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Rüdiger und das verlorene Paradies

 

 

Die Sache fing ganz harmlos an.

 

Hatte mich für ein paar Wochen von der Welt losgesagt und chillte in meinem Lieblingssessel vor dem Fernseher.

Versuchte mich zu entspannen und an etwas anderes zu denken, als den, ihr wisst schon was ich meine.

War gar nicht so einfach da er jede Nacht die Sonne ablöste und am Himmel klebte, wie ein Kaubonbon am Gaumen.

 

Irgendwie, war mein Lachen verloren gegangen.

Suchte es überall, aber fand es weder bei Animal Wellness, noch bei Trixi.

 

Die war noch weiter weg, als vor meinem Geheimagentenaufstieg.

Naja, der Mops hatte seine Schuldigkeit getan, der Mops konnte gehen.

 

Fühlte mich, wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Völlig haltlos.

 

Holte mir `ne Cola und flänzte mich wieder in den Sessel.

War zwischen einem leichten Brechreiz und Langeweile hin und her gerissen.

 

Mal sehen was die Glotze zu bieten hatte.

Das war ein anderer Begriff für Fernseher, den hatte ich von Schrappnel gehört, als er mit Timmy über Raketen sprach.

 

Machte auf Springer. Was soviel bedeute wie: 120 Sender in 30 Sekunden.

Die Bilder flogen nur so an meinen müden Augen vorüber.

 

RZwo-DZwo – Kaukasien im Sommer – Münchhausen – Winter in Florida – Windeln

Elvis in Havanna - Kindergarten Chaos – Niki Lauda – Hard Headed Hanna - Rausch im Silberwald – Wolverine – Fackeln im Sturm – Sand im Getriebe -

Verlorene Paradiese.........

 

War schon ganz wirr im Kopf. Schloss also kurz die Augen.

 

„Verrückte Geschichte. Erlebten die anderen Möpse auch so viel?“ ,dachte ich.

 

Vorbereitung zum Mondflug. Egon Grimbart. Mafia. Don Alfredo. Schoko. Trixi.

Fesselung. Hundini. Befreiung. Bertram. Ice Cube. Esmeralda.

 

Verlorene Paradiese?

Oh, Mann. Ich war sooooooooo traurig.

 

Wollte einfach nur weg!

Meine Zelte abbrechen und dort oben, ihr wisst schon, wo ich meine, wieder aufschlagen, um endlich glücklich zu sein.

 

Ich war ein Punching Ball im Widerhall der Geschichte.

Keine Ahnung was das bedeutete. Klang aber wirklich bedeutungsvoll.

 

Darüber dachte ich eine ganze Zeit nach und ließ meinen Blick im Zimmer

umherschweifen.

 

Waren das etwa Kakao Flecken auf meiner Lieblingskuschelmuschelsuperfluschel,

daunenweichen Flusendecke?

 

Oh, nein. Wenn ich nicht aufpasste, war das der Anfang vom Ende.

Meine Tante Frieda, erzählte mir mal eine Geschichte von diesem zerbrochenen Spiegel, was ja bekanntlich sieben Jahre Unglück bedeutete.

 

Und so ein Fleck, auf meiner Decke, war genau das gleiche.

 

Ich geriet ein bisschen in Panik, was sofort meinen Speichelfluss erhöhte und meine Innereien dazu brachte Kasatschok zu tanzen.

 

Und gerade, als ich mich kräftig übergeben wollte, sah ich, wie der Kakao Fleck sich erhob und zu einer Fliege wurde.

 

„Alles gut Spiky, alles gut.“ ,sagte ich zu mir selbst.

 

Meine Systeme fuhren wieder auf ein normal Niveau herunter und meine Muskeln entspannten sich.

 

Ich gähnte gerade herzhaft und streckte meine Glieder nach allen Himmelsrichtungen aus, die ich kannte.

 

Plötzlich war da dieses Summen an meinem Lieblingsohr.

 

„Hi. Ich heiße Rüdiger und bin hier die örtliche Eintagsfliege.“ ,stellte Rüdiger sich vor.

 

Ich sah mich schnell um, aber entdeckte natürlich niemanden.

 

„Spike.“ ,sagte ich.

„Entschuldigen sie, das ich mich so in den Vordergrund dränge, aber meine Zeit ist aufgrund meiner Lebensform begrenzt. Wie schon der Name meiner Art ausdrückt, verweile ich nur für einen Tag auf dieser Welt.

