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Sollten wir nicht mehr wollen?


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Wofür stehen wir morgens auf? Die meisten um zur Arbeit zu gehen. Stehen wir gern dafür auf? Viele nicht. Ein Job ist für den Großteil von uns das notwendige Übel, um ein Dach über dem Kopf zu haben, etwas zu essen und ein wenig Wärme. Manche können sich sogar ein wenig Freude am Abend leisten, wo sie etwas unternehmen können.

Sollten wir nicht mehr wollen? Was steht gerade an, was erledigt werden muss? Gesellschaftliche Probleme, Klimawandel, aufgeblähte Bürokratie, etc. Aber wer tut da etwas? Die wenigsten können aktiv etwas ändern. Aber genau das brauchen wir eigentlich. Und es würde uns aus den Gefühlen der Ohnmacht holen. Jeder könnte etwas tun, aber alles, was man uns an die Hand gibt, sind winzige Dinge. Ändere Dein Konsumverhalten. Das ist so ziemlich alles. Aber das ändert die Struktur nicht. Es gibt Jobs, die nur Geld generieren sollen. Wofür auch immer. Und dieses Geld muss irgendwer bezahlen. Sagen wir, ein Automobilkonzern möchte mehr Geld machen. Er deaktiviert alle möglichen Features im Auto und über eine App kann man diese monatlich aktivieren. Natürlich gegen eine Gebühr. Die Features hatte man vorher einfach dabei. Einmal bezahlt und man hatte Zugriff. Nun kommt eine ganze Maschinerie in Gang: Es gibt eine Menge Kundendaten. Die müssen verwaltet & ausgewertet werden. Und dann können die Kunden mit Werbeanzeigen zugemüllt werden, damit sie mehr von dem Fahrzeug haben, das sie eigentlich bezahlt haben. Kauft man ein Haus mit Keller & Garage, muss man diese nicht aktivieren. Man hat sie gekauft. Wenn sie da sind, kann man sie nutzen. Wenn man sie gerade nicht braucht, kann man sie dennoch betreten.

Um die Daten zu erheben, zu verwalten und auszuwerten, braucht man Expert:innen. Diese wollen bezahlt werden und das liefert der Kunde, der vergisst seine Sitzheizung rechtzeitig abzubestellen.

Die Frage ist: Wenn so viele ernste, uns alle betreffende Probleme existieren, warum seine Kraft in sinnfreie Geldmacherei stecken? Sollten wir nicht mehr wollen? Aber die Reaktionen sind eindeutig: „So isses halt“, „Such Dir halt nen anderen Job“, „Hauptsache Du hast einen Job“, „Kein Job ist sinnlos“, „Ich versteh Dein Problem nicht“, „Mit Dir stimmt was nicht“, „Mehr kannst Du nicht erwarten“, „Die Welt ist halt nicht perfekt“, „andere stellen sich doch auch nicht so an“,....

„So isses halt“ ist kein Argument. Um zu zitieren: „Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist, es ist nur Deine Schuld, wenn sie so bleibt“. Nichts ändert sich ohne Hinterfragen. Sind wir zufrieden mit der jetzigen Lage oder halten wir's einfach aus?

„Such Dir halt nen anderen Job“ ist selten ein Ausweg. Wir arbeiten oft 40h/Woche für irgendwas. Meist arbeiten wir dann 40h/Woche für irgendwas anderes. Die Suche nach einem Arbeitgeber gestaltet sich schwierig, wenn man Sinn sucht. Frag mal beim Bewerbungsgespräch, welche gesellschaftlichen Nutzen die Stelle hat. Du wirst alle Anwesenden in Verlegenheit & Erklärungsnot bringen. Es ist eine Frage, die ihnen wohl nie gestellt wurde, auch nicht von ihnen selbst.

„Hauptsache Du hast nen Job“ ist natürlich wahr. Man möchte etwas haben, womit man sich beschäftigen kann. Probleme, die man lösen kann, Hilfe, die man leisten kann. Da hat jeder seine eigenen Motive. Und man braucht sein Auskommen. Aber ist es ein Leben, wenn ein Großteil davon für nutzlosen Krempel draufgeht? Je mehr nach Alternativen fragen & suchen, desto mehr wandelt sich die Welt. Nicht sofort. Aber wer nicht anfängt, wird nicht fertig.

„Kein Job ist sinnlos“ ist eine subjektive Geschichte, weil Sinn subjektiv ist. Ist es der Sinn von jemandem große Mengen Geld anzuhäufen, das er/sie nie ausgeben kann und das an wichtigen Stellen fehlt, so ist ihm/ihr so manches Recht, um das zu erreichen. Aber die Welt dreht sich um keine Einzelnen. Wollen wir den Sinn anderer ungefragt erfüllen? Wir haben nur dieses Leben, das wartet nicht auf unsere Rente, die wir vielleicht noch erleben. Nehmen wir den Sinn an, den andere uns aufdrücken und einreden? Welcher Teil von uns steht wirklich hinter einem fremden Sinn?

„Ich versteh Dein Problem nicht“ kann man kaum etwas entgegnen. Man erklärt, versucht zu verdeutlichen, versucht dabei nicht zu verletzen. Wenn man weit ausholen würde, könnte man sein Gegenüber verunsichern bei all den Sinn- und Wertethemen. Wer diese Werte nie gefühlt hat oder nicht teilt, wird sich kaum darauf einlassen. Aber wenn man dich ein offenes Ohr findet, könnte es möglich sein, dass wir die Welt ein Stück in unsere Richtung bewegen.

„Mit Dir stimmt etwas nicht“ ist subjektiv. Was genau stimmt denn nicht? Stimmt es denn, wenn man sich verbiegt und beugt? Nachgibt, obwohl Werte missachtet werden, die in einem wohnen? Die Aussage ist unsachlich und soll lediglich mundtot machen.

„Mehr kannst Du nicht erwarten“ beendet scheinbar das Thema. Aber die Aussage beendet gar nichts. Es ist quasi der Anfang des Problems. Um Veränderungen anzustoßen, muss man mehr erwarten. Wollen wir mit dem Teufel, den wir kennen, leben oder einen kleinen Stein ins Rollen bringen? Die Welt ist nicht perfekt, ja, und das wird sie nie sein, da Perfektion nicht existiert, aber wir gestalten unsere Leben und die Welt mit ihnen. Und das System und dessen Mechanismen zu hinterfragen ist nicht dasselbe wie sich anstellen oder zieren oder rumheulen.

Wir entscheiden, was wir mitmachen. Wir sind nicht ohnmächtig. Der Weg ist nicht geteert und man kann nicht einfach bergabwärts rollen, aber es geht nicht darum, alles alleine umzuwälzen. Wir können alle ein wenig Bewegung reinbringen und es geht dabei nicht um Weltverbesserung. Es geht um uns.

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