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Alan nickte und Robert machte sich auf den Weg in die Garage. Dort stieg er in seinen schwarzen Audi und fuhr los. Lang würde er nicht fahren. Es verschlug ihn nur in das Café in welchem er gestern war. Er benötigte unbedingt seinen Pfefferminztee. Zudem bereitete sich die Spannung aus, wer ihn wohl heute bedienen würde. Chiara Lanson soll gefeuert worden sein. Hoffentlich. Sie hatte schon eine geraume Zeit auf widerlichste Weise mit ihm geflirtet und jede Art von Ablehnung missachtet, welche er ihr versuchte zu geben. Stand sie vor seinem Tisch, zog sie extra provokant ihren Ausschnitt noch ein Stück tiefer. Oder sie raffte ihren schon viel zu kurzen Rock noch ein wenig höher. Zudem kamen noch die mörderischen Absätze, welche sie einmal auf seinem Knie abgestellt hatte, womit er Blick auf ihre Beine und (aufgrund des kurzen Rocks) ihre Spitzenunterwäsche hatte. Sie ekelte ihn jedes Mal an. Dass er gestern endlich den Schlussstrich zog, wurde höchste Zeit. Länger hätte er sie nicht mehr ertragen können. Eine Schönheit war Chiara nicht wirklich, auch wenn sie sich vielleicht für eine hielt.

 

Nachdem er durch drei Blocks gefahren war, parkte er in der Nähe des schönen Cafés und schnallte sich ab. Dann nahm er seine schwarze Aktentasche vom ledernen Beifahrersitz und lief auf dem Gehweg, bis er es erreichte. Gemütlich nahm er Platz auf seinem Lieblingsbaststuhl und beobachtete die Ambiente. Heute schien nicht so viel los zu sein. Verständlich. Es war ein Mittwoch im in diesem Jahr relativ kühlen Oktober. Die meisten saßen um diese Uhrzeit in ihren beheizten Büros und drehten Däumchen, bis es Nachmittag war. Robert verstand dieses Verhalten nicht. Er befand sich gern in der Natur, allgemein lieber draußen als drinnen. So schlimm fand er das Wetter zudem auch nicht. Setzte man sich richtig, strahlte einem die Sonne ins Gesicht und wärmte einen wohlig.

 

Mit den Händen am Hinterkopf verschränkt lehnte er sich gemütlich nach hinten und schloss die Augen. Eine wohltuende Ruhe durchströmte ihn, als er den Lauten der Vögel zuhörte und einfach an nichts dachte. Das Café befand sich in einem Park, etwas abseits der nächsten Straßen, weshalb die Autogeräusche ihn nicht weiter störten. „Kann ich Ihnen etwas bringen, Sir?", fragte eine süßliche Stimme, die den Vögeln Konkurrenz geben konnte. Eine wohlige Gänsehaut zog sich über seine Haut und er öffnete die Augen. Vor ihm stand eine zierliche Frau mit hüftlangen und voluminösen braunen Haaren. Ihm klappte der Mund auf. „Eh- einen Pfefferminztee bitte", kam er kurz ins Stocken.

 

Doch dann straffte er sich und lächelte. „Zwei Pfefferminztees und zwei Schokocroissants, das wäre nett." Die Kellnerin lächelte und schrieb sich alles auf einen kleinen Notizblock. „Sehr gern, Mister ..." „Downey." Die Frau nickte und drehte sich zum Gehen um. Robert beobachtete ihren sanften Gang. Das Haar wippte bei jedem Schritt mit und er bewunderte den Ehrgeiz und Stolz, welchen sie an den Tag legte. Sie bewegte sich wie eine provokante Gazelle ... und erinnerte ihn somit an jemanden. Doch er schüttelte den Kopf und verwarf den Gedanken wieder. Nein, es konnte nicht sein, dass ausgerechnet SIE in seinem Lieblingscafé arbeitete und er sie zuvor nie gesehen hatte. Das konnte einfach nicht sein. Robert nestelte nervös sein Handy aus seiner Tasche und öffnete Google. Mit wenigen Klicken manövrierte er sich auf eine bestimmte Website.

