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Geschrieben am

Er ging zuletzt am Stock gebeugt, geschunden 

Die Welt, die ihn gezeugt, die er auf Schultern trug war mit den Jahren abgerutscht, grub sich in seine Wunden

und über seine vielen Wunden

(und die Welt!)

hatte er dennoch nie geflucht 

 

Er der die Welt mit bloßem Rücken trug

Er war verflucht von einem, der ihn einst als Kind hat heimgesucht

und konnte davon nicht

gesunden 

 

Tag für Tag die immer gleichen Runden:

Entlang der eigenen Fußspuren in der Zeit,—

68 Jahre Leid, kaum Selbstmitleid

und nur der Wodka hatte ihn befreit

von diesem unweltlichen Niederdrücken in dem Rücken.

Nach jeder Flasche neuer Streit

mit sich, dem Geist Vergangenheit

der -brennender Asche gleich-

aus allen Lücken in dem Rücken

glühte

und je mehr er sich auch mühte

umso tiefer drückte ihn

der Schrei

 

Er ging zuletzt am Stock.

Geschunden wie ein Lastenvieh. 

Die Schmerzpflaster auf seinen Wunden vollgesaugt mit Fentanyl.

Die Welt -die ihn gezeugt-, die er auf Schultern trug,

die ihn gebeugt, schlug härter in ihn ein, als er ,- wie er zu Boden stürzte,

die Atmung still, die Überdosis Fentanyl ..

Der ganze Kerl entpflockt, verneint,

fiel wie ein Stein und wurde bodengleich

und kühl.

Er schlief nicht ein.

Er ging nicht sanft.

Niemand hielt ihm seine Hand.

Er starb allein

das Hirn nur Schlamm und Sand

die Augen aber 

wolkenweich

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Geschrieben

Ich grüße dich Dio!

 

Was ich hier lese ist ein Porträt  der gnadenlosen Gleichgültigkeit der Welt und ihrer Bewohner. Nicht nur stirbt der Protagonist allein, es scheint auch niemanden wirklich zu interessieren. Das einzige Trostpflaster nach einem Leben das keins war und keins sein durfte, ist ein bitteres zynisches Ende, genauso schlimm wie die Droge Fentanyl selbst. Der Trost liegt hier aber in ihrer unglaublichen Wirksamkeit, von dir sehr schön umgesetzt mit den Zeilen, dass er fällt wie ein Stein der Körper und genauso wird, die Augen aber wolkenweich, Augen=Seelentor-Fentanyl=Erlösung von allem Seelenschmerz. 

Und ich hoffe ich irre mich, aber eben so gut könnte der Text auch von einer bekannten Person handeln, deren Leiden dem des Atlas metaphorisch entsprechen? Hoffe nicht. 

 

Atlas, Atlas... Metallica haben es besungen mit ihrem Lied: "Atlas, Rise!" 

Hätte er doch nur die Welt abgeworfen und wäre in eine Bar gegangen.... aber dann wäre uns diese Sage entgangen und so muss er doppelt herhalten, gebunden an sein Schicksal derjenige zu sein, der die Welt tragen muss, während sich die Bewohner auf ihr, keinen Deut um ihn scheren. Mir wäre neu das Atlas in irgendeiner Form verehrt worden wäre, oder?

 

Krasse Geschichte, alter! Sehr gut umgesetzt. 

 

LG John Galt

 

 

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Geschrieben

Lieber @Joshua Coan ich danke Dir für Deine Beschäftigung mit dem Stück und Deine wertvollen Gedanken dazu. Es steht mir nicht zu, die Eindrücke des geschätzten Lesers zu bewerten. Ich freue mich, wenn eine so differenzierte Betrachtung das Stück verlängert und bereichert. 

 

Es gibt in uns allen etwas, das nicht verdorben werden kann, nicht korrumpiert werden kann. 

 

Hier hat einer gelitten, wie wir alle alltäglich leiden und natürlich auch überspitzt, literarisch verdichtet. Er hat den Kampf gegen die Olympier verloren und wurde für seine Loyalität zu Kronos bestraft. Aber er hat die Quelle dennoch berührt. 

 

Wie viele falsche Loyalitäten hindern uns immer noch zu werden, wer wir sein sollen: Loyalität zum Weihnachtsmann, zum Osterhasen, die Bereitschaft zu sterben für eine Lebenslüge. . Aber Leiden ist nie vergebens und es ist nie zu spät in die Bar zu gehen, wie Du so schön schreibst. 

 

merci mein Freund ! 

 

mes compliments

 

Dio

 

 

  • Schön 1
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb L.A.F.:

Bevor ich dein Gedicht oeffnete, machte ich noch rasch was anderes und dachte darueber nach, was, wenn das LI in all deinen Gedichten immer dasselbe LI ist? Dann scheint es mir moeglich, dass es heute zu seinem Ende kommt, was positiv oder negativ sein kann. Positiv, wenn der Tod ein Neubeginn ist. 

 

lieber lorenz 

 

vielen dank für deine Überlegungen und Eindrücke. da ich nie so recht weiß wer spricht wenn ich (poetisch) spreche mag das durchaus so sein. hoffe ich mal wegen meines spaßes am spiel mit worten und ausdruck in schrift  in diesem Fall auf meine wunderbare muse die das LI wiederbelebt damit es noch lange durch meine sachen leben, lieben und sterben kann  😉

 

lieber @Vagabund lieber @Kurt Knecht ganz herzlichen dank für eure zustimmung. ich freue mich sehr, dass es euch gefallen hat. merci !

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hi Dio

Wer kennt es nicht, das Gefühl die Welt (er)tragen zu müssen. Überspitzt, trifft es gut. Die letzten Zeilen des Sterbens, gefallen mir am besten. So hart und dennoch, wie du schon schreibst, wolkenweich. Nur das Ende muss man (er)tragen, die Welt nicht unbedingt. Nur wer lernt loszulassen, lernt auch sich nicht an allem festhalten zu müssen. Ein langwieriger Prozess, der zu einem wolkenweichem Leben führen kann. 

Nice

LG Alex 

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