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Geschrieben

Hi @Amadea ich sehe mich da auch nicht. aber möglicherweise findet doch die ein oder andere Regel Einzug wenn es ihr gelingt das gedicht im schaffensprozess von ihrer notwendigkeit zu überzeugen. die gedichte penibel formal nachzuarbeiten dafür fehlt mir zur zeit die lust. wie machst du es denn ?

 

mes compliments 

 

Dio 

Geschrieben
Am 21.10.2021 um 11:47 schrieb Dionysos von Enno:

Ich musste  eingeschlafen sein * 

Träumte ich sei ein Stein

Ich musste aufgewacht sein

als Menschlein

 

Bin ich ein Menschlein

das träumte es sei ein Stein ?

 

Oder bin ich 

 

ein Stein der träumt

er sei ein Menschlein ?

 

Was ist Schein

und was ist

 

Sein ?

 

Du erlaubst, dass ich dein Gedicht mir mal in eine Reim und Strophenform zurecht gebügelt habe,

ohne hoffentlich nicht allzusehr an der Aussage gerüttelt zu haben :

 

musste  eingeschlafen sein,

träumte fest, ich sei ein Stein,

aufgewacht im Mondenschein

fühlt ich mich als Mensch ganz klein.

 

Bin ich Mensch nun, der allein

träumt, sein Dasein wär ein Stein ?

Oder bin ich doch ein Stein,

der nur träumt, ein Mensch zu sein ?

 

Was ist  Sein und was nur Schein?

(tief grübelnd schlief ich wieder ein )


Es ist wie mit einem perfekt ausgemaltem Bild, und einer angedeuteten Illustrierung einer Idee. Das ist beides nicht vergleichbar,  und ein paar Striche schmälern nicht den Wert der dahinterstehenden Gedanken. Lagerfeld wusste mit zwei Strichen ganze Kollektionen zu entwerfen und den kreativen Kosmos seiner Mitarbeiter anzuschmeißen. Keiner käme wohl auf die Idee, abstrakte Bilder zu konkreten Bildern auszumalen. Ein Picasso wäre kein Picasso mehr und ein Dio kein Dio.

Als Gedicht würde ich mir wohl eher eine Skizze an die Wand hängen, da die Reimform auch massiv, vordergründig und aufdringlich daherleiernd in Erscheinung zu treten weiß. Es ist nicht von ungefähr, dass z.B. Haiku- Formen ohne Reimschmuck auskommen, da dieses einfach nur vom Bild ablenkt und unnötiges Lob auf sich zieht, was der Grundidee abträglich wäre.

Für ein Poesiealbum ist wohl eher die wohlfeile Reimform angebracht.

L.G.Amadea

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Geschrieben
vor 16 Minuten schrieb Amadea:

Ich musste  eingeschlafen sein,

träumte fest, ich sei ein Stein,

Und aufgewacht im Mondenschein

fühlt ich mich als Mensch ganz klein.

 

Bin ich ein Mensch nun, der allein

träumt, ein Dasein wär ein Stein ?

Oder bin ich doch nur Stein,

der davon träumt, ein Mensch zu sein ?

 

Was ist hier Sein und was nur Schein?

(tief grübelnd schlief ich wieder ein )

 

gefällt mir sehr gut ! vor allem dass du die szene unmittelbar zwischen aufwachen und einschlafen setzt. das gibt dem ganzen eine glaubhafte überlappung der welten deine weiteren kommentare kann ich sehr gut nachvollziehen. ich denke auch dass idealerweise sich die richtige form schon im entstehen einfinden sollte um die balance zwischen frische und authentizität und zu halten. dazu sollte das handwerk vermutlich so virtuos beherrscht werden dass es den unbewussten schaffensprozess intellektuell nicht kippen lässt sondern bestärkt. da gibt es doch dieses zitat von picasso: Lerne die Regeln wie ein Profi, damit du sie wie ein Künstler brechen kannst 

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Geschrieben

Einen schönen Sonntagmorgen liebe Leute,

 

ein sehr schöner Faden zu einem sehr schönen Beitrag.

 

Die Diskussion über Form, Stil und Aussage in einem Gedicht finde ich sehr befruchtend, auch wenn sie immer wiederkehrend ist.

Muss  man wirklich erst ein Handwerk beherrschen um dann die Regeln brechen zu können? Muss man die Regeln kennen?

