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Die Wirklichkeit ist keine Simulation und die Gegenwart ist kein Produkt von bloßem Wissen und sachlicher Information, denn der Augenblick Gottes ist nicht erfassbar.

 

Er sprach von den neuesten Möglichkeiten der digitalen Technik und des Internets. Alles Wissen sei verfügbar und durch Maschinen lesbar und verarbeitbar. Die Gespräche der Menschen, die Kommentare und Chats, die Foren, sie alle würden eingelesen und fütterten die Speicher der Computer. Daher sei eine auf solcher Grundlage erfolgende Simulation der Wirklichkeit auch rassistisch, sexistisch und weise zugleich. Doch begeistert von den Möglichkeiten, sah er nicht den Widerspruch darin. Der Turing-Test aber würde immer präziser den Unterschied zwischen Mensch und Maschine verwischen und die Menschheit die Maschinen dem Menschen immer ähnlicher machen können. 

 

Er sprach schnell und gut informiert, er hatte einen klaren Verstand, war ein kluger Kopf, denn er war Arzt und Wissenschaftler  geworden und zeigte verbale Begeisterung im Angesicht dieser modernsten Möglichkeiten. Er meinte aber abschwächend, da er die Skepsis seines Gesprächspartners verspürte, dass er hier nicht bewerte in gut oder schlecht, nicht in ethisch wünschenswert oder nicht, sondern, dass dies alles gerade in der Welt geschehe und immer weiter gehe, immer besser der Mensch die Maschine programmieren könne, sodass wir bereits Bücher und Romane von Maschinen geschrieben kürzlich verzeichnen konnten. 

Er ließ sich wegtragen von den Möglichkeiten und der Faszination gegenüber der Simulation von menschlicher Interaktion durch Maschinen und war näher an einem blind Gläubigen als an einem sich selbst bewussten Wissenschaftler, den er eigentlich repräsentierte.

 

Sein Gesprächspartner hörte aufmerksam und geduldig zu und schüttelte mehrfach still den Kopf. Die Entwicklung, sagte dieser dann, des menschlichen Bewusstseins und die Gegenwart Gottes, würde nicht durch Wissen und Information vermittelt oder simulierend und konstituierend in die Wirklichkeit hinein getragen. Sie würde erfahren und erlebt, erlitten und entfaltet. Wenn aber die Computer sich nur auf aktuell verfügbares Wissen stützten und nur darauf stützen könnten, dann bliebe die Entwicklung eines eigenständigen und freien Selbst, das mit der Wirklichkeit und Gegenwart in Kontakt sei und aus dieser stamme, unberücksichtigt und könne nicht stattfinden.

 

Der Gesprächspartner schlug daher einen neuen Test vor, der den alten Turing-Test ersetzen sollte, den sogenannten Thomkrates-Test, der präziser unterscheiden sollte, ob es sich bei einem auf Fragen antwortenden Partner um eine Maschine oder um einen Menschen handelte, nämlich folgenden: Lass also die besten Computer der Welt, sagte er, gegen die besten Wissenschaftler der Welt antreten und mit den aktuellsten Fragen und dem aktuellsten Wissen aus den entsprechenden Wissensgebieten nach neuem Wissen und neuer Erkenntnis suchen und forschen. Wer wird dann nach einer gewissen Zeit zu neuen Erkenntnissen gekommen sein, die sich an der Wirklichkeit prüfen lassen?

 

Die Computer nutzten nur das bestehende Wissen, sagte dieser, und es sei unmöglich mittels einer unlebendigen Maschine ohne Bewusstsein, etwas lebendig Neues zu schaffen und zu entdecken, das sich an der Wirklichkeit prüfe, denn es sei unmöglich mit einer unlebendigen Maschine auf der Grundlage des vergangenen Wissens, neues Wissen und neue Erkenntnis zu erschaffen, denn es fehle das schöpferische Moment des Augenblicks und die Beseelung mit Gottes Gegenwart, der allein dem Neuen den Odem einhauchen würde und die Beziehung zur Wirklichkeit garantiere. Nicht die Summe und Vollständigkeit des vergangenen Wissens schaffe das Neue, meinte er, sondern die Beseelung mit Gott garantiere den Kontakt mit der Wirklichkeit und damit die Chance zu neuem Wissen und Erkenntnis zu gelangen, die ihrerseits in der Schöpfung bereit lägen. Nur der Mensch und der mit fortgeschrittenem Bewusstsein begabte Mensch, sagte er, sei in der Lage die aktuellsten Fragen derart zu bewegen und zu erforschen, dass nach einer gewissen Zeit der intuitiven und leidenschaftlichen Verfolgung im wissenschaftlichen Prozess, neues Wissen und neue Erkenntnis zustande kommen, entdeckt und erfahren werden könne. Dies sei, so sagte der Gesprächspartner, der richtigere und bessere Test, ob es sich um einen Menschen oder um eine Maschine handelte, denn das aktuell verfügbare Wissen enthielte allein als Information noch nicht das neue Wissen, das darauf wartet sich entfalten zu können und entdeckt werden zu können. Bestehendes Wissen sei alt und vergangen, sagte er, sei getrennt von der lebendigen Gegenwart Gottes, das neue Wissen dagegen nur in der Gegenwart und in Kontakt mit deren göttlichen Wirklichkeit erfahrbar und entdeckbar. Eine unlebendige Maschine könne das nicht leisten, selbst mit sämtlichem Wissen der Welt nicht. Die Simulation der Wirklichkeit aus einem Prozess der bloßen Kumulation und Neuanordnung des vorhandenen Wissens, bliebe hinter den Möglichkeiten der schöpferischen Erkenntnis und Einsicht zurück.

