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Dirty Deeds - Dirty Deeds - Teil 1


Axel

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Dirty Deeds

 

 

Ja. Das ist nämlich so. Ich bin Halbafrikaner und manche meinen, meine Gedanken seien etwas sprunghaft. Rassenideologen behaupten, unser Verhalten hängt auch von unseren Vorfahren ab. Mein Onkel, der Waldemar, ist ein waschechter Afrikaner und Vollidiot aus Johannesburg. Der wohnt in Parktown und ist weiß. Also eigentlich mehr so blass und wenn ich wütend bin, nenne ihn immer meinen:

 

 

Reichen, geizigen und blutleeren Uncle from Parktown.

 

 

Der hat einen Butler und der ist ein asiatischer Asiate. Und dieser Butler hat mir ein paar Reggae Platten geschickt, weil er auch findet, das der Waldemar so ein richtiger Arsch ist.

 

Ich weiß nicht, ob er mich damit beruhigen, oder meinen musikalischen Horizont erweitern will. Diese Reggae Musik macht mich jedenfalls so fluffig und leicht. So, als käme alles wieder in Ordnung und am Horizont würden weiße Pferde in einen verheißungsvollen, friedlichen Morgen galoppieren.

 

Tja, und seit dem bin ich Haile Selassie Fan. Das war der Kaiser von Äthiopien und sozusagen der Oberguru von den Rastafari Typen, mit den krassen, voll verfilzten Haaren.

Die fanden Haile richtig gut, aber der hatte eigentlich gar nicht richtig Bock da drauf gehabt. Der wollte eigentlich in Ruhe sein Königreich, die Annehmlichkeiten seiner Hütte und Marmeladenbrötchen genießen.

 

Der Butler vom Onkel hat auch immer ein bisschen Gras mitgeschickt. Ja klar. Weil, das ist ja normal, als Rastafari rauchst du halt Gras, damit du den vollen Durchblick hast.

Ich hab das dann mal mit dem Gras, was auf der Wiese wächst, versucht. Weil Gras, ist ja Gras. Aber das war jetzt nicht so toll, aber richtig schlecht auch nicht.

 

Ich hab dann mit dem Rauchen aufgehört. Wegen der Gesundheit und weil die Hanna mal geschrieben hat, das Gras rauchen, was für Pussies ist. Und da hab ich gedacht.

Also `ne Pussy hab ich nicht, also bin ich auch keine.

 

 

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Ich habe heute eine merkwürdige Geschichte gelesen. > Das Tagebuch des Doktor Vesalius. <

Der Typ, der das geschrieben hat, hatte wohl nicht alle Latten am Zaun.

 

Aber witzig, war die schon.

 

Und da dachte ich mir. Das kann ich auch. Da kann ich `ne Menge Schotter mit machen.

Ich werd einfach ein paar Sätze hinschreiben und Bamm, bin ich der neue Star am

Schreibe Firmament. Halt eine richtige Schriftsteller Kanone.

 

Ich saß also 3 Stunden vor einem leeren Blatt Papier und hab nachgedacht.

So richtig intensiv. Aber mir ist nichts eingefallen, also hab ich einen Keks gegessen. Butterkeks. Der mit den vielen Zacken am Rand. 24. Das war richtig lecker.

Hatte was von Kindheit, da hab ich den Keks immer in den Milchkaffee getunkt, damit der sich vollsaugen konnte. Hat er dann auch, bis er fett und schwer war.

 

Das mit dem rum sitzen wurde mir dann doch zu blöd, also bin ich ins Bett gegangen und hab mich heute entschlossen mit einem Tagebuch zu beginnen.

Da schreib ich alle Sachen rein, die mir wichtig sind und die mir so passieren und dann wird mir sicher auch eine Granaten Geschichte einfallen.

 

Warte jetzt fällt mir wieder ein, wie der Typ heißt, der diese beknackte Geschichte von diesem Arzt geschrieben hat.................Ne, doch nicht.

 

Also ab morgen geht`s los.

 

Mein Leben ist zwar äußerst langweilig und öde, aber wenigstens bin ich von der Straße weg.

 

 

Januar

 

So. Heute beginne ich also mit dem Schreiben. Aber worüber ? Mmmmmmmmh.

 

Ok. Beginnen wir von vorn. Ich bin aufgestanden. Aufs Klo. In die Küche. Vergessen zu spülen. Also zurück ins Bad. Gespült. In die Küche. Vergessen die Hände zu waschen.

Also zurück ins Bad. Da fällt mir ein, das ich mir nie die Hände danach wasche. Also zurück ins.............da merke ich, das mich das völlig abnervt und ich gehe zurück ins Bett.

 

Das geht ja gut los.

 

 

Januar

 

Habe schlecht geschlafen, weil ich an den Bergbau im alten Ägypten denken musste.

Das finde ich sonderbar, weil die Ägypter mir echt am Arsch vorbeigehen.

 

Muss unbedingt an meiner Ausdrucksweise arbeiten, wenn ich eine Freundin finden will.

 

Der Januar ist ein guter Monat, weil man die Möglichkeit bekommt aus diesem Jahr was richtig Tolles zu machen. Manche haben auch richtig tolle Vorsätze. Ich nicht. Ich glaube nicht an Vorsätze. Da macht man sich doch bloß zum Affen.

 

Ich geh mal eben zum Fenster rüber...........

 

Ich sehe einen alten verzottelten Hund, an dessen Ende der Leine ein Typ geht.

Es ist Sugar aus dem 1. Stock. Der wartet auf Kundschaft. Läuft auf und ab mit dem Köter.

Seine Lippen sind blau vor Kälte. Könnten, aber auch Durchblutungsstörungen sein.

Er hat vor einiger Zeit seine Bestimmung gefunden. Kokain Dealer.

 

Seine langen Haare trägt er als Pferdeschwanz. Sie werden mit einem silbernen, breiten Gummiband zusammengehalten. Die blassen, triefenden Augen sind hellblau. So wie ein überlaufender See in Bergisch Gladbach. Seine graue Jogginghose ist neu. Genauso, wie die teuren Sneaker. Die grüne Bomberjacke ist von Armani. Das ist der Typ aus Armenien, ein paar Straßen weiter. Der vertickt geklaute Markenklamotten zu Tiefstpreisen.

Die vielen Ringe an Sugars Fingern sehen peinlich protzig und Klotzki mäßig aus.

Am Handgelenk trägt Sugar eine echte Rolex und um seinen faltigen, sonnenverbrannten Hals hängen 20 Goldketten. Die von der schweren Sorte.

 

Dealen lohnt sich.

 

Für mich wäre das nichts. Andere Leute in den Abgrund führen, ist nicht so mein Ding.

 

Da es da draußen, vor meinem Fenster, genau so öde wie eh und je ist, wende ich mich ab und

nehme mir einen zweiten gezackten Keks. Lecker.

 

Hab jetzt angefangen, nach dem Klo meine Hände zu waschen.

 

 

3. Januar

 

Heute versuchte ich mit links zu schreiben. Ging völlig in die Hose. Sah, wie die Schrift eines

5 Jährigen aus. Schade. Naja, eigentlich auch nicht anders, als mit rechts.

Das mit dem Schreiben ist halt so eine Sache bei mir. Meine Mum meinte immer:

„Schreiben ist nichts für Hasenherzen. Nur Löwen können es erlernen.“

„Was bin ich denn Mama?“ ,fragte ich mit meiner piepsigen Stimme.

„Mal sehen. Du lernst nicht schnell. Du träumst in den Tag hinein. Du trägst nichts bei.

Ein Löwe bist du nicht!“

„Dann bin ich.......“

„Ja. Das bist du!“ ,sagte sie bestimmend.

 

Ich hasste sie dafür. Sie ist tot. Ich war der Einzige der in dieser kalten Novembernacht an ihrem Bett saß. Ein Montag. Zum Lachen.

Sie verabschiedete sich an einem Montag. In ihrem letzten Moment schaute sie mich an und in diesem Blick lag die ganze Verachtung und vertane Zeit, die ich ihr, durch meine Anwesenheit eingebrockt hatte. Und selbst da, konnte sie ihr Herz nicht öffnen. Ja. Ich hasse sie.

Noch immer.

 

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Die Welt dreht sich 464 Meter in der Sekunde, um sich selbst. Ist das zu fassen?

Genauso schnell ist das Leben manchmal. 464 Meter in der Sekunde. Ein Augenblinzeln.

Du wirst geboren und denkst: Was ist das für ein grelles Licht da draußen. Es ist kalt und ungemütlich. Am liebsten willst du wieder zurückkriechen. Aber sie lassen dich nicht.

Dann bist du da und sollst dein Leben auf die Reihe kriegen, aber das Einzige, was du bekommst sind Probleme. Hätte mir manchmal nur ein Lächeln oder eine Umarmung gewünscht. Naja. Wenigstens brachten die Freier meiner Mum auch mal Spielzeugpistolen und Gutscheine für eine Freifahrt auf dem Wasserwerfer der örtlichen Polizei für mich mit.

 

Hab grad das Gefühl, das ich gar nicht mal so gut drauf bin.

Das merke ich immer daran, das mein rechtes Augenlid zu zucken beginnt.

 

Ich denke nicht gern an meine Kindheit. Ich flüchte mich in andere Welten.

Iron Man. Rocket Racoon. Black Panther. Wolverine. Deadpool.

Die kommen aus jeder Scheiße raus.

 

Ja. Ich wäre gern: > Nicht Ich. <

Hätte gern so eine geheimnisvolle Aura um mich. So eine Art Schutzschild. Undurchdringlich.

Und alle würden in mir so eine Art Genie sehen. Halt nur nicht so schlau. Mehr so mystisch.

 

Wie Dr. Strange von Marvel.

Ja, ich weiß, der ist klug und ich nicht. Und ich weiß, das die Menschen denken, ich hab nicht alle Latten am Zaun, aber ich hab doch trotzdem Gefühle. Ich lache. Ich weine.

Empfinde Mitleid und Kummer. Ich krieg halt manchmal die Dinge nicht richtig zusammen.

 

 

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Leonardo hat in Spiegelschrift geschrieben, damit nicht jeder Horst seine genialen Sätze lesen kann. Das versuche ich als nächstes. Vielleicht beginne ich erst mal damit, mir mit der linken Hand einen runter zu holen und mir vorzustellen, das es Hanna Banana wäre.

Sie wohnt direkt über mir und ich glaube sie ist verrückt.

 

Es hat angefangen zu schneien. Überlege, ob ich mal nackt rausgehen sollte. Um 3 Uhr morgens ist ja nicht viel los und ich habe das Gefühl, eine Erfrischung für mich zu brauchen. Aber im Internet unter der Rubrik: > Die Perversen < zu erscheinen ist auch nicht so toll.

 

Habe heute, vor meinem großen Standspiegel, verschiedene Yoga Übungen gegen Verschleißerscheinungen meines Körpers gemacht. Sah total affig aus und habe es deshalb unter dem Namen meines Nachbarn ins Netz gesetzt.

 

Morgen ist Montag.

