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Name: Farah

Vater: Baumfäller

Mutter: ihre Hände haben gekocht oder getröstet

Wohnort: in einem Wunsch.

Die Straßen hörten nicht auf, sich mit den Sternen zu bewegen.

Irgendwo da draußen: die Zukunft. Ein anderes Leben. Andere Musik. Ein anderer Duft.

Man musste etwas tun.

In einer uralten Tradition. Ein Postauto brachte sonst die Postmoderne wie die Pest mit. Stimmen für irgendwelche noch vielleicht.

Irgendwo da draußen: wo Menschen Gebete und Ghazels flüstern. Im Klang der Flüsse unter ihren Füßen.

 

Rückblickend auf die Vergangenheit – wo es immer besser war. Jemandes Zeit war immer besser. Die Trauer der Hinterbliebenen. Das Symptom und die Ursache waren immer die Heimat. Kein Arzt hatte ein Happy End für sie gefunden: die Abwesenheit von ihren Schmerzen.

Trocken an der Sonne: In ihren Liedern entsteht so etwas wie Leben. Baumwolle klebt am Haar. Schwebt in der Luft. Wollen von den Liedern der ewig Jungen und noch nicht Müttern geerntet werden. Etwas ist ewig. Bleibt auf feuchter Haut so klebrig wie Wolle. Nur Worte wandern mit der Zeit, vergilben nicht.

Die Nacht enthielt zu viele Träume. 

Jemand hielt uns lange Zeit davor fest. Hat unser Blut kopiert. Unsere verbotene Sprache übertragen. Die Leute haben sich einander kopiert. Es gab weder Drucker noch Tinte. Es stellte sich heraus, dass alles schwarz und weiß war. Ein Schwarz-Weiß-Krieg.

Ich wurde kopiert. Die Leute wollten mich kopieren. Die Leute wollten mich kopieren. Aber wer bin ich? Ich war weder mein Name noch ihr Kummer. Ich war weder ihr Leid noch irgendeine Modernität. Ich hatte keinen Namen. Ich war noch nie ich selbst. Ich habe mich immer irgendwohin geirrt. Ich ging von Wort zu Wort, Tag für Tag.

(Als sie einiges Erkannte, wurde sie sogar verrückt. Man sagte sich, diese Person ist verrückt. Doch sie sagten es ihr nicht.  Niemand sagt einer Verrückten, dass sie verrückt ist. Das macht man nicht. Außerdem redet man nicht über Verrückte und schon gar nicht mit ihnen.)

Doch der Mond zeichnete mich ab.
Als Schatten gebar ich mich.
Habe mich rauskopiert.
Man sagt, das sei höchster, ultimativer Verrat. Verrat an sich selbst.
Habe mich verraten.
Vergessen.
Herauskopiert.
Hallo. Hier. Bin. Ich.
Farbig und in einfacher Ausführung.
Poetisch: Provokateurin.
Hallo.hier.bin.ich.
Wer hat sein Schlüssel am Schlüsselbund -
wie sie ihr Ich im Ich?


Jetzt bin ich hier. Gott. Hier. Bin. Ich. Man hatte mich im Herzen vieler. Man tut die einfachsten und dümmsten Dinge aus Liebe. So einsam erkannte ich mich noch nie.

Man sagt, Du wirst sein. Du wirst schon. Du schlüpfst in diese oder jene Rolle hinein. Du wirst Mutter oder du wirst keine Mutter. Reich oder auch nicht.

 

Ein göttlicher Gott im Herzen-

dennoch

entweder du sehnst dich,  oder du sehnst dich nicht so wie sie.

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Liebe @Federtanz, ich staune und bin sprachlos - versuche aber trotzdem, einige Zeilen zu deinem beeindruckenden Text hier abzusetzen.

 

Nur selten lese ich einen Text, der das Denken und Wahrnehmen eines Menschen so kondensiert darstellt. Diese Jesidin ist wütend über den Bruch der Traditionen, über die wie eine Pest über sie kommende Postmoderne. Sie verzweifelt daran, nicht (mehr) zu wissen, wer sie eigentlich ist; eine Kopie von einer Kopie von einer Kopie... Sie verzweifelt so sehr, dass man sie gar verrückt schimpft, sie aussondert, in die Nacht entlässt. Und so erfindet sich sich neu, gebiert sich im Lichte des Mondes selbst aus ihrem Schatten.

 

Ein beindruckendes Bild mit vielen beeindruckenden Sprachbildern. Zu gerne würde ich diesen Text als Live-Performance auf einer Bühne erleben...

 

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