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Geschrieben am

Gestatten: Bin dein kleiner Freund,

der nachts in deine Kammer streunt.

Durchs Fenster glotzt nur meine Mähre,

wenn ich mich jetzt mit plumper Schwere

auf deinen zarten Brustkorb hocke,

auf dass dein schwacher Atem stocke.

 

Verborgen bleibt mein Angesicht

vor dir im grellen Tageslicht.

Jetzt leuchtet uns des Mondes Schein.

Du schließt die Augen - und bist mein.

Im nächtlichen Gedankennebel,

da sitze ich am langen Hebel.

 

Mit diebischem Vergnügen wühle

ich in dem Mischmasch der Gefühle,

Ideen und Erlebnisfetzen,

die deine Ganglien besetzen.

Ich zeige dir, was deine Welt

im Innersten zusammenhält

 

und führ dir diesen Fundus vor

als Bildersymphonie mit Chor.

Von diesem Spiel bin, quel honneur,

ich der geniale Regisseur.

In jedem Winkel, jedem Erker

von deines Geistes tiefstem Kerker

 

lass ich die Schatten von der Leine.

Der Gyrosteller tut das Seine,

den mit drei Ouzos du begossen.

Dein Seelentor wird aufgeschlossen,

wenn in des Hirngewindes Engen

Erinnerungen wüst sich mengen.

 

Ich kleiner pelzig-feister Lurch

misch sie mit Wonne kräftig durch.

Mag mein Ragout dir auch nicht munden -

du kannst nicht ohne mich gesunden.

Vergiss doch die verliebten Nulpen -

ich züchte für dich schwarze Tulpen.

 

Von allem, was dich heimlich peinigt,

wirst du durch meine Hand gereinigt.

(Ich weiß, du wirst es mir nicht danken.)

Lass ich dich dann aus meinen Pranken

nach schwerem Schlaf im Morgengrauen,

darfst fröhlich in den Tag du schauen.

 

Von allem, was du in der Nacht

als meine Geisel durchgemacht,

was du an schrecklichem Geschehen

durchlebtest, ohne zu verstehen,

bist du bis Mitternacht befreit.

Viel Freude in der Wirklichkeit!

 

Bild: "Der Nachtmahr" von Johann Heinrich Füssli (Version von 1781)

Quelle: Wikipedia

 

John_Henry_Fuseli_-_The_Nightmare.JPG

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  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Lieber Cornelius,

 

technisch und sprachlich bravourös umgesetzt! Das Bild von Füssli kennt man, ich hatte auch schon die Idee, ein Gedicht dazu zu schreiben. Gelungen ist es mir nicht...

 

Am 7.10.2023 um 17:11 schrieb Cornelius:

Von allem, was du in der Nacht

als meine Geisel durchgemacht,

was du an schrecklichem Geschehen

durchlebtest, ohne zu verstehen,

 

Besser kann man einen schlimmen Traum nicht beschreiben!

 

Wünsche eine angenehme (!) Nacht 🙂

 

LG

Faber

Geschrieben

Danke, lieber Faber, die wünsche ich dir auch. 😉

 

...und ich möchte dich nachdrücklich ermuntern, die Feder zu spitzen und dich noch einmal an einem Gedicht zu diesem Bild zu versuchen.

 

Gutes Gelingen wünscht

Cornelius

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