Ich habe sie beobachtet und festgestellt das sie ein wirklich cooler Hund sind.“

 

Ich fand, das er total recht damit hatte. Ich war ein cooler Typ.

 

„Jo. Was kann ich für dich tun?“

„Ich möchte ihnen gern meine Freundschaft anbieten und sie fragen, ob sie aus diesem einen Tag, meinem ersten und letzten, einen glücklichen und Erinnerungswerten machen könnten? Ich bin ein wenig unerfahren in diesen Dingen.“

 

Also für eine Eintagsfliege quatschte er ganz schön viel, aber ich wollte nicht unhöflich sein und sagte zu.

 

Irgendwie mochte ich ihn sofort. Er hatte so eine offene Art mit seiner begrenzten Lebenszeit umzugehen.

Ich rekelte mich und schubberte meinen Rücken an der Lehne. Herrlich.

Jetzt der Bauch. Die Stirn. Die Schultern. Der Solarplexus.

Ich steigerte mich so richtig in eine Kratzorgie hinein. Wunderbar.

 

Dann rutschte ich vom Sessel und fiel aufs rechte Ohr.

 

Ohje. Oh nein. Bitte nicht.

 

„Rüdiger?“ ,rief meine, sich überschlagende, Stimme.

„Ja. Hier.“ ,kam es von oben.

„Oh, mein Gott, ich dachte du wärst........ Ich hab mir Sorgen gemacht.“

„Sie sind so ein lustiger Hund. Sind alle in ihrer Familie so?“

„Kann mich an meine Familie nicht erinnern.“

„Das tut mir leid. Ich auch nicht, aber ich glaube ich habe viele Geschwister.“

„Was hast du die letzte Zeit so getrieben?“

„Hab` mir was von dem Marmeladenbrot, auf dem Tisch reingezogen. Lecker.“

 

Mist. Das muss ich übersehen haben. Mein Magen brüllte irgendwas von Hunger.

 

Wurde, aber gleich wieder abgelenkt, weil Rüdiger einen Salto, einen Looping, einen Humpty-Bump, einen Rollenkreis UND einen Immelmann flog.

 

Seine Facettenaugen lächelten und ich sah die Freude in jeder seiner Bewegungen. Er verstand es das Jetzt zu leben.

In diesem Moment, war er der coolere Typ von uns beiden. Ich beneidete ihn.

 

Hätte gern mit ihm getauscht.

 

„Hey Rüdiger. Haste Lust mit mir auf den Mond zu fliegen?“ ,rief ich ihm zu.

 

Er landete auf meiner Nase. Meine Augen schielten ihn an.

 

„Mond? Na klar bin dabei. Wann geht’s los?“

„Muss noch ein paar Sachen klären. Ich meld` mich bei dir.“

 

Er freute sich, wie ein Schneekönig und drehte noch ein paar Runden.

 

Ich holte meine Leine und kläffte Timmy wach, der eingepennt war, weil er die ganze Nacht an der Rakete getüftelt hatte.

 

Würde sicher bald losgehen.

 

Mmmmh. Aber die Größe der Rakete machte mir zu schaffen.

Wie sollte das gehen?

Wenn ich meinen Bauch einzog, konnte ich mich vielleicht ins Cockpit quetschen,

aber was war mit den Anderen und dem Proviant und meiner:

Lieblingskuschelmuschelsuperfluschel Decke.

 

Man hörte ja soviel. Auch, das es auf die Größe nicht ankäme, aber vielleicht sagten das alle nur, um uns zu beruhigen.

 

Naja, ich war nur der Astronaut und nicht der Ingenieur.

 

Jetzt aber erst mal zum nächsten Baum und dann was futtern.

 

Lud mich bei Egon ein. Der hatte grad` was Leckeres auf dem Herd.

Um genau zu sein, lag es bereits in den Näpfen für uns bereit.

Er hatte es bei der Nachbarin mit den roten Haaren und der sonnenverbrannten Haut abgestaubt. Er sagte, die wäre total nett gewesen und hätte immer was von einem Tommy, die Haselnussmaus, gemurmelt.

Irgendwann machte sie die Augen auf, aber da war Egon mit der Tomatensoße und den Fleischklößchen bereits durchgebrannt.

