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Der Herbst ist da, komm, siehe und staun‘,
über die Natur und ihre goldenen Gaben,
wir sind friedlich begrenzt, nur durch einen Zaun,
freuen uns über das, was wir schon haben.
 

Dankbarkeit gilt nun in dieser Zeit,
als neue universelle Währung,
viel Zuversicht, es wird nichts bereut,
mit Demut zeigen wir unsere Verehrung.
 

Geduldsamkeit, flüstert uns diese Zeit,
zieht Euch in Eure Häuser zurück,
die Natur atmet ein und ist nun bereit,
zieht verbunden alle an einem Strick.
 

Wir kuscheln uns ein, holen Brettspiele raus,
haben uns mit Büchern gut eingedeckt,
Dunkelheit macht uns nichts mehr aus,
Einkehr ist, was der Herbst für uns bezweckt.
 

Nimm Dir Zeit für Dich selbst, also blicke auf Dich,
schreibe auf, was Dir alles gefällt,
lasse los was Dich ärgert, an und für sich,
dann wird nichts mehr davon bestellt.
 

Hast Du Dich befreit, in dieser goldenen Zeit,
dann kann kommen, was immer auch will,
weil im Herzen befreit für den Winter bereit,
wirst Du ruhig und im Geiste ganz still.
 

Lass ein Licht Dir hell leuchten und teile es gern,
schenk Dein Lächeln und viel Toleranz,
Fremden und Freunden von nahe und fern,
so wird dann unsere Welt wieder ganz.

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Geschrieben

Moin @Peter Jansen,

 

hier haben wir ein Herbst-Gedicht, das gar nicht so sehr den Herbst und seinen Einfluss auf die Natur in den Fokus rückt. 
Nein, hier geht es ganz um den Menschen und wie er sich in dieser Zeit auf sich besinnen kann. Wenn alles um uns herum sich verändert, passen wir uns an und das kann uns durchaus auch gut tun.

 

Diese Idee, nicht abermals über die bunten Blätter und die frischen Winde zu schreiben, finde ich gut. 
Allerdings fallen mir doch formal und sprachlich ein paar Schwächen auf. Insbesondere stoße ich mich etwas daran, große Begriffe nur zu erwähnen, statt das, was sie aussagen, zu umschreiben, zu verbildlichen.

 

Aber lass uns im Detail schauen:

 

Am 1.10.2022 um 12:00 schrieb Peter Jansen:

Der Herbst ist da, komm, siehe und staun‘,
über die Natur und ihre goldenen Gaben,
wir sind friedlich begrenzt, nur durch einen Zaun,
freuen uns über das, was wir schon haben.

Metrum und Reim: 
xXxXxXxxA
XxXxXxXxXxxBb

xxXxxXXxXxA

XxxXxXXxxBb

 

Reimlich ein solider Kreuzreim. Metrisch aber ist hier jeder Vers sehr uneinheitlich. Mit einen Blick auf folgende Strophen wird deutlich, dass das vorherrschende Metrum der Anapäst bzw. der Amphibrachys zu sein scheint. Ich finde es auch nicht verkehrt, wenn du zwischen Amphibrachys und Anapäst wechselst. Kritiker sagen eh, der Amphibrachys sei ein Anapäst mit fehlender unbetonter Silbe am Anfang^^


Sicher mag man auch dein ungeordnetes Metrum verteidigen können. Immerhin geht es um den Herbst, der einen Wandel mit sich bringt. Aber derart ungeordnet liest sich die Strophe - gerade als Einstieg in deinen Text, da sie hier den Ton vorgibt - sehr unschön.

 

Sprache und Inhalt: 
Das typische Naturschauspiel des Herbstes wird hier angeschnitten, das finde ich als Einstieg legitim, bevor es dann in den weiteren Strophen an deinen konkreten Inhalt geht. "Wir" werden hier aber auch schon benannt. 
"friedlich begrenzt" und "Zaun" finde ich unnötig doppelt. Hier hättest du stattdessen die Gelegenheit, viel deutlicher zu machen, dass der Herbst ein sehr willkommener Gast ist, der einfach über den Zaun hüpfen darf. 

 

Vorschlag:

Der Herbst ist gekommen, nun siehe und staun', 
er bringt der Natur ihre goldenen Gaben.
Er springt über Felder und unseren Zaun

wir freu'n uns, ihn bei uns zu haben.


