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Ist’s düster oder scheint die Sonne

auf meinem Weg zur Vernissage.

Post mortem zeigt man, welche Wonne,

die Bilder, die man nicht vergaß.

 

Einst malte Hartmann und skizzierte,

was alles seinem Auge nah.

Und nun seh ich, weil man plazierte

sie Stück für Stück, mal hier, mal da.

 

Gleich zu Beginn der Promenade,

ein stilecht enggedielter Flur.

Auch Wände, Decke, nicht zu schade,

sind holzbestückt aus der Natur.

 

Da schaut heraus aus seinem Rahmen

bereits das allererste Bild.

Ein Gnom ist es und zum Erbarmen

des Zwerges Anblick mißgestillt.

 

Mit unterschiedlich langen Beinen

erscheint er wahrlich uns suspekt.

Doch sollte jemand um ihn weinen;

dies hat der Maler so bezweckt.

 

Ich schreite nun zum nächsten weiter.

Ein Flüstern weht durch Flur und Raum.

Und Hoffnung, das es wird bald heiter,

das Wandeln durch des Künstlers Traum.

 

Jetzt sieht ein Schloß man, alt, gebrochen.

Ein Troubadour steht brav davor.

Er singt sein Lied, wie er’s versprochen,

daß man ihm öffnet, Haus und Tor.

 

Wie lang muß er wohl noch verweilen,

bis sich sein heißer Wunsch erfüllt.

Mich zieht es weiter, ohn‘ zu eilen,

weil sich solch Kunst dem Aug‘ enthüllt.

 

Auch wenn im Innern die Gedanken

ein Stückchen rückwärts schauend stehn,

so öffnen sich vor mir die Schranken,

wenn neue Bilder mich anflehn.

 

Schau etwa ich zwei Kinder streiten?

Die Amme unbemerkt dabei.

In Paris, Tuileriens Weiten

ist Mahnung Spielen einerlei.

 

Von Frankreich geht es nun nach Polen.

Es stammt ein Wagen von daher.

Was er enthält? Vielleicht sind’s Kohlen?

Die beiden Ochsen ziehen schwer.

 

Bevor des Ochsentreibers Gerte

mich aus dem Bild heraus erreicht,

folge ich weiter jener Fährte.

Was dann kommt, ist auch wahrlich leicht.

 

Es sind nicht ganz geschlüpfte Küken,

die sich aus Eierschalen mühn.

Noch tanzen sie in engen Zügen,

bevor befreit sie bald entfliehn.

 

Wär ich bei ‘n Küken noch geblieben,

hätt ich das nächste kaum bemerkt.

Zwei Herren, wenig übertrieben

sind als Portrait in braun verstärkt.

 

Die beiden, jüdischer Abstammung,

sind doch einander völlig fremd.

Der eine reich, trotz der Verbannung;

der andre trägt sein einzig Hemd.

 

Auch jenes andre mit Marktweibern,

skizziert den seelischen Verfall.

Schamlos, scheint’s, protzen sie mit Leibern.

Gesellschaftlicher Widerhall.

 

Nachdem die Skizzen ich gesehen,

vom Marktplatz in der Stadt Limoges,

versuch ich nunmehr zu verstehen,

was fand man früher dran famos.

 

Man zog hernieder in die Tiefen,

die Katakomben war’n das Ziel.

Auch wenn dort tausend Leichen schliefen,

reizt mich der Anblick nicht grad viel.

 

Nun denn, laßt mich im Diesseits wandern.

Noch hab ich alles nicht geschaut.

Zum Beispiel jenes von den andern,

welches gar seltsam ist gebaut.

 

Wie eine Hütte unbenommen,

mit durchaus märchenhaft Motiv.

Welch Hexe ist darauf gekommen,

daß sie auf Hühnerbeinen schlief.

 

Baba Jaga wird jeder gleich erkennen,

wirft er nur einen Blick aufs Haus,

um gleich kopfüber fortzurennen,

kommt sie mit ihrem Besen raus.

 

Auch ich wende mich alsbald leise

zum nächsten und wohl letzten Werk.

Nun endet meine erste Reise

beim Tore am Kiewer Berg.

 

Der Maler sollte dieses bauen,

doch blieb es nur, daß er ‘s entwarf.

Wir aber können es hier schauen,

wenn in uns aufwacht der Bedarf.

 

Leis summend zieh ich meine Wege.

Erahne eine Melodie.

Mal flott, mal langsam - doch nicht schräge.

Am Piano spielt sie Mussorgsky.

 

 

(W.F. Heiko Thiele - 2022)

 

 

 

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