 

 

Januar

 

Mir ist immer noch nicht eingefallen, worüber ich schreiben könnte...........!???????????

 

Habe mir einen Lötkolben zugelegt, mit dem ich meine Toastbrote bearbeite.

Damit brenne ich verschiedentliche, großartige, künstlerische Motive ins weiche Brot.

Sieht zwar echt Scheiße aus, aber wenigstens bin ich beschäftigt und muss nicht ständig an Hanna Banana denken, die mir einerseits mächtig auf den Keks geht und andererseits auch irgendwie sexy ist. Also auf so eine merkwürdige, verdrehte Art.

 

Vielleicht nenne ich sie einfach Crazy Banana.

 

 

P.S. Der Wodka ist mir ausgegangen. Habe aus lauter Verzweiflung ein Schluck Rasierwasser getrunken. Bei jedem Aufstoßen, duftet mein Rülpser nach Men`s Signature Fragance Shave.

 

 

 

Januar

 

Elvis hat am 8. Januar Geburtstag. Also hätte er gehabt, wenn er nicht 1977 gestorben wäre.

Ich feiere es trotzdem, denn dann muss ich meinen Geburtstag nicht allein verbringen.

Das ist irgendwie schön. Durch seine Musik fühle ich mich nicht so ganz allein.

Er ist und bleibt der King.

Mein Kopf zwängte sich am 8. Januar 1962 kurz vor Mitternacht, aus der Vagina meiner Mutter. Der unrasierte Arzt roch nach Zwiebeln und hatte ein Hinkebein.

Meine Mutter schrie in einer Tour:

 

„Ich will das nicht. Ich will das nicht. Tu es weg.“

 

Als die Hebamme, eine alte Hexe mit O Beinen, sie nach meinem Namen fragte, erkundigte sich meine Mama nach dem Wochentag?

Die Schabracke, mit dem weißen Häubchen auf dem Kopf und der speckigen Kittelschürze meinte, das Montag sei.

 

Also wurde ich, als Monday Moon in die Welt hinaus geschoben.

 

Schade das es kein Sonntag war!

 

 

Januar

 

Ich stelle zwei Gläser auf den Tisch und bereite uns ein wundervolles Mahl. Zünde Kerzen an und spiele den ganzen Abend Balladen von Elvis und denke an die Vergänglichkeit des Seins.

 

Ich stelle jedem eine Wodka Flasche hin und proste meinem imaginären Elvis bei jedem Trinkspruch zu. Ich kenne viel Trinksprüche.

 

Die Welt steht am Abgrund! Also, warum die Zeit mit Fröhlichkeit verschwenden?

Ein Abend ohne Sonnenschein, ist der Benz unter allen Wochentagen.

Auf Elvis.

Auf Leonardo.

Auf Margit, möge sie in der Hölle schmoren.

 

Meine Zimmerpflanze treibt mich, durch ihre Stumpfsinnigkeit, in den Wahnsinn.

 

 

Januar

 

Um 16:00 Uhr kam im Fernsehen eine Serie über Menschenaffen.

Hammer.

Schlau. Stark. Erbarmungslos.

Die haben einen von der anderen Gang gekidnappt und ihm die Glieder abgerissen, um sie zu verspeisen. Schräg und ganz schön geschmacklos. Genauso, wie dieses Vagina Ding mit meiner Mum. Ändert nichts daran, das Margit eine blöde Schlampe war.

Mutterpflichten? Ha! Lachhaft! Eher Mutterflittchen.

Die ist anschaffen gegangen und hat mich bei meiner Oma abgestellt.

 

Jetzt ist mir auch noch der Kaffee ausgegangen. Geh ich noch mal los....................?

 

 

Januar

 

Bin nicht nochmal losgegangen, hab bei Hanna geklingelt. Die hat auch gleich geöffnet.

In so einem Spiderman T-shirt. Sah geil aus. Sie trug nur einen blauen Superman Slip dazu.

Wusste gar nicht wo ich hinschauen sollte. Sah einfach nur super aus.

Ich stammelte irgend etwas von „Schönes Wetter“ und die „Möwen sind gelandet“ und „Kaffee.“ Sie hat einfach die Tür zu geknallt und dann gesagt:

 

„Wer ist der Typ?“

 

Also, das muss beim Nächsten mal anders laufen. Ich brauche unbedingt eine Strategie.

Einen Plan.

 

Aber jetzt muss ich erst mal zu meinem Survival Room!

 

 

Januar

 

Vor zwei Jahren habe ich einen Raum in einem Bunker angemietet. Da spielen normalerweise die ganzen Möchtegern Rockbands, die ihrem bürgerlichen Leben entfliehen und groß rauskommen wollen. Naja, ich hab den, weil es nicht mehr lange dauert, mit der Apokalypse. Die ist ganz nah. Deswegen vermeide ich auch tiefer gehende Beziehungen.

Das hat ja doch keinen Wert, wenn wir alle durch die Bombe gegrillt werden.

Also, in diesem Raum hab ich massenweise Haferflocken, Müsliriegel, Cola, Feucht Tücher,

Knäckebrot(nur ein Packet, weil die Scheiße schmecken), 12 Unterhosen(kaum gebraucht), 365 Kondome, 10 Paar neue Socken, Spiderman Hefte Sonder Edition, um Hanna Banana zu flashen, wenn sie in meinem Bunker übernachtet. 3 Armeewolldecken die ein wenig muffig riechen und ein Kurzwellen CB Funkgerät um Kontakt mit der Außenwelt zu halten.

 

Leider stellte sich raus, das mein Mietvertrag gekündigt wurde und ich 24 Stunden hatte mein Zeug da raus zu holen. Das lagert jetzt alles in meiner Einraumwohnung und ich schlafe auf dem Flur.

 

Gemütlich ist anders.

 

 

Januar

 

Muss unbedingt mein Leben auf die Reihe kriegen. Hab mich heute mit Gustavo aus dem

2. Stock getroffen. Der ist Exil Kubaner und vertickt gefälschte Rolex Uhren.

(Vielleicht ist die von Sugar, doch nicht so echt, wie alle glauben.)

Ich sagte ihm das ich keine bräuchte, weil ich so eine Art Superhirn wäre, das ohne Zeitmessung auskäme. Daraufhin hat er mir Fragen nach Pythagoras gestellt.

Ich meinte Mr. P, sei ein elender Schwanzlutscher und wenn er, also Gustavo, mir nicht bald die geliehenen 100 Tacken zurückgäbe, würde ich ihm die Eier abreißen.

 

Manchmal muss man einfach deutliche Worte finden.

 

Gustavo hat jedenfalls ganz schön gestaunt und mir einen Kamillentee gebracht.

Zum Runterkommen. Der war ekelhaft, deshalb hab ich mir nur die Beine damit eingerieben.

 

Die 100 Tacken wären mir lieber, als der Tee gewesen. Er sagte nur:

 

„Die kommen mein Alter. Die kommen. Hab da grad `ne ganz große Sache am Laufen.

Schon mal was von Airdumping gehört?“

 

Hatte ich nicht.

„Also, Airdumping ist billige Luft, abgefüllt in Dosen.“ ,erklärt er voller Stolz.

„Was ist mit der Luft, die wir täglich atmen. Die ist doch umsonst?“ ,fragte ich und dachte, das ich wohl nicht der Einzige bin, der nicht alle Latten am Zaun hat.

„Ja. Das stimmt, aber jetzt stell dir vor: Die Apokalypse ist da und die ganzen Bonzen krallen sich die verbliebene Luft und dann stehen alle da und japsen, wie eine Qualle an Land.“

„Qualle?

„Ja Qualle. Und wer kann dann Millionen Dosen billige Luft verticken? Wer ist der Airdumping King?“

„Du?“

„Richtig! Und wer hat seine 100 Tacken in das Projekt investiert und wird Millionär?“

„Ich?“

„Richtig. Du bist ein schlaues Bürschchen. So nun muss ich mich aber sputen. Im Park wartet der Schnee darauf eingedost zu werden.“

„Snowdumping?“

„Alter. Du weißt Bescheid.“

 

Natürlich wusste ich genau das er mir Blödsinn erzählt, um mir meine Kohle nicht zurück zahlen zu müssen. Schnee in Dosen. Schwachsinn. Der schmilzt doch. Wäre ja höchstens Waterdumping.

 

Höchstens!

 

Als nächstes bin ich hoch in den 3. zu Sir Edmund Holmes. Ne, der hat nichts mit diesem Meisterdetektiv zu tun. Das, mit den Namen ist Zufall. Sir Edmund ist verarmter Adel aus dem Norden Englands. Seine Ur Ur Großeltern haben damals ein Schloss besessen und in dem Zusammenhang Knechte und Mägde ausgebeutet und geschwängert. Hauptsächlich Mägde.

 

Edmund arbeitet jetzt in einer Schokoladenfabrik. Seltsamerweise hat er keine Süßigkeiten im Haus. Nur ein weißes Puder, das an seiner spitzen Nase klebt.

 

Euphorisch bittet er mich hinein:

 

„Mein Lieber Monday. Sie erinnern mich kolossal an die Abenteuer Geschichte von

Daniel Defoe. Dieser Robinson Crusoe hatte einen Freund, der Freitag hieß.“

„Freitag? Kenn ich nicht.“

„Nein. Ich weiß mein lieber Freund, das ist ja auch nur eine Romanfigur aus dem

18. Jahrhundert.“

„Benjamin Franklin hat 1750 den Blitzableiter erfunden. Und Francis Hauksbee baute 1706 eine Elektrisiermaschine, die aus einer Glaskugel bestand.“ ,erkläre ich.

„Sie sind ja ein Gelehrter, mein Bester.“

Naja, und dann gab es da noch Pieter van Musschenbrork der 1745 die Leidener Flasche erfand, mit der man elektrische Ladung speichern konnte. Und später hat Luigi Galvani noch ein paar spannende Sachen raus gehauen. Zuckende Froschschenkel und solche Dinger.“

„Mein lieber Herr Moon. Sie sind unglaublich.“

„Danke.“

 

Mir kommt wieder dieser Typ in den Sinn. Der mit dieser Arzt Story.

Auf dem Dachboden unter einer Zeltplane, lag ein ganzer Batzen von seinen Geschichten in einer alten Kiste. Das müssen 50 oder mehr gewesen sein. Wie heißt der Schreiber bloß?

Von dem hab ich noch was anderes gelesen. So Frankenstein mäßig.

> Nacht`s, wenn alles schläft. < Völlig abgedreht, aber auch spannend und irgendwie krank.

„Fällt ihnen sonst noch etwas zum 18. Jahrhundert ein?“ ,fragt mich Mr. Holmes

„Nö!Ist mir zu lange her. Kann mich kaum daran erinnern was gestern war.“

„Aber sie haben doch gerade.....“

„Wie wär`s mit einem Stück Schokolade?“ ,frage ich mürrisch.

„Schokolade habe ich nicht, aber Schnee. Schönen, weißen, aufregenden Schnee.“

 

Er geht schlurfend zu seinem Schrank, holt ein braunes Kästchen heraus und öffnet es.

