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Geschrieben am

Der Sommer gähnt und schlüpft aus seinen Schuhen,

im Blätterwald rauscht ein „Adieu“ in Moll.

Es kommt die Zeit, sich gründlich auszuruhen.

 

Der Herbst zieht ein und prunkt mit seinen Gaben,

die großen Taschen sind mit Farben voll

und jedes Blatt soll etwas davon haben.

 

Ein Hauch von Wehmut hängt in allen Zweigen,

in hohen Bäumen raunt es ahnungsvoll,

der Herbst lässt grüßen und die Nebel steigen.

 

Die Blätter, die im Schwarm zu Boden sinken,

bedecken wie ein Teppich jeden Zoll.

Wenn früh am Morgen Eiskristalle blinken

 

und aus den Wolken Reiserufe schallen,

dann geht der Herbst ganz still und ohne Groll,

so wie zuvor die scheuen Nachtigallen.

Verklungen ist das Abschiedslied in Moll.

  • Gefällt mir 2
  • wow... 1
  • Schön 8
Geschrieben

Ja lieber Sid, ich empfinde wie Pegasus. 

Beim lesen dachte ich an Rilke, er schrieb in ähnlicher Stimmung.

Hier hat sich der Sommer schon verabschiedet, der Herbst ist da und, unbenannt, der Winter  ...

Liebe Grüße

Carlos 

  • Danke 1
Geschrieben

Liebe Pegasus,

 

das höre ich doch gerne und werde weiterhin mein Bestes geben! 🙂

 

Liebe Grüße

Sid

 

 

Lieber Carlos,

 

der Herbst wird oft besungen, und das hat er auch verdient. Aber der Winter eignet sich ebenfalls für stimmungsvolle Gedichte.

 

Danke und einen lieben Gruß

Sid

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Moin @Sidgrani,

 

ich hatte mir deinen Text heute morgen direkt gespeichert, um ihn zu kommentieren. 
Nun hat er verdienterweise gleich schon 2 Kommentare erhalten, aber davon lasse ich mich jetzt nicht beirren (ich kommentiere sonst auch gern Texte ohne Kommentare, damit sie wieder nach oben rücken^^).

 

Mit der Form bin ich nicht so vertraut, ist das eine Terzine? Ich meine da war was mit einem Kettenreim, der sich ja auch hier bei dir im Mittelvers komplett durchzieht. SO streng ist es standardmäßig glaube ich nicht, aber da freue ich mich auf eine kurze Formkunde von dir^^

 

Der 5-hebige Jambus müsste dabei konsequent sein. Den hast du auch lupenrein durchgezogen, wunderbar.
Es gibt eigentlich nur eine einzige Stelle, die mir aufgefallen ist, weil sie nicht ganz clean gelöst ist:

vor 9 Stunden schrieb Sidgrani:

Wenn früh am Morgen Eiskristalle blinken,

 

aus hohen Wolken Reiserufe schallen,

dann geht der Herbst ganz still und ohne Groll,

"aus hohen Wolken Reiserufe schallen" ist als Erweiterung bzw. Ergänzung des "wenn" gemeint, dem konnte ich irgendwann folgen. 
Also: 
"Wenn früh am Morgen Eiskristalle blinken 
UND WENN aus hohen Wolken Reiserufe schallen, "


Im ersten Impuls liest sich das aber als kausaler Wenn-Dann-Zusammenhang und dann liest sich der Vers mit einer ganz unschönen Inversion:
"Wenn früh am Morgen Eiskristalle blinken
DANN aus hohen Wolken Reiserufe schallen,"

 

Ich würde das an dieser Stelle nicht provozieren wollen, man bleibt da leider hängen beim Lesen. 
Wie sehr hängst du am "hohen"? Ansonsten ließe sich der Satz auch narrensicher umformulieren zu:

"Wenn früh am Morgen Eiskristalle blinken 
und aus den Wolken Reiserufe schallen"

 

Ansonsten kann und will ich hier eigentlich nur noch aufzählen, was mir gut gefällt:

vor 9 Stunden schrieb Sidgrani:

Der Sommer gähnt und schlüpft aus seinen Schuhen,

im Blätterwald rauscht ein „Adieu“ in Moll.