Müssen tut man nichts, aber zu kennen und können erweitert den Horizont und begrenzt oder erweitert die Möglichkeiten, je nachdem.

Darf man den Inhalt der Form opfern? Die Form der Glocke macht den Klang, aber mit Rissen im Material ist es auch vorbei mit schönem Klang.

Form ist Zwang, Formlosigkeit Freiheit. 

Ich denke letztendlich ist es Geschmackssache. Ein Gedicht kann in der schönsten Form daherkommen und doch leer und fad sein, ein anderes holpert und reißt den Leser mit, hat Tiefe und was wunderbares.

Die Form erhöht den Lesegenuss und wenn man die Worte findet die in die Form passen erhöht es die Befriedigung beim schreiben. 

Wenn Form und Inhalt zusammenpassen, eine neue Sichtweise vermitteln, etwas altes neu beleuchten, einen anderen Blickwinkel darstellen, in Schönheit glänzen etc etc ... das kann nur ein Künstler und Kunstwerke sind rar. (nicht wie auf dem Kunstmarkt in der Kunst zu einer Gelddruckerei gemacht wird). Man sagt die Schönheit liegt im Auge des Betrachters, aber das ist nur ein Teil der Wahrheit  der 2. Teil ist: Schönheit entfaltet sich im Auge des Betrachters wenn sie den Betrachter zu erreichen vermag.

Manches lässt sich leicht verbessern, bei anderen Gedichten kann es Jahre dauern  oder sie verändern sich nie und bleiben mit ner Delle in der Form. Manch einer baut sich seine eigenen Formen und gießt seine Gedanken hinein, ein anderer verzichtet gänzlich darauf.

Individualität macht die Vielfalt und Vielfalt ist spannend. 

Menschsein bedeutet auch dass Menschlein sich entwickelt, strebt und manchmal auch, dass er sich verbessern möchte

 

Für @Carlos möchte ich hier den Ursprungstext einfügen:

 

 

Gestern Nacht träumte ich,

ich wär ein Schmetterling

und flog von Blume zu Blume.

Da erwachte ich und siehe:

Alles war nur ein Traum.

Jetzt weiß ich nicht:

Bin ich ein Mensch der träumte,

er sei ein Schmetterling,

oder bin ich ein Schmetterling,

der träumt, er sei ein Mensch?

 

 Zhuangzi

 

Die Frage ist nicht nur wer bin ich. Sondern auch was. 

Nach Sein und Schein, nach Realität und Trugbild.

Bin ich der Traum oder der Träumende.

Bin ich der der denkt oder der der gedacht wird.

Das sind nicht nur metaphysische Fragen, sondern auch esoterische. Können wir im Traum reisen, die Gestalt wandeln. Ist der Geist oder die Seele fähig eine andere Gestalt anzunehmen, also eine Frage gibt es Seelenreisen.

Manche Träume sind ja so intensiv, dass wir beim erwachen nicht an ihrer Realität zweifeln und erstmal ne Zeit brauchen um uns wieder einzusortieren in das was wir gestern auch schon waren.

Würden wir, die Seele, der Geist oder das Bewusstsein sich in einen Stein begeben, der verdichtetsten Materie auf Erden, wie schwer wäre es sich daraus wieder zu lösen?

Wenn wir im Traum ein Schmetterling sind, ist dieser dann das Ich, bin ich der Schmetterling? Ist, wenn ich aus dem Traum erwache, der Schmetterling Teil meines Ichs, bin ich schon immer ein Schmetterling gewesen? Bin ich beides, sind Körper austauschbar? Was ist Ich, was Bewusstsein, gibt es das, ist es etwas das ausserhalb eines Körpers Bestand hat?

Das ist die Frage: Was bin ich.

Das führt uns zurück aus Asien nach Europa: Ich denke also bin ich.

Auch da folgt unweigerlich die Frage: was bin ich ... etc etc....

 

Das alles ist so spannend wie die Frage nach der Form

 

Liebe Grüße

Sali

 

 

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Geschrieben
Am 22.10.2021 um 20:56 schrieb Dionysos von Enno:

ich danke Dir und bin mittlerweile ein treuer Leser Deiner Morgengedichte geworden.

 

Und dafür mein Freund,

liegt der Dank ganz bei mir,

denn es sei eingeräumt,

das du es treu liest

ist wie ein Lob von dir,

nicht jeder mag das

als interessant ansehen.