Dann drückt er seine Nase hinein und schnüffelt daran.

Dieser Holmes ist eine merkwürdige Figur. Lang. Dürr. Eingefallene Wangen.

Runzlige, faltige Haut die unter seinem Dreitagebart liegt. Eine fette Warze, direkt auf der Stirn. Genau über der Nase. Da wachsen lange, schwarze Haare raus. Im Geheimen nenne ich ihn manchmal ---Eure Scheußlichkeit--- . Dann lache ich mich schlapp und bekomme sofort Alpträume, weil das extrem gruselig ist.

Seine abgewetzte Kleidung schlackert um seinen ultradünnen Spackenkörper.

Die Alten durchscheinenden Sachen scheinen einem anderen zu gehören. Einem, der größer und breiter ist, als Mr. Holmes. Vielleicht seinem Dad, den er schon seit Jahren, als Mumie, in seinem Schrank versteckt. Genau, wie in dem Film Psycho.

 

„Also mein Freund, was kann ich für sie tun?“ ,spricht er mich an und ich zucke zusammen.

„Genau genommen weiß ich es nicht. Ich habe das Gefühl, das Dinge in diesem Haus vorgehen.“

„Dinge?

„Ja. Außerdem, wollte ich sie fragen, ob es einen Job in ihrer Fabrik für mich gibt. Ich bin gerade knapp bei Kasse.“

„Nein. Leider nicht. Die Fabrik wird bald abgerissen. Dann wird es keine Schokolade mehr in dieser Stadt geben. Jedenfalls nicht mehr von Johann Carl Friedrich Gauß.“

 

Mr. Holmes versinkt daraufhin in einen Zustand der Apathie und ich verziehe mich.

 

Ich sitze nun schon seit 30 Minuten auf der obersten Stufe und qualme eine nach der anderen.

Lucky Strike ohne Filter. Wegen der alten Zeiten. Ich weiß nicht genau, was das bedeuten soll.

Die alten Zeiten sind genauso bescheuert, wie die Neuen.

Klingt einfach nur, als wüsste ich über irgendwas Bescheid und hätte eine spannende, erwähnenswerte Geschichte.

 

Eine süße, graue Maus, mit einem Tütchen Koks zwischen den kleinen, weißen Beißerchen, wetzt an mir vorüber und ich denke sofort an:

 

Frau Dr. Quinn – Die Zahnärztin aus Leidenschaft

 

Zu der Zeit, als ich sie kennenlernte, hatte sie gerade zur Psychologin umgeschult.

Ich befand mich gerade in einer Sinnkrise und schlenderte, so kurz vor dem Wahnsinn, durch die Straßen, als ich ihr 2,80 mal 3 Meter Schild sah.

 

AvS Angst vor Spinnern!

 

Sprach mich sofort an, also checkte ich ein. Die Sprechstundenhilfe, Minnie the Moocher, meinte: Termine wären kein Problem, da Dr. Quinn sehr wählerisch sei und ich genau ins Profil passen täte. Ich unterschrieb einen 2 Jahresvertrag zu günstigen Konditionen und schon hatte ich zahlreiche Therapien, mit wechselnden Themen, am Hals.

Minnie war sehr gesprächig und laberte mich sofort voll:

„Frau Dr. Quinn hat eine sehr harte Zeit hinter sich.

Vor 5 Jahren, war sie eine sehr erfolgreiche Zahnärztin. Zu ihren Kunden zählten Filmschauspieler, Artisten und Künstler. Alles lief, statistisch gesehen, steil nach oben.

Doch dann lernte sie auf einer Vernissage Dr. Gonorrhoe kennen. Der machte gerade eine längere Pause vom Arbeitsleben und war Anführer einer Rockergang.

Dr. Quinn verliebte sich natürlich sofort in diesen charismatischen, ziellosen Menschen. Leider. Denn er behandelte sie, wie sein Eigentum. Dann wurde er ihrer überdrüssig und sie brach sich, bei dem Versuch, sich mit dem Motorrad umzubringen, beide Hände.

Das war`s dann mit ihrer Karriere und ihrer Berufung, die sie so sehr geliebt hatte. Nach einer langen Zeit der Traurigkeit fand sie wieder zurück ins Leben und hilft nun Menschen, denen es noch schlechter geht.“

„Was wurde aus Gonorrhoe?“ ,fragte ich interessiert.

„Hat sich Sex Monate später eine Geschlechtskrankheit zugezogen und lebt jetzt, vor sich hin murmelnd, im Sanatorium.“

„Scheiße gelaufen.“ ,kommentierte ich.

„Ja. Scheiße gelaufen.“ ,wiederholte sie eintönig.

 

Eine Spinne seilt sich, halsbrecherisch von der Decke ab und glotzt mir mit ihren 8 Augen genau in die Pupille. Ich weiß nicht warum sie auf dicke Hose macht und sage ihr, das Libellen 40.000 Augen haben. Sofort macht sie sich vom Acker. So das wäre auch geklärt.

 

Nach einer Zeit der Belanglosigkeit, schiebe ich den obersten Knopf meines Hemdes in den dafür vorgesehenen Schlitz, stehe auf und tänzle, wohl gelaunt, eine Treppe tiefer.

So Fred Astaire mäßig.

 

Mrs. Watson und Herr Schmidt wohnen im 2. Stock und leben seit sehr langer Zeit in wilder Ehe zusammen. Sie versuchen es geheim zu halten, damit die Hausbesitzer nichts davon mitbekommen. Keine Ahnung warum.

 

„Wir wohnen nicht zusammen. Ich bin nur auf einen Kaffee vorbeigekommen.“ , beteuert Herr Schmidt.

„Ah Kaffee.“ ,sage ich so beiläufig, wie möglich.

„Möchten sie auch einen.“ ,kommt die Stimme von Mrs. Watson aus der Küche.

„Ja. Gern.“ ,flöte ich aufs allerniedlichste.

 

Herr Schmidt verdreht die Augen. Ich will ihm nicht die Tour vermasseln, aber ich habe seit 1000 Jahren kein Koffein zu mir genommen und es ist genau das, was ich jetzt brauche.

 

Im Wohnzimmer riecht es nach Mohn. Es ist still und leer zwischen den Mustertapeten.

Mahagoni Möbel stehen schwer und wartend in diesem Raum.

Sie hoffen auf Gesellschaft und Zuwendung. Auf ein Zeichen.

In diesem Kosmos gibt es keine Zeit. Nur Sein.

 

Mann. Ich bin voll poetisch.

 

Die Gardinen hängen so traurig an der Stange, das ich glaube gleich weinen zu müssen.

Keine Ahnung was auf ein mal mit mir los ist.

Ein sentimentales Gefühl greift nach mir und krallt sich mit aller Gewalt an mir fest.

Passiert mir sonst nie. Außer bei Bambi, da heule ich wie ein Schlosshund.

 

Mrs. Watson ist eine nette, ältere Dame. So eine Oma. Wie früher. Weißes Haar.

Helle wache Augen. Kittelschürze, mit weißen Rüschen. Schöne, faltige Hände.

Es riecht aus der Küche nach Zimt und Apfelsinen. Wie Weihnachten. Ich fühle mich geborgen da oben. In ihrer Küche ist es, wie in einem riesigen, warmen Eichhörnchen Nest.

Die Welt dreht sich weiter, aber bei Mrs. Watson hat das keine Bedeutung.

Da ist alles genauso, wie vor hundert Jahren und das ist sehr beruhigend.

 

Eine Geschichte über eine Eintagsfliege, die Rüdiger heißt, wäre genau das Richtige.

 

 

Januar

 

Gustavo hat ein neues Geschäft am Laufen und meint ich könnte mit einsteigen.

Bin aber nicht sicher, ob der Verkauf von Lebendküken das Richtige für mich ist.

 

Habe heute versucht mein eigenes Brot zu backen. Francine und Josephine, die beiden Lesben, meinten, das es suboptimal wäre, dafür ein offenes Feuer auf der Terrasse zu machen.

Ich hab einfach die Tür zu geknallt. Wenn ich Brot backen will, mach ich das. Kann mir schließlich niemand verbieten. Und was soll das überhaupt heißen Suboptimal?

 

Hab extra nachgeschaut:

 

Suboptimal = weniger gut, nicht optimal.

 

Warum sagen sie das nicht? Boah! Ich hasse die! Alter!

 

Fühle mich total angespannt und denke daran, das meine Mum ihre Freier immer bei uns zu Hause zum Dinner geladen hat. Ich musste dann ganz still sein und in der Besenkammer solange warten, bis sie weg waren. Das klingt schrecklich, war aber immer noch besser, als jeden Tag zur Schule zu gehen und von den anderen Schülern verprügelt zu werden.

Das hörte erst auf, als ich anfing Bruce Lee Filme anzuschauen und jeden Tag Kung Fu zu trainieren. Irgendwann hab ich dem Anführer, Magnus seine Igelfresse poliert. Da war dann Schluss mit lustig.

Jetzt hätte alles wunderbar werden können, aber 2 Tage später bin ich von der Schule geflogen, weil Magnus, Schrägstrich Arschgesicht, der Sohn des Direktors war. Egal!

Bin bei einem Verwandten untergekommen der in Heilpflanzen machte.

Das es Marihuana war, erklärte mir 3 Monate später die Polizei von Pittsburgh.

Nach dem Knast bin ich direkt nach New York in die South Bronx.

 

Tja, und da bin ich nun und muss mich mit 2 beknackten Lesben abärgern, die nichts von alternativer Lebensführung verstehen. Egal!

 

Ich setze mich mit einem Keks vor das Fenster und schaue hinaus.

 

Familie Rickenbacker führen ihren Hund Melmack und ihren behinderten Sohn Eduardo aus. Der Hund ist eine Mischung aus Rhinozeros und Giraffe, nur in kleiner.

So Hosentasche Größe. Eduardo hat diesen Winzling an einer groben Hanfleine und zieht in einer Tour daran.

Der Hund ist reichlich genervt. Genau wie die Eltern und alle anderen im Haus, denn Melmack kläfft, wie ein Großer. Herzlichen Glückwunsch!

Eduardo ist ein richtiger Scheißkerl. Nur traut sich keiner es auszusprechen, weil man über Behinderte so was nicht sagt. Sein großer Wasserkopf und die hervortretenden grünen Augen geben seinem quallenartigen Gesicht etwas magisches. Besonders, weil er immer diesen Schwarzen Magier Umhang und einen Zauberstab trägt. Eduardo lässt alles verschwinden.

Messer, Gabeln, Katzen, Tauben, Hühner Elefanten, Stühle, Melmack (obwohl, der tauchte nach 3 Tagen wieder auf und ihm fehlte nur ein Auge ).

 

Manchmal glaube ich, dass Eduardo wirklich zaubern kann, denn er sagte voraus, dass Johnny verschwinden würde. 2 Tage später war er tatsächlich weg. ????????????????????

 

Aber sonst ist Eduardo ein richtig netter Zeitgenosse. Wenn sie ihm jetzt noch das stundenlange Schreien abgewöhnen, blicke ich optimistisch in die Zukunft, das wir ihm nicht den Hals umdrehen und an die Hühner verfüttern.

