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Geschrieben am

17.04.2014

 

Erwartungsvoll

 

Ein Ort, frei von Raum.
Ein Sein, frei von Zeit.
Nicht wirklich, noch Traum.
Nicht jauchzen, noch Leid.

 

Ein Alles, ein Nichts.
Von wandelnder Macht
im Gleißen des Lichts
herniedergebracht.

 

Da brech' ich den Bann
vom grundlosen Grund.
Ich nahe heran
und schließe den Bund:

 

Der Liebe verspricht,
Geborgenheit, Glück.
Ich bleib im Verzicht
nicht länger zurück.

 

Ich hoffe! Vertrau
der liebenden Hand
in freudiger Schau
auf das neue Land.

 

So treffe ich ein,
zerbrechliches Kind.
Hört alle mich schrei'n!
Mein Leben beginnt.

 

S. Athmos Welakis

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Geschrieben

Grüß Dich Athmos, eine Geburt ist ein Wunder und die Erwartungen sind groß. Ich mag hier Deine treffenden Formulierungen und die Sicht, aus der Du hier schreibst.

Ich frage mich nach dem Lesen tatsächlich, wie sind wohl die Voraussetzungen für die Neugeborenen. Nicht alle sind erwünscht und werden wohlwollend erwartet. In welch eine Zukunft werden die Kinder hineingeboren? Sie haben das Recht auf liebevolles Umsorgen und ein hoffnungsvolles Leben. Sie entscheiden ja nicht, ob sie zur Welt kommen. Das ist die Verantwortung der Eltern. Dazu muss ich aber anmerken, die Zeiten waren schon immer turbulent und wann ist schon die passende Zeit?

 

Allein diese Wortwahl: 

vor 5 Stunden schrieb S. Athmos Welakis:

vom grundlosen Grund.

ist etwas unglücklich, da "Grund" doppelt ist. Gibt es einen grundloser Grund?

 

Wenn ein Neugeborenes Erwartungen an das Leben hat, dann denke ich, dass es insbesondere die von Dir erwähnten sind.

 

Kinder sind unsere Hoffnung. 

 

Liebe Grüße Juls

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Geschrieben

Hi Juls und Herbert,

 

der Anlass zu diesem Gedicht war, dass mir irgendwann (vielleicht nur subjektiv) auffiel, dass zwar in Gedichten immer wieder darüber nachgedacht wird, was nach dem Tode auf uns zu kommt, aber eigentlich nie oder selten, was vor der Geburt war, also wo wir herkommen.

 

Die Geburt, das entstehen von Leben ist ja nach wie vor, trotz aller wissenschaftlicher Fortschritte, ein Mysterium. Es ist nicht greifbar, was außerhalb unseres Wahrnehmungshorizonts tatsächlich existiert. Ohne das zu hoch hängende "Wie" und "Warum" zu streifen, habe ich mir ein paar Gedanken zum "Woher" gemacht. Zentral war dabei die Abgrenzung zwischen Unendlichkeit und Ewigkeit (An unserer Kirche hängt übrigens eine Sonnenuhr. Die trägt die Inschrift "Jeder Augenblick der Zeit wallt zur Ewigkeit". Diese Inschrift hat meine Gedanken beflügelt). Wir bewegen uns durch die Dimensionen Raum und Zeit. Dehnen wir Raum und Zeit ins Unendliche, so bleiben diese Dimensionen aber immer noch erhalten. Der Platz für die Ewigkeit, sei es nach dem Leben oder davor, kann deshalb in der Unendlichkeit nicht zu finden sein. Dieser Überlegung zufolge kann es in der Ewigkeit also weder Raum noch Zeit geben. Diesen Gedanken habe ich dann erweitert: Wo es keinen Raum gibt, existiert auch kein Körper, und ohne Körper gibt es keine Sinne. Darauf zielt die Einleitung (erste Strophe) ab.

 

Wie sich eine Existenz entwickelt, sobald sie in das Leben tritt, ist ebenso offen. In der Ewigkeit, das unterstelle ich hier, gelten menschliche Maßstäbe nichts. Gut und Böse existieren nicht. Die Ewigkeit ist darüber erhaben. Das ist der erste Vers der zweiten Strophe ("ein Alles, ein Nichts").

