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Geschrieben am

Lob

 

Der Mensch lebt nicht von Brot allein -

nein, auch gelobet will er sein.

Je mehr an Zuspruch er erfährt

je mehr erlebt er seinen Wert.

Fühlt sich gesehen, wahrgenommen,

wertgeschätzt und angekommen,

und selbstbewusst er fröhlich schaut

in eine Welt, der er vertraut.

Mit Menschen, die im Widerhall

resonieren seinen Schall,

spürt er seine Relevanz

Im Worte-Gesten-Lebenstanz.

 

Doch dann die Leichtigkeit verfliegt,

wenn er den Hals nicht voll mehr kriegt.

Sich rasch verbindet und vernetzt

und eilig sich vor'n Bildschirm setzt,

um Likes und Lob sich abzugreifen,

derweil die Zeiger dreh'n in Schleifen.

Der Mensch nun eingefangen ist

und zittert vor der "Rankinglist",

vor Gnade, Urteil oder Segen,

die kommen aus dem Netz entgegen.

Er wälzt sich nächtens hin und her

wann kriegt die nächste Message er

und den nächsten Kommentar,

der schreibt, wie gut er gestern war?

Bestätigungsabhängigkeit

treibt ihn nun um, in dieser Zeit.

Die Umwelt nimmt er nicht mehr war,

nur Links und Likes sieht er noch klar.

Er setzt sich seelisch unter Druck!

Dabei braucht's nur 'nen kleinen Ruck,

den Kopf und auch den Blick zu heben,

dort vor dem Fenster läuft das Leben.

Was nutzt ihm digitales Loben

wenn draußen Lebenswogen toben?

  • Gefällt mir 2
  • Schön 4
Geschrieben

Hallo Herbstreiter, 

ich bin im Begriff, auf jegliche Likes zu verzichten. Wenn ich sagen will, dass etwas mir gefällt, so wie hier jetzt, dann SAGE ich es. Und wenn mir etwas außerordentlich gut gefällt, wie dein Gedicht, dann sage, dann schreibe ich es.

Es ist wirklich traurig und beängstigend, was mit Facebook und dergleichen passiert. Soviele Menschen, die auf der Suche nach "Followers" sind. Sogar sterbende erflehen Mitleid von wildfremden Menschen. 

Das Problem ist, dass es  mittlerweile Milliarden sind, die miteinander konkurrieren. 

Das ist der Grund, warum ich mich im Forum gegen Bilder und Verzierungen jeder Art wehre. Gegen Werbung. 

Gut zu wissen, dass ich nicht alleine so denke und empfinde. 

Mir ist bewusst, dass die Macht der Medien ein Tsunami ist: Wir alle werden zugrunde gehen.

Ein Trost für mich ist die Werke von Byung-Chul Han gefunden zu haben, er ist der meistgelesene deutsche Zeitkritiker. Er hilft mir, zu verstehen.

 

Geschrieben

Hi Uschi,

 

freu mich dass du dem inhalt der Zeilen zustimmen kannst und und die Worte treffend gefunden hat. Ein Zuspruch von dir ist hier im Forum schon bedeutend

Vielen Dank

Herbstreiter

 

Hi Dionysos von Enno,

 

Wenn auch digital und ein smily habe ich mich dennoch über deinen Kommentar gefreut und versuche mich demnächst am Einradfahren in der Welt da draußen...

 

Hi Carlos,

 

Was du schreibt ist wahr, und bestimmt hilft es schon weiter ausformuliert seine Kommentare zu hinterlassen, dennoch habe ich in dem Gedicht auch darüber geschrieben wie es mir tatsächlich auch in diesem Forum ergangen ist. Denn natürlich möchte man wissen wie die Anderen auf das eigene Gedicht reagieren. Und obwohl ich noch nicht so lange sabei bin hattes es mich über die Osterferien total vereinnahmt und abhänig gemacht. Ich habe mich gewundert wie dieser Drang nach Bestätigung sogar die Beurteilung wie ich mich selber sehe komplett losgelöst hat und ich so den Ankerpunt und meine eigene Basis verloren habe, nur weil, auch in einem anderen Forum, mal ein nicht so guter Kommentar gekommen ist. Wenn bei dieser Selbstbeobachtung eine an sich gefestigte Person ins wanken über ihern eigenen Wert kommt, wie mag das mit weniger gebundenen und selbstbewußten Menschen im Netz bestellet sein....

Danke für den Tipp: ich habe mir ein Buch von Byung-Chul Han bestellt, vielleicht bringt er mir Erkenntniss und etwas Hoffnung für die Zukunft zurück...

 

Vielen Dank

Herbstreiter

 

 

 

  • Schön 1
Geschrieben

Hallo Herbstreiter, ich finde Lob gerade für Heranwachsende wichtig, denn das stärkt das Selbstbewusstsein und das brauchen sie im Leben. Dann kommt man später auch nicht so schnell in die Abhängigkeit vom Gelobt werden. Du hast das Thema sehr gut rübergebraucht und von verschiedenen Seite beleuchtet, wie es so im Netz abgeht. Mit den Jahren wird man auch hier entspannter und kann sich gut selbst einschätzen.

 

Einen schönen Abend wünscht Juls

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