 

Und er meinte ergänzend, Simulation von neuer Erkenntnis müsse sich überdies an der Wirklichkeit prüfen lassen können, und da die Wirklichkeit lebendig ist und mit Gott beseelt, gelinge dies einer Simulation, die auf nur aktuell verfügbares Wissen zurückgreifen könne, nicht, da die schöpferische Wirklichkeit der Gegenwart Gottes stets neu und frisch sei und lebendig beseelt. Und nur der Mensch, mit entsprechendem lebendigen Bewusstsein, sei in der Lage in den schöpferischen Prozess der Erkenntnisgewinnung einzugehen und das neue Wissen, das sich an der Wirklichkeit prüfe, zu entdecken und zu erkennen, eine unlebendige und geistlose Maschine besitze diesen Kontakt zur schöpferischen Wirklichkeit Gottes nicht und werde sie auch nie besitzen, denn sie ist geistlos, herzlos und unlebendig und hat keinen eigenen Willen.

 

Er sprach ruhig und gab dem Gespräch nun die Möglichkeit zu einer Pause.

 

Der Arzt und Wissenschaftler aber ließ sich emotional mitreisen von seiner Faszination für die Simulationsmöglichkeiten der Moderne, lachte hoffärtig und brachte zum Ausdruck, dass es eine Frage der Zeit sei, wenn, ja, wenn die Wirklichkeit simuliert werden könnte, ja, diese ersetzte, ja, wann die Maschinen die Wirklichkeit erschaffen könnten. Und sein Lachen sprach dem Gott die Existenz ab und der Wirklichkeit das bloße Produkt zu, bald technisch simuliert werden zu können und damit ersetzt durch die unlebendigen Algorithmen auf der Grundlage vergangenen Wissens. Gott war, in der Welt dieses Wissenschaftlers, ein Produkt aus Wissen und Vergangenheit, aus raffinierten Algorithmen, hochgradig komplexer Vernetzung und Lichtgeschwindigkeit naher Schnelligkeit der Schaltkreise. Die instantane Gegenwart der göttlichen Realität und das unzerstörbare Netz des Lebens, waren ihm fremd und nicht in seinem Glaubens- und Wissenskanon integriert. Wie die Neuronenschaltkreise im Gehirn des Menschen, sagte er nachdrücklich nach Erklärung und Rechtfertigung suchend, seien die Computer Schaltkreise und daher ... ja, daher wäre Gott tot - oder nur ein Produkt, das mit der Zeit erschaffen werden könne. Er wusste nur noch nicht, ob dies wünschenswert sei oder nicht.

 

Schließlich kamen die beiden an ihrem gemeinsamen Ziel an. Der Arzt lachte noch ein wenig ernst, aber nachdrücklich und mit wahren Worten in seinem enthusiastischen Fluss der Worte nicht zu stoppen. Als die Zeit gekommen war stieg er weiter redend aus dem Regionalzug aus, grüßte seinen Gesprächspartner der letzten 12 Minuten zum Abschied und verschwand, mit einem Winken, in die Ferne. 

 

Wer die Wirklichkeit ohne Gottes lebendige Gegenwart durchstreift, wird dem Unlebendigen den Vorrang einräumen und für eine Welt arbeiten und denken, in der das mechanisch Tote den Gott ersetzt, den er noch seelisch zutiefst vermisst und ersehnt, den er aber mit einem unlebendigen Gott des Wissens zu ersetzen tendiert. Er wird nur eine gestrige Welt erschaffen, eine vergangene und keine der Gegenwart Gottes und seiner schöpferischen Liebe gegenwärtige.

 

Der Gesprächspartner stieg auf sein Fahrrad und fuhr in den angenehmen Maiabend hinein, genoss den schönen Frühling und das Entfalten der göttlichen Schöpfung, die ihm begegnete.
 

Geschrieben

Hallo Thomkrates, 

 

ich habe mich auf die textliche Zugreise begeben und wurde gut unterhalten. 

 

Mir fällt auf, daß dein Textanfang bereits das Ende verrät. Und das Ende wiederholt den Anfang; das hätte ich anders gelöst. 

 

Du willst klar und verständlich schreiben, das gelingt dir, zuweilen etwas zu gut. Ein Beispiel: der Gesprächspartner wird als Wissenschaftlicher und Arzt vorgestellt, der schnell und gut informiert redet. Für mich ist dadurch klar, dass er klug und klar bei Verstand sein muss. Das braucht man mir nicht extra sagen. 

 

Ansonsten: unterhaltsam und kurzweilig. 

 

Schönen Abend! 

 

Rocco

 

 

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