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Alles oder nichts!


Was wollte ich? Das habe ich vergessen,
im Dunkel liegt der Wunsch, der einmal war.
Hat ihn die Zeit am Ende aufgefressen,
so gierig, wie sie ist? In welchem Jahr?
Wie war ich einst von diesem Wunsch besessen,
das weiß ich noch, er war mein Superstar,
mein Lebenstraum. Ich warf die Petitessen
hinfort! Wofür? Für nichts! Wie wunderbar!

 

Im Heute weiß ich, dass die Kleinigkeiten
in Wirklichkeit das einzig Wahre sind.
Sobald mein Wunsch begann, sich auszubreiten,
verschlang er mich. Ich wurde taub und blind.
Verlor mein Herz in seinen kalten Weiten
und mit dem Herz mein Leben: Frau und Kind.
Was will ich jetzt? In diesen dunklen Zeiten?
Hinfort! Wohin? Ins Nichts! Verweht vom Wind!

 

 

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Geschrieben

Hi Anonyma,

 

das „oder“ ist ein wirklich schlimmes Wort. Es wird meine Meinung nach viel zu überbenutzt. Immer dieses entweder oder...

 

...ich bin eher der sowohl als auch Typ...

 

...das macht mein Leben für mich einfacher, und zwar weil ich mich so gerne habe, dass ich mir wo auch immer möglich die Wahl lasse...

 

...selbst meine Socken liegen mal neben dem Bett, mal im Wäschesack, mal in der Sporttasche, mal in der Waschmaschine und selten sogar mal der Schublade. Aber ich, ich soll mich wo immer möglich fest verorten. Nö – mag ich nicht...

 

Das wirklich einzige von Bestand ist ohnehin die Veränderung. Die gibt es sogar ohne Leben. Aber Leben ohne Veränderung gibt es nicht. Warum also sich dagegen auflehnen?

 

Wenn es um die kleinen Dinge geht bin ich ganz bei deinem LI. Menschen gehören mir nicht. Die bleiben nur wenn sie können und wollen. Und sollte ich irgendwann mal unverhofft zum Sozialfall werden... Bücher und Tee wird es immer geben. Vor welchen Verlusten sollte ich also fürchten?

 

Auf die Frage „Alles oder Nichts gibt es für mich nur diese eine Antwort: Ja gerne und bitte eine doppelte Portion. Ähhh und gibt’s auch Nachschlag wenn mir das eine zu wenig viel oder das andere viel zu wenig wenig ist?

 

Dankeschön für die Denkvorlage und liebe Grüße

 

vom Gaukel

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Geschrieben

Hallo liebe Anonyma,

 

wie schön, dass ich nun ganz zufällig eine neue Gedichtform kennenlernen durfte.;-)

 

Sowohl die Form, als auch der Inhalt, sprechen mich sehr an. Wenn man sich zu verbissen auf seine Wünsche versteift, dann entgeht einem womöglich das große Glück. Nur ist es für diese Erkenntnis vermutlich dann oftmals zu spät.

 

@Gaukelwort , manchmal sind die Socken auch einfach an den Füßen.;-)

 

Liebe Grüße, Letreo

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Geschrieben

Hallo, Gaukelwort,

 

ich meine es ehrlich, wenn ich sage, dass ich deine Gedanken immer wieder sehr interessant und auch spannend finde. :classic_happy:

 

Ja, das 'entweder oder'. Ist leider häufig anzutreffen. Und, wie du dich, verorte ich mich selbst auch 'dazwischen'. Ich konnte diese Haltung/Ansicht noch nie verstehen. Ich frage mich oft, was die Ursache dafür ist, dass manche Menschen mit so einer 'Ausschließlichkeit' denken und handeln. Für mich ist das sehr egozentrisch, nicht nur egoistisch. Und ich frage mich auch oft, ob es das ist - das 'Zentrum' der Probleme.

 

Mir geht durch den Sinn, was diese Geisteshaltung bewirkte und bewirkt. Gab und gibt es zu viele Menschen, die nie ein geozentrisches Weltbild hatten oder haben und zu viele Menschen, die nie ein heliozentrisches Weltbild hatten oder haben - sondern statt dessen ein egozentrisches? (Nur so ein 'Gedankenspiel' von mir.)

