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Otto Ernst (1862 - 1926) : Nis Randers


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Nis Randers

 

Krachen und Heulen und berstende Nacht,

Dunkel und Flammen in rasender Jagd -

Ein Schrei durch die Brandung!

 

Und brennt der Himmel, so sieht mans gut:

Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;

Gleich holt sichs der Abgrund.

 

Nis Randers lugt - und ohne Hast

Spricht er: «Da hängt noch ein Mann im Mast;

Wir müssen ihn holen.»

 

Da fasst ihn die Mutter: «Du steigst mir nicht ein!

Dich will ich behalten, du bleibst mir allein,

Ich wills, deine Mutter!

 

Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn,

Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,

Mein Uwe, mein Uwe!»

 

Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!

Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:

«Und seine Mutter?»

 

Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:

Hohes, hartes Friesengewächs;

Schon sausen die Ruder.

 

Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!

Nun muss es zerschmettern. ..! Nein, es blieb ganz!. ..

Wie lange, wie lange?

 

Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer

Die menschenfressenden Rosse daher;

Sie schnauben und schäumen.

 

Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt!

Eins auf den Nacken des andern springt

Mit stampfenden Hufen!

 

Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!

Was da? - Ein Boot, das landwärts hält. -

Sie sind es! Sie kommen! -

 

Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt...

Still - ruft da nicht einer? -

Er schreits durch die Hand:

 

«Sagt Mutter, 's ist Uwe!»

 

 

 

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Hallo Sali, 

 

ein tolles Gedicht, viele Dank!

Ich musste das Werk zweimal lesen, bis ich den Sinn erfasst habe.

Entscheidend ist die Frage von Nils an seine Mutter in Vers 6: Und seine Mutter?

 

Damals hat man noch nicht kursiv geschrieben, aber der Sinn wird dadurch doch etwas klarer.

Das Gedicht erinnert übrigens in seiner Dramatik, Wortwahl und Intensität an ein Gewitter-Gedicht, dass ich vor langer Zeit in einem längst verschollenen Forum gelesen habe...

 

Liebe Grüße von Georg

  • Schön 1
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grins

 

Lieber Georg,

danke für dein feedback zu Nis Randers (und dem anderen  )

Ich liebe dieses Gedicht, denn ich finde so eindringlich und bewegend geschrieben. Der Sturm, die Angst der Mutter, die riesengroße Hilfsbereitscheit die man bei Seeleuten findet, die um Menschenleben zu retten ihr eigenes aufs Spiel setzen, weil sie wissen wie es in Seenot ist und wie wichtig es ist jedes Leben aus dieser Not zu retten. Und natürlich auch den Schluss ...´s íst Uwe

Mir geht es jedesmal unter die Haut.

 

(und ja, ich habe es im Zuge meiner Recherchen entdeckt)

  • Schön 1
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