte.

 

Eine besonders heftige Welle brachte unser Schiff zum Wanken und während John Hallet in die Wanten stieg, prasselte ein von Norden kommender Eisregen auf ihn hernieder und bedeckte ihn mit weißem Staub, so das er, wie eine mit Puderzucker bestäubte Skulptur aussah.

Doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen und schaute mit gespielter Leichtigkeit zu uns herab.

 

Mr. Hallet schaffte es, bis zur Spitze, aber dort umklammerte er den Mast und bewegte sich nun keinen Zentimeter mehr.

 

Unser Kapitän war sehr erbost über diese Unfähigkeit und schrie ihn an weiterzuklettern:

 

„Hopp. Hopp. Junge. Du musst weiter. Wenn du dort bleibst wird dich diese Angst ein Leben lang begleiten. Also........“

 

Doch nichts geschah.

Alle warteten gespannt und neugierig, was als nächstes passieren würde.

 

„Befreie dich von deiner Angst. Du schaffst das. Wir brauchen deine Hilfe. Ich verlasse mich auf dich.“ ,rief Käpt`n Bligh nun viel versöhnlicher.

 

Es sah so aus, als wolle er sich bewegen, doch in diesem Moment schwang sich Fletcher Christian hinauf und holte den armen Fähnrich John Hallet hinunter.

 

Der Kapitän, aber, scholt Mr. Christian, wegen seiner Widersetzung eines direkten Befehls, das Mr. Hallet diese Aufgabe erledigen sollte.

 

Ab diesem Zeitpunkt hassten alle unseren Kapitän.

 

Der stand auch bei wildestem Wetter auf dem Vorderdeck und schonte sich genauso wenig, wie seine Mannschaft.

 

Er wollte unbedingt Kap Horn umrunden, damit er noch rechtzeitig an sein Ziel kommen würde. Doch das Kap und das Wetter hatten sich gegen ihn verschworen und da der Sturm nicht zu bewältigen war, kehrten wir ihm, am 25. Tag, den Rücken und fuhren eine andere Route.

 

Die Tätigkeit an Deck wurde etwas leichter und ich lernte viel durch das Beobachten. Adams zeigte mir einige wichtige Knoten und ich spürte, wie durch die tägliche, schwere Arbeit meine Muskulatur an Stärke und Willen gewann.

 

Endlich konnte ich in meinen kleinen Pausen ein Eckchen suchen und fand Zeit in meinem Buch zu lesen.

 

Robinson Crusoe von Daniel Defoe.

 

Meine Kameraden machten sie über mich lustig. Allen voran William Cole unser Bootsmann, der auch für die Disziplin an Bord zuständig war.

Sein langer Bart irritierte mich, da er unter Seeleuten ganz und gar untypisch war. Durch die hagere Statur erschien er uns immer wie ein Vorbote nahenden Unheils. Seine Gesichtshaut hatte eine durchscheinende Beschaffenheit und schien straff über den kahlen Kopf gespannt.

Er war wirklich der Schlimmste von allen. Machte alles schlecht, was ihm nicht in den Kram passte und zog über alles und jeden her.

Ich überlegte eine ganze Zeit, wie ich dem begegnen sollte.

Dann kam ich drauf.

 

„Dieser Robinson Crusoe. Ich weiß nicht. Ich weiß nicht. So viele Schwierigkeiten.“ ,sprach ich so aufs gerade wohl über die Hängematten hinweg.

„Wieso?“ fragte Burkett, ein anderer Vollmatrose interessiert.

„Naja. Er erlitt Schiffbruch und weiß nicht was er tun soll.“

„Also, ich würde mir erst mal eine Hütte bauen.“ ,erklärte Burkett.

„Quatsch. Erstmal was zum Saufen.“ ,brüllte Adams und alle lachten.

„Ja. Aber was dann. Er braucht Wasser und Nahrung.“

„Richtig. Erstmal auf die Jagd.“ ,mischte sich Coleman, der Waffenmeister ein.

 

Damit hatte ich sie am Haken. Es wurde durcheinander geredet und gebrüllt.