 

Es ist schön zu wissen,

das es noch jemand gibt,

der sich den Morgen

im Reim lesend hingibt,

das freut mich sehr

und mein Dank

ehrlich spricht

zu Dir wie @Gina

@anais und @Ponorist

um die treuesten dabei zu nennen,

die sich zum bereimten Morgen bekennen.

 

Am 22.10.2021 um 20:56 schrieb Dionysos von Enno:

Ich finde Deinen Gedanken, dass Sein und Schein einander bedingen und sich auseinander entwickeln, insbesondere im Traum, hochinteressant. Ich denke, daran ist viel Wahres. 

 

Der Schein kommt immer erst aus dem Sein zum Vorschein, auf was man das auch immer bezieht. Meine Lebensphilosophie leitet sich auch aus einem Spruch zu Sein und Schein ab:

"Viel leisten, wenig hervortreten, mehr sein als scheinen."  Autor Carl von Clausewitz, der hat diesen aber leicht abgewandelt, denn ursprünglich ist der von Alfred von Schlieffen mit "Wenig hervortreten, viel leisten, mehr sein als scheinen." was aber beim Sinn des Spruches und danach zu leben keinen großen Unterschied macht.  Es ist für mich immer sehr interessant wo Sein und Schein Anwendung findet, wenn beide Wörter/Bedeutungen in einem Zusammenhang genannt werden. So war es auch bei dir und es war mal wieder schön darüber nachzudenken.

 

Hab noch einen schönen Sonntag.

 

LG Ralf

  • Schön 1
Geschrieben

Hallo Dio,

 

jetzt gebe ich auch noch meinem Senf zu deinem Text (Stein oder nicht Stein) dazu , ohne  näher auf die spannende Diskussion und die Universumsbetrachtungen einzugehen.

 

 

Es gibt übrigens eine ganz herrliche Folge des "Tatortreinigers" (Der Fluch -  Folge #17), in dem eine  Eigenheit der deutschen Sprache dem zum Reimen verdonnerten Protagonisten zum Verhängnis wird: Es reimt sich nichts auf "Mensch". (Sehenswert!)

 

 

Du löst das Problem  mit der Verkleinerung, was dann allerdings  verniedlicht und reimtechnisch verwässert klingt.

 

Ich finde ja, dass dies in der Unermesslichkeit des Universums nichts ausmacht, denn letztendlich ist alles eine Geste des Universums, es hat allerdings (also in meinen Ohren) zu wenig Griff.

 

An der Stelle finde ich das ungereimte einfache  Wort "Mensch" gut,  auch wenn du Gefahr läufst, aus dem verwunschenen Schloss der Gereimtheiten zu  fliegen.

 

In mir löst es ein Aufmerken aus.

 

Gerne gelesen,

Mi

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb Miserabelle:

aus dem verwunschenen Schloss der Gereimtheiten zu  fliegen

 

Mi, du kannst echt schön schreiben!!! Bei dir wird sogar der Tatort Reiniger zu einem hilfreichen Gesandten ja ihr habt ja Recht das menschlein ... Es will einfach nicht richtig sich einschmiegen in mein herumspielen mit zuanghzis wunderbarer Meditation 

 

Achtung ich fliege looooos...

 

Mes compliments

 

Dio

Geschrieben

Nachtrag zum Reim auf Mensch:

 

z.B. Lessing, der Mensch

mit seiner big Ranch

trank auf  'ner

Schmetterlings- Bench

immer Kännchen  Fensch'-

ltee mit French Dressing,

unischschwör, Stein und Bein:

den kenn'sch

 

Amadea

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Geschrieben
vor 18 Minuten schrieb Amadea:

Nachtrag zum Reim auf Mensch:

 

z.B. Lessing, der Mensch

mit seiner big Ranch

trank auf  'ner

Schmetterlings- Bench

immer Kännchen  Fensch'-

ltee mit French Dressing,

unischschwör, Stein und Bein:

den kenn'sch

 

Amadea

 

@Claudi bitte prüfen. Haben wir das unmögliche möglich gemacht ???

Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb Dionysos von Enno:

bitte prüfen. Haben wir das unmögliche möglich gemacht ???