 

Wo lernte er nur diese ganzen merkwürdigen Gestalten kennen?

 

Bei Egon herrschte eine komische Stimmung.

Bertram und Lucy saßen in einer Ecke und unterhielten sich lautstark über die Kosten der Kindergärten und wo sie einen Antrag über Förderung von hochbegabten Kindern bekommen könnten.

 

Egon rollte mit den Augen und nickte Richtung Ehepaar.

 

„Das geht schon den ganzen Morgen so.“ ,meinte er genervt.

 

In einem unbeobachteten Moment durchwühlten wir die Handtasche von Lucy.

 

Und tatsächlich.

 

Wir fanden ein kleines Päckchen mit 6 Ice Cube`s.

Nahmen sie heraus und wollten sie im Katzenklo runterspülen.

Stellten dann aber fest, das es keine Spülung gab.

Also vergruben wir sie unter dem Haus.

Mit diesem ganzen menschlichen Gequatsche musste Schluss sein.

Schließlich hatte das Leben soviel mehr zu bieten, als das Hinterherhetzen von selbstgemachten Problemen.

 

Würde sicher lustig werden, wenn die beiden ihre Dosis nicht mehr bekamen.

 

Hoffentlich, war ich dann schon unterwegs zum Mond.

 

Dachte noch mal an Immelmann. Egon hatte mir erklärt das sein Schwager früher in der russischen Fliegerstaffel in Moskau gewesen war. Als Maskottchen.

 

Der meinte. Ein Immelmann wäre eine Kunstflugfigur mit halbem Überschlag und anschließender halben Rolle. Klang spektakulär.

 

Nun war ich schon mal schlauer.

 

Aber was zum Teufel war ein Maskottchen?

 

 

 

j

 

 

 

Es wurde wärmer und der Frühling schneite herein. War mir recht.

 

Mit ihm kamen meine besten Freunde.

 

Norbert machte auf Eintänzer und wollte sich mit Esmeralda treffen.

 

Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, war aber total genervt.

Wie kam er dazu, sich mit meiner Lieblingsvorstellung zu verabreden?

Ich ließ meinen Ärger an Fritz aus, der ja nun wirklich nicht dafür konnte.

 

„Boah. Wie oft hab ich dir jetzt schon gesagt, putz deine Pfoten ab, wenn du reinkommst.“ ranzte ich ihn an.

„Aber ich hab meine Pfoten abgetreten.“ ,verteidigte er sich.

„Ach ja, und was ist das hier?“

 

Ich hob einen Dreckklumpen vom frisch gewachsten Boden auf und hielt diesen triumphierend in die Luft.

 

„Hah!“ ,rief ich.

 

„Den hast du selbst mit reingeschleppt.“ ,sagte Fritz.

„Ach ja?“ ,gab ich zurück.

„Ja!“ , sagte er.

„Ja?“ ,sagte ich.

„Ja!“ ,sagte er.

„Der ist von dir.“ ,warf Egon ein.

„Alter Schwede. Seid ihr jetzt ein Paar? Boah. Zieht doch zusammen!“

 

Ich stürmte hinaus und hätte gern die Tür ins Schloss geworfen.

Ging aber nicht.

Hundeklappe.

Mist.

 

Rannte ziellos durch die Straßen.

 

Worüber regte ich mich eigentlich auf?

War ich vielleicht eine Grille im Mixer?

Oder, die Pampelmuse, die überreif am Baum hing?

 

Und die Master Frage.

 

Warum, zum Teufel hatte Trixi sich nicht mehr gemeldet?

Ich fühlte mich so benutzt. Hätte gern geduscht, um den ganzen Schmutz abzuwaschen, aber dann fiel mir ein, das ich Wasser hasste.

Also, ab auf die Wiese und ordentlich den Rücken geschubbert.

Vielleicht erwischte ich sogar noch etwas Morgentau.

 

Ahhhhhhh. Schon besser.

 

Was dachte sie sich nur? Hatte ich nicht alles getan, um sie zu erobern?

Meine Güte. Ließ mich sogar gegen meinen Willen, als Agent verpflichten.

 

Ich war so dumm.

 

Dumm! Dumm! Dumm!

 

Schlug mir, während ich es dachte, mit der Pfote auf meine Stirn.