 

Hanna hat heute Abend die Musik auf voller Lautstärke. Mein Pappgeschirr beginnt schon wieder über den Tisch zu steppen und die Plastikgabeln tanzen Mambo.

Hab mich ausgezogen und meine Superman - Unterhose mit dem Spiderman - Shirt übergestreift. Sieht voll Superheldenmäßig aus.

 

Dann habe ich getanzt, das es nur so krachte. Die Arme schlackerten, um meinen zuckenden Körper und mein Gesicht lächelte vor Verzückung.

 

Also, wenn das nicht total pervers und merkwürdig ist. Weiß ich auch nicht.

 

 

Januar

 

Hab mich wieder eingekriegt und bin zu den beiden Lesben rüber, um die Sache von gestern zu klären. Das mit dem Brot backen hat dann doch nicht so gut funktioniert. Nachdem die Feuerwehr abgezogen ist, hab ich die Reste der Terrasse zusammengefegt. Da hatten die Beiden wohl doch nicht unrecht. Deshalb hab ich eine Rolle Pumpernickel besorgt und ein Gedicht von Rielke dazu gelegt. Mann haben die sich gefreut.

Ich musste gleich zum Kaffee reinkommen.

Die sind richtig nett. Kennt man von Lesben ja sonst nicht. Die sind doch eher zickig.

Aber die beiden sind freundlich, fast schon liebevoll. Also nicht zu mir, aber so gegenseitig.

Hab ich sofort gespürt.

Und richtig gut gerochen haben die. Hätte es gern gehabt, dass sie mich mal umarmen, aber nachdem ich sagte, das ich früher auch mal Lesbe werden wollte, sagten sie, dass Männer keine Lesben werden werden könne, weil sie ja sonst Frauen wären.

Naja. Mit Smal Talk haben`s die Lesben wohl nicht so, aber ich nehme ihnen das nicht übel, weil ich ja Weltgewand und Philanthrop bin.

 

Philanthrop = Menschenfreund, Wohltäter.

 

Hah. Hochtrabend kann ich auch.

 

Hochtrabend = theatralisch

 

464 Meter in der Sekunde. Mir ist schwindelig.

 

 

Januar

 

Die Sonne scheint.

 

Habe gerade beschlossen, das an jedem 30. des Monats Schlonnsday ist.

Das is so`n gaaaaaaaanz wichtiger Tag, an dem man nur Sachen macht, die einem im Leben weiterbringen, aber so ganz auf locker.

 

Als erstes. lache ich der Welt mal ganz frech ins Gesicht.

Als zweites, trinke ich so viel Cola, das es aus der Nase wieder hervor sprudelt.

Als drittes, klingel ich bei meiner Lieblings Nachbarin und lade sie zum Eis ein.

 

 

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Komme gerade von Hanna Banana.

Diesmal öffnete sie in so einer Art Jumpsuit. So ähnlich wie Elvis ihn in den 70ern getragen hat. Ganz in weiß. Denke kurz an Roy Black und meine Mama Margit.

Dieser Gedanke wird aber sofort wieder von Hanna`s Anblick verdrängt.

Meine Augen klebten auf dem geteilten Adler der die Ansätze ihrer Brust zu 2 gleich großen Halbkugeln links und rechts sichtbar macht. Denn vorn, ist der Einteiler bis zum Bauchnabel offen. Die Haare, ihrer blonden Perücke, glitten, wie verspielte Kinder auf einer glatten Eisfläche, über ihre Haut. Konnte meinen geöffneten Mund nicht schließen und der Sabber lief mir übers Kinn und fiel tropfenweise auf den Boden.

 

„Was is?“ ,fragte sie genervt.

„Ja. Also. Hier bin ich.“ ,sagte ich und wusste nicht warum.

„Und?“ ,rotzte sie brutal in mein Gesicht.

 

Also. Nicht in echt, sondern mehr so bildlich. Also, so im übertragenen Sinne. Ich will damit sagen, das sie sehr deutlich zum Ausdruck brachte, wie Scheiße sie mich findet.

Schade. Da ich heute grad einen Tag erwischt hab, wo ich mich eigentlich so richtig selbstsicher fühle.

 

„Wasn jetzt?“ ,fuhr sie fort.

 

Ich konnte nichts sagen. Stand einfach nur da und litt. Idioten Treffen in der Gun Hill Road.

 

Nach 13 Sekunden knallte sie die Tür zu und rief:

 

„Ich weiß immer noch nicht, wer der Penner ist!“

 

 

Keine Ahnung was die Leute meinen, wenn sie sagen: „Das Leben ist wundervoll!“

 

Schleiche zwei Stockwerke höher und klingele bei Familie Rickenbacker. Ganz oben. 3. Stock. Habe den Aufstieg nur mit Mühe geschafft. Das Pfeifen in der Lunge ist zwar sehr melodiös, aber das gleichzeitige Rasseln und Stolpern darin machen mir Sorgen.

Muss unbedingt an meiner Kondition arbeiten und meine graue Jogginghose waschen. Hoffentlich gehen die Rotweinflecken wieder raus.

Das nächste mal sollte ich nicht versuchen den Verschluss durch einen 1 A Karateschlag zu beseitigen.

 

Herr Rickenbacker öffnet mit diesem verdutzten Gesicht, wo die Augen ganz groß werden und du so eine leichte Übelkeit ablesen kannst, weil er so gar kein Bock auf dich hat.

Doch als ich mich als Hausmeister Assistent von Herrn Schmidt vorstelle lässt er mich rein, um die Klospülung zu überprüfen, die schon seit Wochen nicht funktioniert.

 

Ich mache also auf wichtig und zücke meinen schwarzen Kugelschreiber, den ich in einem Ständer der Schreibwarenabteilung gefunden habe, und versichere ihm, das er sich keine Sorgen mehr machen müsse. Ich sei ja jetzt da und die Not hätte ein Ende.

 

Meine Herren, das Bad ist super sauber. Selbst die Toilette. Und wir wissen ja alle, was da manchmal für Sachen drin verschwinden. Bei dieser lupenreinen Toilette traut sich doch niemand, was zu hinterlegen. Ich jedenfalls nicht.

 

Da ich dringend mal muss, überlege ich in die Badewanne zu pinkeln. Hab mich aber nicht getraut, weil die genauso blitzblank sauber ist, als hätte da noch nie jemand drin gebadet.

 

Bin stattdessen zu Eduardo, ihrem 13 jährigen autistischen Sohn mit Asthma Problemen, und hab mir eine Dosis Sauerstoff von seinem Inhalator gegönnt.

 

Sollte ich mal zu Geld kommen, ist das das erste was ich mir zulege. Einen verchromten, spitzen Inhalator aus der Serie Doppel A mit dreifach gekreuzter Muffe und Doppelradaufhängung.

 

Bin dann zurück ins Bad, weil ich dachte:

 

„Der Marlow ist ja ein Detektiv und wenn ich jetzt mal kriminalistisch an die Sache mit dem Klo ran gehe, finde ich vielleicht eine Lösung.“

 

Also hab ich erst mal eine Befragung durchgeführt, bei der herauskam, dass die Frau Rickenbacker immer ihre Damenbinden ins Klo wirft.

 

Dann hab ich meinen Arm, bis hoch zur Schulter mit Cellofan Folie umwickelt.

(Veterinäre haben ja entsprechende lange Handschuhe, wenn sie Kühe untersuchen.)

Dann mit der Hand ins Klo und den ganzen Schamott rausgeholt.

Mann waren die glücklich. Hab sie dann auch gleich zum nächsten Schlonnsday eingeladen.

 

Dann können wir gemeinsam das tun, was uns am meisten Spaß macht.

 

Der Erdbeerkuchen danach, war der beste Erdbeerkuchen, den ich je hatte.

 

Eduardo hat sich in der ganzen Zeit eine Plastikkeule auf den Kopf gedonnert, weil ihm die Sahne verwehrt wurde. Dazu rappte er die Indonesische Nationalhymne in einer großartigen Performance und ich stand kurz davor ihm ein Kissen aufs Gesicht zu drücken.

Das hörte erst auf, als ich zwischendurch schnell zu Sir Edward Holmes rüber bin und mir etwas Sahne geliehen habe.

Und es war die Fantastischte, die ich je zu einem Erdbeerkuchen gegessen habe.

 

Alles in allem, der Beste Schlonnsday den ich je hatte.

 

 

Januar

 

Um 5:00 Uhr morgens aufgewacht und voll auf Depri. Draußen ist wieder so ein Nicht Wetter.

Grau! Graue Bäume. Graue Autos. Graue Gesichter. Ich schaue mich im Spiel an.

Bin auch grau. Außerdem ist mir das Shampoo ausgegangen. Wenn das so weitergeht, bringe ich mich heut` noch um.

 

Moment. Es klingelt an der Tür..................

 

Es war Mrs. Watson aus dem 2. Stock. Sie ist 43 sieht aber aus wie 66 und will immer wissen, wie alt ich sie schätze.

Einmal machte ich den Fehler die Zahl auf 43 anzusetzen. Da schlug sie mir gleich ihre Handtasche um die Ohren. Erst, als ich sagte:

 

„Nicht älter als 36.“ ,streichelte sie mir über den Kopf und meinte:

„Du kleiner, geiler Sack. Willst mich wohl ins Bett kriegen?“

„Nein. Auf keinen Fall, Mrs. Watson. Ich bin doch ein Gentleman.“

„Bin ich dir nicht hübsch genug, oder was?“ ,keifte sie.

 

Und schon wieder bekam ich ihre Handtasche um die Ohren. Vermute, das da Bleigewichte drin sind. Die Gehirnerschütterung werde ich ihr wohl in Rechnung stellen müssen.

 

Na, da würde sie aber gucken. 500 Mäuse, nur für die fette Beule am Hinterkopf.

Noch besser wäre, Inhaber einer Agentur zu sein. Mann, was könnte ich da für Moneten abgreifen.

Agentur kommt ja von Agent. Das ist geheimnisvoll und gefährlich. Ein spitzen Job.

Immer heiße Bräute die sich ihre zehn Finger nach dir lecken. Jeden Abend schick ausgehen. Über Jacques Brel sprechen und so tun, als verstünde man, was er singt. Und dann alles noch mal auf französisch durchgehen.

 

Oder Privatdetektiv. Das ist noch besser. Besserer Whisky. Bessere Frauen. Cooleres Image.

Denn Image meine Freunde ist der Mantel, der dich mit seiner Asbestfütterung vor der Glut des Alltags schützt.

 

Das ist genau mein Ding:

 

 

Monday Moon the best Privatdetektiv in this House.

 

 

„So. Was ist jetzt Moon? Bin ich nun `ne heiße Braut? Oder was?“ ,fuhr Mrs. Watson fort.

 

Ich griff ihr an den Busen und steckte meine Zunge in ihren Mund. Die dritten Zähne fielen von oben herab und ihre Hände befummelten meinen Arsch. Hätte nicht viel gefehlt und ich hätte sie direkt im Flur genagelt.

