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Geschrieben am

hinter schwarzen Johannisbeeren

(gewidmet a.)

milchweiss war deine haut,
von der haselnuss dein blick,
als du
mein universum betreten hast
durch die tür des klasszimmers.

rollschuhlaufen konnten wir beide;
wie zufällig trafen wir uns
zwischen deinem-ort-meinem
auf jener brücke,
wo füße schwerelos sind.

sommerlang.

bis
sich die krankheit
ein haus in
deiner lunge baute
und du mir abhanden kamst.

verschickt wurdest du da in die berge.

als du heimkamst, war das milchweiß verschwunden;
rot pulste die narbe
an deiner seite.

aussatz warst
du dir selber nun:
mit deiner lunge ein teil deiner selbst verscharrt.

wenn wir uns später trafen,
so immer hinter den ästen der
schwarzen johannisbeere.
 

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Geschrieben

Hallo, Sternenherz,

 

Tuberkulose. Mein Großvater erkrankte daran, lange vor meiner Geburt. Das führte dazu, dass meine Mutter, als Kind, noch gegen Tuberkolose geimpft wurde. Glücklicherweise überstand mein Großvater die Erkrankung gut.

 

Schwarze Johannisbeeren - können ebenfalls an Tuberkulose erkranken, natürlich nicht an der menschlichen, aber es gibt eine eigene, ich nenne es mal, 'Pflanzliche Variante'. Die Erkrankung führt zum Austrocknen der Pflanze, auch der Beeren, nachdem sich zunächst 'Pustel', sogenannte Tuberkel, bilden.

 

Wusste ich das vorher? Nein, aber ich dachte mir, dass die schwarze Johannisbeere sicher nicht zufällig im Gedicht und im Titel auftaucht. Also warf ich die Suchmaschine an - danke dafür, ich konnte wieder etwas Neues dazu lernen.

 

Mir gefällt sehr die Symbolik der Farben, deshalb zitiere ich aus dem entsprechenden Märchen:

 

Zitat

Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich: »Hätt ich ein Kind so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen.« Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, und so schwarzhaarig wie Ebenholz, und ward darum das Schneewittchen (Schneeweißchen) genannt. Und wie das Kind geboren war, starb die Königin.

 

Auch heute, im Zeitalter der Antibiotika, ist die Tuberkulose eine Erkrankung, die immer noch existiert, immer noch sehr gefährlich werden und ggf. tödlich enden kann und auch der Heilungsprozess verläuft sehr langsam, kann Jahre dauern. Und wenn ein Teil der Lunge operativ entfernt werden muss, dann bedeutet das unweigerlich eine spätere (lebenslange) Einschränkung.

 

vor 1 Stunde schrieb Sternenherz:

wenn wir uns später trafen,
so immer hinter den ästen der
schwarzen johannisbeere.

 

Den Bezug Tuberkulose/schwarze Johannisbeere konnte ich finden. Hinter den Ästen - da muss ich interpretieren. Ich vermute, es ist sinnbildlich gemeint - 'heimliche Treffen', versteckt? Oder ist damit gemeint, dass sich die beiden Menschen im Gedicht nur noch 'im Geiste' treffen, d. h. aus der Erinnerung heraus? Oder dass die Beziehung der beiden danach für immer 'überschattet' war. Für die letzere Deutung spräche, so finde ich, auch die Strophe davor. 

 

Sehr interessant geschrieben, wirklich gerne gelesen, dazu gelernt und interpretiert (oder zumindest versucht, zu interpretieren)! :smile:

 

LG,

 

Anonyma

 

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Geschrieben

Hi Anonyma

 

und Danke für Deine Erzählung.

 

In dem Gedicht ist es ein 12-jähriger, der an TBC erkrankt ist.

Die ganze Schule musste damals zum Testen - keineR hatte sich angesteckt.

 

Interessant Deine Assoziation zu Schneewittchen - und ja, es stimmt, alle drei Farben aus dem Märchen kommen in meinem Gedicht vor.

Im Märchen beziehen sie sich ja auf das Kind, die reife Frau und die alte Frau , so mein Empfinden .

Vllt. gehen ja viele ....Wege, die mensch im Leben geht durch diese drei Farben hindurch.

 

Die schwarzen Johannisbeeren bzw. die Äste hat in einem andren Forum mal jemand als die Verästelungen in den Lungen erfasst und in einem gewissen Sinne sind sie dies auch.

Denn, wir trafen uns nur noch "hinter dem eigentlichen Sein" .... -- die Fülle, die Unschuld, die Röte, die Chance ... sie waren weg. A. war innerhalb eines Jahres erwachsen geworden .... und dies alleine ..... . Er war mir ein Fremder geworden.

 

Die Johannisbeeren erklären sich übrigens ganz einfach daher, dass er ein Medikament nehmen musste, dass sein ganzes Zimmer, seine ganze Person, alles an ihm in den Odem von schw. Johannisbeeren hüllte .... es war eklig.

 

Dass Pflanzen auch TB bekommen können, hatte ich noch nicht gehört.

 

Ich kenne einen Mann, der nach einem Arbeitsleben, in dem er nicht einen einzigen Tag gefehlt hat, mit 60 Jahren an TB erkrankte. Und dann zwangsläufig ein Jahr fehlen mußte.

Wie er zu dieser Krankheit gekommen ist, ist ein Rätsel -- wie übrigens auch bei meiner Jugendliebe.

 

Herzliche Grüße

 

Sternenherz

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Geschrieben

Hallo Sternenherz, 

 

also ich dachte da vorher eher an Lungenkrebs.

