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Geschrieben am

 

Das Schlaraffenland

Vierter Akt

 

und mitten in der größten Not

füllt sich mit Wohlgefühl der Tod

und alles Elend, fein weggewischt

kommt vermehrt hervor gezischt

 

es ist soweit! kiebitzt der Zaunkönig

vernahm’s am Kellerloch unterm Naschtempel

viele süßliche Stuben glänzen ölig

bespringen erste Schwärmer Lebersemmel

 

aus Brunnschächten krochen die Kolonnen

empor zu reichen Nachbarländern

durch süße Abfälle erbrochen

beriechen saftige Leichenlenden

 

noch schließt der Kranz das würd’ge Antlitz

schlingern unter Totenlidern

auf aalglatten Augen

paar Übermütige zu Ehren der Königin Oschmieris

indes sie alles Hoffen schmausten

 

darauf der Blumensträuße fromme Banderolen

zarte Knabenchöre vom kleinen Jesukinde

das herabsteigt, alle Lichtblicke zu hohlen

wuselt es bereits unter der weißen Binde

 

Tante Agathe krisch, erst stumm

wie’n Karpfenfisch, bis die Pharao-Ameisen

aufhörten, aus Nasenlöchern zu beißen

aus deren Tribüne sie lauschten, genießerisch

 

plötzlich fingen die Ritzen an zu wandern

manch Wasserhahn

wichste sie ins freie Mekka

im Arzneischrank, mitten der teuren Sachen

gaben sie sich Kopfschüsse

mit Psychopharmaka

 

hinter Fliesen, Schrankfugen und Steckdosen

lassen Frechdachse runter die Hosen

furchtbar neugierig, weshalb hier alle liegen

und darauf warten, sie zu lieben

 

vollbesetzte Krankenzimmer

erfüllt sie mit Lobpreis, samt Leichenhalle

an den einzigen Gott

denn seine gütige Hand sorgt für alle

und Glaubenskrieger

nehmen ihn beim Wort

 

den Durchbruch schafft die Sandmannfraktion

denn kürzlich Verstorbene duften schon

im Eiter noch frischer Wundverbände

locken Vergnügungscenter

und sanfte Strände…

 

auch Onkel Dietmar, ein Hinterbänkler

der sonst ständig stänkert, wimmert auf

rutschen durch den Infusionsschlauch

paar besonders fette Exemplare

in seinen nimmersatten Beamtenbauch

 

vergeblich brüllt er Verbote in den Raum

das Ameisenvolk kümmert’s kaum

wer zeitlebens auf Kleinere tritt

verdaut auch einen winzigen Biss

 

eitles Geschwür gelangt in kleine Kröpfe

von Hautkranken wie Frischoperierten;

davor wanderten sie über Toiletten

wie Spitzenköche ihr Menü

mit allen Extras inspizieren

 

im unterirdischen Nest

tobt das Jahrtausendfest

würgt man köstliches zu den Maden

dürfen Schmisslinge auch baden

die von morschem Gewebe nagen

 

in der hübschen Lagerhalle

bewegen sich die Toten wieder

manch einem tropft hernach die Galle

im Schlaraffenland der Mit…Glieder

 

der Mensch, von Verfall gekrönt

hat das Unbekannte verhöhnt

und alle unsichtbaren Sprachen und Wesen

fegte er gern

mit dem Intelligenzbesen

 

doch Verstand ist Wackelpudding hier

und groß die Rache der unterirdischen Heere

ergießen sich gleich wilder Meere

Kurzsichtige und Krabbel-Kabbler

ins runde Spalier

 

was nun folgt, ist recht farbenfroh

doch weniger prächtig

als menschlich gewollt

endlich in einvernehmlichem Lob

wird neues Leben innig aufgerollt

 

und glücklich lebten sie fortan

im Paradiese welches nimmer endet

folgt Nachschub bald

selbst wenn die Wahrheit ausblendet

 

worin auch eitler Wille gipfeln mag

er mündet stets in einen Sarg

und macht man ruhig den Deckel zu

kommt er noch lange nicht

zur Ruh‘

 

es folgt Teil V:

Die Wurzeln des Bösen

 

 

© j.w.waldeck 2006

 

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