 

Nun zum "grundlosen Grund": Diese Formulierung habe ich ganz bewusst gewählt, liebe Julie. Sie fasst sozusagen die Einleitung zusammen, verallgemeinert sie. Ein "grundloser Grund" ist aus unserer Sicht ein Paradoxon: entweder gibt es eine Begründung oder es gibt keine. Das eine schließt das andere genauso aus, wie in "Ein Ort, frei von Raum": ein Raum und gleichzeitig kein Raum. Oder wie in "Ein Sein, frei von Zeit": stellen wir uns vor, die Zeit existiere nicht, dann gäbe es keine Bewegung, keine Ereignisse, kein Leben. Mit Traum und Wirklichkeit sowie Freude und Leid ist es ähnlich. Wir erfahren immer entweder das eine oder das andere, oder immerhin eine Mischung. Gar nichts dergleichen ist unvorstellbar. Dieses "Gar nichts" hat aber eine Konsequenz: sie verbannt uns von allen irdischen Empfindungen, die uns hoch erheben oder an denen wir zu tragen haben.

 

Der Eintritt ins Leben stellt also gewissermaßen ein Risiko dar. Keiner weiß vorher, ob er "ein Alles" oder "ein Nichts" ist (in der Regel wird es eine mehr oder minder gelungene Mischung). Dieses Risiko enthält aber auch eine magische Verheißung: nach Liebe, Geborgenheit und Glück. Die hat eine solche Anziehungskraft, dass Leben für Leben immer wieder das Wagnis eingeht "den Bann vom grundlosen Grund" zu brechen. Die "wandelnde Macht", die das Ganze ermöglicht, ist Gott - jedenfalls kein Wissenschaftler.

 

Was haltet ihr von meinen Gedanken?

 

Liebe Grüße,

Athmos

 

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Geschrieben

Lieber Athmos, Deine Erklärung zur Entstehung des Gedichtes und des Gedichtes selbst zeigt, wie intensiv und umfassend Du Dich mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Jeder Satz ist fundiert und hat eine Bedeutung in seiner Aussage, die sich mir beim Lesen vorher so noch gar nicht vollkommen erschlossen hat. Vielen Dank dafür.

 

Herzlichst Juls

 

Geschrieben

Lieber Athmos,

Da hast du aber einen ziemlich großen "Gedankenfelsen" ins Wasser geworfen, an dem sich

schon eine Reihe von Philosophen und Wissenschaftlern, teilweise in bösem Streit, versucht

haben.

Vielleicht liegt es an meinem Alter, dass mir die Fragen nach dem Woher und Wohin

nicht mehr so wichtig sind.

Mein "grundloser Grund" wäre der Gedanke , dass die Natur, immer wieder neue Gestalten

und Entwicklungen schafft, die alle für sich den "Luxus des Lebendigen" zeigen, ohne jeweils

einem bestimmten Zweck oder Nutzgedanken zu folgen.

Lebendiges ist, wenn wir es auf uns wirken lassen und genau hinschauen, immer schön,

enorm vielfältig und interessant.

Am Ende entscheidet dann die Anpassung an das Umfeld oder die Lebenssituation, welche

Form oder Ausgestaltung dauerhaft bleibt oder sich weiterentwickeln muss, um in der

nächsten Generation weiterleben und existieren zu können.

Da jedes Kind , das neu gezeugt wird, aus einem fast unendlichen Fundus von

Variationsmöglichkeiten entsteht und damit immer einzigartig ist (auch wenn es vielleicht

in seiner Eigenart nicht immer den Erwartungen der Eltern entspricht) sollten wir es fördern

und lieben, damit sich das, was in ihm angelegt ist, sich optimal entfalten kann.

Was am Ende daraus wirklich wird, das haben die Eltern selbst ja nur begrenzt in der Hand

(Anlage , Erziehung, Partner, Zufall), sondern das gestaltet jedes Individuum  in seiner

Entwicklung selbst.

