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Wir sind alle verloren – klar! Macht gar nichts! Aber wie findet für wen der Untergang statt? Das ist doch auch sehr wichtig. Warum sollen wir uns totfressen oder totarbeiten, wenn die anderen Hungers sterben?! Alles ist gut? Gut, wie es ist? Warum? Weil die Welt untergeht? Sie geht aber nicht so gleichmäßig unter, wie es die göttlichen Lehren von Rambazamba vorschreiben! Da gehört schon viel mehr dazu! Man muss sich doch helfen! Gegenseitig, und hauptsächlich, wer kann. Der muss retten – nicht sich, nein, generell.
Alles was Recht ist! Die Ursachen müssen beseitigt werden, wie die Ergebnisse gleich mit. Das verlangt die Pietät, die Dings und die Bums, und die Not, in der sich befinden mag, wer will: Wir sind da! Das Mitleid obsiegt nicht nur weit entfernt von den Schlachtfeldern, es waltet froh gestimmt unter den Menschenwesen. Aber: Wer hilft eigentlich den Bestien? Haben die keine Hilfe verdient? Sie können doch nun mal nichts dafür, daß sie sehnsüchtig zu uns aufblicken, oder?
Immerhin riechen wir sehr gut – frisch gewaschen, wie wir jeden Morgen sind, den fetten Beutel in der Tasche und den „Segen“ unserer Herren im Kreuz! Wenn das nicht super appetitlich ist?! Streicheln wir sie, die Bestien, selbst wenn ihre Vorfahren unsere Vorfahren tausend Jahre lang gefressen haben – jetzt ist jetzt! Und wenn sie dem einen oder dem anderen von uns mal eine Hand abbeißen, was macht das schon?! Verhungern dürfen sie jedenfalls doch nicht, nicht wahr!
Sie denken ja auch nicht an Rache! Und sie haben keine Instinkte! Sie denken nicht sehr viel anders als wir! Und sie sind vor allem in Not! Seit wir uns von ihnen befreit haben, bekommen sie nicht mehr ausreichend Futter für sich und ihren Nachwuchs. Da blutet uns schon das Herz! Also schön, hinausgehen und dem ersten Wolf oder Bären zu sagen:
„Bitte friss mich auf“, wollen wir natürlich nicht, aber dezent anbieten könnten wir uns doch zumindest. Bestien sind schließlich ebenfalls …, sind immerhin …, na gut! Egal!
Sagen wir doch einfach: „OK, wir haben uns ewig lange geprügelt, bis wir schließlich den Längeren gezogen haben, dann haben wir eure Wälder abgeholzt und eure Hasen vernascht – jetzt kommt ihr einfach zu uns und bekommt das Gnadenbrot, ihr könnt freien Auslauf in unseren Tretmühlen haben und ab und zu dürft ihr, wie früher, einen von uns massakrieren.“ Wie hört sich das an? Sehr gut, möchte ich sagen! Ab sofort habt ihr unser ganzes Mitgefühl, und eure Anwesenheit in unseren Städten geschieht zu unserer vollsten Zufriedenheit. Zurück in die Wälder könnt ihr ja nicht mehr, weil da nichts ist, was ihr noch gebrauchen könntet. Das liegt zwar nicht ganz allein an uns, sondern ebenfalls an eurem ungezügelten Geschlechtstrieb, aber was soll‘s – ihr wisst es ja nicht anders. Unsere Hamsterläden stehen euch ab sofort offen, da könnt ihr dann alles tun, was euch Spaß macht. Wir drehen inzwischen am Rad. An unserem, damit wir ruhig bleiben, und an dem der Geschichte: zurück, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihr uns beinahe vernichtet hattet. Dann mischen wir die Karten neu und schauen, was passiert.
Irgendwie wird sich das doch vereinbaren lassen: Wesen und Wesen. So viel unterscheidet uns ja wirklich nicht. Gut – ihr geht nicht immer ganz astrein gerade und aufrecht, ihr schaut uns ein bisschen komisch an, so, als ob ihr uns eben am liebsten fressen wolltet. Aber das finden wir schön! Wir haben Freude an noch total unverfälschten Gefühlen. Lasst ihnen am besten bei uns freien Lauf. Hier darf niemand eingeschränkt werden, außer wir durch uns selbst natürlich, denn das gebietet wiederum die Scham, welche wir für den Anstand halten. Uns jedenfalls ist es egal was ihr seid, Wolf, Bär oder Drache, wir beschützen auch Bestien!

 

Text und Bild ©Alf Glocker

Bewegte Wasser.jpg

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