 

„Mazy Nightclub" prangerte sie groß an. Dort zeigten sie Einblicke in ihre Bar, vergaben Privaträume, nannten die Öffnungszeiten und mehr. Doch Robert suchte nur nach den Tänzern. Langsam las er sich jeden Namen genau durch und verglich die Bilder. Hinter manchen blinkte ein kleiner Stern auf und Robert musste lächeln, als es auch bei ihm zutraf. Bekam man dieses kleine Symbol, stieg man zum Publikumsliebling auf. Es gab noch die Krone, doch diese hatte nur eine. Sie trat nicht öffentlich auf und wurde nur für private Aufführungen gebucht, welche hoch ins Geld gingen. Dass, was sie tat, grenzte nah an Prostitution. Doch das war es nicht. Leila Warrington, oder auch „die Löwin", verführte die Männer nur. Es wurde enger Körperkontakt gepflegt, ging aber nie darüber hinaus. Auch er hatte einen Spitznamen bekommen. Er war „die schwarze Kobra". Nicht jeder bekam einen Spitznamen zugeteilt, man benötigte dafür einen gewissen Rang. Robert setzte seine Suche fort und stockte. Da war sie. Die maskierte Schönheit zeigte sich auf dem Foto, wie sie es gestern Abend getan hatte. Maskiert!

 

Frustriert schlug er sich auf das Knie. Noch nicht einmal ihr Name war zu sehen. „Die weiße Natter", hieß es nur. Mit einem Seufzen schloss er Google und steckte sein Handy zurück. Als er seinen Blick hob, weil ihm sein Nacken schmerzte, erschrak er sehr. „Ma'am! Wie lange stehen Sie denn schon hier?", fuhr es aus ihm. Die braunhaarige Kellnerin stand bereits mit dem Tablett vor ihm. Ihr entfuhr ein leises Lachen, als er zusammengezuckt war und Robert musste lächeln. Ihre Lache war einfach zu süß, um ihr böse zu sein. Zudem strahlten ihre Augen eine Lebendigkeit aus, welche ihn staunen ließ. „Ich stehe noch nicht lange, Sir. Nur wollte ich Sie nicht stören, da Sie so beschäftigt aussahen." Hektisch schüttelte Robert en Kopf. „Nein, das stimmt nicht. Es war nichts Wichtiges. Außerdem würden Sie nie stören, Miss ..." Die Kellnerin lächelte verlegen und errötete leicht.

 

„Coulsson. Aber nennen Sie mich bitte Liz." Robert nickte, stand auf und nahm ihr das Tablett aus der Hand. „Setzen Sie sich doch zu mir, Liz." Verschmitzt grinste er und schob den anderen Stuhl zurecht. „Dummerweise habe ich vorhin zuviel bestellt und weiß nicht, wie ich das schaffen sollte." Kurz überlegte Liz, nickte dann aber und erfüllte ihm den Gefallen. „Ich hätte nach Ihrer Bestellung sowieso Pause gehabt. Also gern, ja." Sie setzte sich auf den Stuhl und Robert stellte sich vor sie. „So, Ma'am. Hier ist ihr gewünschtes Getränk. Der Croissant geht auf's Haus. Lassen Sie es sich herzlichst schmecken", spielte Robert einen Kellner nach. Dann stellte er das Tablett ab und setzte sich ihr gegenüber. Schüchtern strich Liz sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte auf ihren Schoß. Robert bedachte sie mit interessierten Blicken und nippte an seinem Tee. Kein Zweifel, dieses wundervolle Geschöpf hatte gestern mit ihm getanzt. Doch wie konnte er sich da sicher sein?