 

Ja, einige Anglizismen reimen sich tatsächlich auf Mensch, wenn man es humoristisch drauf anlegt.  Beim French Dressing entsteht allerdings ein Hebungsprall, den ich am Versende durch einen Zeilensprung abfangen würde:

 

Lessing mag French

Dressing, der Mensch

speist auch im Trench

meist auf der Bench.

 

Hat das aber noch was mit deinem Gedicht zu tun. Ich frage mich auch, ob ein Reimgedicht die geeignete Form ist, um solch philosophische Gedanken für ein Publikum wirkungsvoll aufzubereiten. Zhuangzi hat jedenfalls auf Reime verzichtet. Wenn überhaupt, würde ich hier nicht einen einzigen Reim dermaßen gehäuft verwenden. 

 

Was ich dir eigentlich ersparen wollte, aber nun doch nicht verschweigen kann, ist, dass Reime ohne den gezielt darauf hinführenden Rhythmus im besten Fall nahezu wirkungslos sind. Bei mir persönlich tritt meist der schlimmere Fall ein, wenn ich Reimgedichte ohne erkennbares Metrum lesen muss: massives Schmerzempfinden. 

 

So, jetzt habt ihr mich angefixt und ich stümpere auch noch ein paar Reime zum Thema zusammen, die mir vermutlich schon übermorgen oberpeinlich sind. 

 

hab geschlafen wie ein stein

träumte wieder mensch zu sein

 

wurde wach

dachte nach

dachte hin und dachte her:

 

was ist sein?

was ist schein?

dachte weiter und so schwer

 

wie ein stein

schlief ich ein.

 

LG Claudi

 

 

 

  • Schön 2
Geschrieben
vor 34 Minuten schrieb Claudi:

Hat das aber noch was mit deinem Gedicht zu tun. Ich frage mich auch, ob ein Reimgedicht die geeignete Form ist, um solch philosophische Gedanken für ein Publikum wirkungsvoll aufzubereiten. Zhuangzi hat jedenfalls auf Reime verzichtet. Wenn überhaupt, würde ich hier nicht einen einzigen Reim dermaßen gehäuft verwenden

 

Ich denke, daran scheiden sich die Geister. Kategorisch ausschließen würde ich persönlich es nicht. 

 

vor 37 Minuten schrieb Claudi:

Was ich dir eigentlich ersparen wollte, aber nun doch nicht verschweigen kann, ist, dass Reime ohne den gezielt darauf hinführenden Rhytmus im besten Fall nahezu wirkungslos sind. Bei mir persönlich tritt meist der schlimmere Fall ein, wenn ich Reimgedichte ohne erkennbares Metrum lesen muss: massives Schmerzempfinden. 

 

Warum ersparen ? Der Rythmus bzw. Rhytmus ist ja auch sehr wichtig. Ich persönlich finde es nicht so wichtig. Bin aber auch ein Gelegenheitspoet und lege persönlich an "Schreiben als Hobby" nicht so hohe Maßstäbe, wenngleich Dein Standpunkt für mich nachvollziehbar ist. In jedem Fall tut es mir sehr leid, dass Du durch mich schon so viel Schmerzen erleiden musstest. Es geschah nicht vorsätzlich 

 

vor 43 Minuten schrieb Claudi:

hab geschlafen wie ein stein

träumte wieder Mensch zu sein

 

wurde wach

dachte nach

dachte hin und dachte her:

 

was ist sein?

was ist schein?

dachte weiter und so schwer

 

wie ein stein

schlief ich ein.

 

Einfach klasse !! Gefällt mir !! 

 

Geschrieben

Hallo in die Runde,


 

reimen oder nicht? Hm.

 

 

Ich mag ja  Texte, die durch Assonanzen, Rhythmus  und wenige Reime zusammengehalten werden, die dann aber nicht unbedingt immer am Ende sich befinden müssen und  werfe möglichst textnah als Beispielball  in die Runde: 




 

Ich musste  eingeschlafen sein, 

denn Stein zu sein, das träumte ich,

doch wach betrachtete ich mich

als Mensch.

 

Bin ich als  Mensch nur wach

und  träumte  mich als Stein?

 

Bin ich als Stein nur wach

und träume mich als Mensch?


 

Was ist nun Schein

und was ist Sein.

 

 

Ich hoffe, das geht für dich in Ordnung, Di, dass hier dein Gedicht, zum Spielball geworden ist.

 

LG,

Mi

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