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Geschrieben am

Ein kleiner Vers ganz ohne Maß

Allein auf einem Blatte saß.

Er hatte vor sich hingeträumt

Und dadurch wohl das Maß versäumt.

 

Nun da sein Versmaß war verschwunden

Macht‘ er sich auf, um zu erkunden,

Wohin es hatt das Maß verschlagen;

Verstimmt begann er rumzufragen.

 

Versendete ne Menge Briefe,

Versank in Textes tiefste Tiefe,

Versauerte dort eine Weile,

Und fand doch nicht die kleinste Zeile.

 

Verschenkte all sein Hab und Gut,

Versetzte seinen letzten Hut,

Verschleuderte sein ganzes Geld,

Verschmähte nachher alle Welt.

 

Verschlungen durch des Dichters Mund,

Versunken tief im tiefsten Grund.

Sein Maß für immer wohl verloren,

Verschuldet über beide Ohren,

 

Kam er zurück zu seinem Blatt,

War wie versteinert und ganz matt.

Verschanzte sich in Zeile zehn,

Begann ein letztes mal zu flehn,

 

Und hob verschmachtend seinen Blick:

„Oh Versmaß, du mein bestes Stück,

So komme doch zu mir zurück!“

Versiegt ist sonst mein ganzes Glück.

 

Da plötzlich wurd er erst gewahr,

In Zeile zwölf dort stand es klar,

Sein Maß, es hatt ganz ungezwungen

Die elfte Zeile übersprungen.

 

„Oh Kreuzreim!“ rief der Vers aus Dank

Und blickt auf Zeile zwölf versonnen

„Ich war vor Kummer schon ganz krank.

Hab endlich dich zurück gewonnen.“

 

Da sprachs aus Zeile zwölf zurück:

„Das ist doch wohl ein starkes Stück!

Bin Kreuzreim nur und doch kein Maß,

Ein Jambus, wer das hier vergaß“

 

*

 

Nun zähle mal bis du gecheckt

Wie oft sich hier ein Vers versteckt!

Ein Tipp, versuch es mit Verstand,

Den Vers im Titel auch genannt.

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Geschrieben

Hallo @Aries,

 

hammergeil!

Das ist mal eine witzige Gedichtsidee, ich hab den Text ganz genussvoll und Laut(!) gelesen 😄 ok das tu ich heute öfters, aber sonst nie^^

 

Ein selbstreferenzielles Gedicht sozusagen, es berichtet das Gedicht ein Geschehen das entnommen aus den Zeilen die geschichtet zu erzählen die was geschah doch sich garnicht zugetragen hätte schlicht wär da nicht eben der Bericht der von dem Ereignis spricht

 

Ok keine Ahnung ob das jetzt Sinn ergibt, wenn dir das lieber ist stell ichs gerne in den Antwortgedichtfaden, aber das war spontan 😅

 

nochmal auf Deutsch 🙂

Megacool die Geschichte die sich in dem Vorgang des Erzähltwerdens zuträgt.

 

Der verlorene Vers verdankt, könnte man sagen, seine Existenz dem Verlorengehen, denn wäre er nie verloren gegangen, gäbe es ja garkeine Zeilen die davon Schrieben 🤔

Umgekehrt ähnlich, Text Inhalt und Vers bedingen sich gegenseitig. Wär das eine mathematische Formel, sie würde 0 ergeben 

 

Wiegesagt, toll! 

Danke 🙏🤗

 

Lieben Gruß

Delf

  • Danke 1
Geschrieben

Hallo @Aries,

 

erst beim zweiten Lesen bin ich darauf gekommen, dass du dem Leser offenbar aufgegeben hast, die "vers"e zu zählen, die in deinem Gedicht vorkommen. Das Rätsel hast du in eine lustige Geschichte verpackt, die sich gut lesen lässt. Ich zähle neunundzwanzig "vers"e. Im Übrigen: Sei nicht zu streng mit dem Vers, der sein Maß verloren hat.

 

LG

maerC

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Aries,

 

da schließe ich mich mit meinem Lob gerne an. Klasse Idee super umgesetzt. Irgendwie denke ich immer noch drüber nach, ob man die "Auflösung", also den Kreuzreim hätte un- oder kaum bemerkt ins Gedicht hätte einbauen können. Aber das klappt wohl nicht, weil es dann einfach zu augenscheinlich geworden wäre...

Gezählt habe ich nicht. Gehe davon aus, dass maerC das schon korrekt gemacht hat. :rolleyes:

 

VG, Marvin

 

P.S.: Als ich es las, fiel mir ein ähnliches Gedicht ein, dass ich im letzten Forenleben schon mal eingestellt hatte. Steht im Spielzimmer im Faden Antwortgedichte.

Geschrieben

Liebe Dichterkollegen,

 

@Anaximandala, @maerC, @Marvin,

 

danke für eure Kommentare, das Verdichten des verlorenen Maßes hat auch mir Spaß bereitet.

Freut mich, dass es euch beim Lesen so ergangen ist.

@Anaximandala, o.k. deine Gedanken zu den Bezügen innerhalb der Geschichte hatte ich so gar nicht, ich wollte einfach eine kleine Geschichte erzählen und möglichst oft den Begriff vers einsetzen. Der Rest hat sich dann so nach und nach ergeben.

@maerC Die 29 habe auch ich gezählt, alles zusammen genommen. Mehr Verse habe ich nicht unterbringen können, obwohl ich noch einige Kandidaten dafür bereit stehen hatte. Das Ganze wäre dann aber nach meinem Geschmack zu lang geworden und wahrscheinlich auch Geduld und Lust beim Leser versiegt 😉.

@Marvin: Den Kreuzreim habe ich mit Bedacht nur da eingesetzt, wo er gefunden und erstmals erwähnt wird, in den anderen Strophen fand ich den Lesefluss nicht so geeignet für den Kreuzreim.

 

Grüße,

Aries

Geschrieben

Hallo Aries,

 

ich nochmal: Ah. jetzt kapier ichs. Da hatte ich ein Brett vorm Kopf. Ich suchte ihn in Reihe zwölf. Klar, er hatte sich aus Zeile 32 dorthin gemogelt. Das hatte ich übersehen. Genial! :thumbsup:

 

VG, Marvin

 

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