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Geschrieben am

Er schlief kaum mehr, die Nacht war wie zerrissen,
und planlos jagte er durch seinen Tag,
hob vieles auf, war kurz darin verbissen
und ließ es und verspielte den Ertrag.

Er riss sich selbst die Federn aus, zerfetzte,
was ihn beflügeln sollte und nicht trug,
so war nun alles gut, was ihn verletzte,
womit er sein Versagen niederschlug.

Sein Anspruch war zuvor zu hoch gewesen,
das ließ ihn taumeln, warf ihn aus der Bahn.
Erst dann entpuppte sich dies sture Wesen
als gänzlich sinnlos, als begehrter Wahn.

 

 

(aus dem Fundus)

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Geschrieben

...

Du stolzes Herz! du hast es ja gewollt!

Du wolltest glücklich sein, unendlich glücklich,

Oder unendlich elend, stolzes Herz,

Und jetzo bist du elend.

(Ausschnitt aus "ich unglücksel'ger Atlas"/ Heinrich Heine)

 

Lieber Gummibaum, 

 

mit Deinen Ansichten weilst Du nicht allein auf dieser Erde (siehe oben).

Allein: Schön und - wie immer - in ansprechender und zeitlos moderner Begrifflichkeit zu Papier gebr...äh, online gestellt!  

 

Viele Grüße von Georg

 

Geschrieben

Lieber gummibaum,

 

ich bleibe einmal mehr staunend zurück, und bin ebenso erfreut dich hier zu lesen. War doch mein letzter Stand, dass du die Poeten verlässt... aber zugegeben, mein "letzter Stand" ist veraltet und ich selbst hab lange nicht vorbei geschaut.

 

Meiner Lesart nach brauchte das LI den niederschmetternden Sturz auf den Boden, um überhaupt klar sehen zu können. Die Illusion loszulassen und der Wirklichkeit ins Gesicht zu schauen. Ein Phänomen, dass wohl jede:r auf die ein oder andere Art kennen wird.. im Grunde ist es traurig, dass es erst einen herben Rückschlag, eine schmerzende Enttäuschung braucht, um aus den eigenen vier Wänden, die mit den Jahren zum Kerker werden, hinauszutreten und einen neuen Blick auf etwas zu gewinnen.

Aber so scheint es zu sein.

Die ausgerissenen Federn scheinen mir sinnbildlich für Träume, Erwartungen, letztlich auch für das Scheitern am eigenen Anspruch.

LI taumelt - getroffen von der Wucht dieser Erkenntnis.

 

Wieder ein starkes Werk und eine Freude es zu lesen..

 

Liebe Grüße Lichtsammlerin

Geschrieben

Lieber Gummibaum,

wie grausam ist es die eigenen Ansprüche als überhöht zu erkennen und damit auch erkennen müssen, dass man nicht genügt.

Die Federn der Fantasie sich auszureißen, die Flügel auf denen Träume, Hoffnungen, Sehnsüchte, Vorstellungen und hehre Ziele schweben zu beschädigen um auf dem nüchternen harten Beton der Tatsachen zu landen, ob das als Heilmittel taugt? Die eigene Begrenztheit zu erkennen und anzuerkennen enthebt nicht von der Pflicht sich zu verbessern und Anstrengungen zu unternehmen, gleichwohl ist es wichtig und richtig die Diskrepanz zwischen Ist und Soll zu sehen. So sehe ich es nicht als gut, wenn die Federn weg sind, eher als Selbstverstümmelung oder Selbstkasteiung, als verzweifelter Versuch den einen Schmerz durch einen anderen zu übertönen, weil das eigene können nicht ausreicht sich selbst zu verwirklichen oder etwas wirklich Großes zu schaffen. Du merkst, dass mir das Wörtchen "gut" etwas aufstößt, auch wenn ich finde dass dir hier etwas "Großes" gelungen ist.

Es ist eines der stärksten Gedichte und ich freue mich an der Erbauung die mir deine Gedichte schenken! Auch wenn sie mir immer das eigene Manko so deutlich vor Augen halten ist es immer wieder ein Genuss mal was wirklich Gutes zu lesen.

Manchmal muss der Falke fliegen und jagen und manchmal muss er ruhig sitzen und Kraft schöpfen und die Zeit der Mauser aushalten.

Ich sehe hier einen Dichter vor mir, der sich in etwas verbissen hat und nicht fähig ist es zu erreichen, der sich fast in einen Wahn gesteigert hat, alles andere liegen ließ um etwas nachzujagen was er nie erreichen kann, die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens sich endlich schmerzlich eingesteht. Natürlich kann man das auch genauso gut auf andere Lebenssituationen münzen, eine vergebliche Liebe, eine Idee die man verwirklichen möchte .... einfach alles in das man sich so hineinsteigert , oder Vorstellungen von Menschen, Situationen bei denen man in eigenen wohl irrigen Gedanken verbissen hat.

Man nennt das wohl auch Leidenschaft für eine Sache. Leidenschaft die Leiden schafft, weshalb auch der Abnabelungs- und Heilungsprozess sehr schmerzhaft ist.

 

Liebe Grüße

Sali

 

 

 

Geschrieben

Danke für eure Likes.

 

Ja, lieber Carlos,

an Ikarus lässt sich denken. Es könnte ein junger Dichter oder ehrgeiziger, sich überfordernder Mensch sein

.

Liebe schwarzer lavendel,

der Jambus braucht eine betonbare Silbe an dieser Stelle und das „wie“ besagt, dass keine Tatsache, sondern ein Eindruck vorliegt.

 

Das Zitat passt, lieber Georg.

und Heinrich Heine ist mir vielleicht auch etwas ähnlich.

 

Genau, liebe Lichtsammlerin,

Scheitern und Verzweiflung lassen die Illusion zusammenfallen. Ein letztlich guter Lernprozess.

 

Liebe Salseda,

eine sehr ausführliche und gute Betrachtung der Zusammenhänge. Freue mich.

 

Euch ein großes Danke und einen schönen Tag.

Gruß von gummibaum

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