Es kommt die Zeit, sich gründlich auszuruhen.

 

Der Herbst zieht ein und prunkt mit seinen Gaben,

die großen Taschen sind mit Farben voll

und jedes Blatt soll etwas davon haben.

Mir gefällt die Personifikation von Sommer und Herbst hier sehr gut. Wie herrlich, dass der Herbst hier nun mit Prunk und Gaben beschrieben wird, sicher Attribute, die gern dem Sommer zugeschrieben werden. Doch hier ist der Herbst der Star - zurecht, wenn wir einmal schauen, wie sehr er allein die User dieses Forums zu Herbstgedichten inspiriert. 
Es passt nun hier nicht mit der Form zusammen, aber idealerweise würden sich Metrum und Reim zwischen Sommer und Herbst unterscheiden um die unterschiedlichen Charaktere auch formal hervorzuheben - aber das nur eine winzige Mäkelei, wo sonst nichts zu Mäkeln ist 😉

 

vor 9 Stunden schrieb Sidgrani:

Ein Hauch von Wehmut hängt in allen Zweigen,

in allen Bäumen raunt es ahnungsvoll,

der Herbst lässt grüßen und die Nebel steigen.

 

Die Blätter, die im Schwarm zu Boden sinken,

bedecken wie ein Teppich jeden Zoll.

Wenn früh am Morgen Eiskristalle blinken,

 

Als erstes ist mir hier der Wechsel von "hängen" zu "steigen" zu "sinken" aufgefallen, das hat was sehr lebendiges, wie ein Atmen der Natur bzw. des Herbstes. Das Raunen der Bäume ist auch toll, sie sind sich noch nicht so einig, ob der Herbst nun wirklich der beste Besucher für sie ist, müssen sie doch bald alle Blätter fallen lassen.

vor 9 Stunden schrieb Sidgrani:

aus hohen Wolken Reiserufe schallen,

dann geht der Herbst ganz still und ohne Groll,

so wie zuvor die scheuen Nachtigallen.

Verklungen ist das Abschiedslied in Moll.

 

Starker Abschluss, der den Anfang noch einmal zurückholt, nun wissen wir auch, dass es die Nachtigall war, die dem Sommer Lebewohl gesagt hat. Hier will ich nur eine kleine symbolische Ungenauigkeit anführen, denn eigentlich ist die Nachtigall der Bote des Frühlings, nicht des Herbstes. Ansonsten fand/findet sie oft Verwendung als Symbol für Sehnsucht oder auch Erotik, wobei ich das weniger in deinen Text hineininterpretieren würde^^

 

Das soll nun aber den schönen Abschluss nicht schmälern, gern gelesen!
LG Dali Lama

  • Schön 1
Geschrieben

Hei Dali Lama,

 

wieder einmal hast du ein Gedicht bis tief in seine Zellen zerlegt und analysiert, das gefällt mir.

vor 22 Stunden schrieb Dali Lama:

Mit der Form bin ich nicht so vertraut, ist das eine Terzine?

Nicht ganz, ich habe, wie du ja auch festgestellt hast, den Mittelreim entgegen den Regeln konsequent durchgezogen. Bei der Terzine sind die Strophen ja a-b-a  b-c-b  c-d-c usw. aufgebaut. Es war ein Experiment.

 

vor 22 Stunden schrieb Dali Lama:

"Wenn früh am Morgen Eiskristalle blinken 
und aus den Wolken Reiserufe schallen"

Das klingt tatsächlich besser, ich werde es übernehmen, danke.

 

Deine nächste Idee, Sommer und Herbst mit unterschiedlichem Metrum und Reim darzustellen, finde ich gut, leider passt es hier nicht.

vor 22 Stunden schrieb Dali Lama:

Starker Abschluss, der den Anfang noch einmal zurückholt, nun wissen wir auch, dass es die Nachtigall war, die dem Sommer Lebewohl gesagt hat.

Das ist richtig und ich habe versucht, diese kleine Unkorrektheit mit dem Wort "zuvor" zu entschärfen, so viele passende Endreime auf "allen" gibt es nicht.

 

Danke für deine fundierte Interpretation und den Applaus.

Liebe Grüße

Sid

  • Gefällt mir 1

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