 

Das ist der Typ Mensch, der nie einen Gedanken daran verschwendet, was mit anderen Menschen ist. Bedenkenlos werden andere dem gesetzten Ziel geopfert - wenn als notwendig erachtet, auch die eigene Familie. Erfolg, Karriere, Reichtum, Macht - der 'Aufstieg' ist alles. Sonst gibt es nichts. Was im Weg steht, wird aus dem Weg geräumt.

 

Das ist die Art, in der ich meine Gedichte schreibe - ich kritisiere eine Geisteshaltung, ein Verhalten, eine Denkweise, eine Tat und nicht einen bestimmten, individuellen Menschen. Meine Lyrischen Ichs sind fiktive 'Repräsentanten'. Mehr oder weniger stark ausgeprägt - kommt darauf an, ob ich, wie hier, etwas in ernstem Ton darstelle oder ob ich eine Satire schreibe. Bei einer Satire ist das LI bei mir mehr als ein Repräsentant, dann möchte ich es eher als ein 'Paradebeispiel' bezeichnen.

 

vor 21 Stunden schrieb Gaukelwort:

Das wirklich einzige von Bestand ist ohnehin die Veränderung. Die gibt es sogar ohne Leben. Aber Leben ohne Veränderung gibt es nicht. Warum also sich dagegen auflehnen?

 

Und das meine ich mit 'interessant'. Ist 'Alles oder nichts' eine Auflehnung gegen Veränderung? Daran habe ich beim Schreiben tatsächlich selbst nicht gedacht. Ehrlich: Mich freut es, wenn du etwas finden konntest, das ich nicht wissentlich hineingelegt habe - das ist schön! 

 

vor 21 Stunden schrieb Gaukelwort:

Wenn es um die kleinen Dinge geht bin ich ganz bei deinem LI. Menschen gehören mir nicht. Die bleiben nur wenn sie können und wollen. Und sollte ich irgendwann mal unverhofft zum Sozialfall werden... Bücher und Tee wird es immer geben. Vor welchen Verlusten sollte ich also fürchten?

 

Da bin ich ganz bei dir. Was mir persönlich wichtig ist: Man kann etwas, das man nur haben will, aber nicht wirklich braucht, gar nicht verlieren. Es ist ein reiner Zusatz - und selbst wenn dieser wegfällt, fehlt doch nichts. Was Menschen, die anders darüber denken, sich damit doch selbst für Fesseln anlegen - es ist traurig. Da wird durch das Leben gehetzt, immer auf der Suche nach dem nächsten Ding/Ziel, für eine kurze Befriedigung. Sobald diese nachlässt, wird sich auf die Jagd nach dem nächsten Ziel/Ding begeben. Und dem nächsten. Und dem nächsten. Und dem nächsten. Menschen brennen sich aus, enden als abgehetzte Gestalten, sind so unzufrieden, wie sie ihr vorheriges Leben lang waren. Und hadern dann mit ihrem 'Schicksal', dessen Gestalter sie doch selbst waren ... 

 

vor 21 Stunden schrieb Gaukelwort:

Auf die Frage „Alles oder Nichts gibt es für mich nur diese eine Antwort: Ja gerne und bitte eine doppelte Portion. Ähhh und gibt’s auch Nachschlag wenn mir das eine zu wenig viel oder das andere viel zu wenig wenig ist?

 

:thumbsup:

 

Jepp. Das hast du mal wieder bildschön ausgedrückt! 

 

Ich danke dir - wenn du eine Denkvorlage für dich finden konntest, dann freut mich das sehr!

 

LG,

 

Anonyma

 

 

_________________________________________________________________________________

 

Hallo, Letreo71,

 

vor 20 Stunden schrieb Letreo71:

wie schön, dass ich nun ganz zufällig eine neue Gedichtform kennenlernen durfte.;-)

 

hier kann ich nur schreiben: Wie schön, das freut mich! :classic_happy: Ich fand diese Strophenform bei Friedrich Rückert und es war genau diese Strophe, die ich wunderbar fand. Sie bot mir mehr als eine Formvorlage. Zum Beispiel sind hier die Zäsuren so gut erkennbar gesetzt, dass ich dabei den Rhythmus sehr gut erkennen konnte. Tatsächlich fand ich zwar Einträge und Beschreibungen der Siziliane, aber sehr wenig über die deutsche Siziliane und tatsächlich nichts über die Zäsuren. Mir fehlten 'Details' und diese Strophe ist so geschrieben, dass ich sie als ein richtiges 'Lehrbeispiel' nehmen konnte.