Irgendeiner gab jemanden einen Kinnhaken. Ein Stuhl flog über die Köpfe hinweg in Richtung Treppe. Sie verhielten sich wie trotzige, aufgebrachte Kinder.

Es kam zu einer kleinen Schlägerei, bei dem Coleman einen Zahn verlor.

Alles lief aus dem Ruder, bis Burkett vorschlug, ich solle vorlesen.

 

Und das tat ich:

 

„Ich bin geboren zu York im Jahre 1632, als Kind angesehener Leute, die ursprünglich nicht aus jener Gegend stammten. Mein Vater, ein Ausländer, aus Bremen gebürtig, hatte sich zuerst in Hull niedergelassen, war dort als Kaufmann zu hübschem Vermögen gekommen und dann, nachdem er sein Geschäft aufgegeben hatte, nach York gezogen. Hier heiratete er meine Mutter, eine geborene Robinson. Nach der geachteten Familie, welcher sie angehörte, wurde ich Robinson Kreuznaer genannt. In England aber ist es Mode, die Worte zu verunstalten, und so heißen wir jetzt Crusoe, nennen und schreiben uns sogar selbst so, und diesen Namen habe auch ich von jeher unter meinen Bekannten geführt.“ ,während ich las, war es so still, das man eine Nadel auf dem Boden fallen hätte hören können.

 

So kam es, das ich jeden Abend ein Stück aus diesem wundervollen Buch vorlas und dadurch Freunde gewann.

 

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Edward, der Klabautermann hatte sich lange nicht gemeldet. Das erschien mir ebenso seltsam, wie seine früheren, ständigen Einflüsterungen.

 

Vielleicht verließ er mich auch, weil das Glück auf die Bounty zurückgekehrte.

 

Wie dem auch sei, seit einigen Tagen durchflutete die Sonne das Meer und unser Deck und die Herzen aller auf dem Schiff lebenden Seelen.

Die nächsten Tage waren wieder ausgefüllt mit schwerer Arbeit und doch war ich voller Freude. Lernte noch mehr über das Zusammenleben an Bord und empfand es, als sehr erquicklich weitere Knoten zu binden.

 

Die gute Stimmung auf See, wurde aber immer wieder von den Streitereien zwischen Kapitän Bligh und Fletcher Christian überschattet.

 

Es wurde viel von der schlechten Behandlung durch den Kapitän geredet.

 

Ich hörte ein paar mal das Wort Meuterei, aber mehr so als Ausdruck der Unzufriedenheit. Ich erkannte darin noch nicht den Willen es wirklich durchzuführen.

 

Am nächsten Morgen schrie der Ausguck im Krähennest, das Land in Sicht käme.

 

Wir landeten in Tahiti an und sogleich begab sich unser Botaniker auf die Suche nach den, von König George III, geforderten Brotbäumen.

 

Seine Absicht war es, damit die Sklaven in den Kolonien zu ernähren, da Nordamerika, aufgrund ihrer erfochtenen Selbstständigkeit, nicht mehr als Getreidelieferant zur Verfügung stehen würde.

Der Häuptling war sehr höflich und zuvorkommend und seine Gastfreundschaft gegenüber jedermann unübertroffen.

Selbst die Frauen zeigten sich von einer offenen und großzügigen Seite, die alle in vollen Zügen genossen.

 

Da wir den richtigen Zeitpunkt, durch das lange Ankämpfen des Sturmes bei

Kap Horn verpassten, mussten wir nun 6 Monate warten, bis die Brotbäume bereit zum Transport waren.

 

Das war Großartig.

 

Endlich konnte ich meinem Abenteuerdrang nachgeben und auf Robinsons Spuren eine mir fremde, wunderbare Welt entdecken.

 

All diese Pflanzen und Tiere, die ich noch nie gesehen, noch nie gerochen und noch nie gespürt hatte, bereicherten und durchflossen jeden meiner Sinne aufs Schönste.