 

Strich sie auch sofort von meiner Valentins Liste und wollte ab sofort nie mehr an sie denken. Auch nicht morgens, wenn ich mir Rasierwasser auf die Schnauze klatschte, um gut zu riechen.

Und schon gar nicht, wenn ich mir die Augenbrauen von Paolo dem Papagei, zupfen ließ.

 

Das war alles Schnee von gestern.

 

Und Tschüß.

 

Trixi?

 

Noch nie gehört.

 

Arrivederci.

 

Tschau.

 

Good by.

 

Esmeralda kam mir wieder in den Sinn. Fühlte einen Stich in meinem kleinen Hundeherz.

 

Warum war ich eifersüchtig auf Norbert? Meinem besten Kumpel und Weltraumkollegen.

Was war nur mit mir los?

Wo war der gute, alte, sorglose Spiky?

 

„Hi.“ ,hörte ich eine Stimme in meinem Ohr.

„Rüdiger?“

„Ja. Mein Herr. Lust auf Abenteuer? Die Welt ist so groß und wunderbar.“

„Mmmh..... Naja...... Ok.“

„Wollen wir auf den Jahrmarkt? Mein Onkel Dave arbeitet dort bei den

Flying Bananas.“

„Sind das die Artisten, die sich mit einer Liane, in einem gelben Trikot, von Baum zu Baum schwingen?“

„Ja. Spannend. Oder?“

„Mmh. Macht Dave da auch mit?“

„Nein. Er hat mehr so eine hängende Aufgabe. Er ist eine Fledermaus.“

„Du sagtest, Onkel?“

„Ja... also........... mehr so.................. weitläufige Verwandtschaft.“

„Ahhhh. Verstehe.“

 

Ich verstand kein Wort. Fledermaus? Fliege?

Ganz schön schräg. Mochte mir gar nicht vorstellen, wie das passiert war.

Obwohl.

Haben ja alle Flügel.

 

Naja. Ich war Astronaut. Kein Naturwissenschaftler.

 

Wir galoppierten also Richtung Abenteuer. Rüdiger hatte sich in meinem Nackenhaar festgekrallt, obwohl er ohne mich sicherlich schneller gewesen wäre.

Auf dem Weg zum Jahrmarkt, sangen wir ein Lied, das wir beide liebten.

Sein Onkel Dave, hatte es ihm immer in seiner Kinderstube vorgesungen.

 

„I come from Alabama with my banjo on my knee. I`m goin` to Louisiana my Susanna for to see. Oh, Susanna why don`t you cry for me. I come from Alabama with my Banjo on my knee!!!!“

 

Wir wurden fröhlich und es war schön, für einen Moment meine Probleme zu vergessen.

 

Man muss auch mal ausspannen können, denn morgen gings in den Weltraum.

Und Rüdiger würde ich mitnehmen.

 

Zwei außergewöhnliche Glücksritter auf einer tierischen Mission.

 

Die Sonne verabschiedete sich und wir begrüßten die Dämmerung mit einem Jauchzen und bellen.

 

Meine Herren, auf dem Jahrmarkt war was los. Da gab`s Karussells, Zuckerwatte, Autoscooter, Achterbahn und Würstchen.

Ich wollte alles auf einmal.

 

Nach einer kleinen Diskussion, in der Rüdiger klar machte das ein Würstchen vor der Achterbahn, nur ins Chaos führen würde, begannen wir mit der Zuckerwatte.

 

Ich bellte den Losverkäufer solange an, bis er eine Gummischlange nach uns warf, mit der wir dann die Besucher in der Geisterahn erschreckten.

Im Glaskabinett lachten wir uns checkig, weil wir ständig gegen Glasscheiben rannten.

Nachdem die Kopfschmerzen abgeklungen waren, kam die Achterbahn dran.

Mir schlotterten die Knie vor Angst.

 

„Hab` noch nie so eine kleine, purzelige Purzelbahn gesehen.“ ,sprach ich lässig.

„Ich auch nicht.“ ,sagte Rüdiger.

„Lohnt sich überhaupt nicht da rein zugehen!“

„Neeee. Is` echt verschwendete Zeit.“

 

Wir logen uns eine ganze Zeit was vor, bis mein neuer Freund sagte:

 

„Weißt du was Spike? Ich will nicht rein, weil ich Angst habe.“

„Mir geht`s genauso.“ ,sagte ich leise.