Ein schönes Beispiel dafür waren für mich die Weltmeisterschaften der Behinderten in Berlin,

die  gezeigt haben, dass  diese Menschen liebenswert sind und positive Gefühle in

uns wecken, weil  ihre Eigenart immer einen Reiz hat und sie Dinge beherrschen

(Spontaneität,Natürlichkeit,Lust an der Weiterentwicklung, Lebensfreude), die uns durch

die ständigen Fragen nach dem Warum und der Nützlichkeit verloren gegangen sind.

"Das Hier und Jetzt" braucht keine Begründung, sondern fordert uns auf, es anzunehmen,

es zu genießen und zu so zu gestalten, dass wir alle einen guten Platz in der Wirklichkeit

finden können. Wenn die Wissenschaft und die Philosophie ihre Kraft in das konkrete

Auflösen der Blockaden und positive Umgestalten der Wirklichkeit lenken würde, statt

ständig über Neuerungen nachzudenken, die häufig mehr Probleme schaffen, als lösen,

ließe sich vieles positiv veränderen.

Dank dir für deine interessanten Ausführungen, die meine Gedankenprozese dazu

angestoßen haben. Ein Kommentar von deiner Seite dazu ist natürlich auch erwünscht.

 

Liebe Grüße

 

Tobuma

 

 

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Geschrieben

Lieber Tobuma, vielen Dank für Deine ausführliche Rückmeldung.

 

vor 9 Stunden schrieb Tobuma:

Da hast du aber einen ziemlich großen "Gedankenfelsen" ins Wasser geworfen, an dem sich

schon eine Reihe von Philosophen und Wissenschaftlern, teilweise in bösem Streit, versucht

haben.

Das mag sein. Ursprünglich habe ich dieses Gedicht, wie alle meine Gedichte, nur für mich selbst verfasst. Sie sind mein Mittel die große Welt im allgemeinen und meine persönliche Welt im besonderen zu ordnen, zu verstehen und zu bewältigen. Ob Gelehrte sich die Köpfe einschlagen oder meine Ansicht belächeln, interessiert mich dabei nicht. Ich habe nicht die Absicht andere zu belehren. Es erfreut mich aber natürlich, wenn es mir gelingt andere zu bereichern. Andere Meinungen und Sichtweisen sind dabei natürlich herzlich willkommen. Bereicherung ist keine Einbahnstraße.

 

vor 9 Stunden schrieb Tobuma:

Mein "grundloser Grund" wäre der Gedanke , dass die Natur, immer wieder neue Gestalten

und Entwicklungen schafft, die alle für sich den "Luxus des Lebendigen" zeigen, ohne jeweils

einem bestimmten Zweck oder Nutzgedanken zu folgen.

Das ist ein interessanter Aspekt. Der Sinn des Lebens ist: zu leben. Mehr braucht es nicht zur Daseinsberechtigung. Mir kommt bei Deiner Aussage spontan aber noch dieser Gedanke: Wenn ein "Sein" sich aufmacht ins Leben einzutreten, ist die Lebensform dann nicht vollkommen offen? Das es (natürlich/notwendigerweise) als Mensch geboren wird, diese Vorstellung entspringt auch wieder nur der begrenzten Sichtweise des Menschen.

 

vor 9 Stunden schrieb Tobuma:

Lebendiges ist, wenn wir es auf uns wirken lassen und genau hinschauen, immer schön,

enorm vielfältig und interessant.

Die Abwertung anderer Lebensformen (Unkraut, Ungeziefer, ...) ist ein rein menschlicher Maßstab - der auch an den Mitmenschen angelegt wird. Wir teilen andere nach unserem persönlichen Nutzen ein (Mitarbeiter des Monats, Nutzvieh, etc.), um den eigenen Profit, den wir aus ihnen beziehen wollen, zu maximieren. Was wir dagegen setzen können ist die Liebe - zum Menschen und zur Natur.

Die Folgen der Bewertung sind Diskriminierung, die Ausrottung "unwerten" Lebens, die Abtreibung zur Verhinderung, dass behinderte Menschen auf die Welt kommen. Letzteres übrigens ein Thema für sich, dass ich einmal separat betrachten werde. Nur so viel: ich bin glücklicher Vater eines Sohnes mit Down-Syndrom, der mich mit seiner offenen, herzigen Art schon manches Mal darüber grübeln ließ, wer von uns beiden im Grunde behindert ist ...