 

In einer Vollmondnacht im lauen, warmen Wind zu sitzen und dem Klang des Meeres zuzuhören erfüllte mich mit derart großer Zufriedenheit und Glück, das mir Gott ganz nah war und ich ihn und seine Schöpfung zu verstehen glaubte.

Am nächsten Abend schlenderte ich in der Nähe des Urwaldes umher, als rhythmische Trommeln die Luft vibrieren ließen.

Also schlich ich mich näher an diesen Ort heran und sah zahlreiche nackte Männer und Frauen bei einem geheimnisvollen Ritual.

Ein toter, junger Mann mit einem Dolch aus Holz, tief in seiner Brust, lag erhöht auf einem Scheiterhaufen.

 

Der Wachtmeister, Charles Churchill, ein dicker, wohlbeleibter Mann um die 30, stand an einem Pfahl gebunden, ein paar Meter abseits und grinste.

Offenbar betrunken, lallte er irgendetwas von einer Liebsten in Spithead.

 

Ich schlich mich, so weit es ging heran und erblickte seltsame Dinge.

 

Eine Pfeife wurde herumgereicht und nackte Frauen tanzten in einer Reihe nach hypnotischen Trommelschlägen im immer wiederkehrenden Rhythmus.

 

Süßlicher Rauch zog zu mir herüber. Ein alter Mann mit vielen Federn betrat den Platz und begann mit den Füssen aufzustampfen. Wieder und wieder.

Seine Augen geschlossen, kehlige Laute von sich gebend, fiel er eine Art Ekstase. Der Körper zuckte und wand sich, einer Schlange gleich, in unkontrollierten Bewegungen.

Er steigerte sich immer mehr hinein und näherte sich dem Toten auf dem Scheiterhaufen.

Gesänge setzten ein. Der alte Mann blies roten Staub über die Leiche und murmelte Beschwörungsformeln in sein Ohr.

 

Dann wurde es plötzlich still in mir. ER war wieder da. Ich spürte ihn.

Er kam ganz nah heran. Einem Rauschen gleich. Oder war es nur der Wind?

 

„Edward?“ ,murmelte ich.

„Ja. Ich bin es.“ ,sprach die Stimme.

„Warum?“ ,fragte ich ganz langsam mit gehauchten Worten.

„Ein Sturm kommt auf und bricht herein. Der Weg ist weit für euch und für andere zerbricht das Stundenglas.“

 

Dann verließ er mich und der Rausch des Totentanzes erfasste wieder mein Gemüt. Der Verstand floh vor dieser Szene und ich spürte, wie Irrsinn ihren Platz in meinem Kopfe fand.

 

Der Priester ließ nicht nach auf den gemeuchelten Körper einzureden und da.....

 

Die Hand des leblosen Körpers zuckte. Dann der Arm. Die Schulter und schließlich der ganze verdammte Leib.

Ein lautes Atmen und Stöhnen ging von Mund zu Mund. Die Tänze der Frauen wurden schneller und intensiver und auch ihre Leiber verkrampften sich in zügellosem Kampf.

 

Der Tote richtete sich auf und stieg herab. Er umrundete, begleitet von lauten Gesängen und tierischem Gebrüll der ganzen Gruppe, 3 mal den Scheiterhaufen.

 

Dann wurde er gepackt und verbrannt!!!

 

Ich war zutiefst geschockt und voller Angst, über das Gesehene.

Meine Füße liefen so schnell sie konnten zurück.

Wie von Sinnen brach mein Körper aus von diesem dunklen, schwarzen Ort.

Äste schlugen mir ins Gesicht und Vögel schrien, meine Verzweiflung begleitend, in diesem Dickicht der Hoffnungslosigkeit.

Dann stolperte ich über eine Wurzel und mein Kopf knallte an eine Palme.

Das Bewusstsein schwand und rann, wie feiner Sand durch meine Finger.

 

 

 

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Die Sonne brannte kleine Löcher in meine Haut und stach in meinen müden Geist.

Das Geschehene erschien mir, wie ein böser Traum. Zu schrecklich, um es zu begreifen.

 

Ich lag im kühlen Sand und neben mir spielten Kinder mit einer Krabbe.