In meinem Vorschlag habe ich jetzt konsequent einen 4-hebigen Amphibrachys genutzt. Durch das Weglassen des inhaltlich doppelten "friedlich begrenzt" können wir dem Herbst mehr Leben einhauchen. Ich habe hier zudem einen Anfangsreim mit bringt-springt eingebaut, was die erste Strophe nochmal lebhafter macht. 

 

Am 1.10.2022 um 12:00 schrieb Peter Jansen:

Dankbarkeit gilt nun in dieser Zeit,
als neue universelle Währung,
viel Zuversicht, es wird nichts bereut,
mit Demut zeigen wir unsere Verehrung.

 

Das ist nun eine dieser Strophen, die mir überhaupt nicht gefällt. Du benennst ihr einfach nur große Wörter wie "Dankbarkeit", "Zuversicht" und "Demut", aber was da wirklich hinter steht, was das für das lyrische Ich oder die anderen Protagonisten deines Textes bedeutet, wie es sich anfühlt, das bleibt ein Geheimnis. Auch die "neue universelle Währung" kommt sehr gestelzt daher, und so habe ich in dieser Strophe so gar kein Herbstgefühl. Tatsächlich würde die Aussage deines Textes kaum verändert, wenn du diese Strophe einfach streichen würdest. 
Wäre es mein Text, würde ich sie einfach löschen^^

Denn mit der Folgestrophe geht es ja wieder ganz anders weiter, und es knüpft viel besser an die erste Strophe (deine und meine) an:

 

Am 1.10.2022 um 12:00 schrieb Peter Jansen:

Geduldsamkeit, flüstert uns diese Zeit,
zieht Euch in Eure Häuser zurück,
die Natur atmet ein und ist nun bereit,
zieht verbunden alle an einem Strick.

Metrum und Reim:

xXxXXxxXxX 
XxxXxXxxX

xxXxxXxXxxX

xxXxXxxXxX

 

Auch hier metrisch uneindeutig, wobei der Amphibrachys oder Anapäst in Teilen schon besser durchklingt. 
Der Reim auf "zurück-Strick" ist ein leicht unreiner Reim, aber das ist verschmerzbar.

 

Sprache und Inhalt:

Auch "Geduldsamkeit" ist wieder einer dieser Begriffe, die doch lieber erzählt statt benannt werden sollten - das tust du in den folgenden Versen ja auch, daher verstehe ich nicht, warum es dieses Wort nun braucht. 

Doppelt ist auch wieder "verbunden", "alle" und "an einem Strick ziehen", denn sie alle meinen "gemeinsam".
Wieder also viel Potenzial, dem Text mehr Leben einzuhauchen

 

Vorschlag:

Und nun lauschet dem Herbst, wie er flüstert im Wind:

Geht hinein in die Häuser und macht euch bereit. 
Die Natur soll erfahren, wie dankbar wir sind, 
lasst sie atmen und ruhen - sie hat nun die Zeit.

 

Ich habe hier einmal den Aspekt des "was wir schon haben" aus deiner Strophe 1 mit eingebracht. 
Hier kommt also dieser Erntedank-Aspekt rein und dass wir nun auch der Natur zurückgeben und der Herbst ja auch für Sie Erneuerung bedeutet.
Dieser Strophenvorschlag ist nun übrigens im Anapäst und unterscheidet sich damit dann von meinem Strophe-1-Vorschlag im Amphibrachys.

 

Am 1.10.2022 um 12:00 schrieb Peter Jansen:

Wir kuscheln uns ein, holen Brettspiele raus,
haben uns mit Büchern gut eingedeckt,
Dunkelheit macht uns nichts mehr aus,
Einkehr ist, was der Herbst für uns bezweckt.

Metrum und Reim:
xXxxXxxXxxX

XxXxXxXXxX

XxXxxXxX
XxXxxXxXxX


Auch hier metrisch wieder alles durcheinander. Der Reim auf "bezweckt" kommt außerdem sehr gesucht rüber, da der Vers auch keine wirkliche Aussage mehr liefert. Dazu mehr unter

 

Sprache und Inhalt: 
Die Einkehr ist bereits in der vorigen Strophe sehr deutlich von dir beschrieben worden, hier wird keine neue Dimension damit aufgedeckt. Auch dass der Herbst uns zu dieser Einkehr gebracht hat, hattest du schon einmal erwähnt. 
Ich find Wiederholungen ja nicht schlimm, aber dann sollen sie uns doch irgendeine neue Seite offenbaren. 
Tatsächlich sorgt deine Wiederholung eher dafür, dass der gemütliche, gesellige Teil der Strophe grob abgerissen wird.