 

Ich saß am Meer, //und das Gewühl der Farben,
Das grüne Bunt // um Berg und Wald und Flur,
Das Wechselspiel // von Blüten, Früchten, Garben,
War hinter mir // geschwunden Spur um Spur.
Und wie dem Aug' // die einzeln Farben starben
Im Grün der See // und in der Luft Azur
Empfand mein Herz, // vergessend alte Narben,
Unendlichkeit der Lieb' // und Sehnsucht nur.

 

Ich konnte dieser Strophe auch entnehmen, wie die Verse 'charakterisiert sind'. Hier hat Rückert aber auch noch etwas gemacht, das meine Möglichkeiten noch übersteigt - vielleicht in der Zukunft, wer weiß, komme ich mal soweit? 

 

Ich saß am Meer

Das grüne Bunt

Das Wechselspiel

War hinter mir

Und wie dem Aug

Im Grün der See

Empfand mein Herz

Unendlichkeit der Lieb

 

Das ist das, worum es geht. Nach der Zäsur folgen Erweiterungen, Erklärungen, Details. Und auch das 'Farbenthema' zieht sich hier sehr schön und gekonnt durch die ganze Strophe: Gewühl der Farben, Grünes Bunt, die einzeln Farben, Grün der See, der Luft Azur. Indirekte Farben, so möchte ich das nennen, finden sich auch noch im Wechselspiel, im Auge, im Herz - in Berg und Wald und Flur (verschiedene Farben), in Blüten, Früchten, Garben (verschiedene Farben) ... 

 

und das Gewühl der Farben,
um Berg und Wald und Flur,
von Blüten, Früchten, Garben,
geschwunden Spur um Spur.
die einzeln Farben starben
und in der Luft Azur
vergessend alte Narben,
und Sehnsucht nur.

 

Und das gibts auch noch ... 

 

Ja, immer wieder finde ich etwas, das mich Bescheidenheit lehrt. Damit ich nicht vergesse, wie viel ich noch zu üben und zu lernen und zu üben und zu lernen habe. Und genau das lässt mich weitermachen - denn natürlich wünsche ich mir, träume ich davon, irgendwann so schreiben zu können. Ob ich das tatsächlich schaffe, das halte ich tatsächlich für gar nicht so wichtig. Der Weg ist das Ziel, daran glaube ich. Und Gedichte wie dieses hier sind meine Wegbereiter und Wegbegleiter. :smile:

 

vor 20 Stunden schrieb Letreo71:

Sowohl die Form, als auch der Inhalt, sprechen mich sehr an. Wenn man sich zu verbissen auf seine Wünsche versteift, dann entgeht einem womöglich das große Glück. Nur ist es für diese Erkenntnis vermutlich dann oftmals zu spät.

 

Dankeschön! :classic_happy:

 

Zwar gibt es, meiner Meinung nach, auch Menschen, die sich ihrer Fehler/ihrer falschen Entscheidungen nie bewusst werden, aber manchmal ist es auch so wie in meinem Gedicht. Reue - die aber zu spät kommt. Manchmal haben Menschen soziopathische Züge, sind aber keine Soziopathen. Ich sehe sie als Menschen an, die auf den falschen Weg geraten, auf einen Irrweg. Soziopathen haben kein Gewissen, aber Menschen wie das LI im Gedicht haben durchaus eines - nur brachten sie es für lange Zeit erfolgreich zum Schweigen. 

Bis das Leben seinerseits sie irgendwann so laut anschweigt, dass sie aufwachen ... und, wie du schreibst, ist es dann oft zu spät.