Gott sei Dank kam gerade Mr. Holmes aus dem 3. Stock vorbei

 

„Hi Mr. Holmes. Ich kann ihnen die Sahne gleich zurückgeben.“ ,rief ich ihm zu und musste über die Doppeldeutigkeit lachen.

„Ne` lass mal mein Junge. Das passt schon.“ ,gab er zurück.

 

Na. Da hatten wir beide wohl Glück. Mrs. Watson folgte Mr. Holmes nach unten. In ihrem Tuscheln hörte ich Wortfetzen.

 

„Das Zeug..........bezahlen...........In einem hohlen Baum............Sugar..........Dieser Drecksack......

Viel zu teuer.............“

Merkwürdig.

 

Jetzt sitze ich in einem Zustand der körperlichen Erregung hier und überlege wieder mal, was ich bloß schreiben könnte.

 

Vielleicht von einer alten Lady, mit silbernem Haar, die auf junge Kerle steht.

 

Zu unglaubwürdig.

 

 

Februar

 

Habe heute beim Stöbern in einem Second Hand Laden eine Luftpistole und ein rotes Holzkästchen gefunden. Das sah ziemlich alt aus. Ungefähr so wie Mrs. Watson.

Der Verkäufer meinte, das wäre genau das Richtige für mich. Denn es enthielte ein

Perpetuum mobile. Ich nickte und fragte mich was er mir damit sagen wollte.

 

„Sie wissen doch was ein Perpetuum mobile ist.“ ,fragte er hinterlistig.

„Logisch.“

„Das ist ein......“ ,fuhr er besserwisserisch fort.

 

Ich winkte ab. So, ganz auf lässig, mit meiner linken Hand.

 

„Ich nehm` Beides.“ ,sagte ich und schaute mir noch die geilen Klamotten im Schaufenster an. Die sahen Hammer aus. Schwarz. Edel. Genau so einen Anzug müsste ich tragen.

 

Denn Schnüffler, (Fachbegriff für Privatdetektiv) müssen entweder total verwarzte Klamotten tragen oder richtig Schicke. Dazwischen gibt es nichts.

 

Nur so kannst du dich aus der Masse hervorheben, denn die meisten sind ja so zwischendrin. Die sehen alle gleich aus. Die gleichen leblosen Gesichter. Die gleichen Sprüche. Das gleiche Leben. Von der Wiege, bis zur Bahre. Alles Gleich.

 

So will ich nicht leben und auch nicht abtreten. Ich will was Besonderes sein. Kein Niemand. Ich will eine Bedeutung haben. Ich will das Irgendwas bleibt.

 

 

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Vor dem Laden stand ein Kind mit einem Eis. Ein Mädchen in einem weißen Kleid mit einem breiten roten Seidengürtel.

 

„Ich hab ein Eis.“ ,sagt die Kleine.

„Mann darf nicht mit Fremden sprechen.“ ,erkläre ich.

„Warum?“

„Ich könnte ja auch etwas Böses im Schilde führen.“

„Mein Eis wegnehmen?“

„Ja. Zum Beispiel.“

„Meine Mama sagt: Der Tod kommt meistens unverhofft.“

„Deine Mama ist eine kluge Frau. Johnny hat`s mit einem Flugzeug erwischt.“

„Abgestürzt?“

„Nein. War ein altes Spielzeug. Er ist drauf getreten. Rost. Blutvergiftung. 2 Tage später haben sie das weiße Laken über sein Gesicht gezogen. Herzversagen.“

„Ist er im Himmel.“

„Schätze schon. Vielleicht auch nicht. Ich weiß nicht.“ ,meinte ich.

„Ich muss los. Mama macht heute Spaghetti.“

„Hab letzte Woche Ravioli gegessen. Danach musste ich kotzen. Die Dose war seit 2 Jahren abgelaufen.“

 

Sie winkte zum Abschied.

 

In großen Abständen segelten Schneeflocken durch die Luft. Weiß und sauber.

Merkwürdig, dass die Kleine keinen Mantel trug.

 

So. Endlich wieder zu Hause. Habe in einer alten Zeitschrift von Gustavo drei Bilder gefunden, die ich als Zielscheibe benutze:

 

Hitler – Mussolini – Stalin

 

In meiner Einraumwohnung gibt es einen Platz den ich genau für diese Momente freigelassen habe. Ich nenne ihn: – Ich stell euch alle an die Wand – Ecke.

 

Genau da bringe ich sie an.

 

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Als erstes schieße ich mir mit der Luftpistole in die Hand.

 

Der Arzt meinte, das wäre das Dümmste, was ihm je untergekommen sei. Da sagte ich zu ihm, das er dann wohl Johnny nicht kennen würde.

Der hatte nämlich sein Leben verloren, als er im Streichelzoo ein Hängebauchschwein einer Nassrasur unterziehen wollte.

Der Arzt dachte wohl ich mache Witze, obwohl er keine Miene verzog, also kramte ich eine zerknitterte Fotografie von Johnny aus meiner Tasche und zeige sie ihm.

Er zog die Augenbrauen hoch und meinte, dass dies die schlechteste Zeichnung der Welt wäre und ob ich nicht den Unterschied zwischen einer Fotografie und Krikelkrakel erkennen würde? Darauf hin sagte ich, wenn er mir so käme, könnte ich ihm gleich mal eine auf die Nase geben, dann wüsste er schon woher der Wind wehte.

 

Es gab ein kleines Gerangel und viel Geschrei. Die Security setzte einen Elektroschocker ein und nachdem die Krankenschwester meine Platzwunde auf der Stirn behandelt hatte, ging es mir wieder besser und ich konnte diesen Ort der Heilung und der Niedertracht lebend verlassen.

 

Das Nächste mal schieße ich IHM mit der Luftpistole durch seine Hand.

 

 

Februar

 

Das Perpetuum mobile steht auf meinem Nachtschrank. Warum habe ich mich bloß vom Verkäufer überreden lassen. Muss unbedingt mehr auf meine eigene Stimme hören, wenn ich bei Hanna landen will.

Übrigens hat sie jetzt keine gelben Haare mehr, sondern Pinke. Sieht super aus. Überlege, ob ich meine auch Pink färben sollte.......................?

 

Ne! Sieht zu sehr nach Anbiedern aus. Mann, wenn ich bloß dieses verfluchte Gefühl der Verliebtheit abstellen könnte. Das Leben wäre so viel einfacher.

 

Vielleicht ein Nasenring. Damit könnte ich doch bestimmt punkten. Oder so einen Pflock durch das Ohrläppchen.

Die Hanna hat beides. Finde ich eigentlich Scheiße, aber bei ihr sieht das natürlich Hammer aus. Stelle mich vor den Spiegel und halt einen gebogenen Draht vor meine Nase.

 

Ochsen haben das auch, damit man sie leichter führen kann. Mmmmmmh. Bin kein Ochse, also lasse ich es. Aber vielleicht ein Spinnennetz quer über den Hals und einen Anker auf die Wange. So richtig tätowiert, damit sie sieht wie wichtig mir Körperschmuck ist.

Weil, die Hanna hat nämlich auch reichlich Tattoos:

 

Ein kleines Kreuz und einen Glückskäfer auf dem Zeigefinger. Einen Totenkopf auf dem Oberarm. Rot – Schwarz. Einen stinkenden Hundehaufen auf der linken Brust.

Eine aufplatzende Bauchdecke mit blutenden Gedärmen über dem Bauchnabel. Einen kotzenden Wikinger der ein Trinkhorn in der Hand hält. Ein chinesisches Schriftzeichen, das Liebe oder Sackgesicht bedeutet. Gehirnmasse die aus einem Männerschädel fließt und darunter der Spruch:

 

Kauf dir Intelligenz! Du blöder Schwanzlutscher!

 

Ein Mädchen, in einem weißen Kleid mit roter Schärpe. (Kommt mir irgendwie bekannt vor.)

Auf dem Rücken Hieroglyphen, deren Bedeutung ich nicht entziffern kann, weil mein Archäologie Studium nur ein 2 Wochen ging und ich 1 Woche davon in der Cafeteria verbracht habe.

Direkt auf dem Steißbein erkenne ich einen brennenden Busch mit einem Typen, der wie Johnny aussieht.

 

Das sind halt so richtig coole Sachen! Denke Ich. Jedenfalls hat das nicht jeder.

Höchstens die Jungs aus der Yakuza.

 

Ich würde mir auf jeden Fall Golgatha stechen lassen. Das ist der Hügel auf dem sie Jesus gekreuzigt haben.

 

DAS ist doch eine gute Geschichte:

 

Jesus geht über das Wasser und trifft Barabbas, den Dieb. Zusammen hecken die den Plan aus Pilatus mal so richtig eins auszuwischen, indem sie eine neue Religion ins Leben rufen.

Aber weil die Pharisäer das überhaupt nicht lustig finden verpfeifen sie ihn. Jesus wird gekreuzigt und Barabbas freigesprochen.

 

Das nimmt mir sowieso keiner ab. Außerdem schneit es jetzt richtig heftig und meine Heizung ist immer noch kaputt. Also wieder mal mit Schal und Handschuhen ins Bett.

Wenn ich nicht bald einen heißen Kaffee bekomme drehe ich durch. Das Leben ist ohne Freunde eine Qual. Niemand, den man um Rat fragen kann oder der einem am Sonntag, mit seinem Gequatsche so richtig auf den Sack geht.

 

Ich rieche Kaffeeduft. Die Lesben brühen ihn bestimmt gerade frisch auf. Lecker!

Warum habe ich mich bloß von dem Verkäufer überreden lassen?

Perpetuum mobile! Was für eine Scheiße!

 

 

Februar

 

Habe die gemalte Fotografie von Johnny gerahmt und im Wohnzimmer aufgehängt. Sieht super aus. Wenn ich nicht ein toller Autor werden sollte, kann ich immer noch Maler werden und, wenn das auch nicht geht, dann eben Anarchist.

 

Also.

 

Worüber könnte ich schreiben?

 

Vielleicht von einem Waschbären der versucht von seinem Waschzwang wegzukommen.

Oder einem Ameisenbären der Vegetarier werden will.

Wie wäre es mit Egon an der Eckkneipe, der hat einen Tiger zu Hause und ist Lachanophobe.

Alles zu merkwürdig!

Ne. Ich weiß. Von so einem Typen der in einem Haus wohnt und mit seiner Nachbarin zusammenkommen will, die Comiczeichnerin ist.

 

Boah. Langweilig.

 

Freue mich auf meinen Schlonnsday. Endlich mal wieder das tun, was ich will.

Mir nicht von der Uhr diktieren lassen, was wann zu geschehen hat.

Mir nicht von irgendwelchen Bossen vorschreiben lassen, was ich zu tun habe.

Da fällt mir grad ein. Vielleicht sollte ich mir mal einen Job suchen. Gute Idee.

Aber nicht vor dem Schlonnsday. Das würde mir total den Nachmittag versauen.

 

Überlege gerade was Hanna (Für alle unwissenden Honks, die gerade erst dazugekommen sind, das wird übrigens wie Hänna Bänänna ausgesprochen) wohl für Slips trägt. Ich finde Pantys toll.