 

Vorschlag:

Wir kuscheln uns ein, holen Brettspiele raus 
und legen die Bücher aufs Tischchen beim Sessel.
Die Dunkelheit draußen macht uns hier nichts aus. 
Wir machen ein Feuer und rühren im Kessel.

 

Hier wieder ein Amphibrachys nun. 
Fand den Reim von Sessel-Kessel niedlich, das steht zeitlich aber wahrscheinlich etwas im Widerspruch zu den Brettspielen, die ich eher neuzeitlich einordnen würde.

 

Am 1.10.2022 um 12:00 schrieb Peter Jansen:

Nimm Dir Zeit für Dich selbst, also blicke auf Dich,
schreibe auf, was Dir alles gefällt,
lasse los was Dich ärgert, an und für sich,
dann wird nichts mehr davon bestellt.

Metrum und Reim:

xxXxxXxxXxxX

xxXxxXxxX

xxXxxXxXxxX

xxXxXxxX

 

Sehr schöner Anfang, die ersten beiden Verse klingen sehr flüssig und gefallen mir auch bildlich. 
Hier kehrt nun die Ruhe und die damit verbundene Möglichkeit zur Selbstreflektion ein, das mag ich.
Auch dass Vers 2 und 4 jeweils einen Versfuß weniger haben sollen, bringt ihr einen schönen Rhythmuswechsel rein, die inhaltlich gut passen kann. Leider sind Vers 3 und 4 metrisch aber wieder unsauber verarbeitet.

Der Reim mit "bestellt" ist wieder sehr gewollt, das Wort passt hier nicht rein.

 

Vorschlag:

Nimm Dir Zeit für Dich selbst, also blicke auf Dich,
schreibe auf, was Dir alles gefällt.
Lasse los was Dir lästig ist, an und für sich,
lass nur zu, was den Tag dir erhellt.

 

Am 1.10.2022 um 12:00 schrieb Peter Jansen:

Hast Du Dich befreit, in dieser goldenen Zeit,
dann kann kommen, was immer auch will,
weil im Herzen befreit für den Winter bereit,
wirst Du ruhig und im Geiste ganz still.

Metrum und Reim: 
xxXxXxXxXxxX

xxXxxXxxX

xxXxxXxxXxxX

xxXxxXxxX

 

Nach der Idee des Wechsels von Anapäst und Amphibrachys wäre zweiterer wieder dran. 
Darauf muss man aber auch nicht pochen... Sehr unsicher ist metrisch aber der erste Vers
Sowas ist eben immer sehr unglücklich, weil der erste Vers das Metrum vorgibt und als Lesehilfe für die folgenden Verse dient. 
Wenn da der Wurm drin ist, kann man einfach nicht flüssig weiterlesen.

Auffällig ist die Wiederholung des Reims Zeit-bereit, was ich aber ganz schön finde. Quasi als Rückbesinnung auf das Davor.

 

Vorschlag:

Und tauchst du erst ein in die goldene Zeit, 
kann kommen, was immer auch will. 
Mit Feuer im Herzen, für Kälte bereit,
und Ruhe im Geist, bleibst du still.

 

Metrum nun im Wechsel wieder im Amphibrachys, deine gekürzten Zeilen bleiben dabei.
Ich find den Reim mit will-still nicht ideal, weil "still bleiben" durchaus keine rein positive Konnotation hat, aber auf die Schnelle ist mir auch keine andere Idee gekommen.

 

Am 1.10.2022 um 12:00 schrieb Peter Jansen:

Lass ein Licht Dir hell leuchten und teile es gern,
schenk Dein Lächeln und viel Toleranz,
Fremden und Freunden von nahe und fern,
so wird dann unsere Welt wieder ganz.

Metrum und Reim: 
xxXxxXxxXxxX

xxXxxXxxX

XxxXxxXxxX

xXxXxxXxxX

 

Hier überwiegend wieder der Anapäst. Metrisch ist aber bei Vers 3 und 4 noch viel zu tun.

Die Reime passen.