Die Bereicherung durch Menschen "mit eingeschränkten kognitiven bzw. körperlichen Fähigkeiten", wie man heutzutage angehalten ist zu sagen, hast Du ja selbst sehr schön und ausführlich beschrieben. Ich bin übrigens kein Freund von verschleiernden Umschreibungen. Alles hat seinen Namen, und der sollte auch ohne schlechtes Gewissen verwendbar sein. Ausnahme sind Begriffe, die absichtsvoll mit abwertenden Assoziationen aufgeladen wurden, die mobben und ausgrenzen.

 

vor 10 Stunden schrieb Tobuma:

Da jedes Kind , das neu gezeugt wird, aus einem fast unendlichen Fundus von

Variationsmöglichkeiten entsteht und damit immer einzigartig ist (auch wenn es vielleicht

in seiner Eigenart nicht immer den Erwartungen der Eltern entspricht) sollten wir es fördern

und lieben, damit sich das, was in ihm angelegt ist, sich optimal entfalten kann.

Was am Ende daraus wirklich wird, das haben die Eltern selbst ja nur begrenzt in der Hand

(Anlage , Erziehung, Partner, Zufall), sondern das gestaltet jedes Individuum  in seiner

Entwicklung selbst.

Da kann ich nicht widersprechen. Das ist, wenn man so will, die Erwartung, die jedes Neugeborene hat. Deshalb auch der Titel "Erwartungsvoll". Was am Ende daraus wird, ist dann diese Mischung aus "ein Alles" und "ein Nichts".

 

Deine intensiven Betrachtungen meines Themas haben mich sehr gefreut und mit neuen Perspektiven bereichert.

 

Liebe Grüße,

Athmos

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Geschrieben

Hallo Athmos

Du erinnerst mich hier an den Gedanken, dass mensch gar nicht so sehr die Geburt zelebrieren sollte, weil sie ein Beginn und Einstieg in ein Leben mit hoffentlich Liebe, aber auch Schmerz und Leid einläutet, und der körperliche Tod die Rückkehr in die Harmonie des Universums, in Liebe und Stille und Harmonie bedeutet. Das würde zum Beginn Deines Gedichtes passen, wo Raum und Zeit grenzenlos sind. Auf jeden Fall ist natürlich eine Geburt immer wieder ein Wunder, ein Neubeginn mit vielen Möglichkeiten. Du kennst wahrscheinlich Hermann Hesses berühmten Ausspruch "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt, und der uns hilft, zu leben." Das Vertrauen in Mutter und Vater, der liebenden Hand, das hast Du stark beschrieben. Danke dafür. So ein Gedicht habe ich lange nicht gelesen.

LG, Jan

  • Danke 1
Geschrieben

Hallo Athmos

Ich meine das so: Wir feiern Geburt und Geburtstag, aber wie ich schon geschrieben habe, kann mensch es auch so sehen, dass nicht (nur) die Geburt das freudige Ereignis ist, sondern die Rückkehr dahin, wo wir herkommen.

LG, Jan

Geschrieben

Hallo @Jan Fischer,

 

ja, jetzt habe ich verstanden. Die Vorstellung, dass das irdische Leben Teil eines wiederkehrenden Kreislaufes ist, in dem sich Leben und Tod als Zustände abwechseln, ist ja durchaus verbreitet. Ich habe da so eine Vorstellung, dass das Leben vielleicht eine Möglichkeit darstellt, aus einem unverrückbaren Gleichgewicht der Ewigkeit (vorübergehend) auszubrechen, um Liebe und Geborgenheit erlebbar zu machen, allerdings um den Preis, dass einem auch das Gegenteil widerfahren kann. Der Tod muss also nicht das Ende sein, er ist, um mit Hermann Hesse zu sprechen, vielleicht nur eine "Stufe", der Aufbruch in "neue Räume".

 

Danke Dir!

 

Liebe Grüße,

Athmos

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