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Wir sehen das Gleiche und sehen doch nichts,                                  

da wir so hilflos am andern erblinden.                                                                  

Wir widersprechen dem Dunkel des Lichts,                                         

weil wir uns in einem Zwiespalt befinden.                                                           

 

Meine Füße sind kalt unter der Decke,                                  

während du mit Abstand im Schlafe erglühst.                                    

Wenn ich dich mit meiner Kälte erwecke,                                            

zerstör ich die Träume, um die du dich mühst.                                  

 

Dein Lächeln am Morgen ist noch das verwandte.

Deine Küsse bewahren die Wärme der Nacht.

Doch die Treue, zu der ich mich lauthals bekannte,

 

hat sich ohne Worte davon gemacht.

Und wenn plötzlich kein Grund noch entgegensteht,

dann ist´s kein Verrat mehr, den man begeht.

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Geschrieben

Hi Marcel,

 

das ist von der Reimanordnung eigentlich mehr ein Shakespearesonett. Ich würde drei kreuzgereimte Quartette daraus machen und das Schlusscouplet abtrennen:

 

Wir sehen das Gleiche und sehen doch nichts,                                  

da wir so hilflos am andern erblinden.                                                                  

Wir widersprechen dem Dunkel des Lichts,                                         

weil wir uns in einem Zwiespalt befinden.                                                           

 

Meine ße sind kalt unter der Decke,                                  

während du mit Abstand im Schlafe erglühst.                                    

Wenn ich dich mit meiner Kälte erwecke,                                            

zerstör ich die Träume, um die du dich mühst.                                  

 

Dein cheln am Morgen ist noch das verwandte.

Deine Küsse bewahren die Wärme der Nacht.

Doch die Treue, zu der ich mich lauthals bekannte,

hat sich ohne Worte davon gemacht.

 

Und wenn plötzlich kein Grund noch entgegensteht,

dann ist´s kein Verrat mehr, den man begeht.

 

Metrisch ist es allerdings noch stark überarbeitungsbedürftig. Ich hab mal die betonten Silben eingezeichnet. Manche Verse  lassen sich ganz gut  vierhebig amphibrachisch lesen. Ich schätze mal, dass du das angestrebt hast? Einige laufen aber dann völlig aus dem Ruder. 

 

Bei einem Sonett, das ja vor allem klingen soll, müsste das Metrum eigentlich sehr sauber sein. Magst du noch ein bisschen dran fummeln? Inhaltlich wäre es ein ansprechender Stoff.

 

LG Claudi

Geschrieben

Hallo, Claudi,

Ich versuche es mit einer zweiten Version:

 

Entfremdung

 

Wir sehen das Gleiche und sehen doch nichts,                                  

da wir so hilflos am andern erblinden,                                                                 

und widersprechen dem Dunkel des Lichts,                                         

weil wir uns noch im Zweifel befinden.                                                 

 

So kalt meine Füße unter der Decke,                                     

während du mit Abstand im Schlafe erglühst.                                    

Wenn ich dich mit meiner Kälte erwecke,                                            

zerstör ich die Träume, um die du dich mühst.                                  

 

Dein Lächeln am Morgen ist noch das verwandte.

Und Küsse bewahren die Wärme der Nacht.

Doch die Treue, zu der ich mich lauthals bekannte,

hat sich ohne Worte davon gemacht.

 

Und da nun kein Grund noch entgegensteht,

da ist´s kein Verrat mehr, den man begeht.

 

Ich denke, die schlimmsten Holperer habe ich korrigiert. Shakespeare hatte ich übrigens nicht im Sinn.

 

Liebe Grüße, Marcel

Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb Marcel:

Ich denke, die schlimmsten Holperer habe ich korrigiert.

 

Nun ja, ich schätze, du hast dich an deinem Pianisten-Knittelgedicht orientiert. Für ein Sonett gelten eigentlich strengere Vorgaben. Nach klassischem Vorbild müsste es fünfhebig jambisch sein. Es gibt Spielarten in anderen Metren, aber regelmäßig sind auch die. 