 

Hätte ihn gern umarmt. Ging leider nicht. Aber ich schenkte ihm meinen besten Freundschaftsblick.

 

Das machte ihn sehr stolz.

 

Er meinte, ich wäre sein erster echter Freund auf dieser Welt.

 

Das machte mich sehr stolz.

 

Nach dem Feuerschlucker, bei dem sich Rüdiger die Flügel ankokelte, weil er unbedingt sehen wollte, wie der Trick funktionierte, schlenderten wir zu Dave. Der hing an einem Baum und meditierte. Seine Flughäute waren um seinen Körper gewickelt und er sah aus, wie Graf Dracula persönlich.

 

Rüdiger sagte: „Hello, Dave!“

 

Mann, wie der sich freute.

 

Ich wollte auch cool sein und sagte: „Hello, Stranger!“

 

Seine kleinen Augen blinzelten kurzsichtig in die Nacht und als er einatmete, hatte er sofort Rüdiger verschluckt.

 

Natürlich erkannte Dave sofort seinen Fehler und spuckte ihn wieder aus.

 

Kommt in den besten Familien vor. Rüdiger nahm es ihm nicht übel.

Vollgeschleimt saß er auf meiner Nase und blickte mich mit seinen großen Augen an.

Ich blies ihn trocken und die Welt war wieder in Ordnung.

 

Dave hatte reichlich Freikarten für uns. Als erstes wollte er mit uns in den Flohzirkus.

 

Ich meinte, das wäre grundsätzlich `ne gute Idee, würde aber als Mops diese Quälgeister meiden, weil sie mich zu sehr an meinen Opa mütterlicherseits erinnerten. Sein Name war Heribert von Maulenhausen und er war der größte Schnorrer weit und breit.

 

Er hatte nicht mal einen eigenen Napf, den lieh er sich immer von einem Nashorn das Eddie hieß.

 

Dave hatte dafür Verständnis, also besuchten wir die Wahrsagerin Annabelle.

Die lebte unter einem Wohnwagen und war in tausend bunte Tücher gehüllt.

 

Logisch. Weil Wahrsagerin. Die trugen nun mal keine Hundecapes.

 

Wir gingen rein und jetzt haltet euch fest!

Wisst ihr wer das war? Kommt ihr nie drauf!

 

Sie führte offenbar ein Doppelleben und noch bevor ich überhaupt piep sagen konnte, raunte sie:

 

„Reich mir deine Pfote, Kumpaniero!“

„Esmeralda?“ ,fragte ich fassungslos.

„Hier bin ich Annabelle, mein Süßer.“

„Kommt als nächstes Elvis um die Ecke und singt Return to Sender?“

„Ich muss dir etwas sagen. Es gibt einen Grund, weshalb du hier bist.“

Ich schluckte.

 

„Der Heilige Knochen hat mich beauftragt, dir zu danken.“ ,sprach sie weiter.

 

Ich war kurz vor einer Ohnmacht.

 

Der Heilige Knochen. Das Heiligste der Heiligen in einem unglaublich unheiligen Land bedankte sich bei einem unwürdigen, dennoch gutaussehenden, klugen Astronautenmops.

 

Wow. Doppelhammer.

 

 

„Also Freunde.“ , begann ich. „Das ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe. Jeder. Wirklich jeder auf diesem Planeten weiß, das der heilige Knochen in Florida wohnt und nicht in Hamburg und außerdem nicht mit Esmeraldas sprechen, die sich als Annabelle verkleidet haben.“

„Mein lieber Spike. Du bist der Auserwählte.“ flüsterte Dave in mein rechtes Ohr.

 

Jetzt musste ich mich doch erst mal übergeben.

 

Koooooooooooooooooooooootz!

 

Oh. Den Hawaii Toast, vor dem Nudelgericht, hatte ich gar nicht mehr auf dem Zettel.

 

„Du wirst tatsächlich der erste Mops auf dem Mond sein. Du hast dich für würdig erwiesen, dort eine Kolonie aufzubauen.“ ,sagte Esmeralda.

 

Ich übergab mich ein zweites Mal.

 

„Sorry, aber das ist echt zu viel für mich.“ ,murmelte ich und fiel gleich darauf in Ohnmacht.

 

Ich erwachte in den Pfoten von Esmeralda oder Annabelle oder wie auch immer sie hieß.

