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Geschrieben

Hi @Diana Tauhwetter Du schilderst hier eine interessante Szene. Die Wildgänse, die ja im Verband fliegen, ihre Routen sogar von Teilpopulation zu Teilpopulation tradieren, werden hier in eine Teilnahmelosigkeit gesetzt, weil sie ganz im Fressvorgang aufgehen. Sie sind ganz "nah bei sich" und dennoch maximal  fern voneinander. Sie haben kein Interesse aneinander und beachten sich nicht einmal, obwohl sie sich körperlich "so nahe sind". Jede scheint ganz in ihre instinkthafte Nahrungsaufnahme versunken, sie sind "beim Trieb, beim Instinkt" und gehen ganz darin auf.  In diesem Sinne genügen Sie sich gerade jetzt. 

 

Die Schilderung der Szene  ist um Objektivität in dem Sinne bemüht, als fast nur "gesehenes" wiedergegeben wird, ohne Beimengung von Empfindungen oder Wertungen. Das macht das Gedicht offen für Interpretation und überlässt dem Leser maximale Deutungshoheit. Allerdings nur "fast", denn: unkoordiniert, teilnahmslos, nichtbeachtend sind ja letztlich doch Wertungen, die aber positiv konnotiert sind. 

 

Für mich wirken die "im sattgrünen Gras versunkenen Schnäbel" besonders intensiv. Ich entnehme der Szene, dass das LI sich wünscht, so "bei sich bleiben zu können" wie die grasenden Wildgänse und gleichzeitig "so nah an seiner Bestimmung". Die Nähe der anderen hat nichts bedrohliches für die Wildgänse. Sie lassen sich so, wie sie sind und versuchen nicht, Einfluss aufeinander zu nehmen, oder sich gar die Nahrung streitig zu machen. 

 

mes compliments

 

Dio 

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Geschrieben

Guten Morgen Carlos,

 

schön, dass es Dir gefällt. Die Idee kam mir, als ich an meine alte Schul-Lektüre "Tauben im Gras" zurückdachte. Zwar kann man die heutige Gesellschaft nicht mit der Nachkriegszeit vergleichen, aber es finden sich trotzdem Parallelen: viele Menschen leben heute nebeneinander her und nehmen nicht Notiz voneinander - v.a. die "Generation Smartphone", zu der ich ja auch gehöre   Aber das Bild der Wildgänse gefällt mir besser als das der Tauben. Das Zugverhalten bietet die Möglichkeit auf einen Neubeginn.

 

Liebe Grüße, Diana

 

 

Hallo Dio,

ja, dieser Widerspruch (räumliche/körperliche Nähe bei gleichzeitiger Teilnahmslosigkeit) war ein wichtiger Hintergrundgedanke für das Gedicht. Viele sind heutzutage so mit ihrem eigenen Ego beschäftigt, dass man sich kaum Gedanken über seine Mitmenschen macht. Man ist oberflächlich geworden und das Haben zählt mehr als das Sein. Man häuft materielle Dinge an und lebt praktisch in einer Sattheit (-> "sattgrünes Gras"). Dabei vergisst man, Kleinigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen zu schätzen. Aber glücklicherweise sind nicht alle so, und manche Menschen reflektieren zu einem späteren Zeitpunkt, dass es eigentlich auf das Sein (anstatt auf das Haben) ankommen sollte.

 

Liebe Grüße, Diana

 

 

Geschrieben

Hallo Diana,

 

Gefällt mir auch sehr. Ich habe es, offenbar anders als Dio und Carlos sofort als Gesellschaftskritik gedeutet. Wenn es den Menschen (zu) gut geht, dann werden sie immer egozentrischer und  auch einsamer. I  

 

Wie Dio schon bemerkt hat, gefällt mir auch die Schilderung der Szene - siehe das Zitat unten.

 

Zur Textarbeit: "teilnahmslos" ist mE überflüssig; das ergibt sich ja gerade aus dem Bild, dass sie ihre Köpfe im Gras haben. Ich würde vielleicht sogar das "unkoordiniert" weglassen, weil das schon in

"zufällig" steckt. Aber das lässt natürlich an die koordinierten Flugformation denken - vielleicht sollte "zufällig" weg?

 

Das dem an sich objektive aktiven Tun der Gänse (fressen oder sich verstecken) widersprechende passive "versunken"  ist richtig gut! Es weist auch auf In-sich- selbst- versunken-sein, Abkapseln und  Teilnahmslosigkeit.  Hast du das bewusst gemacht?

 

Eine Idee, wie allenfalls eine Lösung des  Beifügungenproblems in S1 aussehen könnte: 

 

Sie landen

unkoordiniert

stehen zufällig

beieinander

 

die schnäbel

im sattgrünen Gras

versunken

beachten sie sich

nicht

 

 

Wildgänse im Gras

 

Zufällig

unkoordiniert

teilnahmslos

stehen sie

beieinander.

 

Die Schnäbel

im sattgrünen Gras

versunken

beachten sie sich

nicht.

 

loop

 

 

 

vor 8 Stunden schrieb Dionysos von Enno:

Die Schilderung der Szene  ist um Objektivität in dem Sinne bemüht, als fast nur "gesehenes" wiedergegeben wird, ohne Beimengung von Empfindungen oder Wertungen.