Die versuchte sich mit ihren Scheren zu wehren, doch die kleinen Hände wichen geschickt aus und taten alles, um das Tier zu unterjochen und gefügig zu machen.

Sie schubsten und traktierten diesen Panzer mit Stöcken und mit Tritten.

Schließlich rissen sie ihr die Fühler und die Beine ab und warfen sie ins Meer.

 

Das Paradies hatte ich mir immer anders vorgestellt.

Ich saß dort stumpf im Sand und stierte vor mich hin. Die Zeit verging, bis am frühen Abend Fletcher Christian kam und sich, mit der wunderschönen Tochter des Häuptlings im Arm, zu mir setzte und herzhaft gähnte.

 

Sie Lächelte, spielte mit seinen Fingern und schien sehr verliebt in ihn zu sein.

 

„Na. Mein junger Freund , wie gefällt es ihnen hier?“

„Ja. Es ist...Aufregend.....Seltsam.“

„Ja. Nicht wahr? Wäre es nicht schön für immer hier zu bleiben? Fernab der Enge und der Gezwungenheit Englands?“

„Oh, ja. Schade das wir einen Auftrag von ihrer Majestät haben.“

 

Mr. Christian schaute mich verdutzt an. Ich wusste damals diesen Blick in keiner Weise zu deuten. Heute weiß ich, das er herausfinden wollte, ob ich bei einer Meuterei auf seiner Seite wäre.

 

Beide verließen mich und ich legte mich, mit verschränkten Armen unter meinem Kopf, auf den Strand und schlief wieder ein.

 

Beim nächsten Erwachen, war es bereits später Nachmittag und mein Bauch knurrte und jaulte vor Hunger.

Im Dorf saßen zahlreiche meiner Kameraden und labten sich an den Köstlichkeiten der Insel.

 

Bananen. Ananas. Kokosnüsse. Inselschönheiten.

 

Die Monate liefen dahin und das schreckliche Erlebnis verblasste immer mehr zu einer weit entfernten Fata Morgana.

Wir frönten dem leichten Leben und keiner von uns wollte das es sich änderte, aber am 2. April 1789 wurde der Befehl zur Rückreise gegeben.

 

Alle Männer murrten und wollten nicht zurück.

 

Der Kapitän ließ 1015 Bäume verstauen, die jeden Tag mit Süßwasser bewässert werden mussten, was ein weiterer Grund zum Aufbegehren der Mannschaft war, Nach 2 weiteren Tagen stachen wir in See.

 

Das Wetter war herrlich und ich sah tatsächlich fliegende Fische.

 

Dann hörte ich wieder den Klabautermann Edward und sah eine schemenhafte Erscheinung, die in den Wanten hin und her wogte.

 

Er trug einen langen, schwarzen Bart und seine Augen glühten, wie brennende Kohlestücke. In den Händen hielt er eine schwarze Flagge mit einem Skelett das einen Speer und eine Sanduhr trug. Die Spitze des Speeres deutete auf ein blutendes Herz. Ein breiter Säbel hing an seiner Schärpe und vier Pistolen steckten darin. Zwei an jeder Seite.

Nun erkannte ich ihn. Edward Teach, mir wohl bekannt als Blackbeard.

Der Mordgeselle und Pirat. Nun trieb er mit mir seinen Schabernack, obwohl längst tot und enthauptet. Der 22. November 1718 war sein Todestag.

 

„Nun mein Freund. Es ist soweit.“ ,rief er zu mir herüber.

„Was soll das heißen?“ schrie ich laut zurück.

„Sie werden nun den Käpt`n binden und ihn schicken. Es ist an dir, ihn zu begleiten.“ ,sprach er ganz dicht neben mir.

 

Die Sinne schwanden mir, doch die Finger fanden halt an einem Seil.

 

„Du bist nicht da. Edward. Ein Hirngespinst. Lebst nur in meiner Fantasie.“

,sprach ich ihn an.

„Hab keine Angst, der Kapitän wird euch nicht verlassen. Die See ist heute nicht dein Grab.“

 

Er verschwand mit einem Lachen.