 

Mein Gott, die war so niedlich. Diese schönen Augen. Dieses süße Näschen. Einfach entzückend. Ich schleckte ihr einmal übers ganze Gesicht.

„Spike, wir sind hier nicht zu unserem Vergnügen.“ ,sagte sie mit gespielter Entrüstung.

„Ich hab` mich in dich verknallt.“ ,sagte ich gerade heraus.

„Und Trixi?“ ,fragte sie.

„Das ist geschmolzener Schnee. Ich wollte immer nur dich, wusste es nur nicht.“

„Das sagen alle.“

„Ich meins ehrlich, Esmeralda. Ich bin ein dummer Hund. Manchmal weiß ich selber nicht wo`s langgeht. Ich will nur dich. Lass es uns versuchen.“

 

Schaute sie mit meinem schmachtenden, ich kann ohne dich nicht leben, Blick an.

 

Sie schleckte meine Nase ab und sagte: „Wir werden sehen.“

 

Damit machte sie mich zum glücklichsten Hund nördlich des Äquators.

 

Das war kein Nein.

 

Hah. Norbert alter Kumpel. Sie liebte mich.

 

Sofort schlich sich das schlechte Gewissen in mein Hirn. Mist.

 

„Esmeralda. Ich hab dich sehr lieb, aber das kann ich Norbert nicht antun.

Er ist mein bester Freund und er wünscht sich, glaube ich, mit dir zusammen zu sein.“ ,murmelte ich.

 

Sie nahm mein Gesicht zwischen ihre Pfoten und meinte zärtlich:

 

„Er ist nur ein Kumpel. Du bist für mich etwas ganz besonderes. Ich kann dich gut leiden.“

 

Mein kleines Hundeherz wurde zentnerschwer.

Gut Leiden?

 

Warum sagte sie nicht gleich, das sie mich nicht ausstehen konnte?

 

„Tja, ich muss dann auch los und die nächste U-Bahn finden, hinter die ich mich werfen kann.“ sagte ich leise.

„Man wirft sich nicht dahinter, sondern davor.“ ,meinte Dave.

„Noch so ein Schlauberger. Musst du nicht irgendwo abhängen, um über das Ende der Welt nachzudenken? Du brauchst mich nicht Esmeralda. Kann sein das ich der Auserwählte bin. Interessiert mich aber nicht die Bohne, wenn ich es nicht für dich bin.“

„Aber so meinte ich das doch gar nicht, Spike.“ rief sie.

 

Hörte schon nicht mehr zu. War zu niedergeschlagen. Ging einfach weg.

 

Rüdiger verbiss sich in mein Ohr. Spürte es nicht mal, so traurig war ich.

Um ehrlich zu sein. Es tat verdammt weh. Konnte mich kaum auf meine miese Stimmung konzentrieren. Ließ mir, aber nichts anmerken und klammerte mich an meinem Liebeskummer fest.

 

 

6

 

 

 

Die Nacht hatte uns erreicht, also heulte ich den Mond an.

 

„Ruhe!“ , schrie eine dunkle Männerstimme.

 

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und jaulte noch lauter.

 

Ein Hausschuh sauste an meinem Kopf vorbei, also legte ich einen Zahn zu.

Ich jammerte so laut und erbärmlich, das selbst die Steine in der näheren und weiteren Umgebung anfingen zu weinen.

 

Dann kam der endlich der Zweite.

 

Die Lichter in den Häusern gingen an. Gezeter. Genervtes Türen klappen.

Frauen in Schlafhemden und Lockenwicklern. Sah lustig aus.

So Außerirdisch.

 

Dann kamen die Männer mit dicken Bäuchen und 6 Tage Bart. Sah peinlich aus.

 

So Unterirdisch.

 

Wie die Comics von Timmy. Die, wo die Menschen sich in Körperfresser verwandelten.

 

Nun wurde es lebhaft. Die Nachbarn taten sich zu Gruppen zusammen und suchten den Störenfried.

Das Spiel gefiel mir, also versteckte wir uns hinter den Mülltonnen.

Rüdiger und ich mussten kichern. Wir waren wirklich ein tolles Team. Hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß.

 

Machte einen Purzelbaum und lachte mich schlapp.

 

Lag auf dem Rücken und schaute in den Nachthimmel. Hatte ihn noch nie so klar gesehen. Die ganzen Sterne. Den Mond. Alles war soooooooooo nah.

