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Geschrieben am

Die Nacht gewährt uns kein Entkommen

 

Wir haben Kriege geführt

jetzt führen die Kriege uns

ans erwartete Ende bis uns

vor dem Morgen graut als

Hinterlassene kaum besiegter

Traumländer deren Grenzen

neu gezogen wurden über Nacht

 

Wir führen Tagebücher und Traumprotokolle

dokumentieren jeden Angriff aus 

dem Nachbarbüro reflektieren

nächtliche Exzesse aus dem Gedächtnis

kennen die Abgänge aus dem Mittelmeer

entschuldigen und schulden

zahlen Lösegeld für Kinder und Schweigegeld

für Retter die wegschauen

  • Gefällt mir 3
Geschrieben

Hallo, Carlos,

 

vielleicht ist der Einstieg wirklich nicht zu toppen, aber ich bin kein Freund knapper Sentenzen und habe es gerne, wenn ich mich in meinen Texten bewegen kann. Gerade in unserem Metier empfindet das wohl jeder anders.

 

LG, Marcel

Hallo, Heiko,

 

ja, das ist gemein, aber Absicht. Ich habe als Leser wie als Schreiber die Erfahrung gemacht, dass die fehlende Interpunktion beim Lesen für höhere Konzentration sorgt. Bei längeren Texten mag es nicht immer sinnverzerrend sein, wenn man mal über eine Stelle hinweg liest, wohl aber in solch kurzen Arbeiten. Ich hatte auch eine Phase, in der ich auf die Großschreibung verzichtet habe, aber damit wurde ich mit der Zeit immer unzufriedener. Vielleicht komme ich irgendwann auch wieder dahin, Punkte und Kommas zu setzen.

 

LG, Marcel

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Marcel,

ich nehme zurück, was ich zu deinem Gedicht sagte: Beim intensiveren Lesen merke ich, dass es danach an Tiefe gewinnt. 

Ich bin gespannt, wie andere Kommentare zum Verständnis mir helfen könnten.

Liebe Grüße 

Carlos

Geschrieben

Lieber @Marcel

 

Es ist, als würdest du die Weltsituation beschreiben. 

 

Und davor hat das LI sich selber innere Grenzen gesetzt und beobachtet. 

 

vor 4 Stunden schrieb Marcel:

zahlen Lösegeld für Kinder und Schweigegeld

für Retter die wegschauen

 

 

 

Danke 

 

Federtanz

Geschrieben

Hallo, Marcel,

 

ich versuche es mal ... (zumal ich auch gerne so schreibe):

 

vor 4 Stunden schrieb Marcel:

Wir haben Kriege geführt

jetzt führen die Kriege uns

 

Dass uns im Umkehrschluss die Kriege jetzt führen, scheint mir schlüssig, doch klingt es so, als ob es ohne unser Zutun geschehen würde. Auch die Kriege, die uns führen, werden von uns geführt, zumal sie in der Gegenwart stattfinden.

 

Dass uns die Kriege an ein "erwartete Ende" führen scheint mir pessimistisch; dass uns vor dem Morgen graut, wahrscheinlich.

 

Wir sind: 

vor 4 Stunden schrieb Marcel:

Hinterlassene kaum besiegter

Traumländer

 

Das gefällt mir!

 

Am Ende der Strophe spielst du, wie es aussieht, auf die neuesten Ereignisse an Grenzen an bzw. überhaupt mit deinem Gedicht.

 

vor 4 Stunden schrieb Marcel:

Wir führen Tagebücher und Traumprotokolle

dokumentieren jeden Angriff aus 

dem Nachbarbüro reflektieren

nächtliche Exzesse aus dem Gedächtnis

 

Sind wir nur kleinlich und sind Erbsenzähler oder hat schon darin der "Krieg" seinen Ursprung (zumindest im Dokumentieren der Angriffe aus dem Nachbarbüro)?

 

vor 4 Stunden schrieb Marcel:

entschuldigen und schulden

zahlen Lösegeld für Kinder und Schweigegeld

für Retter die wegschauen

 

Wieder sehr gut formuliert! Aber, Retter, die mit Schweigegeld zum Wegschauen bewegt werden können, verdienen diesen Namen nicht.

 

Was du mit "Abgängen" in der zweiten Strophe meinst, verstehe ich nicht ganz.

 

Gerne gelesen! Nesselröschen

Geschrieben

Hallo, Nesselröschen (schöner Name!),

 

hab Dank dafür, dass Du dich so ausgiebig mit meinem kleinen Text befasst hast. Ja, die Grundstimmung ist zweifellos pessimistisch, aber es gibt auch wenig Grund für Optmismus, ob an unseren Außengrenzen oder unseren alltäglichen Grenzen (das Nachbarbüro). Außengrenzen, wenn das Wort schon Verwendung findet, implizieren auch Innengrenzen, und davon gibt es auch viele. Wie oft begrenzen wir uns selbst bzw. bescheiden uns angesichts dessen, was um uns herum und mit uns geschieht?!

 

Die Retter wie auch die Abgänge sind als offizielle Lesart aufgegriffen. Natürlich hat einer, der nicht hilft, diese Bezeichnung nicht verdient. Abgänge sind eine zynische Bezeichnung für die Ertrunkenen; es soll ja nicht so nahe an uns herangehen, was da passiert.

 

LG, Marcel

Geschrieben

Danke, das freut mich (mit dem Namen)!

 

vor einer Stunde schrieb Marcel:

Außengrenzen, wenn das Wort schon Verwendung findet, implizieren auch Innengrenzen, und davon gibt es auch viele. Wie oft begrenzen wir uns selbst bzw. bescheiden uns angesichts dessen, was um uns herum und mit uns geschieht?!

 

Diesen Aspekt habe ich außen vor gelassen, aber damit hast du vollkommen recht!

 

LG N.

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