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Geschrieben am

Sie liegen still im Wald mit ihren feuchten 
und morschen Körpern auf dem dunklen Schoß
des Blättergrundes, doch von frischem Moos
bewachsen, gründen sie ein grünes Leuchten.

Es sind die Stämme, die der Wind gebrochen,
die Äste, die er abriss, fallen ließ,
doch wen des Himmels Kind zu Boden stieß,
dem hat des Waldes Schoß ein Los versprochen.

Und auch in Stümpfen derer, die gefallen,
erlebt die Hoffnung wieder neuen Mut,
Geflecht durchdringt sie mit den feinsten Krallen

und schiebt aus ihnen unter weißem Hut
den Pilz hervor. Und er lässt Sporen fallen.
In andern zu erstehen ist doch gut…

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Geschrieben

Hallo, gummibaum,

 

ich habe auf 'Gefällt mir' geklickt, da ich nicht zugleich 'Traurig' und 'Schön' auswählen kann. Dein Sonett ist für mich beides, deshalb erwähne ich das hier. 

 

Vorausgesetzt, ich lese es auf der 'Naturebene'. Das tat ich zunächst auch - bis ich zum letzten Vers kam. Zu den drei Punkten ... 

 

Das macht die Aussage des Verses, so nehme ich persönlich das wahr, 'fraglich' - Ist es gut, in andern zu erstehen? Diese 'Fraglichkeit' wiederum eröffnete mir Neues. Eine weitere Bedeutungs-/Interpretationsebene.

 

Auf der Mutter-Natur-Ebene, da spricht der Kreislauf der Natur aus deinen Versen zu mir, spricht vom Werden und Vergehen, von Leben und Tod und neuem Leben. Dann lese ich in den letzten drei Punkten ... eine Art 'Meta-Ebene', denn die Natur kennt keine menschlichen Gedanken, Interpretationen oder Gefühle. Dann ist die 'Fraglichkeit' für mich auf diesen Aspekt hin ausgerichtet. 'Gut' (oder 'schlecht') - das ist unser menschliches 'Bewerten'. 

 

Wenn ich aber das Gedicht nehme, und es von der Kreislauf der Natur-Ebene auf die menschliche 'verschiebe', dann kann ich das Gedicht auch ganz anders lesen und verstehen.

 

Die Pietà - Mitleid, Frömmigkeit. Mutter Maria und Jesus. Aber gerade hier kommt für mich die von mir angesprochene 'Fraglichkeit der drei Punkte' ins Spiel. Und auch die 'Krallen' sowie die 'Pilze' und die 'Sporen' - hm. Das versprochene Los - wurde es gegeben? Und wenn - ist es eine Niete, ein Trostpreis oder der Hauptgewinn?

 

Viele Fragen stellen sich mir. Hoffnung. Sehr schön symbolisiert durch das grüne Leuchten. Durch das leuchtende Moos. Aber: doch wen des Himmels Kind zu Boden stieß. Wer ist des Waldes Schoß, der dunkle Schoß? Jener, der ein Los versprach?

 

Die Gefallenen - die Stümpfe. Krieg? Was übrig bleibt. Familienangehörige? Die Trost und Halt suchen und im Glauben finden? Und dann der weiße Hut. Ein Pilz. Der Sporen verteilt ...

 

Ja, nun. Leider gibt es keinen 'Unschön'-Button. Denn für mich ergibt sich auch diese Lesart. Und - ich bräuchte dann bereits 3 Möglichkeiten.

 

vor 2 Stunden schrieb gummibaum:

In andern zu erstehen ist doch gut…

 

Vielleicht. Vielleicht auch nicht ...

 

Lieber gummibaum, das ist ein feines Sonett, wirklich. Es nahm mich mit auf die Reise durch mehrere Welten. Es gibt nichts Wunderbareres für mich, als ein Gedicht zu finden, das mich mitnimmt. Manchmal ist es eine Pilgerreise, manchmal eine Abenteuerreise in ein Wunderland der Phantasie, manchmal eine Reise in Himmel oder Hölle, manchmal eine Reise in die Gefühls- und/oder Gedankenwelt des Autors, manchmal ein kleiner Wochenendausflug, manchmal ein Spaziergang im Wald, manchmal ein Zirkusbesuch, ein Theaterbesuch, ein Krimi, ein Liebesfilm - und vieles, vieles mehr. 

 

Ich liebe es, auf Gedichtereise zu gehen. Danke dafür! :classic_happy:

 

LG,

 

Anonyma

 

Geschrieben

Vielen Dank für eure Likes.

 

Danke, liebe Anonyma.

 

Du entwickelst hier sehr schöne Gedanken zum Gedicht. Ich hatte schlichtere im Sinn:

 

Irgendwann mal (während eines Streits in einem anderen Forum) begann ich, drei Punkte zu setzen, um meine Gedichte als relative Randbemerkungen zu markieren, die man fortsetzen kann.

 

Die Pietà zeigt Maria mit ihrem toten Sohn Jesus auf dem Schoß. Der Waldboden ist der Schoß der toten Bäume, Baumstümpfe.

Religion macht aus der guten Auferstehung der Toten in anderen Lebensformen (hier als Moos, Pilz), eine besser gemeinte, aber meiner Meinung nach unmögliche in quasi der derselben Lebensform.

 

Der Wind wird im Märchen Hänsel und Gretel „das himmlische Kind“ genannt.

 

Liebe Grüße von gummibaum

 

 

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