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Aus den Briefen Diotimas (Susette Gontard) an Hölderlin


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(1798-1800)

Abends

Mein Brief hat Dich betrübt, Du Lieber! und Dein Brief hat mich so unaussprechlich gefreut, mich so glücklich gemacht, er zeigte so viel Liebe! O! wie erwiderte sie mein Herz in allen Tönen, wie ich ihn las, wie warm schloß mein Gemüt an Deines sich an. Und Du! solltest Du vielleicht an meiner Liebe zweifeln? sollte mein kalter trockner Brief Dich bekümmert haben, wie hättest Du Unrecht! Könntest Du meinen Schmerz und meine Tränen sehen bei diesem Gedanken, Du würdest das nicht denken, doch das ist es auch wohl nicht was Dich gequält hat, Dir ist wohl bange daß mein Herz mir stirbt, und ich Dich dann auch nicht mehr lieben könnte. Ich kann mir keinen Begriff machen welchen Eindruck meine Worte auf Dich machten, ich sah aber Deine Tränen fließen, sie fielen brennend auf mein Herz, ich konnte sie nicht trocknen! - - -

 

Betäubt und stumm saß ich den ganzen Abend, und fand diesen Augenblick mein geklemmtes Herz zu erleichtern weil ich allein blieb. Ach könnte ich hin zu Dir und Dir Trost geben! Ich habe kein Geheimnis vor Dir, meine Seele! auch ist meine Liebe zu voll, um daß mein Herz mir sterbe; wenn ich still und trocken bin, so zweifle nur nicht an mir, dann brennt es in der Tiefe und ich muß wie Du mich vor Leidenschaft bewahren, der Gram zehrt wohl ein wenig, doch die süße heilende Schwermut kömmt immer vom Himmel zur rechten Zeit, und gießt ihren Segen ins Herz, und verzweiflen werde ich nie an der Natur; auch wenn ich den Tod schon im Inneren fühlte, würde ich sagen, sie weckt mich wieder, sie gibt mir alle meine Gefühle wieder, die ich treu bewahrte und die mein sind, die nur der Druck des Schicksals mir nahm, aber sie siegt, sie bereitet aus Tod mir neues schöneres Leben, denn der Keim der Liebe liegt tief und unaustilgbar in meinem Wesen, ich sage das aus Erfahrung; denn ich weiß wie immer lebendiger sich mein Herz aus allem Druck hervor gehoben hat.

 

Ach ich weiß nicht Teurer ob ich den rechten Ton treffe, ich hatte Dir gewiß nichts zu erzählen, wohl viel viel zu sagen, aber was mich drückt, ist nichts anders als daß ich nicht bei Dir sein kann. Könnte ich Dir nur die Gewißheit geben, aber ich bin bange, meine leidenschaftliche Sprache wird Dich nicht überzeugen, o laß es! und sei wieder glücklich in Deiner Liebe!

 

Mich freut noch heute Abend der Gedanke, daß ich Dich doch noch gesehen, Gott! wenn Du in dieser Stimmung gegangen wärest, sieh! ich könnte dankend beten daß der Genius der Liebe mich so unsichtbar leitete! und in diesen Betrachtungen will ich einschlafen und Segen Dir wünschen. - - -
_______________

gesprochen von Uschi Rischanek

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