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Ballade vom Brenneselbusch < aus dem Jahr 1910


Josina

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Geschrieben am

                       

Ballade vom Brenneselbusch aus dem Jahr 1910

von Börries Freiherr von Münchhausen

 

Liebe fragte Liebe: »Was ist noch nicht mein?«
Sprach zur Liebe Liebe: »Alles, alles dein!«
Liebe küßte Liebe: »Liebste, liebst du mich?«
Küßte Liebe Liebe:» Ewig, ewiglich!«

---

Hand in Hand hernieder stieg er mit Maleen
von dem Heidehügel, wo die Nesseln stehn.
Eine Nessel brach er, gab er ihrer Hand,
Zu der Liebsten sprach er: »Uns brennt heiß'rer Brand!«

 

Lippe glomm auf Lippe, bis die Lust zum Schmerz,
bis der Atem stockte, brannte Herz an Herz.
»Darum, wo nur Nesseln stehn am Straßenrand,
woll'n wir daran denken, was uns heute band!«

 

Spricht von Treu die Liebe, sagt sie „ewig“ nur,
ach, die Treu am Mittag gilt nur bis zwölf Uhr.
Treue gilt am Abend, bis die Nacht begann.
Und doch weiß ich Herzen, die verbluten dran.

 

Krieg verschlug das Mädchen, wie ein Blatt verweht,
das im Wind die Wege fremder Koppeln geht.
Und ihr lieber Liebster stieg zum Königsthron.
Eine Königstochter nahm der Königssohn.

 

Sieben Jahre gingen und die Nessel stand,
sieben Jahr' an jedem deutschen Straßenrand.
Wer hat Treu gehalten? Gott alleine weiß,
ob nicht wunde Treue brennet doppelt heiß!

 

Bei der Jagd im Walde stand mit schwerem Sinn,
stand am Knick der König bei der Königin.
Nesselblatt zum Munde hob er wie gebannt,
und die Lippe brannte wie sie einst gebrannt:

 

»Brennettelbusch,
Brennettelbusch so kleene,
wat steihst du so alleene!
Brennettelbusch,
wo is myn Tyd 'eblewen,
und wo is myn Maleen?«

 

 

»Sprichst mit fremder Zunge?« frug die Königin.
»So sang ich als Junge,« sprach er vor sich hin.
Heim sie ritten schweigend, Abend hing im Land –
seine Lippen brannten, wie sie einst gebrannt!

 

Durch den Garten streifte still die Königin.
Zu der Magd am Flusse trat sie heimlich hin.
Welche Wäsche spülte noch im Sternenlicht,
Tränen sahn die Sterne auf der Magd Gesicht:

 

»Brennettelbusch,
Brennettelbusch so kleene,
Wat steihst du so alleene!
Brennettelbusch,
ick hev de Tyd 'eweten,
dar was ick nich alleen!«

 

Sprach die Dame leise: »Sah ich dein Gesicht
unter dem Gesinde? Nein, ich sah es nicht!«
Sprach das Mädchen leiser: »Konntest es nicht sehn,
gestern bin ich kommen, und ich heiß' Maleen!« 

 

Viele Wellen wallen weit ins graue Meer.
Eilig sind die Wellen, ihre Hände leer.
Eine schleicht so langsam mit den Schwestern hin,
trägt in nassen Armen eine Königin.

 

Liebe fragte Liebe: »Sag, weshalb du weinst?«
Raunte Lieb' zur Liebe: »Heut ist nicht mehr einst!«
Liebe klagte Liebe: »Ist's nicht wie vorher?«
Sprach zur Liebe Liebe: »Nimmer – nimmermehr.«

 

  • Gefällt mir 1
  • 1 Monat später...
Geschrieben
Am 3.8.2022 um 20:58 schrieb Josina:

Viele Wellen wallen weit ins graue Meer.
Eilig sind die Wellen, ihre Hände leer.
Eine schleicht so langsam mit den Schwestern hin,
trägt in nassen Armen eine Königin.

 

Liebe fragte Liebe: »Sag, weshalb du weinst?«
Raunte Lieb' zur Liebe: »Heut ist nicht mehr einst!«
Liebe klagte Liebe: »Ist's nicht wie vorher?«
Sprach zur Liebe Liebe: »Nimmer – nimmermehr.«

Liebe @Josina,

 

ich bin mir nicht sicher ob ich alle Wirrungen des Gedichts komplett erfasst habe.

 

Aber:

Du hast einen wunderbaren Sprach-Rhythmus

und eine sehr schöne, zeitlose Begrifflichkeit, die fast schon philosophische Züge in sich trägt.

 

Vor allem die letzten 8 Zeilen haben es mir angetan. Diese könnten sogar - ohne Vorgeschichte - für sich alleine stehen.

 

Beseelt woge ich von dannen... 😉 

 

Liebe Grüße von Georg

Geschrieben

 

Hallo, lieber Georg,

mir gefällt das Gedicht von Brenettelbusch auch sehr. Deshalb habe ich es hier vorgestellt,

es wurde von Börries Freiherr von Münchhausen geschrieben! (siehe Überschrift)

Alles gute und eine schöne Woche

wünscht dir

Josina

  • Gefällt mir 1

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