 

  • Gefällt mir 2
Geschrieben

Hallo Diana,
Naturlyrik lebt ja davon inneres Empfinden auf Natürliches zu projizieren.
Sobald aber lebende Wesen wie Tiere ins Spiel kommen, neigen wir doch gerne dazu sie allzu sehr  zu vermenschlichen. Ich verwende deshalb gern Wendungen wie "es scheint als", weil wir nicht wirklich wissen was sie "denken" etc.
Ich liebe Wildgänse von klein auf (Nils Holgerson lässt Grüßen) und bewundere ihr Paar- aber auch Scharverhalten. Aus ihrem Verhalten Gesellschaftskritisches herauszulesen, halte ich zwar für möglich, wäre mir aber nicht in den Sinn gekommen.
LG
Perry

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo moin, Diana

Einige Male habe ich dieses beeindruckendes „Naturschauspiel“ beobachten können. In der bekannten V-Formation sind Wildgänse in Richtung Süden gezogen. Auch das Landen im Deichhinterland von Ostfriesland konnte ich beobachten.

Darüber habe ich 2019 das Gedicht „Naturschauspiel“ geschrieben. Die Gänse sind sich innig verbunden, ist eins leidend obendrein verletzt, wird es von zwei Wächter beschützt. So wie du denke ich, wollte ich damals ganz besonders auf das soziale Verhalten der Wildgänse aufmerksam machen, wovon einige Menschen noch viel lernen könnten. Wildgänse kommunizieren miteinander und kümmern sich sehr umeinander. In der Landwirtschaft sind sie allerdings nicht so gerne gesehen. Weil Deiche u Wiesen vollgekotet und deshalb nicht mehr bewirtschaftet werden können. Doch das ist wieder eine ganz andere Problematik.

Ich habe dein Gedicht sehr gerne gelesen!

LG Josina

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Perry,

stimmt, leider wissen wir nicht, ob und wenn ja, was Tiere „denken“. Und wenn sie es könnten, dann wäre es vermutlich nicht zwangsläufig etwas Positives über uns Menschen (Menschheit). Ich finde, die Natur gibt einem so viele Möglichkeiten zum Nachdenken und Staunen. Und in dem Sinne gebe ich Dir Recht, dass man nicht unbedingt einen Vergleich zwischen Naturbeobachtungen und der Gesellschaft ziehen muss. In der Natur ist vieles in perfekter Ordnung (die Fibonacci-Folge ist unglaublich!), während wir Menschen oft für Chaos sorgen. Dennoch fand ich die Metapher der Gänse, die ich oftmals im Stadtpark beobachte, interessant.

Und übrigens finde ich Deine Gedichte wirklich beeindruckend! Die Art und Weise Momentaufnahmen künstlerisch festzuhalten und alltägliche, fast beiläufige Gegebenheiten in Metaphern umzuwandeln, finde ich klasse.

 

Liebe Grüße, Diana

 

 

 

Hallo Josina,

ich habe Dein Gedicht „Naturschauspiel“ gelesen und mir gefällt es sehr gut! 

Angesichts der detaillierten Beobachtungen, die Du gemacht hast, kommt der Titel von meinem Gedicht jetzt unpassend vor. Ich hatte dabei die Vielzahl an Kanada- und Nilgänsen im Stadtpark vor Augen, die von den meisten Besuchern negativ wahrgenommen werden, weil sie die Wege verschmutzen und den Platz auf den Wiesen wegnehmen. Vielleicht sollte ich den Titel daher umbenennen in „Stadtgänse im Gras“. Das würde vielleicht besser meine Metapher verdeutlichen – dass die Menschen, vor allem in den Städten, sich voneinander entfremden.

Hmmm …. oder eine andere Vogelart ??? Ich wollte auf jeden Fall eine Art, die ein Zugverhalten aufweist – das wäre ein Hoffnungsschimmer; die Möglichkeit zum Aufbruch, um wieder ein intaktes Sozialleben herzustellen.  

Aber vielen Dank für Deinen Kommentar. Hat mich zum Grübeln angeregt

 

Liebe Grüße, Diana

  • Schön 1
Geschrieben

Aber gans so schlimm ist der Mensch doch gar nicht, liebe Diana. Spätestens Weihnachten kommen alle wieder friedlich zusammen. Dann ist Besinnung angesagt und die Egonummer ist durch. Das Haben wird in kleinen und großen Päckchen mit Schleife verteilt und es zählt nur noch das Sein, Gefühle beim gemeinsamen Essen mit Weinen und saftiger Gänsekeule.

L.G.Amadea

  • Gefällt mir 1
  • Lustig 2
Geschrieben

Hallo Amadea,

ja, Weihnachten ist das Fest der Liebe und steht schon bald wieder vor der Tür. Die Gänsekeule ist ein schönes Schlusswort

Liebe Grüße, Diana

 

Vielen Dank auch für die Likes von janosch , Melda-Sabine Fischer , Letreo71 , Darkjuls , Josina , loop , Dionysos von Enno , Managarm , Elisabetta Monte , Joshua Coan

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