TBC, diese "alte" Krankheit hat man heute eigentlich kaum noch auf dem Schirm. Impfungen dagegen werden sogar NICHT empfohlen. Das ist dann aber doch krass was ich hier lesen muss. 

In einem Artikel dazu, hab ich mal aufgeschnappt, dass früher, als es noch keine Behandlung dagegen gab, starb jeder vierte Erwachsene Mann an dieser Krankheit. Wie man in so einer Zeit "normal" Denken und leben konnte ist mir ein Rätsel.  

Dabei wurde sie sogar romantisiert. Schöne Damen die sich mit der Schwindsucht angesteckt hatten, nannten einige "schwindende Schönheiten". Und diese übten einen besonderen Reiz auf bestimmte Leute aus, gerade wegen ihres hoffnungslosen Zustands. Gruselig! Brrrrr!

 

Da frage ich mich, was noch so alles im verborgenen Lauert. Nicht ausgerottet wie die Pocken. Es ist selten geworden, aber immer noch da. 

 

Zu deinem Gedicht kann ich nur sagen: Die Stimmung die die Worte erzeugen, hat mir gefallen. 

Gerne ein Like dafür dagelassen. 

 

LG JC

 

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Liebe Sternenherz,

 

deine Geschichte hat mich tief berührt. Ich musste an meinen Schwiegervater denken, er hatte als sechsjähriger diese Krankheit und hat oft davon erzählt.

 

Sehr eindringlich geschrieben!

 

Lieben Gruß, Letreo

Geschrieben

Liebe Letreo,

 

Danke für Dein Kompliment.

 

Oh - als Sechsjähriger schon so eine heftige Erfahrung - das ist sicher tief im Bewußtsein / Körper verankert.

 

Hallo Joshua,

 

Danke für Dein Lob - die Stimmung damals war wirklich "eindringlich" und ....es macht mich heute noch traurig, dass unsere Freundschaft so ... merkwürdig endete.

 

Aufgrund Deiner Info habe ich nachgelesen und dabei herausgefunden, dass TBC als globale Katastrophe gilt , weil so viele Menschen weltweit daran sterben. Durch den Fokus auf die aktuelle C-krankheit wird die Diagnose von TBC vernachlässigt. Die Gesundheitssystem - insbesondere in armen Ländern - fokussieren sich auf C .

In Dtld. ist die Zahl der TB-Erkrankungen allerdings rückläufig - wohingegen  sie im 19. und 20. Jahrhundert die Krankheit der armen Menschen gewesen ist. Im Jahr 1880 bspw. starb jeder zweite Mensch zwischen 15 und 40 Jahren daran.

 

Was das Idealbild der schönen Frau anbelangt, so unterliegt dies ja immer gesellschaftlichen Schwankungen .... wer weiß, wem es diente, schwindsüchtige Frauen so künstlich zu erhöhen....

 

Viele Grüße

 

Sternenherz

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  • Danke 1
Geschrieben

Ein sehr bitteres Schicksal liebe Sternenherz. Was bleibt mir da noch zu kommentieren? Ausser vielleicht der Kloß im Hals? Bei Kindern ist jedes Leid grausam, selbst eine Schürfwunde. Diese kleinen wunderbaren Seelen. Zu traurig.... 

 

LG Alex 

  • Danke 1
Geschrieben

liebe Sternenherz

ich kenne die TBC noch unter dem Namen Schwindsucht. 

Auch ich hatte eine Klassenkameradin in den Jahren 65 oder 66  diese Krankheit bekam und die mit viel Aufsehen (im Dorf auf Rügen)  abgeholt wurde um sie in ein Isolierkrankenhaus zu bringen.

Wir wurden auch untersucht und hatten Glück. Das Mädchen kam 3 Jahre später zu Hause zurück, war aber sehr, sehr dünn und ging nur an Krücken.

Ich kann mich sogar erinnern, es wurde auch erzählt, das Mädchen bekam dann für eine lange Zeit ein staatliches Rezept (kostenlos Butter und Milch) auch für die ganze Familie. 

Gut das Du durch dein Gedicht an diese Krankheit erinnerst.

 

Liebe Grüße Ilona

   

  • Danke 1
Geschrieben

Danke lieber Alexander

für Deine Zeilen.
Ja, jedes Leid ist grausam bei Kindern - jedoch sind manche "härter" im Nehmen bzw. einfach robuster. Wenn ein "tragendes " Elternhaus da ist, isses auch nochmal leichter.

 

Liebe Ilona,

 

ah. Das ist interessant zu hören.

Die Geschichte hier ist ca. 1972 geschehen.

Bis zu dieser Erfahrung, die für die ganze Schule (wir alle sind getestet worden und standen in langen Reihen vor dem städtischen Gesundheitsamt an) hatte ich keinerlei Berührung mit TBC.

Dh. ... nein , ich erinnere mich gerade, dass es nahe meines Wohnortes ein Lungensanatorium gab - Hausstein heißt es.
Auf der Internetseite dazu finde ich gerade die Info, dass Robert Koch 1882 das Tuberkulosbazillus  gefunden hatte. Daraufhin entstanden dtld.weit Volksheilstätten.

Dass dieses Mädchen, von dem Du erzählst, gleich für drei Jahre von daheim weg bleiben musste, ist ja extrem lange. So eine Zeit ist sicherlich prägend für das ganze weitere Leben ... .
Und eine Heilkost auf Staatskosten hat es auch gegeben. Das ist interessant zu wissen.
 

Klar, haben alle im Dorf dann davon Kenntnis bekommen .... .
 

Ich weiß noch, dass viele Kinder , als ich klein gewesen bin, Lebertran bekommen haben. Einfach um das Wachstum allgemein zu fördern.

 

liebe Grüße

 

Sternenherz



 

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