Fühlte mich mit allem so verbunden.

 

Sah eine Sternschnuppe, die verglühte.

Wünschte mir sofort meinen sehnlichsten Wunsch:

 

Esmeralda sollte das ganze Glück der Erde bekommen und nur noch lächelnd den Morgen begrüßen, auch wenn das mit meinem besten Kumpel wäre.

 

Fühlte mich für zwei Minuten, wie ein König und sooooooooo erwachsen.

Hatte für zwei Minuten, die Kindheit hinter mir gelassen.

 

Plötzlich begann es in meinem Ohr zu husten. Ich wusste sofort das das kein gutes Zeichen war.

 

„Es ist Zeit...“ ,hörte ich seine schwache Stimme.

„Was soll das heißen? Mach jetzt bloß nicht schlapp.“ ,sagte ich besorgt.

 

Der winzige Körper von Rüdiger fiel aus meinem Ohr.

 

Versuchte es sofort mit einer Mund zu Mund Beatmung.

Als ich das nächste Mal hinsah war er weg. Hatte ihn versehentlich eingeatmet.

 

Das ging wohl nicht. Spuckte ihn aus und blies ihn trocken.

 

„Du bist soooooo witzig, Spike.“ ,sagte Rüdiger matt.

„Verlass mich nicht.“ ,jammerte ich.

„Wir müssen alle irgendwann gehen. Hätte gern mit dir den Mond besucht. Vielleicht im nächsten Leben. Warst ein guter Freund.“ ,raunte Rüdiger.

 

 

Dann hörte sein kleines Herz zu schlagen auf...

 

 

Erinnerte mich nicht, jemals zuvor so traurig gewesen zu sein...

 

 

Ich begrub ihn unter der alten Eiche. Wusste nicht, was ich sagen sollte, also sang ich unser Lied. Ganz langsam.

 

„I come from Alabama, with my Banjo on my knees. I`m goin`to Louisana my best friend for to see...“

 

Dann schlich ich nach Hause. Der Kummer folgte meinen kurzen Beinen.

 

Vor meiner Hundeklappe warteten alle auf mich.

 

Esmeralda nahm mich in ihre Pfoten. Fritz legte seine Krallen auf meine Schulter und bohrte sie durch mein Fell. Ich spürte nichts. Norbert flüsterte etwas in mein Ohr, das ich nicht verstand. Tat trotzdem gut. Egon brachte mir einen Kamillentee, den ich widerwillig hinunterwürgte.

 

Ich machte es gern. Hatte sie alle ganz tief in meinem Herzen.

 

Ja, ich war wirklich der Auserwählte, denn ich hatte Freunde.

 

Wir gingen ins Haus. Genauer. Unter das Haus.

 

Dave hing unter der Decke und wollte mit niemanden sprechen. Er machte den Verlust mit sich selbst aus. Typisch Fledermaus.

 

Bertram und Lucy liefen wie Aufziehpuppen hin und her und versuchten von den Ice Cube`s wegzukommen.

 

Sie waren schon fast wieder die alten, denn Bertram nervte uns mit seinen Geschichten über Alaska und seiner tollen Persönlichkeit.

 

„Hatte ich euch schon die Geschichte von der wundersamen Rettung meines Herrn durch einen unglaublich klugen Husky erzählt?“

 

„Erst zwölf mal, Bertram.“ ,sangen wir alle im Chor.

 

Wir setzten uns in einen Kreis und ich erzählte von den Geschichten, die ich mit Rüdiger erlebt hatte.

 

Das war schön.

 

Für einen Moment war er da.

 

Dann konnte ich ihn gehen lassen.

Der nächste Morgen war voller Sonnenschein und Liebe.

 

Ich erwachte Nase an Nase mit Esmeralda. Das war ganz schön aufregend.

 

Sie war das schönste was ich je gesehen hatte.

 

Trixi war eine Vorstellung. Ein Trugbild, das ich mir in meinem Köpfchen zurechtzimmerte.

Schaute Esmeralda einfach an. Hörte ihren gleichmäßigen Atem. Wünschte die Zeit anhalten zu können. Immer so daliegen zu können und sie zu beobachten.

 

„Hatte ich dir schon die Geschichte von der wundersamen Rettung meines Herrn durch einen unglaublich klugen Husky erzählt?“ ,flüsterte Bertram in mein Ohr.