Ok. Kommt ganz nach oben auf meine Prioritäten Liste.

 

Prioritäten Liste:

 

Herausfinden was Hanna für Slips trägt.

Ameisenbären beobachten und züchten. (Bringt richtig Kohle.)

Jeden Tag rasieren. Auch den Intimbereich. (Man weiß ja nie.)

Überlegen was ich in mein Tagebuch für tolle Sachen schreiben soll.

Gustavo davon überzeugen, das Küken aus Eiern schlüpfen und nicht von Lindt hergestellt werde. (Übrigens steht ihm das Hitlerbärtchen überhaupt nicht.)

In die Fußgängerzone, mit Musik machen, Geld verdienen. (Gitarre spielen lernen.)

Hanna einen Liebesbrief schreiben.

Ein besserer Mensch werden.

Über das Universum und unser armseliges Leben nachdenken.

Monogramme auf Taschentücher sticken (vielleicht die von Hitler oder Gustavo und und für viel Geld bei Ebay verticken.

 

Ein Schokoriegel wäre jetzt der Hammer. Trinke stattdessen ein Glas Wasser und wundere mich über die braune Färbung . Hoffentlich hat das nichts mit meiner Nähe zu Gustavo zu tun. Der hat wieder aus seinem Fenster – Heil Hitler – geschrien.

Ich finde Faschisten Scheiße. Alter. Wie kommen die eigentlich darauf zu glauben, dass wir unbedingt ein 1000 jähriges Reich brauchen?

 

Ich hab mal über Gott nachgedacht. Also, ob der auch Faschisten ins Himmelreich lässt und ob die dann da oben auch alle anders Denkenden vergasen wollen. Und wenn Gott das zulässt, ob der nicht selbst auch ein Faschist ist.

Das verwirrt mich total, weil Gott ja eigentlich nicht wirklich existiert. Aber, die die an ihn glauben ihn schon für real halten. Genau wie die Faschisten, die ja Hitler für eine Art Gott halten und wenn da jemand schlecht über Adolf redet, gibs bestimmt auf die Fresse.

Aber falls es Gott doch gibt, wieso löscht er sie nicht einfach aus. So wie damals in Sodom.

Die Stadt und die Sünder gabs ja dann auch nicht mehr.

 

Aber vielleicht hatte Gott auch nur einen schlechten Tag.

 

Fing morgens an, als ihm seine Engel den kalten Kaffee brachten und ihn mit schlechten Nachrichten nervten. Das immer weniger Menschen an ihn glauben würden und die lieber am Kiosk beim Hühner Hugo ihr Tütchen Gras kauften. Und dann dieser Haile Selassi. Oder Buddah und Allah. Ist auch blöd auf den 2. oder 5. Platz zu rutschen.

Also, Gott ist genervt von diesen ganzen Göttern und den Menschen und dem kalten Kaffee und sagt zu sich:

 

„So. Schnauze voll. Jetzt zeig ich denen mal, wer hier der Boss ist.“

 

Und Zack, das war`s dann mit Sodom. Könnte doch sein.

 

Weil. Ich kenn` diese Tage halt auch. Du wachst auf und denkst der Tag geht voll in die Grütze und dann machst du den ersten von vielen Fehlern. Du stehst auf. Weil du denkst du hast Verpflichtungen und was sollen bloß die ganzen anderen Idioten denken.

Später wird dir klar das du der Idiot bist und alle dich für einen Looser halten, weil du nichts auf die Reihe kriegst.

 

 

 

Februar

 

Stelle gerade mit Entsetzen fest, das der Februar nur 28 Tage hat. Scheiße. Was mache ich jetzt mit meinem Schlonnsday. Ich brauch doch auch mal Ruhe.

Überlege, ob ich mich in den Schlaf weine. Rufe aber statt dessen Herrn Schmidt, unseren Hausmeister an, weil der Strom ausgefallen ist.

Der ist total nett und erklärt mir, dass der nicht ausgefallen, sondern abgestellt ist, da ich seit Monaten weder Miete noch Strom bezahlt habe.

 

Na gut. Ich hab gelesen, das man sich bei Problemen nicht unterkriegen lassen soll und beschließe trotzdem gut drauf zu sein.

 

Wie wärs mit einer Geschichte:

 

Wie löse ich Probleme, ohne das Haus zu verlassen?

 

Gibt`s wahrscheinlich schon. Mist. Vielleicht gibt es auch gar keine neuen Geschichten, weil alles schon mal dagewesen ist. Alles wurde schon mal gelebt. Durchlitten. Gelesen. Gesagt.

Erklärt. Gedacht.

Ich gehe also erst mal los....................

 

So. da bin ich wieder. Habe ein Kabel besorgt, um mich an den Strom der Nachbarn anzuhängen. Am besten Familie Rickenbacker aus dem 3. Stock.

 

Paul Mc Cartney spielte eine Rickenbacker Bassgitarre. Ich weiß das interessiert niemanden außer mich oder mir oder so.

 

 

Februar

 

Habe vor ein paar Tagen versucht Strom zu besorgen. Da ich ja eine 2 wöchige Elektriker Ausbildung habe, schien mir das ganz einfach.

Gestern wurde ich, nach 6 Tagen Koma, aus dem Krankenhaus entlassen. Das ich immer noch Plus und Minus verwechsle, hat nicht dabei geholfen wieder Licht in meine Bude zu bringen.

Fühlte mich wie ein Zitteral auf Brautschau. Der Strom hämmerte durch meinen Körper, das ich dachte, ich wäre Presslufthammer B. B. B. B. Bernhard.

Nach dem Stromschlag fällt es mir manchmal schwer mich an Dinge zu erinnern.

Aber wer will sich schon an alles erinnern. Die Erinnerungen meiner Kindheit sind Scheiße genug:

 

Mein Dad. Ein stadtbekannter Landstreicher und Säufer kam alle Jubeljahre mal nach Hause, um meine Mutter zu schlagen.

Ja. Das war blöde, aber meine Mum, war auch nicht besser. Die hat sich überhaupt nicht um mich gekümmert. Das Jugendamt kam einmal in der Woche. Da musste ich dann so tun als wäre alle in Ordnung.

Die leeren Flaschen raus räumen. Das Fixer Besteck verstecken. Aber das war schon ok.

So musste ich wenigstens nicht ins Heim.

Meine Mum hatte reichlich Probleme. Die wurde auch als Kind geschlagen und in den Keller gesteckt. Wenn sie besoffen war, hat sie mir die ganzen Geschichten erzählt. Ihr Lieblingslied war Breaking up is hard to do von Neil Sedaka.

Sie starb an einem Montag. Na, wenn das kein Zufall ist. Sie hat sich mit einer Klaviersaite erhängt. Keine Ahnung, wo sie die herhatte. Besonders musikalisch war sie auch nicht.

Manchmal hat sie versucht mir was vorzusingen. Schräg. Alle Katzen in der Umgebung haben mit eingestimmt. Hab es trotzdem geliebt. Da dachte ich, das sie mich vielleicht doch lieb hatte. Ich glaube mein gestörtes Verhältnis zu den Frauen kommt genau daher.

 

Das wiederum bringt mich zurück zu Hanna...............

 

 

März

 

War die letzten zwei Wochen viel unterwegs. Hab mit Francine und Josephine gesprochen.

Ich sagte, das ich keinen Job hätte und wohl bald auf der Straße leben würde.

 

„Tja, als Lesbe hat man es auch nicht leicht.“ ,meinte Josie.

„Naja. Aber auch geil. Jeden Tag die Dose deiner Freundin vor Augen. Stell ich mir heiß vor.“

„Du bist so ein Trottel.“ , sagte Francine.

„Ja. Aber irgendwie auch nett. Oder?“ ,fragte ich, so auf die treudoofe Art.

„Ja. Aber trotzdem noch ein Vollidiot.“

 

Sie nahm mich in den Arm. Das fühlte sich gut an, aber war irgendwie auch bescheuert.

So ein bisschen, wie eine Mitleids Umarmung und das ist, wie ein Schlag in die Fresse.

 

Aber dann sagte sie: „Ich kenn` das Gefühl allein zu sein. Ist echt Scheiße.“

 

Ich musste einen dicken Kloß runter schlucken und konnte kaum reden, also hab ich ihr an den Arsch gefasst. Sollte so freundschaftlich sein.

Sie hat mich weggestoßen und eine geknallt.

 

Dann sind sie abgehauen. Naja, ich kann mich ja morgen entschuldigen.

 

Musste die ganze Nacht an ihren wundervollen Arsch denken. Spürte noch lange ihre Rundungen in meiner Handfläche. Bin tatsächlich ein Vollidiot!

 

 

März

 

Bin um 5:00 Morgens aufgewacht. Ein erotischer, geiler Traum verfolgte mich.

Dachte an Hanna und wie sie mich zu einer Sexparty einlädt, zu der ich als Känguru verkleidet erscheine. Ich bitte sie in meinen Beutel einzuziehen und bemerke das ich gar keinen habe, weil ich ja ein männliches Känguru bin. Mist. Stattdessen will sie mit mir einen Martini, alla James Bond schlürfen. Nach 2 Minuten reißt sie mir die Klamotten vom Leib und ich stehe als der der ich tatsächlich bin, vor ihr. Scheiße wäre gern das Känguru geblieben. Egal.

Der Wecker klingelt und ich muss zu meinem ersten Job seit 5 Jahren.

 

Hätte gern einen Kaffee. Leider ist keiner mehr da. Trinke also den Rest Milch, die sauer schmeckt.

 

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Komme gerade von meinem First Class Reinigungsjob, im gehobenen Sparsegment zurück.

Hätte nicht erwartet des es sich ums Putzen in einem Bordell handelt.

 

Mein Opa sagte immer: „Arbeitet schändet nicht!“ Naja, was weiß der schon. Hat `43 für die Nazis in Stalingrad gekämpft und verloren.

 

Egal.

 

Also, dieser Job hat einiges für sich und einiges was dagegen spricht:

 

Er ist in der Nähe von meiner Lieblingsspielhalle.

Man bekommt Arbeitskleidung in der ich großartig aussehe.

Die Weiber sind mega geil.

Aber unerreichbar.

Man findet Sachen, die die Freier verloren haben.

Zum Beispiel einen goldenen Füllfederhalter.

Leider nicht aus echtem Gold und funktionieren tut er auch nicht.

Eine gute Gelegenheit zu lernen, wie man mit Frauen spricht.

Eine gute Gelegenheit zu lernen, wie man mit Frauen spricht, ohne einen Ständer zu bekommen.

Spermatücher entsorgen und Klos putzen sind so gar nicht mein Ding.

Wenn ich noch mal auf die Welt komme, dann nur als Segelflieger, weil das die Einzigen in diesem Universum sind, die mal so richtig frei von allem sind.

 

 

 

März

 

Habe gestern 30 Minuten geduscht. Da die Säcke mir das Wasser abstellen wollen, war das nötig. Leider lief nur eiskaltes Wasser über meinen gestählten, bleichen, dünnen Körper.