 

Ich würde dir empfehlen, noch ein paar Gedichte in alternierenden Metren zu schreiben (Jambus xX oder Trochäus Xx). Das hatte ja prima geklappt. Für den Umgang mit dreisilbigen Versfüßen (Daktylus Xxx, Amphibrachys xXx und Anapäst xxX) fehlt dir, glaube ich noch etwas Routine.

 

Ich mach mal alle Verse blau, die regelmäßig amphibrachisch sind. Alle anderen beginnen entweder betont oder es wechselt sich nicht regelmäßig eine betonte mit zwei unbetonten Silben ab.

 

Wir sehen das Gleiche und sehen doch nichts,   xXxxXxxXxxX                            

da wir so hilflos am andern erblinden,                                                                 

und widersprechen dem Dunkel des Lichts,                                         

weil wir uns noch im Zweifel befinden.                                                 

 

So kalt meine Füße unter der Decke,                                     

während du mit Abstand im Schlafe erglühst.                                    

Wenn ich dich mit meiner Kälte erwecke,                                            

zerstör ich die Träume, um die du dich mühst.                                  

 

Dein Lächeln am Morgen ist noch das verwandte.

Und Küsse bewahren die Wärme der Nacht.

Doch die Treue, zu der ich mich lauthals bekannte, oder "doch" streichen

hat sich ohne Worte davon gemacht.

 

Und da nun kein Grund noch entgegensteht,

da ist´s kein Verrat mehr, den man begeht.

 

LG Claudi

Geschrieben

Hallo, Claudi,

 

ein neuer Versuch auf offenbar unbekanntem Terrain:

 

Entfremdung

 

Wir sehen das Gleiche und sehen gemeinsam doch nichts,                                         

da wir so hilflos und ständig am andern erblinden.                                                                         

Wir widersprechen tagtäglich dem Dunkel des Lichts,                                    

weil wir uns wie anfangs noch im Zweifel befinden.                                                        

 

So kalt meine klammen Füße unter der Decke,                                  

während du schuldlos mit Abstand im Tiefschlaf erglühst.                                           

Wenn ich dich vorzeitig mit meiner Kälte erwecke,                                          

zerstör ich in Selbstsucht die Träume, um die du dich mühst.                                     

 

Dein freundliches Lächeln am Morgen ist noch das verwandte.

Und sanfte Küsse bewahren die Wärme der Nacht.

Doch die ewige Treue, zu der ich mich lauthals bekannte,

hat sich ohne Worte und Bedauern davon gemacht.

 

Und wenn letztlich kein Grund dem Ende entgegensteht,

dann ist´s doch kein Verrat mehr, den man begeht.

 

Inhaltlich fast prägnanter, aber von der Form her?

 

Liebe Grüße, Marcel

Geschrieben
vor 10 Stunden schrieb Marcel:

Wir sehen das Gleiche und sehen gemeinsam doch nichts,

 

Dieser Vers war ja schon richtig im Takt. Jetzt hast du einen weiteren amphibrachischen Fuß (gemeinsam) hineingebracht, womit er immer noch im Takt ist. Kann man machen. Ich hätte es gelassen, weil amphibrachische Verse auch vierhebig schon zum Leiern neigen, ganz zu schweigen von fünfhebigen. 

 

Der eigentlichen Problemlösung, nämlich der Korrektur der Verse, die nicht im Takt laufen, bist du dabei noch nicht näher gekommen. Versuche am besten mal, bei der ersten Strophe zu bleiben und mach nicht zu viel auf einmal. V2 und V3 beginnen z.B. immer noch betont. 

 

Ich glaube, der Lerneffekt wäre größer, wenn du bei jedem Schritt beschreiben würdest, welchen Plan du verfolgst und was du mit der Änderung zu erreichen glaubst. 

 

Ich zeige mal kurz, wie V1 sich jambisch lesen würde:

 

Wir sehn das Gleiche und wir sehn doch nichts,

xXxXxXxXxX

 

Das klingt  nach Sonett! Dies nur zum Vergleich fürs Ohr. Du kannst den Text aber trotzdem weiter als Übung für die amphibrachischen Verse verwenden.

 

LG Claudi

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