 

Mein Körper zuckte zusammen und meine Geliebte wurde wach.

 

„Hatte ich dir schon die Geschichte von der wundersamen Fesselung eines unglaublich nervigen und redseligen Husky`s erzählt?“ ,presste ich hervor.

„Nein. Klingt spannend.“

 

Oh, Mann. Manche Hunde merken, aber auch gar nix.

 

„Was macht eigentlich Lucy?“ ,fragte ich ihn.

„Wir haben uns getrennt. Unsere Weltanschauungen, waren einfach zu unterschiedlich. Ich bin ja zur Hälfte eine Hauskatze.“

„Eine Hauskatze. Du bist eine Hauskatze? Drehst du jetzt völlig durch?“

„Nein Spike. Ich will damit nur sagen. Lucy und ich, wir passen einfach nicht zusammen.“

 

Es entstand eine Pause. Die war ganz schön lang.

„Verstehst du die Problematik?“ ,sprach Bertram weiter.

„Auf jeden Fall. Ihr habt nach einem Grund gesucht euch zu trennen und ihn gefunden.“

 

„Seien wir ehrlich Spiky. Sie war voll nervig. Wollte immer, das meine Pfoten sauber sind und so. Ich bin doch ein Schlittenhund. Wie soll das gehen?“

 

Egon brachte das Frühstück und rettete mich.

 

Endlich was zu fressen. War am Verhungern.

 

Es gab Würstchen im Schlafrock. Echt lecker.

Wurde nach dem Essen auch sofort wieder müde. Schlafrock und so.

 

Fragte mich, wie es mit Bertram und Lucy weitergehen würde.

Hatten sie sich noch einen Ice Cube reingezogen? Sie sollten sich aussprechen und wieder versöhnen.

Aber vielleicht sollte ich mein Maul lieber nicht so weit aufreißen.

Denn ich hatte ja nun überhaupt keine Ahnung vom weiblichen Geschlecht.

 

Nach dem Essen setzten wir uns zum Morgenkreis zusammen.

Wir hielten uns an den Pfoten und Bertram ergriff das Wort.

 

„Oh, Heiliger Knochen. Unser Spike wird bald auf den Mond fliegen und unsere Gedanken begleiten jeden seiner Schritte. Er ist der Auserwählte und wird unsere Gattung zu neuem Ruhm und großer Erhabenheit führen.“

 

Häh! War mir definitiv zu viel Trippel Trappel. Fühlte mich echt unwohl bei diesem ganzen Gerede.

 

„Das ist nicht meine Welt Freunde. Seid mir nicht böse, aber das ist mir ein Zacken zu viel Religion und erhabenes Gequatsche.“

 

Stand auf und schlenderte befreit ins Freie.

 

Schoko grüßte mich freundlich und warf mir eine Nuss zu, die ich mit meinem rechten Nasenloch auffing.

 

Auf einmal waren Egon, Fritz und Esmeralda an meiner Seite.

Wir blickten uns an und lächelten.

Ich drehte mich, so Bogart mäßig, zu Esmeralda um, schaute ihr tief in die Augen und sagte mit meiner besten -Ich steh auf dich Baby- Stimme:

 

„Der Mond ist verdammt groß, aber im Vergleich zu meiner Liebe, ist er klein, wie eine Erbse. Magst du auch mitkommen Esmeralda? Ohne dich wird’s mir da oben zu langweilig.“

 

Sie nickte.

 

Endlich war ich kurz davor alle meine Träume wahr werden zu lassen.

 

Ich lud alle in Rick`s Cafè zu Richy ein.

 

Als wir so da saßen, dachte ich an all die Dinge die ich erlebt hatte und die Wege die ich gegangen war. Fühlte mich wie Methusalem, der alte, weise und zottelige Puli Hund aus Manhatten.

 

Fühlte mich pudelwohl.

 

Esmeralda gab mir einen feuchten Kuss und die anderen wurden ganz schön neidisch auf mich.

 

Endlich ging es voran.

 

Heute hatte ich Esmeralda erobert und morgen den Mond.

 

 

 

Aber jetzt musste ich unbedingt pieseln.

 

 

 

Also. Wo, zum Teufel, war der nächste Baum?

 

 

 

 

 

 

 

Januar 2019 von Axel Bruss

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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