 

„Liz, wie kommen Sie eigentlich zum Beruf der Kellnerin? Und wie kommt es, dass ich Sie hier noch nie erblicken konnte?" Ihr Kopf sprang urplötzlich nach oben und Robert konnte sich irren, doch als ihre Blicke sich kreuzten, dachte er, etwas wie Angst und Besorgnis herauszulesen. Sie lächelte ihn zurückhaltend an und nahm ihre Schürze ab. Diese legte sie sorgsam zusammen. „Wissen Sie, eigentlich arbeite ich auch erst seit etwa zwei Wochen hier. Noch nicht lange also." Robert nickte interessiert und faltete seine Hände. Liz blickte wieder weg und seufzte. „Eigentlich gefällt mir dieser Job nur unzureichend. Die Kollegen sind nett, ja. Das erheitert den Alltag ein wenig. Aber das Gehalt lässt zu wünschen übrig und manche Kunden sind ziemlich undankbar." Ein Schmunzeln huschte Robert über die Lippen, als er die Entrüstung in Liz' Stimme unüberhörbar gut wahrnahm. „Ja, also das mit der Kundschaft kann ich nachvollziehen. Gestern erst hatte ich einen Konflikt mit einem potenziellen Käufer. Am Ende gehörte das Produkt noch immer mir." Nun musste Liz' lachen und er lächelte. „Man kann es nun mal nicht jedem recht machen", meinte sie nur. „Da haben Sie durchaus Recht, Liz." Gemeinsam aßen sie ihre Croissants und genossen die Wärme des Tees. Die Sonne strahlte auf sie hinab und Liz schloss lächelnd die Augen. „Eigentlich wollte ich schon immer Tänzerin werden."

 

Es klirrte. Robert hatte die Tasse fallen lassen und der Tee ergoss sich über dem Boden. Liz schrak auf und blickte besorgt zu ihm hinüber. „Geht es Ihnen gut, Mister Downey?" Hastig blickte er um sich und strich seinen Anzug glatt. Dann schaute er zu ihr und nickte nur leicht. „Es tut mir leid, aber ich muss leider gehen. Dringender Auftrag", quetschte er nervös zwischen seinen Zähnen hervor. Liz nickte zustimmend und machte sich daran, die Scherben aufzusammeln. Schnell legte Robert dreißig Euro auf den Tisch und hastete aus dem Park. Er wusste es. Sie war es. Die „weiße Natter" hatte sich außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes gezeigt und er hatte sie erkannt. Er stieg in sein Auto und fuhr wieder zum Tower. Dort angekommen lief er schnurstracks in sein Büro. Mit schnellen Klicken warf er seinen Laptop an und schnappte sich sein Handy. Dort wählte er eine Nummer.

 

„Bonjour mon ami Rémy. Hast du kurz Zeit?" Am Telefon räusperte es sich. „Bonjour Robert. Für dich doch immer. Um was geht es dir denn diesmal?" Robert kratzte sich verlegen am Kopf. Könntest du mir alle Infos geben, die du zu Liz Coulsson auftreiben kannst?", fragte er unsicher. „Gern, bis wann denn?" „Schaffst du es bis heute Abend?" Eine kurze Stille ertönte. Dann sprach der Mann mit seiner rauchigen Stimme zurück. „Ich kann es probieren. Aber ich verspreche dir nichts." Robert grinste über beide Ohren. „Danke dir, Rémy. Das Geld überweiße ich sofort." Dann legten sie auf. Rémy Solbért war ein ehemaliges Mitglied des französischen Geheimdienstes und hatte über viele Menschen schon etwas herausfinden müssen. Doch er arbeitete schon seit langer Zeit nicht mehr. Privat bot er seine Fähigkeiten dennoch an, auch wenn sie ziemlich ins Geld gingen. Damals auf einer Auslandsreise nach Frankreich, rettete Robert ihn vor einer Granate. Er wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht und Rémy schwor sich, Robert von nun an immer zu helfen. Von ihm forderte er kein Geld, doch Robert bestand darauf. Immerhin war er ihm dankbar für jede Ausspähung seines nächsten Gegenüber. Liz war ihm wichtig, weshalb er sogar bereit wäre, das Doppelte zu bezahlen. Es bestand kein Zweifel daran, dass Liz die „weiße Natter" war. Und er würde alles daran setzen, um sie für sich zu gewinnen, koste es, was es wolle.

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