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Geschrieben am

Schattencafé

 

Café Bormuth im Schatten.
Ein typisches Rentnercafé auf dem Marktplatz.
Stuhl und Einzeltisch kippeln auf dem Kopfsteinpflaster.
Eine Tasse Kaffee und vielleicht noch ein Stück Käsekuchen, 
man muss erst mal nachschauen, was noch da ist.
Ich akzeptiere das letzte Stück Käsekuchen mit Früchten.
Gegenüber liegen die angesagten Cafés in der prallen Sonne.
Dort saßen wir immer.
Du hattest etwas Südländisches und brauchtest unbedingt Sonne.
In der Toskana fragten dich die Einheimische nach dem Weg.
Ich lese in der gerade erstandenen Italienischen Reise.
Der Alte ging nie so an mich, außer seinem Faust und ein paar Gedichten.
Ich versuche mich ihm erneut zu nähern, obwohl er Hölderlin und Kleist blockierte.
Altersmilde macht mich verzeihbereit.
Womöglich suche ich Antworten,
die nur würdevoll gereifte Dichter zu geben vermögen.
Altvertraute Wege und Plätze waren mir heute ganz neu erschienen.
Die Stadt hat sich verändert und ich auch.
Wir beide bewahrten Altes und ließen Neues zu.
Am Nebentisch erklärt ein maximal Betagter
einem anderen den Ukrainekrieg.
Auf dem Gehsteig vor mir beschimpft eine Greisin 
einen betrunkenen Rempler, als Besoffenen.
Sie mosert ewig weiter, der Kerl ist längst weg.
Aber, wenn man schon mal im Recht ist.
Ich zahle gleich, dann kann ich eventuell schnell weg.
Der Kellner ist digitalisiert, ich bekomme keine Quittung.
Es ist der fünfte Oktober zwanzig zwanzig und ich habe heute Abend nichts vor.
Goethe war am Abend des fünften Oktobers siebzehn achtundsechzig in der „Elektra“
Das Stück fand er abgeschmackt und es langweilte ihn.
Ich bestelle noch einen Kaffee und der Kellner
erkennt digital, dass ich schon gezahlt hatte.
Ich weise darauf hin, dass ein Beleg sicherer gewesen wäre.
Er beruhigt mich und sagt: „Nein, nein, ich finde alles.“


 

Kleinen Kaffeepause im Cafe Bormuth.jpg

20221005_153314.jpg

20221005_150348.jpg

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Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb Herbert Kaiser:

Liebe @Hera Klit,

 

ein herrliches Stimmungsbild, das du gekonnt mit Goethe unterlegt hast. Wenn der Kaffee auch so gut geschmeckt hat wie mir deine Zeilen, dann war es ein cremiger Cappuccino. 

 

LG HERBERT 

Vielen Dank, lieber Herbert.

 

Nein, es war ein altmodischer Kaffee,

aber er schmeckte ganz wunderbar.

 

 

Liebe Grüße

Hera

Geschrieben

Hallo Hera, 

die ganze Welt, wenn von Deutschlands Literatur die Rede ist, erwähnt Goethe. Auch die Deutschen selbst müssen sich mit ihm beschäftigen. 

Hölderlin war was wir heutzutage ein "looser" nennen  würden. Ein armer Teufel, der als Privatlehrer bei reichen Leuten arbeiten musste. Dabei lernte er die Frau kennen, die er in seinen Gedichten als Diotima verewigte. 

Einmal machte er einen Riesenfehler, er traf sich mit Schiller, der ihm zu helfen versuchte, in Weimar. Nun, Schiller war nicht allein bei dem Treffen da, auch ein älterer Herr saß dabei, und Hölderlin ignorierte ihn ... 

Heinrich von Kleist war ein Gewinner, vielleicht hat Goethe ihn als zu stürmerisch, als zu rebellisch eingeschätzt. Goethe, ein verwöhnter Sohn der reichen Bourgeoisie und schon in ganz jungen Jahren von einem Adligen unter seinen Fittichen aufgenommen und zum Minister ernannt, war stock konservativ. 

Was ihn nicht daran hinderte, mit einer einfachen Frau in wilder Ehe zu leben und fünf Kinder mit ihr zu zeugen. 

Wir sollen uns aber nicht mit dem Leben der Dichter sondern mit ihren Werken beschäftigen, nicht wahr? 

Auch ohne Goethes Erwähnung gefällt mir dein lyrisches Tagebuch. 

Liebe Grüße

Carlos 

 

 

  • Danke 1
Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Carlos:

Hallo Hera, 

die ganze Welt, wenn von Deutschlands Literatur die Rede ist, erwähnt Goethe. Auch die Deutschen selbst müssen sich mit ihm beschäftigen. 

Hölderlin war was wir heutzutage ein "looser" nennen  würden. Ein armer Teufel, der als Privatlehrer bei reichen Leuten arbeiten musste. Dabei lernte er die Frau kennen, die er in seinen Gedichten als Diotima verewigte. 

Einmal machte er einen Riesenfehler, er traf sich mit Schiller, der ihm zu helfen versuchte, in Weimar. Nun, Schiller war nicht allein bei dem Treffen da, auch ein älterer Herr saß dabei, und Hölderlin ignorierte ihn ... 

Heinrich von Kleist war ein Gewinner, vielleicht hat Goethe ihn als zu stürmerisch, als zu rebellisch eingeschätzt. Goethe, ein verwöhnter Sohn der reichen Bourgeoisie und schon in ganz jungen Jahren von einem Adligen unter seinen Fittichen aufgenommen und zum Minister ernannt, war stock konservativ. 

Was ihn nicht daran hinderte, mit einer einfachen Frau in wilder Ehe zu leben und fünf Kinder mit ihr zu zeugen. 

Wir sollen uns aber nicht mit dem Leben der Dichter sondern mit ihren Werken beschäftigen, nicht wahr? 

Auch ohne Goethes Erwähnung gefällt mir dein lyrisches Tagebuch. 

Liebe Grüße

Carlos 

 

 

Vielen Dank, lieber Carlos.

 

Ich denke auch mal, die alten Klassiker hatten so ihre Schwierigkeiten mit den jungen Wilden.

Ein bisschen Konkurrenzdenken war wohl auch dabei. Menschlich, Allzumenschlich.

 

Liebe Grüße

Hera

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