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Ein Karaokeabend in der Taverne am Rande der Zeit


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Ein Karaokeabend in der Taverne am Rande der Zeit

Und ich war eingeladen worden von einer alten Freundin

Wir sollten uns verkleiden und ich ging als griechische Gottheit

Und die Ausschweifung hatte sich verkleidet als dionysische Hindin

 

Wir gingen Arm in Arm die Wendeltreppe zu der Bar hinab

Man reichte uns vom Wein der Lasterhaftigkeit am Tor

Und diesmal war es die Einsamkeit, der ich den Thyrsos hingab

und sie blickte lustvoll an dem schweren Schaft empor

 

Ich nickte zu ihr und sie nahm ihn in ihre kleinen Hände

mit denen sie am Tag liebkosen und in der Nacht erwürgen kann

Und sie schwang ihn genussvoll um die schöne Lende

und lachte mich mit ihren tödlich blauen Augen an

 

Ich begann eine Verbeugung doch von dannen zog die Hindin mich

Das Buch der Lieder reichte man uns und zwei Absinth

Wir tranken und ich sagte: "Sing für mich,  ich bitte dich,

das Lied vom  Wind und dem himmlischen Kind"

 

Sie räusperte sich und nickte keck in den Absinth

und trank in einem Schluck und strich mir sanft die Wange

Dann galoppierte sie kichernd zur Kapelle der Succubi hin

und sie lockte zum Klang mit der Zunge die Schlange

 

Und die Weltenschlange kroch zahm ihr zum Kinn

Niemals hatte ich meine Freundin so singen hören

So voller knuspernder Sehnsucht und Anmut und Sinn

und ihr Gesang begann, selbst die Hexen zu empören !

 

Denn sie sang über das himmlische Kind und den Wind

und dass kein Zauber den Tod und die Liebe vermeiden kann

Die Freiheit hinter der Theke reichte noch mehr Absinth

und ich versank in Nietzsches Dionysischen Dithyramben

 

Der Applaus war ihr gewiss meiner schönen Hirschkuhfreundin

und mancher Vampir reichte ihr den Kelch mit dunklem Blut

Doch sie schaute sehr ernst zu mir hin und befahl nur: "Nun sing !"

Und mit dem Mikrofon in meiner Hand verließ mich der Mut

 

Ich torkelte  bang und im so leichten Kothurn da strauchelte ich 

flüsternd: "Was denn bloß singen" und dachte an die Ataraxie

Da rief das Leid aus dem Publikum: "Sing das Lied der Sirene für mich!"

Und die Sirene sprang auf und schrie:

 

"Blasphemie!"

 

und so sang ich 

das Lied der Sirene 

für sie 

 

 

 

 

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