 

Muss unbedingt einen Prioritäten Plan für die, zu bezahlenden, Rechnungen erstellen.

 

Also, was hätten wir denn da:

 

Miete – Essen – Strom – Luigi

 

Das mit Luigi war mega wichtig. Weil, nämlich, der Luigi bekam noch 3000.- Ocken für eine verlorene Wette. Damit war nicht zu spaßen, aber wenn ich ihm erst mal aus dem Weg ging, konnte ich die Zahlung vielleicht noch heraus zögern.

 

Das Perpetuum mobile ist immer noch in der kleinen, roten Kiste. Ich nehme es heraus und entdecke einen kleinen Knopf, der nach dem Drücken eine kleine Lade aufspringen lässt.

Darin befindet sich ein Röllchen Pervitin. Sieht alt aus.

 

Wirkung: Pervitin unterdrückt Müdigkeit und Hungergefühl. Es verleiht dir hammermäßiges Selbstbewusstsein, ein Gefühl der Stärke. Kann aber auch psychotisch und verstörend wirken.

 

Na gut! Psychotisch bin ich schon, also kann es nicht so schlimm sein. Ich nehme also gleich 5 und warte.........................

 

 

März

 

Bin seit drei Tagen wach und habe zwei weitere Jobs angenommen. Als Hundesitter bin ich viel an der frischen Luft. Soll ja gesund sein und im Garten und Landschaftsbau schneide ich künstlerische Muster in die Hecke. Ich bin Goliath. Nichts kann mich aufhalten.

Ich bin zeitlos. Nur die tiefen Augenringe und das Zittern machen mir Sorge.

Habe noch mehr über Pervitin herausgefunden. Hitler hat es seinen Soldaten gegeben, damit sie noch schneller seine Kriege gewinnen können. Wurde auch Panzerschokolade genannt.

 

Schokolade. Lecker. Hab ich seit Wochen nicht gegessen.

 

Hanna hat ihren eigenen Comic im Flur liegen lassen. Es geht um einen Freak, der in einem Haus voller merkwürdiger Gestalten lebt und von einer geheimnisvollen Droge abhängig wird, die ihm Superkräfte verleiht.

 

Dieser Typ heißt: HexMäx.

 

Neben Röntgenblick und Dauerständer, kann er Arien singen und ist ein Frauenversteher.

Wusste gar nicht, das das eine Superkraft ist!

 

 

April

 

Hab`s geschafft. 3 Wochen durchgeackert. 3 Jobs. 3 Einbrüche. Bin meine Schulden los.

Hab` wieder Strom und warmes Wasser. Bin aber selbst am Ende.

Das Pervitin war schnell alle und ich voll süchtig nach dem Zeug.

Sugar hat mir Neues besorgt. So nennt er auch sein Zeug: Sugar!

Gutes Marketing Konzept. Er identifiziert sich vollkommen mit seinem Produkt und ist seine beste Werbung.

 

Sugar ist schwarz. Spielt keine Rolle. Er könnte auch blau-grün kariert sein. Hauptsache er hat mein Zeug und er liefert.

 

Scheiße. Hab mich immer über die Junkies lustig gemacht. Jetzt bin ich selbst einer.

 

 

April

 

Bin einfach umgekippt. Lag 2 Tage in meiner Bude und hab gestunken.

Alle Körperflüssigkeiten sind aus mir raus gelaufen.

Da wusste ich: Das ist ein Zeichen.

Bin direkt in eine Klinik. Ochsenzoll. Na, wenn das nicht passt, weiß ich auch nicht. Bin von Loosern und Wichsern umgeben. Scheiße!

Komischerweise muss ich zwischendurch immer lachen. Einfach so. Wie so ein kompletter Idiot. Hab meinen Betreuer gefragt. Der meinte, das vergeht und wenn nicht, könnte ich immer noch im Zirkus auftreten. - Witzbold! -

 

Bin total am Ende. Schlage mir manchmal eine Stunde mit der flachen Hand auf die Stirn.

Ist das zu glauben?

Da gibt es ein Mädchen. Die ist 19 oder 30 oder so. Tasty. Die ist nicht schön. Koks.

Das ist die Einzige, die noch kaputter ist.

 

 

April

 

Wir durften einen persönlichen Gegenstand mitbringen. Ich hab mich für mein

Perpetuum mobile entschieden. Eigentlich Schwachsinn, da ich keinerlei Bindung dazu habe.

Trotzdem bin ich fasziniert von meiner Maschine, die keinerlei Brennstoff braucht.

Es ist ein Rad, an dem kleine Brettchen mit Gelenken angebracht sind.

Das Ding holt Schwung, indem die Brettchen an der höchsten Stelle auseinanderklappen und so die Kraft bekommen sich weiterzudrehen.

Manchmal schaue ich stundenlang zu und denke an nichts. Das ist schön.

 

Wir kommen aus dem Nichts und wir gehen ins Nichts. Amen.

 

 

April

 

Hab Tasty in der Werkstatt genagelt. Versteht ihr den Witz? Mann das war auch nötig.

Fühle mich nicht mehr ganz so nutzlos und amputiert.

Komme bei Frauen wohl doch ganz gut an. Naja. Ist wohl auch ein Witz.

 

Wenn mir bloß eine interessante Geschichte einfallen würde. Würd` gern mal einen Roman schreiben oder eine Kurzgeschichte oder ein Gedicht oder wenigstens einen Einkaufszettel, aber mir fällt einfach NICHTS ein.

 

Eigentlich ist die Tasty doch ganz süß. Ihre Grübchen haben so was seltenes und das sie auf einem Auge blind ist und sie alle fünf Minuten mit dem Kopf zuckt stört mich überhaupt nicht. Sie hat eine Monobraue. Mann. Das sieht total Scheiße aus. Ich kann gar nicht hinschauen. Muss dabei immer an einen Urwald und eine Affenbande denken, die, Zigarre rauchend, Skat spielen.

Tasty ist aber total witzig. Gestern meinte sie, ihr gesundes Auge könnte in die Zukunft schauen und als ich sie fragte, was sie sehen würde, sagte sie, das sie uns beide sehen würde.

In der Besenkammer. Und das ich sie von hinten ficken würde.

 

 

April

 

Habe Tasty in der Besenkammer von hinten gefickt. Tasty hat tazsächlich das dritte Auge.

Sie kann in die Zukunft sehen. Bin gespannt, was sie mir als nächstes voraussagt.

 

Habe Hunger auf Schweinebraten. Aber hier scheint es nur Vegetarier zu geben. Ich versuche die Psychotante rum zukriegen und tue so, als äße ich nur Salat.

Ich glaube sie durchschaut mich. Denn sie guckt mich immer so mitleidig an.

Aber vielleicht ist sie auch nur angeekelt.

 

Habe Tasty davon überzeugt das Monobrauen im Urwald out sind und sie hat sich mit dem Elektrorasierer der Psychotante eine Schneise, direkt über der Nase, gebahnt.

 

Sie ist gar nicht mal so unhübsch. Erinnert mich an Grace Kelly. Nur weiblicher.

 

 

April

 

Weiß gar nicht genau, wie lange ich schon in diesem Laden bin. Fühle mich wie ein verdorbener Hackbraten. Ich glaube da kommt auch der Ausdruck her:

 

Ich glaub es hackt!

 

Manchmal denke ich, das ich der Einzige bin der bemerkt, wie schlau ich bin.

Mmmmmmh. Naja. Würden es es die Anderen bemerken, gebe es diverse Möglichkeiten:

 

Neid, bis sie grün werden und mir auf die Fresse geben.

Begeisterung, weil endlich jemand den Durchblick hat.

Liebe, da jemand der so schlau ist auch Geborgenheit geben kann.

Hass, weil sie mich für einen Besserwisser und Klugscheißer halten.

Verstehen! Weil sie wissen, welche Bürde es ist, klüger, als die Anderen zu sein.

 

Bin so genervt, das mir keine Story einfällt und das Perpetuum mobile in einer Tour seine Runden dreht. Ohne Unterbrechung. Ich traue mich nicht es zu stoppen, weil ich befürchte, das schweres Unglück über mich hereinbricht.

Hoffe, das die Hasenpfote in meiner Tasche mich vor dem Gröbsten bewahrt.

 

Habe aus dem Krankenzimmer 5 Valium mitgehen lassen. Seitdem ist alles etwas leichter.

Kleine rosa Einhörner tanzen Ringelrein vor meinen Augen. Ich werde wohl eins heiraten.

 

Tasty hat mir einen geblasen und ich durfte sogar in ihren Mund spritzen.

 

Habe lange keine Schokolade mehr gegessen und der Sabber läuft mir aus den Mundwinkeln, wenn ich daran denke. Bin ich etwa auch danach süchtig?

 

 

April

 

Die Psychotante hat, in einer stillen Minute, über meinen Arsch gestreichelt. Ich sach ja, Salat macht glücklich.

 

 

April

 

Die Sitzungen werden immer nerviger. Jetzt verlangt die Psychotante sogar, das wir uns jedes mal vorstellen:

 

„Also. Ich bin der Monday, würde aber lieber anders heißen. Ich habe heute Morgen einen Hasen imitiert, weil ich dachte die Bräute würden das total geil finden.“

 

Darauf hat Tasty gesagt:

 

„Ich bin die Tasty und ich bin nur hier, weil meine Mum mich sonst von der Erbenliste streicht und ich find` Hasen geil.“

 

Heute gab es Hackbraten. Hab ihn nicht angerührt. Warte lieber auf den falschen Hasen.

 

Immer noch keine Schokolade.

 

 

April

 

 

Hätte heute gern im Candy Shop vorbei gesehen um bei Sugar ´ne große Tüte Süßigkeiten zu besorgen. Konnte dem dann doch widerstehen, weil Tasty mit mir über das Leben gesprochen hat. Sie meinte:

 

„Dieser ganze Scheiß mit der Religion geht mir tierisch auf die Nerven. Meine Mum ist in einer Sekte und will mich auch dazu bringen an diesen Guru zu glauben. Sie nennen sich

 

Das Hexagon!

 

„Ich glaube es geht nur um Sex. Der Guru fickt alle Frauen, damit sie gereinigt werden.“

 

Ich überlegte eine ganze Weile, was ich dazu sagen könnte. Dann fiel mir was Schlaues ein:

 

„Wie sieht es mit einem Job, als Zweitguru aus? Ich würd` auch gern alle Frauen ficken.“

Das fand sie dann nicht so gut und hat erst wieder mit mir geredet, als ich ihr den Hasen gemacht habe.

 

Warum muss ich mich eigentlich immer wieder zum Horst machen?

 

 

Mai

 

In der heutigen Sitzung sprachen wir über Verantwortung und und Wiedergutmachung und das wir alle irgendwann unsere Lebensrechnung bezahlen müssten.

Da ich schon, als Querulant bekannt war, meinte ich:

 

„Damit hab ich kein Problem. Bei mir ist nichts offen.“

„Und wie läuft es mit deiner Mutter?“ ,fragte die Psychotante.

