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Seit meine Mutter geschieden ist, muss sie mit den geringen Alimenten meines Vaters mit Mindestpension und  einer  schmal   bemessenen  staatlichen  Sozialunterstützung haushalten, um für Nahrung und hauptsächlich meine Kleidung zu sorgen. Kein Wunder also, dass      unsere täglichen Speisen aus Kartoffeln, Nudeln,    Grießmus oder Polenta bestehen. Manchmal gibt es auch Fleisch, dann aber von der billigeren Sorte wie           Kuttelfleck oder Innereien. Über den Vater höre ich nur Klagen. Sehen tu ich ihn nicht mehr. Jetzt bin ich also Mutters Ein und Alles, was sie wie einen Augapfel hütet und damit einschränkt. Wie man sich unschwer vorstellen kann, bin ich zwar nicht der Herr, aber doch der Mann im Haus. Manche Arbeiten gefallen mir sehr. Ein Beispiel dafür ist das Holzhacken. Das ist Männerarbeit und wurde früher von meinem Vater erledigt. Diese Arbeit macht mir zwar einige Mühe, besonders wenn die Holzpflöcke so groß sind, dass ich sie nicht nur mit der Axt, sondern auch mit Hartholzkeilen bearbeiten muss, aber sie weckt meinen Stolz, dass ich kleiner Kerl schaffe, woran meine Mitschüler und Altersgenossen nicht einmal denken (müssen). Als Mutterstolz hacke ich gerne Holz.
Da meine Mutter jedoch fast blind ist, muss ich auch Frauenarbeiten machen oder zumindest etwas, was ich als solche ansehe. Dabei fühle ich mich benützt. Ich muss unseren Hausgarten bepflanzen, gießen und jäten. Dann muss ich ihn auch noch ernten. Das sind nicht meine Lieblingsbeschäftigungen. Bekanntermaßen sind das reine Frauentätigkeiten, und ich bin ein Mann.
Einmal jedoch sagt meine Mutter zu mir: „Gonele, ich habe unsere zwei benachbarten Bäuerinnen gebeten,    unser Huhn abzuschlachten. Aber beide haben sofort   abgelehnt. Sie hätten das nie gemacht, weil das immer die Aufgabe ihres Mannes gewesen sei. Also musst du das Hendl umbringen, wenn wir deinen Geburtstag mit einem Hendl als Festessen feiern wollen!” Zwiespältige Gefühle plagen mich.
Natürlich bin ich stolz darauf, dass meine Mutter mir zutraut, ich könne diese Aufgabe bewältigen. Andererseits  habe  ich  Angst  und  schrecke  vor  dieser Herausforderung, die meine Knie zum Schlottern bringt, zurück. Es ist doch ganz etwas anderes, einen Holzprügel zu Kleinholz zu spalten als auf demselben Hackstock und mit derselben Hacke einem Huhn den Kopf abzutrennen. Dass es sich um mein Geburtstagsessen handelt, spielt in diesem Moment überhaupt keine Rolle. Aber was soll’s? Kurz entschlossen stimme ich tapfer zu und schleiche mich allein – meine Mutter kann nicht einmal zuschauen – in den Hühnerstall, um unser einziges Hendl in jenen Teil des früheren Heubodens zu bringen, den wir jetzt als Holzschuppen eingerichtet haben. Ich fasse das arme Tier so, dass sein Hals auf dem Holzstock zu liegen kommt. Es beginnt, sich zu wehren, aber ich schlage mit einem gut gezielten Hieb zu. Ich bin auf Anhieb erfolgreich, was mir im ersten Moment jedoch nicht so klar ist, weil jetzt das geköpfte Hendl wild durch die Gegend flattert und Blut verliert. Das lässt mich erschauern. Aber auch das hat sein Ende, und Stolz über die getane Arbeit erfasst mich.

Lermoos_485.jpg

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Geschrieben

Als Kind musste ich auch Hühner schlachten, denn ich wuchs auf einem Bauernhof auf.

Ich war ein Junge und musste stark sein.

Der Trick ist, man muss das Huhn zunächst in der Luft herumschleudern,

dann hält es still und man kann ungestört hacken.

Heute lebe ich vegetarisch und leide immer noch unter dem, was ich als Junge tun musste.

Jegliche Tierhaltung ist für mich jetzt Tierquälerei.

 

Liebe Grüße

Hera

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Geschrieben

Lieber Egon, 

Ich stamme aus einer Bauernfamilie. Oder sagen wir, Vater war Bauer und wir hatten immer alle möglichen Tiere um uns. Ich bin Jahrgang 55 und die Älteste von 8 Kindern. So war es selbstverständlich dass ich vor der Schule schon die   gemolken habe und auch Hühner schlachten war selbstverständlich.  Selbst beim Schwein  . Schlachten wurden wir Kinder gebraucht. Für mich war Blut rühren und überhaupt das Einkochen das Verhasteste. 

Deine Geschichte hat alte Erinnerungen wach gerufen. 

Liebe Grüße Ilona 

  • Danke 1
Geschrieben

Lieber Egon,

 

eine schöne Kindheitserinnerung, trotz aller Nöte.

 

Wir hatten früher auch Hühner, doch wer sie topffertig machte weiß ich nicht mehr. Aber - in den 80er hatten Freunde uns zum Urlaub nach Portugal eingeladen, sehr oft waren wir dort. Wir lebten in einer sehr ländlichen und armen Region. Rechtzeitig fütterte die Mutter des Freundes uns ein Schwein zum Schlachten an und gab uns auch 1-2 Hühner zum Braten.

Kurum: die Männer sorgten für den Tod der Tiere und wir Frauen machten die "Feinarbeit" wie Hühner rupfen, Därme waschen ect.

 

So stellt sich mir die Frage: Wer rupfte dein Geburtstagshuhn? 

 

 

LG Sternwanderer

 

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Geschrieben

Ich denke lieber Egon, es gibt mehr Menschen, die ähnliches erlebt haben oder sich zumindest noch an solche Erzählungen erinnern können.
Ich freue mich für Dich, wenn hier Deine Geschichten so großen Anklang finden und bin froh, dass Du meiner Empfehlung folgtest

Herzlich liebe Grüße in Deinen Tag - Uschi

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Geschrieben
vor 39 Minuten schrieb Uschi R.:

Ich denke lieber Egon, es gibt mehr Menschen, die ähnliches erlebt haben oder sich zumindest noch an solche Erzählungen erinnern können.
Ich freue mich für Dich, wenn hier Deine Geschichten zu großen Anklang finden und bin froh, dass Du meiner Empfehlung folgtest

Herzlich liebe Grüße in Deinen Tag - Uschi

Liebe Uschi,

herzlichen Dank für deine Ermutigung.

Liebe Grüße Egon

vor 3 Stunden schrieb Sternwanderer:

So stellt sich mir die Frage: Wer rupfte dein Geburtstagshuhn? 

Hallo Steinwanderer,

es freut mich, dass mein Text Erinnerungen bei Dir wachgerufen hat.

Natürlich hat meine Mutter trotz ihrer Fast-Blindheit die 'Feinarbeit' gemacht.

Liebe Grüße

Egon

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