 

Nun gab es einen großen Tumult. Matrosen und Offiziere quollen nach oben an Deck und sprachen laut und schrien durcheinander.

 

Die Meuterer, allen voran Mr. Christian, rissen die Herrschaft an sich.

 

Mr. Bligh und seine Getreuen wurden entwaffnet. Sie bekamen zwei kleine Fässchen Wasser, was einer Menge von 125 Litern entsprach. Etwas Wein und Brot und 75 Kilogramm Zwieback.

10 Kilogramm Dörrfleisch und vier Entermesser wurden ihnen, von einer guten Seele, noch ins Boot geworfen.

 

Wir waren nun 18 Leute die sich auf die 7 Meter lange und 2 Meter breite Barkasse quetschten. Ausgesetzt und dem Tode geweiht.

 

Zum Navigieren standen Kapitän Bligh Kompass, Log, Oktant und seine Taschenuhr zur Verfügung.

 

Der Weg war voller Grauen und Seelenqual. Edward hing die ganze Zeit in meinem Nacken und trieb allerlei Unfug mit mir. Mal kitzelte er die Arme. Dann zwickte er mir ins Ohr. Da ich ihn als meinen Freund empfand, verließ die Angst meinen Körper und ich wurde ruhig. Innen drin.

Einige meiner Kameraden jammerten, andere wurden wütend und die nächsten saßen stumm wie Fische auf dem trockenen und erwarteten ihr Schicksal.

Ich allerdings war völlig bar jeglicher Sorgen, denn ich wusste, das wir unser Ziel erreichen würden.

Der Kapitän rationierte das Essen und achtete streng darauf, das niemand sich daran vergriff. Er behielt auch alle vier Entermesser und sagte, er würde jeden niederstechen, der auch nur zum Wasser hinblinzelte.

 

Jeder Mann bekam nach 28 Tagen nur noch 125 Milliliter Wasser und 60 Gramm Zwieback.

 

Zum Ende hin wurde es nochmal um die Hälfte reduziert.

 

Wir liefen eine der Inseln an, um Wasser und Nahrung aufzunehmen, wurden aber von den Einheimischen angefeindet. Wir mussten fliehen. John Norton unser Rudergänger wurde an diesem 2. Mai 1789 von den Insulanern totgeschlagen.

Wir setzten Segel aufs offene Meer.

 

Nach 35 Tagen waren wir alle dem Tode nah und litten furchtbaren Durst.

Wir hatten kein Essen mehr und nur sehr wenig Wasser.

David Nelson, der Botaniker starb an Entkräftung.

 

Käpt`n Bligh entschied, wenn wir leben wollten mussten wir das folgende, als Geheimnis mit ins Grab nehmen.

 

Er schnitt, dem armen, toten Nelson den Arm ab, hieb ihn mit dem Entermesser in 17 kleine Stücke und gab jedem seinen Anteil.

 

„Esst. Niemand soll sagen können, er hätte nicht daran teilgenommen.“

,flüsterte er mit rauer Stimme.

 

Und so rettete Mr. Nelson und der ehrenwerte Kapitän Bligh unser aller Leben.

 

In einer seemänischen Meisterleistung navigierte er uns in 48 Tagen auf einer Strecke von 5800 Kilometern bis zur niederländischen Faktorei in Kupang.

 

 

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Ein Jahr und 6 Monate später landete eine, von der Admiralität befohlene Strafexpedition, mit der Fregatte Pandora auf Tahiti und nahm 14 Seeleute fest.

 

Neun waren bereits vor einem Jahr geflohen und versteckten sich auf einer der vielen Inseln.

 

Fletcher Christian wurde von John Adams 1793, wegen eines verlorengegangen Ringes, erschlagen.

 

 

 

Edward Teach, der Pirat, Klabautermann und Freund, sprach kurz vor unserer Landung ein letztes Mal mit mir:

 

„Land. Nach endloser Zeit. Endlich..........Land.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Dezember 2019 – Juni 2020 von Axel Bruss

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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