 

vor 20 Stunden schrieb Letreo71:

 

@Gaukelwort , manchmal sind die Socken auch einfach an den Füßen.;-)

 

:thumbsup:

 

Ähm - nun. Ich bin sozusagen ordentlich unordentlich, aber auch unordentlich ordentlich. Zwar befinden sich die Socken auch bei mir oft einfach an den Füßen und ansonsten in einer Schublade. Allerdings möchte der Sängerin Höflichkeit darüber, wie es in der Schublade aussieht, geflissentlich schweigen ... gut, obwohl ich schon andeuten könnte, dass sich darin a) nicht nur Socken befinden (weiß der Geier, wo das andere Zeug immer herkommt) und b) manchmal - ah, nein, also, das wäre nicht jugendfrei. Ich meine, die Paare, also, im Dunkeln, da kann es schon mal sein, dass da Partner nicht mit, ähm, sondern mit anderen. Keine Ahnung, ob die das absichtlich oder versehentlich machen, will ihnen ja nichts unterstellen. :saint:

 

Liebe Grüße zurück und danke fürs Kommentieren!

 

LG,

 

Anonyma 

 

 

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Geschrieben

Hallo @Anonyma

 

Sein oder NichtSein,

Alles oder nichts

ein Zwischending

nein, das gibt es nicht

 

Wann habe ich mich verloren,

und wann verraten mein Ich.

 

Das sind meine bescheidenen Gedanken zu deinem wundervollen Text.

 

Ich wünsche dir, lieben Anoyma, einen guten Rutsch in ein frohes und gesundes Jahr 2022!

 

LG Sternwanderer

 

 

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Geschrieben

Hallo, Sternwanderer,

 

vor 4 Stunden schrieb Sternwanderer:

Sein oder NichtSein,

Alles oder nichts

ein Zwischending

nein, das gibt es nicht

 

Wann habe ich mich verloren,

und wann verraten mein Ich.

 

ob's edler im Gemüt, das ist hier die Frage ... :wink: (Ich drehe die Reihenfolge einfach mal um - dann passt es sehr gut zum Thema.)

 

vor 4 Stunden schrieb Sternwanderer:

Das sind meine bescheidenen Gedanken zu deinem wundervollen Text.

 

Nicht zu bescheiden sein - du hast hier sehr schön zusammengefasst, was die Essenz meines Gedichts ist. Bei Gedichten geht es immer auch um das 'Ver'dichten. Ganz objektiv betrachtet, habe ich viel mehr Wörter verwendet, um im Prinzip das Gleiche zu sagen. Habe ich also zu viele Wörter gebraucht?

Ja und nein, denke ich. Es geht, neben der Aussage, ja auch noch um anderes. Um sprachliche Ästhetik, um Klänge, Rhythmen, Melodien und darum, bei den Leser:innen etwas zu berühren, etwas in ihnen auszulösen; darum, eine Verbindung zwischen zwei Gefühls- und Gedankenwelten zu schaffen, denen von Verfasser:in und Leser:in. Schaffe ich das immer? Ganz sicher nicht. Manchmal mehr, manchmal weniger. 

 

Was du geschrieben hast, erreicht mich. Besonders die beiden letzten Verse sind es, die dafür sorgen, dass die Botschaft bei mir ankommt. Die ersten vier Verse, für sich alleine gelesen, die erreichen mich zunächst auf der Gedankenebene (d. h. auf der 'Verstandesebene'). Die beiden letzten Verse aber bewirken, dass mich das Geschriebene auch auf 'tieferer Ebene' erreicht, mich emotional berührt. Deshalb: Nicht zu bescheiden sein - mir gefällt wirklich, was du geschrieben hast! :smile: 

 

Damit hast du mir auch etwas Wichtiges vermittelt. Eine Antwort auf die Frage, ob mein Gedicht zu viele Wörter verwendet. Ja und nein, wie ich bereits schrieb. Ja, wenn es um die Aussage geht. Ja, wenn es darum geht, ob diese Leser:innen erreichen kann. Nein, wenn es um Ästhetik geht. Nein, wenn es um Klänge, Rhythmus und Melodie geht. Das ist deshalb so wichtig mich, und ich freue mich sehr darüber, denn das sagt mir, dass ich es geschafft habe, da ein 'Gleichgewicht' zu erreichen, sprich, Harmonie. 

 

Deshalb: Vielen, vielen Dank dafür und für dein 'wundervoll'! :classic_happy:

 

Ich wünsche auch dir einen guten Rutsch in ein frohes, gesundes und kreatives, neues Jahr! 

 

LG,

 

Anonyma

 

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