„Was hat die denn damit zu tun? Die ist tot und hat sich einen Scheiß um mich gekümmert.

Ich brauch die alte Schlampe nicht.“

„Aber vielleicht konnte sie ihre Liebe nur nicht zeigen, weil sie es nie gelernt hat.“

 

Mann. Ich dachte, mir wird ein Dolch ins Herz gerammt. Keine Ahnung, wo das Gefühl auf einmal her kam. In meinem Kopf brummte es und der Schweiß schoss aus allen Poren.

Ich fühlte mich so richtig mies. Wie das letzte Arschloch.

 

Sprang vom Stuhl auf und schrie, wie Shakespeares Hamlet:

 

 

Dann rannte ich raus und weinte. Tasty folgte mir und gab mir ihr gebrauchtes Taschentuch:

 

„Nimm es ruhig. War nur an meiner Muschi und den Geruch kennst du sicher.“

 

Darüber musste ich so lachen, das ich meinen Schmerz vergaß. Weiß aber bis heute nicht, ob es überhaupt ein Witz war.

 

 

Mai

 

Laufe jetzt jeden Morgen zwei Stunden im Park und kotze mir jedes mal die Seele aus dem Leib. Ich stinke, wie ein Iltis und meine Augen sind gelb, wie Büffelpisse.

Kommt mir so vor, als würden die ganzen gesammelten Gifte meinen Körper verlassen.

 

 

Mai

 

Fühle mich langsam besser.

 

 

Mai

 

Es tut gut das Tasty an meiner Seite ist. Sie gibt mir das Gefühl nicht allein zu sein.

Ich vermisse den Schlonnsday. Was waren das noch für glorreiche Zeiten. Sorglos. Frei.

 

Ne`. Eigentlich schreckliche Zeiten. Voller Sorge und Verblendung.

 

Meine Fußnägel wachsen schon bis Timbuktu.

 

 

11. Juli

 

Bin heute um 5:00 morgens aufgewacht und hab auf mein Perpetuum mobile geschaut.

Es bewegte sich immer noch. Und da ist mir plötzlich eins klar geworden:

 

Leben ist Bewegung.

Keine Bewegung ist Stillstand.

Stillstand ist der Tod.

 

Bin in jedes Zimmer gegangen und habe mich entschuldigt. Tasty hat mich nur angeschaut und genickt. Die Psychotante hat geweint.

 

Ich hab mich um Mitternacht in meinen Sessel gesetzt und gewartet. Es war schön da zu sitzen und den Morgen beginnen zu sehen.

Hab` mir ein Platt Papier geholt und ein bisschen rum gekritzelt. Der blaue Stift flog nur so über die Seiten. Da es Zeit für einen Neuanfang war, hab ich mir was überlegt, was mein Leben verändern könnte.

 

Die Sonne lugte irgendwann hinter dem Dach hervor und tauchte die Straßen in ein rotes Licht. - Rot! -

 

 

Juli

 

Freitag. Freiheit. Entlassen. Fühle mich großartig. Bin ein neuer Mensch. Eine neue Spezies. Geboren aus dem Leid. Nein! Geboren aus dem Licht. Ich bin ein Kind des Lichts.

 

Bin frohen Mutes, das mir endlich ein Thema für eine Geschichte einfällt.

 

Ich laufe durch die Gegend und da fällt mir Sugar ein. Der hat mich die letzten Wochen, bevor ich einfuhr, mit Pervitin versorgt. Und der Penner bringt bestimmt noch Andere dazu in die gleiche Drogenspur zu kommen.

Ich kann nicht länger hinnehmen, das er den Tod verteilt.

 

Ich denke an Gandhi und das der auch nicht schlauer war, als ich. Naja. Vielleicht anders schlau. Irgendwie mangelt es mir noch an Demut.

 

Aber ich will nicht zu hart mit mir ins Gericht gehen.

 

Wo krieg ich bloß Schokolade her?

 

Ich brauch auch einen neuen Job? Herrlich diese neue schöne Welt. Schönen Gruß an Huxley.

 

Muss mich mehr konzentrieren. Den Ballast abwerfen und mich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren.

Endlich biege ich in die Gun Hill Road. Verdammt. Ist lange her. Fühlt sich fremd an. Wie ein anderes Leben. Wie etwas das nicht zu mir gehört.

Ich gehe rein. Im Flur stinkt es immer noch nach Katzenpisse. Also doch zu Hause. Ich lache.

 

Gehe rauf in den 1. Stock und klopfe an die Tür von Sugar. Keine Reaktion.

 

Ich weiß das sein Haustürschlüssel unter der Fußmatte liegt.

In seiner Wohnung hockt Meter hoher Staub auf den Flächen. Alle Zimmerpflanzen sind eingegangen und die Katzen jammern nach Futter.

Ich schaue mich genauer um und fühle mich, wie Marlow. Dieser berühmte Detektiv.

Jetzt sehe ich auch, das es kein Staub, sondern Kokain ist.

Ich durchsuche seine Schubladen. Hinter der Spüle finde ich eine 45er. Geladen.

Ich forsche weiter und entdecke Blutflecken auf dem Teppich.

Ich bin der Kolumbus der Sünden. Ich habe nur ein Ziel. Aufklärung.….........und Schokolade.

 

Plötzlich klingelt sein Telefon. Der Anrufbeantworter springt an:

 

„Hier ist Sugar. Wenn du was Süßes willst, quatsch drauf.“

„Hey. Hier ist Hanna. Ich komm hier nicht weiter und brauche einen kleinen Anstoß. Hast du was?“

 

Ich höre draußen jemanden, also mache ich, das ich da wegkomme. Herr Schmidt und

Mrs. Watson kommen fröhlich die Treppe rauf, grüßen freundlich, als wäre ich nie weg gewesen und schlendern weiter hoch zum 2. Stock.

 

Fühle mich sehr lebendig. Wie eine Sommerwiese voller bunter Blumen und kopulierender Insekten. Herrlich. Dieses ewige Erneuern der Natur lässt mich fast hoffen.

 

Find`s ein bisschen merkwürdig diese positive Stimmung in mir zu haben.

 

 

--------------------------

 

 

Naja, wo ich grad im 1. Stock bin, klopfe ich bei Hanna an. Sie öffnet in einem weißen durchsichtigen Kleid. Nix drunter.

 

„Ja!“ ,sagt sie genervt.

„Ich suche nach einer Story. Hast du ´ne Idee?“ ,frage ich bestimmt.

„Seh` ich aus wie eine Telefonseelsorge für Autoren?“

„Nö. Du siehst nicht mal, wie eine aus, die ´ne gute Stoy in petto hat.“

„Ach ja!?“

„Ja.“

„Na. Da pass mal auf............“

 

Ich steh` also vor ihrer Tür und wartete auf Input. Und ich seh` sie grübeln.

Aber es kommt nichts. Null Komma Null Nix!

 

Also sag ich:

 

„Jo. War schön mit dir zu reden. Ich muss los. Hast du Sugar die letzte Zeit gesehen?“

„NE!“ ,schreit sie und knallt wütend die Tür zu.

Ich frage mich, in welchem Film ich gelandet bin und schlag mir vorsichtshalber selbst ins Gesicht. Das tut ganz schön weh. Ich bin also weder auf einem, durch einen Flashback verursachten Trip, noch träume ich.

 

Ich gehe erstmal in den Second Hand Laden unten an der Ecke und kaufe mir ein paar richtig geile Klamotten.

 

Schwarze Tuchhose mit passendem Jacket. Dunkelblaues Hemd, mit roter Krawatte auf dem Palmen mit braunem Stamm und grünen Blättern drauf sind. Schwarze Schuhe, die ein gestanztes Muster von Nutten mit prallen Titten haben. Blaue Strümpfe, die nur mit Sockenhaltern an ihrem Platz bleiben. Und einen schwarzen Borsalino. Hammer.

 

So.

 

Mein nächster Weg führt mich zum Barbier. Der Zottelbart und die Dreadlocks müssen weg.

 

Kahlschlag! Glatze und komplett Rasur. Danach zum Waxing. Brasilianisch - Bikini Style.

Ich schreie die ganze Nachbarschaft zusammen, also so innerlich und bekomme einen Steifen.

Die Puppe mit den Einweghandschuhen bietet mir eine Happy End Behandlung an, die ich erst ablehne, aber dann doch kostenlos bekomme, weil ich ihnen meine selbstgemachte Visitenkarte unter die Nase Reibe:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich gründe meine eigene Agentur.

 

Ich nehme jeden Auftrag an und erledige ihn. Egal, wie dreckig oder unseriös er ist.

 

Verschwundene Ehefrau? Monday Moon.

Der Barkeeper an der Ecke schuldet dir 20 Riesen? Monday Moon.

Die Mafia verfolgt dich und du musst unsichtbar werden? Monday Moon.

Du bist Suizid gefährdet? Monday Moon.

 

Drogen Kurier gebraucht? Such dir jemand anderen, Arschloch!

 

 

Juli

 

Tag nach Stunde Null.

 

Ich dusche und rasiere mich. Immer noch keine Geschichte für dieses Buch. Egal.

Wer braucht schon eine Geschichte. Ich schreibe meine eigene. Bamm!

 

Ich gehe nach draußen und setze mich auf die alte verwitterte Bank unter der Eiche.

Sie steht direkt vor meinem Haus. Habe sie immer von meinem Fenster aus gesehen.

Auf der Bank saßen viele Leute. Hab mir immer gewünscht zu ihnen zu gehören.

Einer von ihnen zu sein. Ich fühlte mich so Gott verlassen allein auf dieser beschissenen Welt.

 

Die Erde dreht sich so verdammt schnell. Ich komme da einfach nicht mit. Das Leben rauscht an mir vorüber. Hab immer davon geträumt etwas zu bedeuten. Eine Spur zu hinterlassen.

 

In einer Welt voller Niemande, wollte ich etwas Besonderes sein.

So wie Jesus oder Superman oder........

 

Scheiß egal! Hauptsache anders.

 

 

Jetzt habe ich das erste mal das Gefühl, das ich es schaffe könnte.

 

Ich bin Monday Moon und lebe in New York. South Bronx. Gun Hill Road.

 

Hohe Kriminalität. Drogen. Schusswaffengebrauch. Mord und völlig Schokoladenfrei.

 

Ja. In diesem Viertel lebe ich. Die Polizei ist machtlos. Hat längst aufgegeben.

 

Aber ich gebe nicht auf. Ich fange gerade erst an.

 

Ein Mann setzt sich neben mich. Chinese. Um die 50. Gutaussehend. Graumeliertes Haar.

Er spricht mich an. Auf Chinesisch. Gute Idee.

 

„Ich habe mal 2 Wochen Chinesisch, in Harvard, studiert, bis sie herausfanden das ich nur der Pizza Bote bin. Ist verdammt lang her, also entweder du redest Klartext oder verpfeifst dich.“ ,erkläre ich ihm, in meiner unnachahmlich direkten Weise.

„Ich bin Feng Shui, der Butler ihres Onkels und ich bringe schlechte Nachrichten...................“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mai 2021 von Axel Bruss

 

 

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