 

Sprache und Inhalt:

"Toleranz" wieder einer dieser Begriffe, die doch beschrieben viel besser wirken würden. Er kommt mir hier aber ohnehin eher deplatziert vor bzw. die Strophe macht irgendwie einen moralischen Rundumschlag aus dem eigenen Reflektieren. 
Viel schöner fände ich, hier nicht vorzugeben, was man nach seiner Selbstsuche und -findung tun oder lassen sollte. Denn das ist wird doch so vielfältig sein wie die Farben der Herbstblätter^^

 

Vorschlag:

Lass ein Licht Dir hell leuchten und teile es gern,
schenk ein Lächeln, wo vorher keins war.
Gib es Fremden und Freunden von nahe und fern,
denn so kommen wir alle uns nah.

 

Hier bin ich nun etwas von einem meiner jüngsten Texte beeinflusst, in dem ich genau diesen Reim mit war-nah auch geändert habe. Und genau wie dort, ergibt es hier nun auch eine Schöne Dynamik am Zeilenende mit fern und nah. 
Das doppelte "nahe" und "nah" stört mich dabei auch gar nicht, weil das eine räumlich gemeint ist, während das andere das emotionale meint. 

 

Alle Änderungen zusammengefasst sähe dein Text dann nun so aus:

Goldene Zeit

 

Der Herbst ist gekommen, nun siehe und staun', 
er bringt der Natur ihre goldenen Gaben.
Er springt über Felder und unseren Zaun

wir freu'n uns, ihn bei uns zu haben.

 

Und nun lausche dem Herbst, wie er flüstert im Wind:

Geht hinein in die Häuser und macht euch bereit. 
Die Natur soll erfahren, wie dankbar wir sind, 
lasst sie atmen und ruhen - sie hat nun die Zeit.

 

Wir kuscheln uns ein, holen Brettspiele raus 
und legen die Bücher aufs Tischchen beim Sessel.
Die Dunkelheit draußen macht uns hier nichts aus. 
Wir machen ein Feuer und rühren im Kessel.

 

Nimm Dir Zeit für Dich selbst, also blicke auf Dich,
schreibe auf, was Dir alles gefällt.
Lasse los was Dir lästig ist, an und für sich,
lass nur zu, was den Tag dir erhellt.

 

Und tauchst du erst ein in die goldene Zeit, 
kann kommen, was immer auch will. 
Mit Feuer im Herzen, für Kälte bereit,
und Ruhe im Geist, bleibst du still.

 

Lass ein Licht Dir hell leuchten und teile es gern,
schenk ein Lächeln, wo vorher keins war.
Gib es Fremden und Freunden von nahe und fern,
denn so kommen wir alle uns nah.

 

 

So, das war es! 
Das war nun sehr viel, dein Text hat aber auch viele Strophen. 
Wie gesagt, die eine könnte wirklich wegbleiben und alle anderen kann man mit etwas Mühe auf jeden Fall rund schleifen. 
Meine Vorschläge sollen dabei nur Anregungen sein, sie geben ja auch in gewisser Weise eine Interpretation ab, so wie ICH den Text gelesen habe. Das kann von dir aber natürlich ganz anders gemeint oder von anderen ganz anders gelesen werden.

 

Hab mich auf jeden Fall gern mit deinem Text beschäftigt, da kann man viel rausholen 🙂
LG Dali Lama

  • Danke 1
  • Schön 1
Geschrieben

Moin @Peter Jansen,

 

haha, sorry. Wir können über unklare Stellen auch gern diskutieren. 

Primär ging es mir im Fachchinesisch um die Aufeinanderfolge von betonten und unbetonten Silben (das Metrum). Diese Aufeinanderfolge besteht aus verschiedenen Teilen. Der Anapäst etwa hat 2 unbetonte Silben gefolgt von einer betonten Silbe, wie dein Vers: lass ein Licht dir hell leuchten und teile es gern - hier finden wir 4-mal die Abfolge von 2 unbetonten und einer betonten Silbe. Der Vers ist also im 4-hebigen Anapäst geschrieben.

 

Der Amphibrachys hingegen hat eine unbetonte, dann eine betonte und schließlich wieder eine unbetonte Silbe. 

 

Soviel erstmal.

LG Dali Lama

 

  • wow... 1
Geschrieben

Meinen herzlichsten Dank. Jetzt kommt etwas Licht ins Dunkel. Ich fühle mich ein wenig wie meine Schüler, wenn ich sie als IT-Trainer mit meinen „Übersetzungen“ aus den Apple- oder Microsoft Multiversen in das „gelobte Land“ führe🖖🏼😉🖖🏼

  • Lustig 1

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