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Geschrieben am

Ich bin ein Werkzeug. Ich komme aus einem Werk. Dort wurde ich für bestimmte Funktionen gebaut. Einige Zeit hat meine Herstellung gedauert, es steckt viel Arbeit in mir, in meinen Formen und in den Funktionen. Es wurde an meiner Kompatibilität gefeilt und meine Programmierung wurde optimiert. Ich bin eine für bestimmte Zwecke geformte Ressource. Mit meiner Hilfe kann man etwas bearbeiten oder herstellen.

 

Nachdem ich fertig gestellt wurde, kam ich auf den Markt. Dort musste ich die mir gegebenen Funktionen und Formen vermarkten. Nach einer Weile hat sich ein Getriebe meiner angenommen. Erst einmal musste ich weiter bearbeitet werden, um den Formen des Getriebes zu entsprechen. Auch einige neue Programme wurden installiert, um meine Funktionen anzupassen.

Schließlich kam der Aufseher des Getriebes und setzte mich an der vorgesehenen Stelle ein. Ich bin Teil eines Konstruktes. Ich werde für die Arbeit gebraucht. Zusammen mit anderen Werkzeugen bin ich nützlich für das Getriebe. Mein Konstrukt fährt mit konstanter Geschwindigkeit auf seinen Schienen. Es ist absolut notwendig, dass es fährt und auf den Schienen bleibt. Es ist unsere Aufgabe als Werkzeugverbund. Es geht hier schließlich um Profit.

 

Wenn wir am Ende der Schienen angekommen sind, wird das Konstrukt zerlegt. Der Aufseher hat ein Auge darauf, dass jedes Werkzeug wieder in ein Konstrukt eingebaut wird. Nur so kann die Effektivität & Profitabilität gewährleistet werden. Falls gerade kein neues Konstrukt verfügbar ist, werden Werkzeuge auch mal eingelagert. In diesen speziellen Regalen warten sie Tag um Tag darauf, wieder nützlich zu sein. Diese Werkzeuge werden auch gerne für fremden Gebrauch verliehen. Es wird davon ausgegangen, dass die Kompatibilität gegeben ist, auch wenn ein paar dieser Werkzeuge aufeinander eingestellt waren. Ein Werkzeug ist nützlich und funktioniert.

Der Erhalt seiner Funktionalität liegt in seiner Verantwortung und seinem Interesse. Fehlfunktionen sind an der Tagesordnung, werden repariert oder übergangen. Irgendwann ermüden die Materialien, aber das ist nicht weiter schlimm für das Getriebe. Denn Werkzeuge werden stets produziert und sind austauschbar.

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Geschrieben

Liebe Melanie,

eine sachliche, ernüchternde, aber auch fragliche Schilderung eines Arbeitslebens, einer Arbeitskraft in der Welt der Moderne. Charlie Chaplins berühmtes Moderne Zeiten kommt in den Sinn. Ich frage mich, welches Gefühl hast du dabei beim Schreiben? Ist es eine Seelenerleichterung? Oder eine geistige Übung mit entsprechender Befriedigung? Oder ist es eine Last? Beim Lesen nämlich sorge ich mich etwas um den Schreibenden, obwohl ich mich das beim Lesen von Kafkas Verwandlung nicht gefragt habe. Da war die Zeit der Jahrzehnte dazwischen und das Wissen, dass der Autor inzwischen gestorben ist.

Denn wenn der Text das Seelenleben beschreibt, dann würde ich etwas tun wollen, nicht ich, aber wenn ich so etwas schreiben müsste. Er ist mechanistisch, modern, sachlich, maschinell und kalt. Was er wohl auch sein soll, denke ich.

 

Mir kommt noch ein Sprichwort in den Sinn: Aus der Not eine Tugend machen.

Ich hoffe, das ist nicht der Fall.

 

Beste Wünsche,

Thomkrates

Geschrieben

Lieber @Thomkrates

 

Sorgen sollte dieser Text in Bezug auf den Umgang mit dem Personal (humane Ressource) wecken, nicht speziell auf mich.

Meine Texte sind nie dazu gedacht, dass sich ein/e Leser:in um mich sorgt, ich möchte auf gesellschaftliche Themen hinweisen, auf Probleme, die ich erkenne. Ich möchte zum Denken anregen, zum Überdenken bestehender Strukturen.

 

Beste Grüße

MHz

 

Lieber @Thomkrates,

 

weckt der Text, so wie er jetzt ist, tatsächlich nur Mitleid etc? Kommt kein Denkanstoß zustande? Ich höre diese Kritik nicht das erste Mal und frage mich, was ich falsch mache.

 

Beste Grüße

MHz

  • Schön 1
Geschrieben

Hallo MHz,

 

für mich ist der Text eine gelungene sozialkritische Parabel zum Thema: Der Mensch im Arbeitsleben. Übertrage ich die Sitation des beschriebenen Werkzeugs 1:1 auf den menschlichen Bereich, wird die Bewertung rein nach Funktionalität und Effizienz sehr deutlich. Das schockiert! Das vollständige Ausklammern der Gefühlswelt sowie menschlicher Bedürfnisse und Wünsche lese ich als scharfe Kritik an der Leistungsgesellschaft.

 

Ich wüsste nicht, was du hier falsch gemacht haben könntest. Dass der Text (mehr oder weniger) Mitleid erweckt, liegt vermutlich an der jeweiligen Situation der Lesenden. Eine Person, die sich von der Umwelt angenommen fühlt und eben nicht ausschließlich nach Leistung beurteilt fühlt, wird sich selbst vermutlich weniger stark mit dem Werkstück identifizieren können und daher Mitleid empfinden, während ein Mensch, der bereits Arbeitslosigkeit erfahren hat, sich verstanden fühlt.

 

Möglicherweise sind die Gedankengänge, die sich hier aufdrängen, einfach zu offensichtlich, so dass es überflüssig scheint, die grausame Gefühlslosigkeit, die sich hier zeigt, anzusprechen? Natürlich ist der Mensch nicht vergleichbar mit dem betrachteten Werkstück. Diesen Vergleich zu ziehen und in einen Text zu fassen, macht ja die bitterböse Kritik aus.

 

Für mich ist das auf jeden Fall ein ansprechender,  nachdenklich machender und auch berührender Text. Einer der besten, die ich in diesem Forum gelesen habe.

 

Ich wundere mich, dass hier inhaltlich bis jetzt so wenig Resonanz kam und wünsche dir, dass sich noch einige diskussionsfreudige Mitglieder melden! 

 

LG Claudi

  • in Love 1
Geschrieben

Hallo @Claudi

 

ich danke Dir für Deine Gedanken und es sind genau solche, die ich mir erhofft hatte. Die beklemmende Situation als Kritik. Ich gebe Dir recht, ein Mensch, der nie in einer solchen Situation war, wird nicht gleich verstehen, um was es geht, weil er es eben nie erlebt hat und keine eigenen Erfahrungen damit verknüpfen kann.

 

Ich danke Dir!

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